Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenentscheidung nach Erledigung der Hauptsache
Leitsatz (NV)
Wird nach Erhebung einer unzulässigen Klage dem Begehren des Klägers durch Erlaß eines geänderten Bescheids in der Sache entsprochen und erklären die Beteiligten hierauf die Hauptsache für erledigt, so sind die Kosten des Verfahrens dem Kläger aufzuerlegen.
Normenkette
FGO § 138
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) hatte zunächst durch Gewinnfeststellungsbescheid 1975 vom 8. Dezember 1977 den Gewinn im Schätzungswege auf 1 050 000 DM (unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung - AO 1977 -) festgesetzt. Nach Abgabe der Gewinnfeststellungserklärung durch die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) erließ das FA den geänderten Bescheid vom 28. September 1978 nach § 164 Abs. 2 AO 1977, in dem es den Gewinn auf 1 175 545 DM feststellte. Hiergegen richtete sich nach erfolglosem Einspruchsverfahren die Klage, die erst nach Ablauf der Klagefrist beim Finanzgericht (FG) einging. Die Klägerin begehrte deswegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und beantragte in der Sache, den Gewinn 1975 auf 1 056 702 DM festzustellen. Das FG wies die Klage als unzulässig ab; die Klagefrist sei versäumt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand könne nicht gewährt werden. Hiergegen richtete sich die Revision der Klägerin, mit der sie ihr Begehren aus dem Klageverfahren weiterverfolgte.
Aufgrund einer im Jahre 1984 durchgeführten Außenprüfung hat das FA durch geänderten Gewinnfeststellungsbescheid 1975 vom 31. Januar 1985 den Gewinn aus Gewerbebetrieb auf 1 056 402 DM festgestellt. Die Klägerin hat daraufhin durch Schreiben vom 25. September 1986 gegenüber dem Bundesfinanzhof (BFH) als dem Gericht der Hauptsache dieselbe für erledigt erklärt. Eine Erklärung gleichen Inhalts hat das FA mit Schreiben vom 23. Oktober 1986 abgegeben.
Das FA hat zugleich beantragt, der Klägerin gemäß § 138 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Ein Fall des § 138 Abs. 2 FGO liege nicht vor, denn der Änderungsbescheid vom 31. Januar 1985 gehe nicht auf die erhobene Klage, sondern auf die Ergebnisse der Außenprüfung zurück. Die Klage sei, wie das FG zutreffend entschieden habe, unzulässig und habe daher eine für die Klägerin günstige Änderung des Gewinnfeststellungsbescheides vom 28. September 1978 nicht auslösen können. Der Änderungsbescheid beruhe demgemäß allein auf der Außenprüfung. Dies werde insbesondere dadurch verdeutlicht, daß der Gewinn 1975 aufgrund neuer Tatsachen niedriger als mit dem Klagantrag begehrt festgesetzt worden sei. Die Vorschrift des § 138 Abs. 2 FGO setze zu ihrer Anwendung demgegenüber voraus, daß durch Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Verwaltungsakts dem mit der Klage erhobenen Vorwurf der Rechtswidrigkeit abgeholfen werde. Ein Nachgeben des FA aufgrund der Klage sei jedoch vorliegend nicht in Betracht zu ziehen.
Der Klägerin ist Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden. Sie hat sich nicht geäußert.
Entscheidungsgründe
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Die Beteiligten haben übereinstimmend die Hauptsache für erledigt erklärt, so daß nur noch über die Kosten zu entscheiden ist (§ 138 FGO). Da der Rechtsstreit dadurch erledigt worden ist, daß das FA mit seiner geänderten Gewinnfeststellung vom 31. Januar 1985 dem Begehren der Klägerin nicht nur entsprochen hat, sondern sogar über dieses hinausgegangen ist, trifft nach seinem Wortlaut die Vorschrift des § 138 Abs. 2 FGO scheinbar zu. Es ist jedoch in ständiger Rechtsprechung des BFH anerkannt, daß § 138 Abs. 2 FGO nur die besondere Ausprägung des die Kostenregelung des § 138 FGO beherrschenden Gedankens ist. Diesem zufolge kommt es darauf an, wie das Verfahren mutmaßlich ausgegangen wäre, wenn sich die Hauptsache nicht erledigt hätte. Mit der Regelung in § 138 Abs. 2 FGO wird demgemäß von Gesetzes wegen unterstellt, aus dem Nachgeben des FA während des Verfahrens müsse geschlossen werden, daß das Verfahren im Falle seiner Fortsetzung und Beendigung durch Urteil im Sinne des abhelfenden Bescheides ergangen, das FA mithin unterlegen wäre.
Von dieser gesetzlichen Unterstellung kann aber nicht ausgegangen werden, wenn es wegen Unzulässigkeit der Klage zu einer derartigen (unterstellten) Sachentscheidung des Gerichts nicht gekommen wäre (BHF-Beschluß vom 27. September 1977 VII K 1/76, BFHE 123, 310, BStBl II 1978, 21, m.w.N.). In Fällen dieser Art ist die Regelung des § 138 Abs. 1 FGO anzuwenden.
Nach Maßgabe des § 138 Abs. 1 FGO sind die Kosten des Verfahrens der Klägerin aufzuerlegen, denn bei Prüfung des mutmaßlichen Prozeßausganges wäre die Klage als unzulässig zu beurteilen gewesen. Mit der am 28. April 1981 beim beklagten FA eingegangenen Klageschrift war die - am 27. April 1981 abgelaufene - Klagefrist versäumt worden. Hiervon hat der Gerichtsvorsitzende den Prozeßbevollmächtigten der Klägerin durch Schreiben vom 6. Mai 1981 unterrichtet. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ging erst nach Ablauf der Zweiwochenfrist des § 56 Abs. 2 Satz 1 FGO, nämlich am 1. Juni 1981, beim FG ein. Nach den darin enthaltenen Angaben soll die Bürokraft des Prozeßbevollmächtigten bei Eintragung der Wiedereinsetzungsfrist in das Fristenkontrollbuch die hier maßgebliche Zweiwochenfrist des § 56 FGO mit der Monatsfrist des § 110 AO 1977 verwechselt haben. Der Auffassung des FG, daß dieser Fehler dafür ursächlich war, daß innerhalb der von § 56 Abs. 2 Satz 1 FGO bestimmten Frist jedenfalls kein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt wurde, tritt der erkennende Senat bei. Es kann auf sich beruhen, welche Angaben die Klägerin diesem Antrag hätte beifügen müssen, denn der Antrag an sich war bereits verspätet. Dem FG ist auch in der Beurteilung beizupflichten, daß der Prozeßbevollmächtigte bezüglich der Wiedereinsetzungsfrist nicht die notwendige Sorgfalt hat walten lassen. Die diesbezüglichen Ausführungen des FG werden auch mit der Revision nicht beanstandet.
Fundstellen
Haufe-Index 414918 |
BFH/NV 1988, 182 |