Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtzulassungsbeschwerde - Zulässigkeitsvoraussetzungen
Leitsatz (NV)
Zu den Anforderungen an die Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 S. 3
Tatbestand
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger), ein Lohnsteuerhilfeverein, zeigte der Beklagten und Beschwerdegegnerin (Oberfinanzdirektion - OFD -) die Eröffnung einer Beratungsstelle und die Bestellung der Frau D als Beratungsstellenleiterin an. Frau D hatte in der Zeit vom 1. September 1968 bis 31. August 1970 die Ausbildung als Steuerfachgehilfin in einem wirtschafts- und steuerberatenden Beruf absolviert und die Gehilfenprüfung bestanden. Seit dem 1. März 1984 ist sie bei einer GmbH als Buchhalterin tätig.
Die OFD lehnte mit Verfügung vom 29. Oktober 1984 die Eintragung der Beratungsstelle in das Verzeichnis der Lohnsteuerhilfevereine ab und verlangte die Schließung der Beratungsstelle, weil die Beratungsstellenleiterin nicht die in § 23 Abs. 3 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) vorgeschriebene Qualifikation (mindestens dreijährige hauptberufliche Tätigkeit auf dem Gebiet des Lohnsteuerwesens) erfülle. Die Beschwerde und die Klage des Klägers blieben erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) führte im wesentlichen aus: Die gesetzliche Regelung über den Beratungsstellenleiter (§ 23 StBerG) sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Gesetzgeber habe sich mit der Beschreibung einer einfachen und objektiv klar erkennbaren Voraussetzung für die Qualifikation für eine praktikable Lösung der Überprüfung der Zugangsvoraussetzungen entschieden. Diese im übrigen für einen Fach- und Sachkundigen auch leicht zu erwerbende Qualifikation könne als sachgerechte Zugangsvoraussetzung zu dem Beruf des Beratungsstellenleiters angesehen werden (Hinweis auf das Urteil des Senats vom 9. Januar 1979 VII R 22/78, BFHE 127, 100, BStBl II 1979, 306).
Die vom Kläger vorgelegten Nachweise über die bisherige berufliche Tätigkeit der Frau D erfüllten nicht die Voraussetzungen des § 23 Abs. 3 StBerG. Für die Ausbildung zum Beruf als Steuergehilfin gelte dies schon deshalb, weil diese Zeit allein nicht die erforderlichen drei Jahre umfaßt habe. Im übrigen ergebe sich aus dem Begriff der hauptberuflichen Tätigkeit auch, daß eine Ausbildungszeit diese Voraussetzung grundsätzlich nicht erfülle. Bezüglich der beruflichen Tätigkeit der Frau D bei der GmbH habe der Kläger nicht nachgewiesen, daß diese Tätigkeit als hauptberufliche Tätigkeit auf dem Gebiet des Lohnsteuerwesens anzusehen sei. Aus der vorgelegten Bescheinigung ergebe sich lediglich, daß Frau D in der Zeit vom 1. März 1984 bis 8. Januar 1985 für ihre Arbeitgeberin die Finanzbuchhaltung sowie die Gehaltsabrechnungen erstellt habe. Welche Aufgaben sie im einzelnen wahrgenommen habe, lasse sich daraus nicht entnehmen; insbesondere sei ihr spezieller Tätigkeitsbereich auf dem Gebiet des Lohnsteuerwesens in keiner Weise umschrieben.
Der Kläger hat gegen das Urteil des FG Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt und diese (wörtlich) wie folgt begründet:
,,Die Revision bleibt zuzulassen, weil der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beizumessen bleibt. Auch bleiben anläßlich der Behandlung der hiesigen Rechtsfrage allgemeine Interessen tangiert. Die hier maßgebliche Vorschrift des § 23 Abs. 3 des Steuerberatungsgesetzes ist verfassungswidrig. Gerügt werden vorab eine Verletzung des Art. 3 sowie Art. 12 des Grundgesetzes. Zur Rechtfertigung sei vorab Bezug genommen auf die Ausführungen der Klägerseite vom 10.7.1987, die uneingeschränkt zum Gegenstand diesseitigen Vorbringens gemacht werden. Unabhängig davon beabsichtigt der Unterzeichner eine ergänzende Rechtfertigung abzugeben. Im Hinblick darauf wird zunächst gebeten, weitere Entscheidungen zurückzustellen."
Die mit Schriftsatz vom 11. August 1987 vom Prozeßbevollmächtigten des Klägers angekündigte weitere Begründung ist nicht erfolgt.
Die OFD beantragt, die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise, sie als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig.
Der Kläger begehrt im Streitfall die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Für diesen Fall muß in der Beschwerdeschrift die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt werden (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO). Diesem Erfordernis entspricht die Begründung der vorliegenden Beschwerde nicht.
,,Darlegen" der grundsätzlichen Bedeutung im Sinne des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO bedeutet mehr als allgemeine Hinweise oder Behauptungen (Tipke / Kruse, Abgabenordnung - Finanzgerichtsordnung, 12. Aufl., § 115 FGO Tz. 88). Der Beschwerdeführer muß mindestens konkret auf die Rechtsfrage und ihre Bedeutung über den Einzelfall hinaus eingehen (vgl. z.B. Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 30. März 1983 I B 9/83, BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479). Daran fehlt es hier.
Die Beschwerdeschrift läßt die Rechtsfrage nicht erkennen, der der Kläger grundsätzliche Bedeutung beimessen will. Einer konkreten Bezeichnung der maßgeblichen Rechtsfrage hätte es insbesondere deshalb bedurft, weil nach der Sach- und Rechtslage des Streitfalls hierfür mehrere Fragen in Betracht kommen; so etwa: Berücksichtigung einer anderen Qualifikation als der in § 23 Abs. 3 StBerG genannten dreijährigen Tätigkeit auf dem Gebiet des Lohnsteuerwesens, Einbeziehung der Lehrzeit für den steuerberatenden Beruf in die Dreijahresfrist, Berücksichtigung der gegenwärtigen Tätigkeit als Buchhalterin als Tätigkeit auf dem Gebiet des Lohnsteuerwesens oder generelle Qualifikation jeder Steuerfachgehilfin für die Tätigkeit als Beratungsstellenleiterin.
Der Kläger hat lediglich behauptet, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung, ohne näher darzulegen, aus welchen Gründen die erstrebte Revisionsentscheidung der Rechtsklarheit, der Rechtseinheitlichkeit und / oder der Rechtsentwicklung dienen könne. Die Behauptung der Verfassungswidrigkeit der vom FG seiner Entscheidung zugrunde gelegten Norm (§ 23 Abs. 3 StBerG) reicht für die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung nicht aus (vgl. Klein / Ruban, Der Zugang zum Bundesfinanzhof, Rz. 160, m.w.N.). Dies gilt im Streitfall insbesondere deshalb, weil der Senat in der vom FG zitierten Entscheidung in BFHE 127, 100, BStBl II 1979, 306 die Verfassungsmäßigkeit des § 23 Abs. 3 StBerG ausdrücklich bejaht hat. Der Kläger hat zwar in der Beschwerdeschrift die angeblich verletzten Verfassungsvorschriften (Art. 3 und 12 des Grundgesetzes - GG -) benannt; er hat die Behauptung des Verfassungsverstoßes aber nicht näher begründet.
Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache konnte auch nicht mit der Bezugnahme auf das Vorbringen in erster Instanz begründet werden (vgl. Herrmann, Die Zulassung der Revision und die Nichtzulassungsbeschwerde im Steuerprozeß, Rz. 135); denn der Kläger hatte im Klageverfahren keinen Anlaß, auf die grundsätzliche Bedeutung einzugehen. Der in Bezug genommene Schriftsatz vom 10. Juli 1987 beinhaltet Ausführungen zur Ausbildungszeit, zum Inhalt der Ausbildung und zur beruflichen Qualifikation der im Streitfall konkret vorgesehenen Beratungsstellenleiterin.Darüber hinaus enthält er Darstellungen über deren gegenwärtige berufliche Tätigkeit und schließlich Ausführungen zur verfassungsrechtlichen Vereinbarkeit des § 23 Abs. 3 StBerG mit Art. 3 und 12 GG. Welche konkrete Rechtsfrage jedoch nach Auffassung des Beschwerdeführers grundsätzliche Bedeutung haben soll, ist auch unter Heranziehung des Schriftsatzes vom 10. Juli 1987 nicht erkennbar.
Da die Nichtzulassungsbeschwerde den dargestellten Begründungsanforderungen nicht entspricht, ist sie als unzulässig zu verwerfen. Durch den Zwang zur Begründung soll der BFH der Mühe enthoben sein, die zu einem bestimmten Fragenkreis ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung auf mögliche, noch ungeklärte Rechtsfragen durchzusehen und sodann Vermutungen anzustellen. welche Rechtsfrage von allgemeiner Bedeutung der Beschwerdeführer wohl gemeint haben könnte (BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479).
Fundstellen
Haufe-Index 415548 |
BFH/NV 1988, 508 |