Entscheidungsstichwort (Thema)
Revisionszulassung wegen Fehlers bei der Auslegung revisiblen Rechts
Leitsatz (NV)
1. Die Wiedergabe klägerischen Vorbringens im unstreitigen Teil des Urteilstatbestands ist kein Fehler von so erheblichem Gewicht, der geeignet wäre, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen. Insoweit ist die Entscheidung auch nicht willkürlich i.S. der auf die Gesetzesbegründung gestützten Auslegung zu § 115 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 FGO.
2. Von Willkür ist dann nicht auszugehen, wenn sich das Gericht mit der Rechtslage eingehend auseinander setzt und seine Auffassung nicht jeder Rechtsgrundlage entbehrt.
Normenkette
EStG §§ 2, 13; FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1, 3
Verfahrensgang
Niedersächsisches FG (Urteil vom 25.04.2002; Aktenzeichen 16 K (VIII) 12324/97) |
Gründe
Die Beschwerde kann keinen Erfolg haben. Sowohl die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache als auch der gerügte Verfahrensmangel unzureichender Sachaufklärung sind nicht in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 115 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gebotenen Weise schlüssig dargelegt. Soweit die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) geltend gemacht haben, das angefochtene Urteil leide an einem materiell-rechtlichen Fehler von erheblichem Gewicht, ist die Beschwerde unbegründet.
1. Eine schlüssige Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache erfordert ein konkretes und substantiiertes Eingehen des Beschwerdeführers darauf, inwieweit die von ihm aufgeworfenen Rechtsfragen klärungsbedürftig und in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsfähig sind. Dafür reicht die bloße Behauptung, die Streitsache habe grundsätzliche Bedeutung, nicht aus. Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache ist anzugeben, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die betreffende Rechtsfrage umstritten ist und welche unterschiedlichen Auffassungen zu dieser Frage in der Rechtsprechung oder im Schrifttum vertreten werden (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 2. April 2002 VII B 66/01, BFH/NV 2002, 1308; vom 22. November 2002 X B 92/02, BFH/NV 2003, 320).
a) Die Kläger haben in ihrer Beschwerdebegründung aber weder eine umstrittene Rechtsfrage aufgeworfen noch das für die grundsätzliche Bedeutung erforderliche Allgemeininteresse dargelegt, sondern sich nach Art einer Revisionsbegründung mit der Vorentscheidung auseinander gesetzt und damit allenfalls ein individuelles Interesse an einer anderweitigen Entscheidung ihres Falles bekundet.
b) Allerdings haben die Kläger geltend gemacht, die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache liege in der grob fehlerhaften Rechtsanwendung des Liebhabereibegriffs durch das Finanzgericht (FG) und habe damit ihre Ursache in einem Rechtsfehler, der von erheblichem Gewicht und geeignet sei, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen.
Geht man mit den Klägern einmal davon aus, im Unterschied zu den Zulassungsgründen alter Fassung führten nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 FGO auch Fehler bei der Auslegung revisiblen Rechts zur Zulassung der Revision, wenn sie allgemeine Interessen nachhaltig berühren, so sind solche Fehler der Vorentscheidung doch weder dargelegt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO) noch offenkundig.
Derartige Fehler sollen nach der Gesetzesbegründung vorliegen, wenn sie z.B. von erheblichem Gewicht und geeignet sind, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen (BTDrucks 14/4061, S. 9). Diese Kriterien sollen nach Rüsken (Deutsche Steuer-Zeitung --DStZ-- 2000, 815, 819) dahin konkretisiert werden, dass die Revision gegen solche Entscheidungen der FG zuzulassen ist, die nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) als willkürlich zu bezeichnen wären.
aa) Die Kläger machen insoweit geltend, die Feststellungen des FG seien in sich widersprüchlich und daher nicht geeignet, seine Schlussfolgerung fehlender Gewinnerzielungsabsicht zu tragen. Diese Widersprüche sehen die Kläger darin, dass das FG wiederholt Tatsachen festgestellt habe, die auf eine Gewinnerzielungsabsicht schließen ließen, die es dann aber folgewidrig verneine. So habe das FG festgestellt, dass die ursprüngliche Gesellschaft aus Alterssicherungs- und Kapitalanlagegründen ihrer Gesellschafter, der Kläger, errichtet worden sei; dies impliziere aber ebenso eine Gewinnerzielungsabsicht wie die Feststellung, dass die Gesellschafter eine neue Anlageform mit langfristigen Gewinnmöglichkeiten gesucht hätten. Auch soweit das FG festgestellt habe, dass der Betrieb "erwartete" Gewinne nicht erwirtschaftet habe, lasse dies nur auf eine Gewinnerzielungsabsicht schließen.
Für den beschließenden Senat ist offenkundig, dass diese Äußerungen im Tatbestand des angefochtenen Urteils keine Tatsachenfeststellungen des FG im eigentlichen Sinne sind, sondern als Wiedergabe des Vortrags aus der Klagebegründung vom 29. September 1997 und des Inhalts einer zusammenfassenden Darstellung der Berechnungsgrundlagen und Erwägungen anzusehen sind, die zur Kaufentscheidung geführt hatten, und die (die Darstellung) dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) als Anlage zum Einspruchsschriftsatz vom 28. August 1996 übersandt wurde.
Diese Wiedergabe klägerischen Vorbringens im unstreitigen Teil des Urteilstatbestands ist jedenfalls kein Fehler von so erheblichem Gewicht, der geeignet wäre, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen. Entgegen der Auffassung der Kläger hindert diese Darstellung das FG auch nicht daran, aus den objektiven Beweisanzeichen langjähriger Verluste und den Reaktionen der Kläger hierauf auf eine fehlende Gewinnerzielungsabsicht zu schließen. Die Entscheidung erscheint insoweit auch nicht als willkürlich. Denn von Willkür kann dann nicht gesprochen werden, wenn sich das Gericht mit der Rechtslage eingehend auseinander setzt und seine Auffassung nicht jeder Rechtsgrundlage entbehrt (BVerfG-Beschluss vom 26. Mai 1993 1 BvR 208/93, BVerfGE 89, 1, 14). Dies hat das FG unabhängig von der versehentlichen Darstellung des Klägervortrags aber getan.
bb) Schließlich sehen die Kläger als Fehler von erheblichem Gewicht, dass das FG es versäumt habe, weitere zu den Verlusten hinzukommende Umstände festzustellen, die den Schluss ermöglichten, der Steuerpflichtige habe die verlustbringende Tätigkeit nur aus im Bereich der Lebensführung liegenden persönlichen Gründen und Neigungen ausgeübt. Es trifft zwar zu, dass das FG nicht ausdrücklich festgestellt hat, dass der land- und forstwirtschaftliche Betrieb der Gesellschaft der Freizeitgestaltung und Erholung ihrer Gesellschafter diente. Dies ist nach dem Urteil des Senats vom 21. Januar 1999 IV R 27/97 (BFHE 188, 27, BStBl II 1999, 638), auf das sich auch das FG bezogen hat, auch nicht erforderlich, wenn sich die fehlende Gewinnerzielungsabsicht aus anderen Beweisanzeichen für persönliche Neigungen ergibt. Wie der Senat in BFHE 188, 27, BStBl II 1999, 638 (unter B.III. Nr. 4 der Gründe) ausgeführt hat, entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass die Übernahme eines landwirtschaftlichen Betriebs, eines Gestüts oder eines ähnlichen Betriebs durch eine fachfremde Person, die aufgrund anderer positiver Einkünfte oder hohen Vermögens in der Lage ist, ständige Verluste zu tragen, ein Beweisanzeichen für persönliche Neigungen ist. Weiter bringt nach demselben Urteil der Umstand, dass ein Landwirt, dem --abgesehen von den Mitteln für den Erwerb des Gutes-- keine laufenden Geldzuflüsse von außen für den Betrieb zur Verfügung stehen, diesen wegen andauernder hoher Verluste nicht über die notwendige Anlaufzeit hinaus geführt hätte und hätte führen können, während dies einem Steuerpflichtigen möglich ist, der über andere Geldmittel verfügt, regelmäßig eine vom wirtschaftlichen Erfolg unabhängige persönliche Passion einer gehobenen Lebenshaltung zum Ausdruck (Hinweis auf die Urteile des Senats vom 22. Juli 1982 IV R 74/79, BFHE 136, 459, BStBl II 1983, 2; vom 15. November 1984 IV R 139/81, BFHE 142, 464, BStBl II 1985, 205, und vom 3. März 1988 IV R 90/85, BFH/NV 1989, 90, a.E.).
Das FG hat dazu unter Hinweis auf das Senatsurteil in BFHE 188, 27, BStBl II 1999, 638 ausgeführt: Gelinge der Nachweis nicht, dass man die Verlustsituation verkannt und erwartet habe, die Verluste auszugleichen und am Ende doch einen Totalgewinn zu erzielen, so folge daraus, dass die verlustbringende Tätigkeit nur aus persönlichen Gründen oder privater Neigung ausgeübt worden sei. Selbst wenn diese Ausführungen so zu verstehen wären, dass allein die Erwirtschaftung mehrjähriger Verluste bereits das Vorliegen persönlicher Gründe und privater Neigungen indizierte, so handelte es sich dabei weder um einen Fehler von so erheblichem Gewicht, dass er geeignet wäre, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu erschüttern, noch um eine Willkürentscheidung. Denn die Auffassung des FG entbehrt nicht jeder Rechtsgrundlage (vgl. Senatsbeschluss vom 30. August 2001 IV B 79, 80/01, BFHE 196, 30, BStBl II 2001, 837). Die Kläger haben sich zur Frage der Feststellung persönlicher Neigungen zwar auf die Urteile des BFH vom 21. Januar 1993 XI R 18/92, XI R 19/92 (BFH/NV 1993, 475) und vom 2. August 1994 VIII R 55/93 (BFH/NV 1995, 866) berufen. Diese Entscheidungen betrafen jedoch die Gewinnerzielungsabsicht bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb, bei denen der Beweis des ersten Anscheins grundsätzlich für die Gewinnerzielungsabsicht spricht, weil Unternehmen dieser Art nach der Lebenserfahrung typischerweise nicht dazu bestimmt und geeignet sind, der Befriedigung persönlicher Neigungen der Steuerpflichtigen oder der Erlangung wirtschaftlicher Vorteile außerhalb der Einkommenssphäre zu dienen. Dies gilt indessen nicht für die Beurteilung der Gewinnerzielungsabsicht bei der Führung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs, der vor allem dann von vornherein eine Nähe zur privaten Lebensführung aufweist, wenn der Steuerpflichtige als Berufsfremder tätig wird und sich der Unterstützung geeigneter Fachkräfte versichern muss. In diesen Fällen folgt bereits aus dem Misslingen des Nachweises, der Steuerpflichtige habe die objektiven Gegebenheiten verkannt und erwartet, zunächst angefallene Verluste im Laufe der weiteren Entwicklung des Betriebs durch Gewinne ausgleichen zu können, um insgesamt ein positives Gesamtergebnis zu erzielen, dass die verlustbringende Tätigkeit nur aus persönlichen Gründen oder Neigungen ausgeübt wurde (Senatsurteile in BFHE 188, 27, BStBl II 1999, 638, zu B.III. Nr. 2, und vom 24. August 2000 IV R 46/99, BFHE 192, 542, BStBl II 2000, 674, zu 4. der Entscheidungsgründe, jeweils m.w.N.). Diese Auffassung liegt auch der angefochtenen Entscheidung des FG zu Grunde.
2. Soweit die Kläger eine mangelhafte Sachaufklärung wegen der Nichteinholung eines Sachverständigengutachtens rügen, haben sie nicht --wie erforderlich (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 7. April 2003 V B 28/02, BFH/NV 2003, 1195, II. Nr. 3 der Gründe)-- dargelegt, warum sie diesen Mangel nicht bereits in der mündlichen Verhandlung vor dem FG gerügt haben. Die Verfahrensrüge ist insoweit bereits unzulässig. Ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 25. April 2002 haben die Kläger weder eine solche Rüge erhoben noch die behaupteten schriftsätzlichen Anträge, ein Sachverständigengutachten einzuholen, wiederholt, so dass von einem Rügeverzicht auszugehen ist (vgl. etwa BFH-Beschluss vom 18. Oktober 1995 V B 50/95, BFH/NV 1996, 333; die dagegen erhobene Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen: BVerfG-Beschluss vom 29. April 1996 1 BvR 2640/95, Steuer-Eildienst 1996, 411).
Fundstellen
Haufe-Index 1286521 |
BFH/NV 2005, 560 |