Entscheidungsstichwort (Thema)
Beiordnung eines Prozeßbevollmächtigten durch das Prozeßgericht
Leitsatz (NV)
1. Die Beiordnung eines Prozeßbevollmächtigten ist zu versagen, wenn die Rechtsmittel, die der beizuordnende Vertreter einlegen soll, nicht statthaft sind bzw. nicht mehr fristgerecht - auch unter Berücksichtigung einer eventuellen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - eingelegt werden können.
2. Die Vorschriften über die Beiordnung eines Prozeßbevollmächtigten sind im Finanzprozeß grundsätzlich nur insoweit anwendbar, als Vertretungszwang besteht.
Normenkette
FGO § 155; ZPO § 78b Abs. 1
Gründe
1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe (PKH) für die Beschwerden war abzulehnen, da er schon aus verfahrensrechtlichen Gründen keinen Erfolg haben kann (§ 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -, § 117 der Zivilprozeßordnung - ZPO -) ... (wird ausgeführt).
2. Der Antrag auf Beiordnung eines vor dem BFH vertretungsberechtigten Prozeßvertreters für die Beschwerdeverfahren war ebenfalls abzulehnen. Dies ergibt sich bereits daraus, daß die Rechtsmittel, die der beizuordnende Prozeßvertreter einlegen soll, entweder nicht statthaft sind (Beschwerde gegen Terminsverfügung) oder nicht mehr fristgerecht unter Wahrung des gemäß Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG bestehenden Vertretungszwangs (Beschwerde gegen Versagung der PKH und Ablehnung der Beiordnung eines Prozeßvertreters sowie Beschwerde gegen Zurückweisung des Richterablehnungsgesuchs) eingelegt werden können. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand könnte allenfalls gewährt werden, wenn der Rechtsmittelführer innerhalb der Rechtsmittelfrist die für die Beiordnung eines Prozeßvertreters erforderlichen Voraussetzungen erfüllt hätte. Daran fehlt es hier.
Nach § 78b Abs. 1 ZPO hat das Prozeßgericht einer Partei auf ihren Antrag für den Rechtszug einen Rechtsanwalt zur Wahrnehmung ihrer Rechte beizuordnen, soweit eine Vertretung durch Anwälte geboten ist, die Partei einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint. Diese Vorschrift ist seit Einführung des Vertretungszwangs vor dem BFH durch das BFHEntlG gemäß § 155 FGO sinngemäß anzuwenden (BFH-Beschluß vom 18. November 1977 III S 6/77, BFHE 123, 433, BStBl II 1978, 57). Zur Begründetheit eines Antrags nach § 78b Abs. 1 ZPO gehört insbesondere, daß die Partei glaubhaft macht, daß sie zumindest eine gewisse Zahl von zur Vertretung vor dem jeweiligen Gericht befugten Personen vergeblich um die Übernahme des Mandats ersucht hat (BFH-Beschlüsse vom 27. Januar 1988 VIII S 12/87, BFH/NV 1988, 383; vom 9. Dezember 1988 VI S 10/88, BFH/NV 1989, 381, und vom 27. November 1989 IX S 15/89, BFH/NV 1990, 503). Dies hat der Antragsteller nicht getan. Er hätte angeben müssen, welche vertretungsberechtigten Personen aus welchen Ablehnungsgründen die Übernahme des Mandats verweigert haben sollen.
3. Im übrigen sind die vom Antragsteller eingelegten Beschwerden auch ohne Erfolgsaussichten. Die Bewilligung von PKH setzt voraus, daß die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 142 FGO i.V.m. § 114 ZPO). Auch für die Beiordnung eines Prozeßvertreters ist Voraussetzung, daß die Rechtsverfolgung nicht aussichtslos ist (§ 155 FGO i.V.m. § 78b Abs. 1 ZPO).
Das FG hat zutreffend die Gewährung von PKH abgelehnt, weil der Antragsteller den ihm bekannten Mitwirkungspflichten (Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse) nicht nachgekommen war. Auch die Ablehnung der Beiordnung eines Prozeßbevollmächtigten gemäß § 78b Abs. 1 ZPO durch das FG ist ohne Rechtsfehler. Die Vorschrift ist nur in Prozessen anwendbar, in denen Vertretungszwang besteht (vgl. Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozeßordnung, 51. Aufl., § 78b Rz. 1). Da vor dem FG keine Vertretung vorgeschrieben ist, kommt die Vorschrift insoweit zumindest grundsätzlich nicht zur Anwendung (vgl. Urteil des BFH vom 13. November 1986 IV R 67/83, BFH/NV 1988, 441, 442).
Fundstellen
Haufe-Index 423229 |
BFH/NV 1994, 484 |