Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterlassen einer notwendigen Beiladung eröffnet nicht die zulassungsfreie Revision
Leitsatz (NV)
Der Beiladungsbeschluß kann auch durch Verkündung in der mündlichen Verhandlung wirksam werden, sofern der Beizuladende anwesend oder vertreten ist. Ist dies nicht der Fall, liegt nicht der Mangel einer nicht vorschriftsmäßigen Vertretung eines Beteiligten (§ 116 Nr.3 FGO) vor, sondern der des Unterlassens einer notwendigen Beiladung.
Normenkette
FGO § 116 Nr. 3
Verfahrensgang
Tatbestand
Revisionskläger sind die Klägerin des erstinstanzlichen Verfahrens und der Kaufmann L. Die Klage der Klägerin, die eine Reihe von Feststellungen anläßlich einer Außenprüfung betraf, wies das Finanzgericht (FG) mit dem angefochtenen Urteil zurück. Im Tatbestand des Urteils heißt es:
,,Die Klägerin war eine Kommanditgesellschaft, deren Komplementärin die A-GmbH und deren einziger Kommanditist der Kaufmann L - der Beigeladene - war.. . .
Über das Vermögen der Klägerin und ihrer Komplementär-Gesellschaft ist im Jahre 1989 das Konkursverfahren eröffnet worden. Das Verfahren ist zwischenzeitlich abgeschlossen. Beide Gesellschaften wurden durch Eintragung vom 2. August 1990 im Handelsregister gelöscht. Liquidator der Klägerin war der Beigeladene."
Der Beiladungsbeschluß wurde ausweislich der Sitzungsniederschrift in der mündlichen Verhandlung vom 20. August 1991 verkündet. Hierzu heißt es weiter im Protokoll:
,,Der Klägervertreter erklärte:
Ich bin bereit, den Beigeladenen zu vertreten und werde Vollmacht nachreichen."
Mit der Revision rügen die Revisionskläger, daß Herr L als Beigeladener in der mündlichen Verhandlung nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten gewesen sei (§ 116 Abs. 1 Nr.3 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Das FG habe den Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung gefragt, ob er unter dem Vorbehalt der nachträglichen Vollmachtsbestätigung bereit sei, den Beigeladenen zu vertreten. Dieser habe unter dem vorgenannten Vorbehalt seine Zustimmung erklärt. Herr L habe zwischenzeitlich eine nachträgliche Vollmachtserteilung abgelehnt. Er sei damit nicht wirksam vertreten gewesen; die Beiladung sei ihm nicht wirksam bekanntgegeben worden. Er sei somit nicht beigeladen gewesen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unzulässig.
Abweichend von § 115 Abs. 1 FGO findet die Revision nach Art.1 Nr.5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs nur statt, wenn das FG oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof (BFH) sie zugelassen haben. Dies ist im vorliegenden Fall nicht geschehen.
Die Klägerin hat auch keinen wesentlichen Verfahrensmangel dargelegt, der eine zulassungsfreie Revision nach § 116 Abs. 1 FGO begründen könnte. Insbesondere ergibt sich aus ihrem Vortrag nicht, daß ein Verfahrensbeteiligter i.S. von § 116 Abs. 1 Nr.3 FGO nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten gewesen sei. Herr L war nicht Beteiligter.
Verfahrensbeteiligter ist allerdings auch der Beigeladene (§ 57 Nr.3 FGO). Die beizuladende Person erhält die Stellung als Verfahrensbeteiligter jedoch erst durch einen entsprechenden Beschluß des FG (BFH-Urteil vom 18. September 1974 II R 129/73, BFHE 113, 350, BStBl II 1975, 40). Dieser Beschluß ist allen Verfahrensbeteiligten sowie dem Beizuladenden zuzustellen (§ 60 Abs. 4 FGO). Der Beiladungsbeschluß kann auch durch Verkündung in der mündlichen Verhandlung wirksam werden, allerdings nur dann, wenn auch der Beizuladende in der mündlichen Verhandlung anwesend oder vertreten war (BFH-Urteil vom 3. Dezember 1986 II R 59/86, BFHE 148, 420, BStBl II 1987, 302).
Im Streitfall fehlt es an der Vertretung des Herrn L in der mündlichen Verhandlung. Es kann dahinstehen, ob es für das Wirksamwerden des Beiladungsbeschlusses in derartigen Fällen genügt, daß sich ein Bevollmächtigter für den Beizuladenden i.S. des § 176 der Zivilprozeßordnung ,,bestellt" hat. Die ,,Bestellung" setzt voraus, daß dem Gericht von einem bestehenden Vertretungsverhältnis Kenntnis gegeben wird (Beschluß des Bundesgerichtshofs vom 29. Oktober 1973 NotZ 4/73, BGHZ 61, 308). Der Klägervertreter ist jedoch nach seinem Vorbringen, das durch das Protokoll nicht widerlegt wird, nicht als Bevollmächtigter des Beizuladenden, sondern unter dem Vorbehalt einer nachträglichen Bevollmächtigung aufgetreten. Diese nachträgliche Vollmacht ist nicht erteilt worden.
Unterbleibt eine - wie die Revisionskläger vorbringen - notwendige Beiladung, so führt dies im Rahmen einer vom FG oder vom BFH zugelassenen Revision von Amts wegen zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils wegen eines Verfahrensmangels. Gleichwohl handelt es sich nicht um einen Fall der zulassungsfreien Revision, weil einer der in § 116 Abs. 1 FGO aufgezählten Verfahrensmängel nicht vorliegt (Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Februar 1977 VII CB 74/75, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1977, 512).
Fundstellen
Haufe-Index 418722 |
BFH/NV 1993, 116 |