Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur umsatzsteuerlichen Behandlung einer Betriebsaufspaltung
Leitsatz (NV)
1. Die Rechtsfrage, ob Organschaft i.S. des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG 1967/1980 in Fällen der echten Betriebsaufspaltung angenommen werden kann, ist nicht grundsätzlich bedeutsam i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO (Anschluß an Senatsbeschlüsse vom 14. Januar 1988 V B 115/87, BFH/NV 1988, 471 und vom 2. Oktober 1990 V B 80/90, BFH/NV 1991, 417).
2. Der V.Senat hat durch seine Rechtsprechung zur umsatzsteuerrechtlichen Organschaft auch die Frage der finanziellen Eingliederung bei mittelbarer Beteiligung geklärt (vgl. Senatsurteile vom 9. Januar 1992 V R 82/85, BFH/NV 1993, 63 und vom 20. Februar 1992 V R 80/85, BFH/NV 1993, 133).
3. Die Rechtsfrage, ob der Vorsteuerrückforderungsanspruch nach § 17 UStG 1980 auch dann gegen den Organträger zu richten ist, wenn dieser Anspruch mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums entsteht, in den der Tag der Konkurseröffnung fällt, ist nicht klärungsbedürftig; denn nach dem Senatsurteil vom 11. April 1991 (V R 126/87, BFH/NV 1992, 140) richtet sich der Vorsteuerrückforderungsanspruch auch dann gegen den Organträger, wenn der Anspruch auf der Uneinbringlichkeit der Entgelte infolge einer Konkurseröffnung bei der Organgesellschaft beruht und damit erst nach der Eröffnung des Konkurses entsteht.
Normenkette
UStG 1967/1980 § 2 Abs. 2 Nr. 2; UStG 1967/1980 § 17
Tatbestand
Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) produzierte ... Sie veräußerte 1978 ihre Vorräte und Forderungen an eine im Rahmen einer echten Betriebsaufspaltung gegründeten GmbH. Ferner verpachtete sie der GmbH ihre für die ... herstellung genutzten Grundstücke und Gebäude, Betriebsvorrichtungen, Maschinen sowie den Firmenwert. Die GmbH setzte die ... produktion bis zum Konkurs über ihr Vermögen am 16. März 1982 fort.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) vertrat die Auffassung, daß zwischen der Klägerin und der GmbH bis zur Eröffnung des Konkurses eine umsatzsteuerrechtliche Organschaft bestanden habe, und faßte die von der Klägerin und der GmbH erklärten Besteuerungsmerkmale zusammen. Schuldner der u.a. unter Berücksichtigung des § 17 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) ermittelten Umsatzsteuer sei die Klägerin. Zwar sei die Organschaft durch die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der GmbH beendet worden. Da die Klägerin aber die nach § 17 UStG berichtigten Beträge zuvor als Vorsteuer abgezogen habe, sei das FA zur Rückforderung gegenüber der Klägerin befugt. Die Entstehung der Rückforderung erst nach Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der GmbH führe nicht zu einem Wechsel in der Person des Steuerschuldners. Die Klage blieb erfolglos; das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen.
Die Klägerin stützt ihre hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und auf einen Verfahrensfehler.
a) Sie macht unter Berufung auf Schuhmann (Betriebsaufspaltung und umsatzsteuerrechtliche Organschaft, GmbH-Rundschau - GmbHR - 1989, 380ff.) geltend, bei einer Betriebsaufspaltung sei regelmäßig eine Organschaft zu verneinen; denn nach dem UStG 1980 liege die Wirkung der Organschaft mehr im formellen Bereich. Eine Organschaft könne nur bejaht werden, wenn der Organträger Unternehmer i.S. des § 2 Abs. 2 UStG 1980 sei und zwischen dem Organträger und der Organgesellschaft Umsätze stattfinden. Diese Voraussetzungen seien bei einer Betriebsaufspaltung nicht erfüllt. Eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu dieser Frage sei notwendig, weil der Beschluß des BFH vom 14. Januar 1988 V B 115/87 (BFH/NV 1988, 471) keinen Rechtsfrieden bewirkt habe und die Frage der Betriebsaufspaltung und der umsatzsteuerrechtlichen Organschaft nicht nur von den FG, sondern auch in der Finanzverwaltung unterschiedlich beantwortet werde. Überdies bedürfe es grundsätzlich der Klärung, ob die über die Person des Gesellschafters vermittelte finanzielle Verflechtung ausreiche, um eine Organschaft zu begründen.
b) Grundsätzliche Bedeutung komme ferner der Rechtsfrage zu, ob der Vorsteuerrückforderungsanspruch auch dann gegen den - vormaligen - Organträger geltend zu machen sei, wenn zum Zeitpunkt des Entstehens dieses Anspruchs mit der Konkurseröffnung eine Organschaft nicht mehr bestehe.
c) Das FG sei überdies zum Teil nicht auf den von der Klägerin vorgetragenen Sachverhalt eingegangen, die Umsatzsteuer für den Voranmeldungszeitraum März 1982 betreffe nicht die Klägerin, sondern die in Konkurs gegangene Organgesellschaft.
Entscheidungsgründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unbegründet.
1. Die von der Klägerin aufgeworfenen Rechtsfragen haben keine grundsätzliche Bedeutung. Sie sind nicht klärungsbedürftig, weil sie durch die bisherige Rechtsprechung des BFH beantwortet sind.
a) Wie der erkennende Senat bereits in seinem Beschluß in BFH/NV 1988, 471 im einzelnen begründet hat, hat die - auch von der Klägerin herausgehobene - Rechtsfrage, ob Organschaft i.S. des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG 1967 in Fällen der echten Betriebsaufspaltung angenommen werden kann, keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Dies gilt auch für das UStG 1980 (Senatsbeschluß vom 2. Oktober 1990 V B 80/90, BFH/NV 1991, 417). Überdies hat der Senat seine Rechtsprechung zur umsatzsteuerrechtlichen Organschaft durch seine Urteile vom 9. Januar 1992 V R 82/85 (BFH/NV 1993, 63) und vom 20. Februar 1992 V R 80/85 (BFH/NV 1993, 133) erneut bestätigt. Geklärt ist damit auch die von der Klägerin hervorgehobene Frage der finanziellen Eingliederung bei mittelbarer Beteiligung; die Rechtsprechung des BFH zur umsatzsteuerrechtlichen Organschaft bei Betriebsaufspaltungen hat sie stets bejaht (vgl. auch Mößlang in Sölch/Ringleb/List, Umsatzsteuergesetz, § 2 Rdnr. 92 m.w.N.; Bunjes/Geist, Umsatzsteuergesetz, Kommentar, 4. Aufl., § 2 Anm. 33 m.w.N.).
b) Soweit die Klägerin der Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung beimißt, ob der Vorsteuerrückforderungsanspruch nach § 17 UStG 1980 auch dann gegen den Organträger zu richten sei, wenn dieser Anspruch mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums entsteht, in den der Tag der Konkurseröffnung fällt, besteht kein Klärungsbedarf mehr. Nach dem Urteil des erkennenden Senats vom 11. April 1991 V R 126/87 (BFH/NV 1992, 140) richtet sich der Vorsteuerrückforderungsanspruch auch dann gegen den Organträger, wenn der Anspruch auf der Uneinbringlichkeit der Entgelte infolge einer Konkurseröffnung bei der Organgesellschaft beruht und damit erst nach Eröffnung des Konkurses entsteht.
2. Eine Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil die Klägerin nicht dargelegt hat, ob und weshalb die Vorentscheidung nach der maßgebenden Rechtsansicht des FG auf dem Verfahrensfehler beruhen kann.
Nach der Rechtsauffassung des FG sind Umsätze, die dem Organträger als dem damaligen alleinigen Unternehmer zuzurechnen waren, unabhängig vom Fortbestand der Organschaft nach Konkurseröffnung weiterhin zuzurechnen. Ob diese Rechtsauffassung des FG zutrifft (vgl. BFH in BFH/NV 1992, 140ff.) oder verfehlt ist, hat für die Beurteilung, ob die Vorentscheidung auf dem gerügten Verfahrensfehler beruhen kann, keine Bedeutung (BFH-Beschluß vom 15. März 1988 V B 10/86, BFH/NV 1989, 32; Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Mai 1984 8 C 108/82, Neue Juristische Wochenschrift 1985, 393; Urteil des Bundesgerichtshofs vom 14. März 1988 II ZR 302/87, Betriebs-Berater 1988, 799).
Fundstellen
BFH/NV 1994, 277 |
GmbHR 1994, 423 |