Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsätzliche Bedeutung; Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs; Abzugsfähigkeit von Geldbußen
Leitsatz (NV)
1. Wird die Abzugsfähigkeit einer unterhalb des Nettogewinns festgesetzten Geldbuße als Betriebsausgabe begehrt, so ist zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung insbesondere eine Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung und dem Schrifttum erforderlich, wonach Billigkeitsmaßnahmen allenfalls dann geboten sind, wenn der gesamte wirtschaftliche Vorteil ohne Berücksichtigung der darauf entfallenden Steuern abgeschöpft wird.
2. Die schlüssige Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs verlangt zum einen, daß insoweit kein Verzicht nach § 295 ZPO i. V. m. § 155 FGO vorliegt, zum anderen einen substantiierten Vortrag im einzelnen, wozu der Beteiligte sich nicht habe äußern können und was er bei ausreichender Gewährung rechtlichen Gehörs noch vorgetragen hätte (ständige Rechtsprechung).
Normenkette
AO §§ 163, 227; FGO §§ 94, 115 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 S. 3; ZPO §§ 165, 295; EStG § 4 Abs. 4, 5 Nr. 8 S. 4, § 52 Abs. 5a
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig.
1. Die Beschwerde behauptet nur die grundsätzliche Bedeutung verschiedener Rechtsfragen, legt sie hingegen nicht hinreichend substantiiert dar (§ 115 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).
a) Es fehlt an einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 23. Januar 1990 1 BvL 4, 5, 6 und 7/87 (BStBl II 1990, 483 ff.) sowie der Folgerechtsprechung des Bundesfinanzhofs -- BFH -- (Urteile des erkennenden Senats vom 24. Juli 1990 VIII R 194/84, BFHE 161, 509, BStBl II 1992, 508, 510; vom 12. Juni 1990 I R 73/88, BFH/NV 1991, 32, 33, und vom 20. Juni 1990 I R 141/84, BFH/NV 1991, 38, 40) und dem hierzu ergangenen Schrifttum hinsichtlich der Voraussetzungen und des Umfangs einer von Verfassungs wegen gebotenen Abzugsfähigkeit der Geldbuße bei Abschöpfung von Brutto-Mehrerlösen.
Im Schrifttum (vgl. z. B. Sarrazin, Neue Wirtschafts-Briefe -- NWB -- Fach 3 b, 3959, 3961; Gail/Düll/Schubert, GmbH- Rundschau -- GmbHR -- 1992, 705, 707; Kieschke, Deutsche Steuer-Zeitung -- DStZ -- 1991, 289, 294) wird eine Billigkeitsmaßnahme allenfalls dann für geboten erachtet, wenn der gesamte wirtschaftliche Vorteil ohne Berücksichtigung der darauf entfallenden Steuern durch die Geldbuße abgeschöpft wird. Davon geht auch das angefochtene Urteil aus. Die Beschwerde legt hingegen nicht dar, daß auch bereits bei einer nur teilweisen Abschöpfung generell Billigkeitsmaßnahmen geboten seien, und zwar selbst dann, wenn die Abschöpfung einschließlich des Sanktionsteils der Geldbuße sogar unterhalb des Nettogewinns verbleiben und somit eine Doppelbelastung ausgeschlossen ist.
Die Beschwerde legt ferner nicht dar, daß die Rechtsfrage in einem künftigen Revisionsverfahren überhaupt klärungsfähig wäre. Die Abzugsfähigkeit hinsichtlich der mit einer Geldbuße abgeschöpften Brutto- Erlöse ist durch § 4 Abs. 5 Nr. 8 Satz 4 i. V. m. § 52 Abs. 5 a des Einkommensteuergesetzes (EStG) rückwirkend u. a. für alle unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Steuerbescheide durch das Steueränderungsgesetz (StÄndG) 1992 eröffnet worden.
In dem geänderten Feststellungsbescheid für das Streitjahr 1988 vom 21. November 1991 ist der Vorbehalt der Nachprüfung ausdrücklich aufrechterhalten worden.
b) Soweit die Beschwerde in verschiedenen Punkten eine rechtlich fehlerhafte Beurteilung durch das Finanzgericht behauptet, legt sie damit noch keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dar.
2. Die Beschwerde bezeichnet ebensowenig i. S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 Satz 3 FGO Verfahrensmängel.
Die schlüssige Rüge der sinngemäß angesprochenen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör verlangt u. a. zum einen, daß insoweit kein Verzicht nach § 295 der Zivilprozeßordnung (ZPO) i. V. m. § 155 FGO vorliegt (vgl. BFH-Beschluß vom 4. Oktober 1991 VII B 98/91, BFH/NV 1992, 603, ständige Rechtsprechung), zum anderen einen substantiierten Vortrag im einzelnen, wozu die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) sich nicht habe äußern können und was sie bei ausreichender Gewährung des rechtlichen Gehörs noch vorgetragen hätte (Urteil des erkennenden Senats vom 23. Oktober 1990 VIII R 142/85, BFHE 162, 99, BStBl II 1991, 401, 403, ständige Rechtsprechung).
An beidem fehlt es. Ausweislich der Sitzungsniederschrift über die mündliche Verhandlung vom 21. April 1993 (vgl. § 94 FGO i. V. m. § 165 ZPO) haben die Prozeßbevollmächtigten der Klägerin nicht nur eine mehrstündige Einsicht in die Akten am Sitzungstag nehmen können und anschließend unter Bezugnahme darauf weiter vorgetragen, sondern sie haben es auch unterlassen, Verfahrensanträge zu stellen, um die Gewährleistung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ggf. sicherzustellen.
Im übrigen ergeht die Entscheidung ohne weitere Begründung (Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs).
Fundstellen
Haufe-Index 419975 |
BFH/NV 1995, 142 |