Entscheidungsstichwort (Thema)
NZB: Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage; Kindergeld für volljähriges behindertes Kind
Leitsatz (NV)
1. Ist eine Rechtsfrage durch die Rechtsprechung des BFH bereits hinreichend geklärt und sind keine neuen Gesichtspunkte erkennbar, die eine erneute Prüfung und Entscheidung durch den BFH erkennbar machen, fehlt es an der Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage.
2. Bei vollstationärer Unterbringung volljähriger behinderter Kinder entspricht der Ansatz der Heimkosten einem Einzelnachweis für den behinderungsbedingten Mehrbedarf, so dass daneben für den Pauschbetrag gemäß § 33b Abs. 3 Satz 3 EStG kein Raum ist.
3. Bei Eingliederungshilfen handelt es sich um zweckgebundene behinderungsbedingte Bezüge, die bei Ermittlung des Bedarfs eines volljährigen behinderten Kindes außer Ansatz bleiben müssen.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, § 116 Abs. 3 S. 3; EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 3, § 33b
Verfahrensgang
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung entspricht nicht den Anforderungen an die Darlegung von Zulassungsgründen i.S. von § 115 Abs. 2 i.V.m. § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
a) Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn eine Frage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil ihre Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der Entwicklung und Handhabung des Rechts betrifft (ständige Rechtsprechung zu § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO a.F., vgl. die Nachweise bei Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 115 Rz. 23; Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 31. Mai 2000 IV B 55/99, juris). Es muss sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln. Diese Voraussetzungen müssen in der Beschwerdeschrift dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Hierzu genügt die bloße Behauptung, die Streitsache habe grundsätzliche Bedeutung, nicht. Vielmehr muss die Beschwerde konkret auf die Rechtsfrage, ihre Klärungsbedürftigkeit und ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingehen (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschluss vom 26. August 1992 II B 100/92, BFH/NV 1993, 662, 663, m.w.N.; Senatsbeschluss vom 27. Mai 2002 VIII B 150/01, BFH/NV 2002, 1463). Insbesondere sind Ausführungen dazu erforderlich, aus welchen Gründen, in welchem Umfang und von welcher Seite die Rechtsfrage umstritten ist (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschlüsse vom 21. November 1989 VII S 10/89, BFH/NV 1990, 585, 586; vom 25. Mai 1999 V B 162/98, BFH/NV 1999, 1497, sowie vom 30. August 2001 IV B 79, 80/01, BFHE 196, 30, BStBl II 2001, 837); darüber hinaus muss die Rechtsfrage klärungsbedürftig und klärungsfähig sein.
b) Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Es fehlt vielmehr an der Klärungsbedürftigkeit der vom Beklagten und Beschwerdeführer (Beklagter) aufgeworfenen Rechtsfrage, weil diese durch die Rechtsprechung des BFH bereits hinreichend geklärt ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung durch den BFH erforderlich machen (ständige Rechtsprechung, vgl. Gräber/ Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 28, m.w.N.).
Mit Urteilen vom 15. Oktober 1999 VI R 183/97 (BFHE 189, 442, BStBl II 2000, 72), VI R 40/98 (BFHE 189, 449, BStBl II 2000, 75) und VI R 182/98 (BFHE 189, 457, BStBl II 2000, 79) hat der BFH zum Ausdruck gebracht, dass der behinderungsbedingte Mehrbedarf grundsätzlich durch Einzelnachweis zu belegen ist; erfolgt ein solcher nicht, kann der maßgebliche Behinderten-Pauschbetrag als Anhalt für den behinderungsbedingten Mehrbedarf dienen. Bei vollstationärer Unterbringung gilt das nicht, weil in den Heimkosten verschiedene Bestandteile enthalten sind, die vom Pauschbetrag des § 33b Abs. 3 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) typisierend mit erfasst werden. Der Ansatz der Heimkosten entspricht deshalb einem Einzelnachweis, so dass daneben für den Pauschbetrag kein Raum ist.
Im Streitfall war die volljährige behinderte Tochter des Klägers und Beschwerdegegners nicht vollstationär untergebracht. Vielmehr besuchte sie tagsüber an vier Tagen je Woche eine Werkstatt für Behinderte und lebte im Übrigen in einem eigenen Haushalt, in dem sie von ihren Eltern versorgt wurde. Mangels Einzelnachweises hat das Finanzgericht (FG) daher zutreffend den Behinderten-Pauschbetrag nach § 33b Abs. 3 Satz 3 EStG als behinderungsbedingten Mehrbedarf angesetzt.
Soweit mit der Beschwerde geltend gemacht wird, der Behinderten-Pauschbetrag sei nur anzusetzen, wenn er höher sei als der behinderungsbedingte Mehrbedarf, und im Streitfall müsse demgemäß die Eingliederungshilfe als behinderungsbedingter Mehrbedarf angesetzt werden, richtet sich die Beschwerde gegen die materielle Richtigkeit der Vorentscheidung; die Zulassung der Revision kann darauf nicht gestützt werden (ständige Rechtsprechung, vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 24, m.w.N.). Im Übrigen hat der BFH bereits entschieden, dass es sich bei Eingliederungshilfen um zweckgebundene behinderungsbedingte Bezüge handelt, die bei der Ermittlung des Bedarfs eines volljährigen behinderten Kindes außer Ansatz bleiben müssen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 189, 449, BStBl II 2000, 75).
c) Aus den vom Beklagten angeführten Urteilen des FG des Landes Brandenburg vom 5. Dezember 2001 6 K 399/00 (Entscheidungen der Finanzgerichte 2002, 336) und des FG Münster vom 25. Oktober 2001 14 K 532/99 Kg (juris) ergibt sich keine andere rechtliche Bewertung, da in beiden Entscheidungen --im Einklang mit der BFH-Rechtsprechung-- darauf abgestellt wird, dass der Behinderten-Pauschbetrag nach § 33b EStG nur Anwendung findet, wenn kein Einzelnachweis erfolgt.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.
Fundstellen
Haufe-Index 1212496 |
BFH/NV 2004, 1524 |