Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Revisionsbegründung
Leitsatz (NV)
1. Anforderungen an die Revisionsbegründung: Auseinandersetzung mit der Vorentscheidung.
2. Die Revision ist unzulässig, wenn zu ihrer Begründung lediglich eine den Gründen der Vorentscheidung entgegengesetzte Rechtsbehauptung aufgestellt oder eine Erwägung bekämpft wird, die die Vorinstanz nicht angestellt hat.
Normenkette
FGO § 120 Abs. 1 S. 1, Abs. 2
Tatbestand
Der Kläger betreibt ein Transport- und Speditionsunternehmen in X mit Zweigniederlassung in Berlin (West). Dort war auf ihn ein Kraftfahrzeuganhänger zum Verkehr zugelassen, für dessen Halten das Finanzamt (FA) zunächst Kraftfahrzeugsteuerbefreiung gemäß der Verordnung zur Durchführung des Gesetzes zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes vom 3. August 1950 (DVO) vom 8. Februar 1978 (Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin 1978, 745) gewährt hatte. Nach einer Außenprüfung anhand der Kontrollbücher gelangte das FA zu dem Ergebnis, daß die Voraussetzungen der Steuerbefreiung mangels überwiegenden Einsatzes des Anhängers in Berlin oder im Berlin-Verkehr nicht erfüllt worden seien, und setzte gegen den Kläger Kraftfahrzeugsteuer fest. Das Finanzgericht (FG) wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auch wenn die Frage der Zugehörigkeit des Anhängers zu einem Berliner Betriebsvermögen offenbleibe, seien die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nicht erfüllt, weil der Kläger nicht nachgewiesen habe, daß der Anhänger in der Berliner Betriebsstätte verblieben sei. Dies gelte nicht nur für die Entrichtungszeiträume vom . . . bis . . . - Einsatz in Berlin/im Berlin-Verkehr jeweils nur ein Tag -, sondern auch für die übrigen Entrichtungszeiträume, für die sich aus dem Kontrollbuch Einsätze in Berlin/im Berlin-Verkehr von jeweils mehr als 183 Tagen ergäben. Für diese Zeiträume weise das Kontrollbuch eine Lücke oder mehrere Lücken zwischen einer Ausfahrt aus Berlin und Wiedereinfahrt nach Berlin von mehr als einem Monat auf. Bei den hier vorliegenden Lücken sei die Verbleibensvoraussetzung der Steuerbefreiung nicht gegeben. Der Beweis der Aus- und Einfahrt könne nur durch das Kontrollbuch oder zollamtliche Kontrollmitteilungen geführt werden. Mit den vom Kläger vorgelegten Auszügen aus dem Dispositionsbuch seien nicht die besonders lange Dauer einer Fahrt in das entfernte Ausland oder einer Be- oder Entladefahrt mit vielen Stationen nachgewiesen worden.
Die Revision des Klägers rügt als Verletzung materiellen Rechts die Auffassung des FG, daß der Nachweis der Ein- und Ausfahrt nicht durch ,,andere" Beweismittel geführt werden könne. Zum Berlin-Verkehr seien unter Berücksichtigung der im Möbeltransport üblichen Gepflogenheiten auch die einen längeren Aufenthalt bedingenden Zwischenfahrten im Bundesgebiet zu rechnen. Bei einem Unternehmen mit Hauptniederlassung außerhalb Berlins müßten auch die regelmäßig am Sitz stattfindenden Reparaturen und Inspektionen berücksichtigt werden.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist als unzulässig zu verwerfen (§ 124, § 126 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -), weil ihre Begründung nicht den Erfordernissen nach § 120 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 FGO entspricht. Der Revisionskläger muß dartun, welche Ausführungen der Vorinstanz aus welchen Gründen unrichtig sein sollen, welche Punkte des angefochtenen Urteils für änderungsbedürftig angesehen werden und aus welchen Gründen im einzelnen die Änderung für geboten erachtet wird; auch muß die Begründung erkennen lassen, daß der Revisionskläger anhand der Gründe des erstinstanzlichen Urteils sein bisheriges Vorbringen überprüft hat (vgl. das im Parallelverfahren ergangene Senatsurteil vom 5. September 1989 VII R 15/87, BFH/NV 1990, 580, mit Rechtsprechungshinweisen; Gräber / Ruban, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., 1987, § 120 Anm. 32). Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung des Klägers nicht gerecht.
Ihr läßt sich zwar entnehmen, daß der Kläger die unrichtige Anwendung der DVO rügen will (§ 120 Abs. 2 Satz 2 FGO), dies jedenfalls, soweit das FG zum Nachweis einer Aus- und Wiedereinfahrt allein das Kontrollbuch (§ 1 Abs. 3, Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 DVO) berücksichtigt hat. Mit dieser Rechtsansicht des FG (vgl. dessen - rechtskräftig gewordenes - Urteil vom 16. Oktober 1986 I 420/86, Entscheidungen der Finanzgerichte 1987, 426) setzt der Kläger sich jedoch nicht auseinander. Er stellt ihr nur - ohne weitere Erörterung - seine eigene Auffassung entgegen, offenbar in der Annahme, daß sich die Beweisbeschränkung nicht aus der Rechtsnorm (vgl. aber § 1 Abs. 3 DVO), sondern lediglich aus Verwaltungsanweisungen ergebe. Das reicht als Revisionsbegründung ebensowenig wie der bloße Hinweis auf eine die Meinung der Revision stützende Veröffentlichung (dazu Gräber / Ruban, a.a.O., Anm. 33).
Soweit die Revision ausführt, als zum Berlin-Verkehr gehörend müßten auch längere Zwischenfahrten im (übrigen) Bundesgebiet sowie Aufenthalte zwecks Reparatur und Inspektion am Hauptsitz berücksichtigt werden, ergibt sich aus diesem Vorbringen nicht, inwieweit die Vorinstanz unrichtig entschieden haben soll. Das FG hat - für den Senat bindend (§ 118 Abs. 2 FGO) - festgestellt, daß sich aus dem Dispositionsbuch Auslandsfahrten sowie Be- und Entladefahrten mit vielen Stationen, die eine längere Abwesenheit von Berlin bedingt hätten, nicht ergeben. Das FG ist also, entgegen der anscheinend von der Revision vertretenen Ansicht, davon ausgegangen, daß es Fälle längerer zeitlicher Abwesenheit von Berlin geben kann, die gleichwohl dem Berlin-Verkehr noch zuzurechnen sind (ebenso - dem Grunde nach - Verwaltungsanweisung in Steuer- und Zollblatt Berlin 1978, 638, Tz. 15). Derartige Fälle hat das FG aber, revisionsrechtlich unangreifbar, im Streitverfahren ausgeschlossen. Der beiläufige Hinweis der Revision, auch durch Reparaturen und Inspektionen des Fahrzeugs am Hauptsitz werde der Berlin-Verkehr nicht berührt, ist im übrigen schon deshalb unbeachtlich, weil darin neues tatsächliches Vorbringen liegt, das das Revisionsgericht nicht berücksichtigen darf.
Fundstellen
Haufe-Index 416847 |
BFH/NV 1990, 656 |