Entscheidungsstichwort (Thema)
Begründung einer vGA mit fehlendem Interessengegensatz zwischen Kapitalgesellschaft und beherrschendem Gesellschafter
Leitsatz (NV)
Es ist nicht klärungsbedürftig, dass eine vGA mit dem fehlenden Interessengegensatz zwischen Kapitalgesellschaft und beherrschendem Gesellschafter begründet werden kann.
Normenkette
KStG § 8 Abs. 3 S. 2; FGO § 76 Abs. 1, § 115 Abs. 2 Nrn. 1-3, § 116 Abs. 3 S. 3
Tatbestand
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist eine GmbH, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer X ist. Dieser betreibt gleichzeitig ein Einzelunternehmen, die Z.
Im Jahr 1992 (Streitjahr) wurde in der Buchführung der Klägerin das Konto "sonstige betriebliche Aufwendungen" mit einem Betrag in Höhe von 30 000 DM belastet. Die Klägerin gab auf Nachfrage des Beklagten und Beschwerdegegners (des Finanzamts ―FA―) an, es handele sich dabei einerseits um Fahrzeugnutzungskosten in Höhe von 18 000 DM und andererseits um Büropersonalkosten in Höhe von 12 000 DM, welche die Z ihr auf der Grundlage einer Vereinbarung vom 15. Dezember 1990 in Rechnung gestellt habe. Die von X im eigenen Namen und als Geschäftsführer der Klägerin unterschriebene Vereinbarung sah vor, dass die Z der Klägerin Personal- und Schreibbüro-Kapazität, Telefondienste und die Möglichkeit der Kfz-Nutzung zur Verfügung stellte. Diese Leistungen sollten wegen der schwierigen Kostenabgrenzung und -erfassung einmal pro Jahr pauschal abgegolten werden. Dies wiederum sollte auf der Grundlage einer Schätzung durch X geschehen. Für das Streitjahr stellte X der Klägerin zwölf ―im Verlaufe des Verfahrens durch eine nicht unterschriebene und ohne Datumsangabe ausgestellte Abrechnung der Z näher spezifizierte― Monatspauschalen à 2 500 DM für die Nutzung von Fahrzeugen, Büropersonal und den Einsatz eines Mitarbeiters in Rechnung.
Das FA behandelte den Betrag in Höhe von 30 000 DM als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA). Nach erfolglosem Einspruchsverfahren gegen die streitbefangenen Steuerbescheide legte die Klägerin dagegen Klage vor dem Finanzgericht (FG) ein, welches diese als unbegründet abwies. Das FG ließ die Revision gegen sein Urteil nicht zu.
Dagegen wehrt sich die Klägerin mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde, mit der sie die Zulassung der Revision gegen das Urteil der Vorinstanz beantragt.
Dem ist das FA entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist unzulässig und war daher zu verwerfen.
Die Klägerin hat keinen der in § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) enthaltenen Zulassungsgründe hinreichend dargelegt. Die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde muss inhaltlich den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechen, d.h. der Beschwerdeführer muss die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 substantiiert und schlüssig darlegen (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 116 Rz. 26, m.w.N.). Demgemäss ist es erforderlich, dass zumindest das Vorliegen der in § 115 Abs. 2 FGO genannten Tatbestandsvoraussetzungen in der Beschwerdebegründung erläutert wird (vgl. die Gesetzesbegründung in BT/Drucks 14/4061 S. 10). Daran fehlt es bei der Beschwerdebegründung der Klägerin.
1. Die Klägerin hat die Klärungsbedürftigkeit der von ihr aufgeworfenen Rechtsfrage, ob es die umfassende Dispositionsbefugnis des Alleingesellschafter-Geschäftsführers nicht verbiete, eine vGA mit einem fehlenden Interessengegensatz zwischen der Kapitalgesellschaft und ihrem beherrschenden Gesellschafter zu begründen, nicht dargelegt. Ihre Beantwortung ergibt sich bereits aus der einschlägigen Rechtsprechung des Senats. Der Senat hat in seinem Urteil vom 30. August 1995 (I R 155/94, BFHE 178, 371) zu einem vertraglich vereinbarten Wettbewerbsverbot entschieden, dass es die umfassende Dispositionsbefugnis des Alleingesellschafters diesem erlaube, das vereinbarte Wettbewerbsverbot aufzuheben. Es ist offensichtlich und ergibt sich auch aus den vom Senat herangezogenen Zitaten, dass sich diese Aussage auf die gesellschaftsrechtliche Dispositionsbefugnis des Alleingesellschafters bezieht. Daraus lässt sich nicht ableiten, dass im Hinblick auf § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) eine vGA nicht mit einem fehlenden Interessengegensatz begründet werden dürfe. Der Senat hat dazu wiederholt ausgeführt, dass zwar zwischen Fremdgeschäftsführern und der GmbH ein Interessengegensatz bestehe, der in der Regel dafür sorge, dass die getroffenen Vereinbarungen nicht einseitig einen der Vertragspartner begünstigten. Im Verhältnis zwischen Gesellschafter-Geschäftsführern und der GmbH besteht ein solcher Interessengegensatz aber gerade nicht (vgl. zuletzt Urteil des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 27. März 2001 I R 40/00, BFHE 195, 243, BStBl II 2001, 655). Besonders gilt dies für Alleingesellschafter-Geschäftsführer, die auf Grund ihrer gesellschaftsrechtlichen Dispositionsbefugnis in der Kapitalgesellschaft ihre Interessen durchsetzen können. In einem solchen Fall besteht wegen des fehlenden Interessengegensatzes zwischen der Gesellschaft und dem beherrschenden Gesellschafter die Möglichkeit, den Gewinn der Gesellschaft mehr oder wenig beliebig festzusetzen und ihn zugunsten des Gesellschafters und zuungunsten der Gesellschaft zu beeinflussen (vgl. BFH-Urteile vom 26. April 1989 I R 172/87, BFHE 157, 138, BStBl II 1989, 673; vom 2. Februar 1994 I R 78/92, BFHE 173, 412, BStBl II 1994, 479). Das ist der Grund, warum der Senat für beherrschende Gesellschafter in ständiger Rechtsprechung entschieden hat, dass eine vGA auch dann anzunehmen sein kann, wenn die Kapitalgesellschaft eine Leistung an den beherrschenden Gesellschafter erbringt, für die es an einer klaren, im voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 13. November 1996 I R 149/94, BFHE 181, 494; vom 23. Oktober 1996 I R 71/95, BFHE 181, 328, BStBl II 1999, 35).
2. Auch eine Abweichung des Urteils der Vorinstanz zu Judikaten des BFH hat die Klägerin nicht dargelegt. Abgesehen davon, dass das FG ausgeführt hat, dass die zitierte Senatsrechtsprechung einen anderen Fall betrifft, hätte die Klägerin substantiiert darlegen müssen, in welcher konkreten Rechtsfrage das FG von der Rechtsprechung des BFH abgewichen ist (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz. 42). Dazu enthält die Beschwerdebegründung aber keinerlei Angaben.
3. Soweit die Klägerin geltend macht, das FG habe § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO verletzt und dadurch einen Verfahrensfehler i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO begangen, auf dem das FG-Urteil beruhe, ist dem nicht zu folgen. Sie hat das Vorliegen eines entsprechenden Zulassungsgrundes nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO nicht hinreichend dargelegt, weil sie die Verletzung des § 76 FGO nicht ordnungsgemäß in der Vorinstanz gerügt hat. Da in vielen Fällen auf die Beachtung verfahrensrechtlicher Vorschriften wirksam verzichtet werden kann (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung ―ZPO―) gehört nach ständiger Rechtsprechung zur ordnungsmäßigen Rüge eines Verfahrensmangels auch der Vortrag, dass die Verletzung der entsprechenden (verzichtbaren) Verfahrensvorschrift in der Vorinstanz ordnungsgemäß gerügt wurde, es sei denn, dass sich dies schon aus dem Urteil selbst oder den in Bezug genommenen Unterlagen ergibt (vgl. BFH-Urteil vom 20. April 1989 IV R 299/83, BFHE 157, 106, BStBl II 1989, 727; BFH-Beschlüsse vom 17. November 1997 VIII B 16/97, BFH/NV 1998, 608; vom 10. Februar 2000 VIII B 14/99, BFH/NV 2000, 971; vom 17. März 2000 VII B 1/00, BFH/NV 2000, 1125). Zu den in diesem Sinne verzichtbaren Verfahrensmängeln gehört auch die mangelnde Sachaufklärung von Amts wegen (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 FGO Rz. 101; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 115 FGO Tz. 91, m.w.N. zur ständigen Rechtsprechung). Ausweislich der FG-Akten (dort insbesondere der Protokollniederschrift zur mündlichen Verhandlung) hat die Klägerin eine entsprechende Rüge versäumt.
4. Die Entscheidung ergeht im Übrigen ohne weitere Begründung, § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO.
Fundstellen
Haufe-Index 1018824 |
BFH/NV 2003, 1613 |