Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzbesteuerung von Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit
Leitsatz (NV)
Es ist nicht klärungsbedürftig, dass Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit (Glücksspiel mit Geldeinsatz) umsatzsteuerbar und umsatzsteuerpflichtig sind.
Normenkette
UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 4 Nr. 9 Buchst. b, § 10 Abs. 1; MwStSystRL Art. 2 Abs. 1 Buchst. c, Art. 73, 135 Abs. 1 Buchst. i
Verfahrensgang
Niedersächsisches FG (Urteil vom 09.07.2020; Aktenzeichen 11 K 136/19) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 09.07.2020 - 11 K 136/19 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
Rz. 1
I. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Umsatzbesteuerung von Umsätzen aus dem Betrieb von Geldspielautomaten im Jahr 2007 (Streitjahr) rechtmäßig ist.
Rz. 2
Mit Beschluss vom 01.08.2019 setzte das Niedersächsische Finanzgericht (FG) das von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) angestrengte Klageverfahren unter Hinweis auf die beim Bundesfinanzhof (BFH) anhängigen Revisionsverfahren mit den Aktenzeichen XI R 13/18 und XI R 26/18 gemäß § 74 der Finanzgerichtsordnung (FGO) aus. Auf die Beschwerde der Klägerin hob der erkennende Senat mit Beschluss vom 15.10.2019 - XI B 75/19 (BFH/NV 2020, 214) den Aussetzungsbeschluss auf, weil eine Aussetzung des Verfahrens nach § 74 FGO nicht in Betracht komme, wenn "lediglich" beim BFH ein Musterverfahren anhängig sei.
Rz. 3
Das FG wies nach Ergehen der BFH-Urteile vom 11.12.2019 - XI R 13/18 (BFHE 268, 262, BStBl II 2020, 296), vom 11.12.2019 - XI R 23/18 (BFH/NV 2020, 615) und vom 11.12.2019 - XI R 26/18 (BFH/NV 2020, 616) durch Urteil vom 09.07.2020 - 11 K 136/16 die Klage ab und ließ die Revision nicht zu. Es entschied, der angefochtene Umsatzsteuerbescheid für das Streitjahr sei rechtmäßig. Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielautomaten seien umsatzsteuerbar und -steuerpflichtig.
Rz. 4
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision, mit der sie vorbringt, die Revision sei wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) und wegen Verfahrensmängeln i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO, auf denen die Entscheidung beruhen könne, zuzulassen.
Rz. 5
Einen von der Klägerin gestellten Antrag auf Tatbestandsberichtigung hat das FG durch Beschluss vom 04.08.2020 abgelehnt.
Entscheidungsgründe
Rz. 6
II. Die Beschwerde ist nicht begründet. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen, soweit sie ordnungsgemäß dargelegt sind, nicht vor.
Rz. 7
1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung.
Rz. 8
a) Grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO kommt einer Rechtssache zu, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Außerdem muss die Rechtsfrage klärungsbedürftig und in einem künftigen Revisionsverfahren klärbar sein (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 14.07.2020 - XI B 1/20, BFH/NV 2020, 1258, Rz 10; vom 10.02.2021 - XI B 24/20, BFH/NV 2021, 549, Rz 3; jeweils m.w.N.).
Rz. 9
b) Zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes hat der Beschwerdeführer eine hinreichend bestimmte, für die Entscheidung des Streitfalls erhebliche abstrakte Rechtsfrage herauszustellen, der grundsätzliche Bedeutung zukommen soll. Hierzu ist schlüssig und substantiiert unter Auseinandersetzung mit den zur aufgeworfenen Rechtsfrage in Rechtsprechung und Schrifttum vertretenen Auffassungen darzulegen, weshalb die für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar ist (vgl. BFH-Beschlüsse vom 26.09.2017 - XI B 65/17, BFH/NV 2018, 240, Rz 12 f.; vom 08.09.2020 - XI B 17/20, BFH/NV 2021, 185, Rz 9). Ist zu einer Rechtsfrage bereits Rechtsprechung vorhanden, hat sich der Beschwerdeführer damit auseinanderzusetzen und zu erörtern, warum durch diese Entscheidungen die Rechtsfrage noch nicht als geklärt anzusehen ist bzw. weshalb sie ggf. einer weiteren oder erneuten Klärung bedarf (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 07.02.2018 - V B 119/17, BFH/NV 2018, 544, Rz 3; vom 05.07.2018 - XI B 17/18, BFH/NV 2018, 1139, Rz 13).
Rz. 10
c) Ausgehend davon muss der Senat nicht abschließend entscheiden, ob die Beschwerdebegründung der Klägerin angesichts der BFH-Urteile in BFHE 268, 262, BStBl II 2020, 296, in BFH/NV 2020, 615 und in BFH/NV 2020, 616 sowie dem BFH-Beschluss vom 11.12.2019 - XI B 62/19 (BFH/NV 2020, 784) den unter II.1.b dargestellten Darlegungsanforderungen genügt. Jedenfalls sind die von der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen aufgrund dieser Entscheidungen sowie der sich daran anschließenden BFH-Beschlüsse vom 29.07.2020 - XI S 8/20 (BFH/NV 2021, 34) und vom 30.06.2020 - XI S 11/20 (BFH/NV 2021, 26), mit denen der Senat mehrere Anhörungsrügen zurückgewiesen hat, nicht mehr klärungsbedürftig.
Rz. 11
aa) Der Senat hat mit den genannten Entscheidungen im Jahr 2019 seine ständige Rechtsprechung zur Besteuerung von Umsätzen aus dem Betrieb von Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit (Glücksspiel mit Geldeinsatz) erneut in mehreren Revisionsverfahren überprüft sowie --aus seiner Sicht ausführlich und eingehend-- begründet, warum diese umsatzsteuerbar und seit dem 06.05.2006 umsatzsteuerpflichtig sind. Das Verfahren XI R 13/18 (BFH-Urteil in BFHE 268, 262, BStBl II 2020, 296) betraf dabei u.a. das Jahr 2007, um das auch vorliegend gestritten wird.
Rz. 12
bb) Die Rechtsprechung der Finanzgerichte folgt dieser Rechtsprechung (vgl. neben der Vorinstanz z.B. Urteile des FG Münster vom 24.09.2020 - 5 K 797/18 U, juris; 5 K 292/17 U, juris, und 5 K 344/17 U, Entscheidungen der Finanzgerichte 2021, 64, dort auch zur Anwendung des Regelsteuersatzes) ebenso wie überwiegend die Literatur (vgl. z.B. Dziadkowski, Umsatzsteuer-Rundschau 2020, 445, 448; Oldiges, Neue Wirtschafts-Briefe 2020, 2675, 2678; Salewski/Brockerhoff, Zeitschrift für Wett- und Glücksspielrecht 2020, 435, 439).
Rz. 13
cc) Die von der Beschwerde angeführten Argumente und aufgeworfenen Rechtsfragen zu Art. 135 Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL), zu einem angeblichen strukturellen Vollzugsdefizit, zur Steuerbarkeit gemäß Art. 2 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL, zu § 6 der Verordnung über öffentliche Spielbanken (SpielbkV), zur Zulässigkeit einer Rechtsfortbildung, zur Abwälzbarkeit, zur Bemessungsgrundlage sowie zur angeblichen Nichtbesteuerung der öffentlichen Spielbanken geben keinen Anlass, von dieser ständigen, im Jahr 2019 bestätigten Rechtsprechung abzurücken, und begründen nicht die Notwendigkeit, sie erneut in einem neuerlichen Revisionsverfahren zu bestätigen.
Rz. 14
2. Die geltend gemachte Divergenz ist bereits nicht i.S. des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt.
Rz. 15
a) Eine Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO wegen Divergenz setzt voraus, dass das FG bei gleichem oder vergleichbarem Sachverhalt in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage eine andere Auffassung vertritt als der BFH, der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH), das Bundesverfassungsgericht, der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, ein anderes oberstes Bundesgericht oder ein anderes FG; das FG muss seiner Entscheidung einen tragenden abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt haben, der mit den ebenfalls tragenden Rechtsausführungen in der Divergenzentscheidung des anderen Gerichts nicht übereinstimmt (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 27.02.2018 - XI B 97/17, BFH/NV 2018, 738, Rz 8; vom 03.02.2021 - XI B 45/20, BFH/NV 2021, 673, Rz 13).
Rz. 16
b) Zur schlüssigen Darlegung dieses Zulassungsgrundes muss der Beschwerdeführer tragende abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil einerseits und aus der behaupteten Divergenzentscheidung andererseits herausarbeiten und einander so gegenüberstellen, dass die behauptete Abweichung erkennbar wird (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2018, 1139, Rz 19; vom 28.10.2020 - XI B 26/20, BFH/NV 2021, 536, Rz 20). Außerdem muss sich aus der Beschwerdebegründung ergeben, dass dem Streitfall ein vergleichbarer Sachverhalt zugrunde liegt wie der angeblichen Divergenzentscheidung (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2018, 240, Rz 25; vom 23.07.2019 - XI B 29/19, BFH/NV 2019, 1363, Rz 31; jeweils m.w.N.).
Rz. 17
c) Die Beschwerdebegründung genügt diesen Anforderungen nicht. Sie behauptet zwar, das FG sei vom EuGH-Urteil Metropol Spielstätten vom 24.10.2013 - C-440/12 (EU:C:2013:687) sowie vom Senatsurteil in BFHE 268, 262, BStBl II 2020, 296 abgewichen. Sie benennt auch sich angeblich widersprechende Aussagen in einzelnen Passagen der Entscheidungsgründe. Aber sie geht nicht darauf ein, dass alle Entscheidungen zum selben Ergebnis gelangt sind.
Rz. 18
aa) Der EuGH hat im Urteil Metropol Spielstätten (EU:C:2013:687) Folgendes entschieden:
|
"1. Art. 401 der Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist in Verbindung mit Art. 135 Abs. 1 Buchst. i dieser Richtlinie dahin auszulegen, dass die Mehrwertsteuer und eine innerstaatliche Sonderabgabe auf Glücksspiele kumulativ erhoben werden dürfen, sofern die Sonderabgabe nicht den Charakter einer Umsatzsteuer hat. ... 3. Art. 1 Abs. 2 Satz 1 und Art. 73 der Richtlinie 2006/112 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Vorschrift oder Praxis, wonach beim Betrieb von Spielautomaten mit Gewinnmöglichkeit die Höhe der Kasseneinnahmen dieser Automaten nach Ablauf eines bestimmten Zeitraums als Bemessungsgrundlage zugrunde gelegt wird, nicht entgegenstehen. ... 5. Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2006/112 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist dahin auszulegen, dass er einer innerstaatlichen Regelung, wonach die geschuldete Mehrwertsteuer betragsgenau auf eine nicht harmonisierte Abgabe angerechnet wird, nicht entgegensteht." |
Rz. 19
bb) Der Senat hat, soweit hier von Interesse, im Urteil in BFHE 268, 262, BStBl II 2020, 296 entschieden, dass Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit (Glücksspiel mit Geldeinsatz) umsatzsteuerbar sind, dass ein Aufsteller von Geldspielautomaten sich für Umsätze ab dem 06.05.2006 nicht auf die Steuerbefreiung des Art. 135 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL berufen kann, dass § 6 SpielbkV in Bezug auf die Umsatzsteuer zum 01.01.1968 außer Kraft getreten ist, dass der Teil der Summe der Spieleinsätze, der den an die Spieler ausgezahlten Gewinnen entspricht, nicht zur Besteuerungsgrundlage gehört, sondern nur der Teil der Einsätze, über den der Betreiber effektiv selbst verfügen kann, dass die Umsatzsteuer und eine innerstaatliche Sonderabgabe auf Glücksspiele kumulativ erhoben werden dürfen, sofern die Sonderabgabe nicht den Charakter einer Umsatzsteuer hat und dass die Frage, ob es gegen das unionsrechtliche Beihilfeverbot verstößt, dass bei öffentlichen Spielbanken die Umsatzsteuer auf die Spielbankabgabe angerechnet wird, im Klageverfahren wegen Umsatzsteuer nicht entscheidungserheblich ist.
Rz. 20
cc) Dass die Vorinstanz zu einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage eine hiervon abweichende Rechtsauffassung vertreten hätte, legt die Beschwerde nicht hinreichend dar und ist im Übrigen auch nicht ersichtlich: Das FG ist vielmehr --unter ausdrücklicher Berufung auf diese Rechtsprechung-- zum nämlichen Ergebnis gelangt und hat ebenfalls angenommen, dass Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielautomaten umsatzsteuerbar und -steuerpflichtig seien. Als Bemessungsgrundlage wurden ebenfalls die Kasseneinnahmen nach Ablauf eines bestimmten Zeitraums zugrunde gelegt. Dies stimmt mit dem Ergebnis der angeblichen Divergenzentscheidungen vollständig überein.
Rz. 21
d) Soweit die Beschwerde eine Abweichung vom EuGH-Urteil Baštová vom 10.11.2016 - C-432/15 (EU:C:2016:855) rügt, legt sie nicht dar, dass vergleichbare Sachverhalte zugrunde lägen, so dass diese Rüge bereits unzulässig ist. Dies ist auch tatsächlich nicht der Fall, da jenes Urteil nicht die Besteuerung eines Betreibers von Geldspielautomaten betrifft (vgl. auch BFH-Urteil in BFHE 268, 262, BStBl II 2020, 296, Rz 33). Außerdem liegt keine Abweichung vor. Der Senat verweist insoweit zur Begründung auf die Rz 30 ff. des BFH-Urteils in BFHE 268, 262, BStBl II 2020, 296 sowie die Rz 11 f. des BFH-Beschlusses in BFH/NV 2021, 34, in denen er dies in einem mit dem Streitfall vergleichbaren Sachverhalt ausführlich erläutert und zu Einwendungen im Rahmen einer Anhörungsrüge Stellung genommen hat.
Rz. 22
3. Das FG hat nicht gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 FGO verstoßen.
Rz. 23
a) Nach § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 FGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung.
Rz. 24
aa) Die Nichtberücksichtigung von Umständen, die --ausgehend von der materiell-rechtlichen Auffassung des Gerichts-- richtigerweise in die Beweiswürdigung hätten einfließen müssen, kann verfahrensfehlerhaft sein, wenn das FG Teile des Gesamtergebnisses des Verfahrens unberücksichtigt lässt oder seiner Sachaufklärungspflicht nicht nachkommt (vgl. BFH-Beschluss vom 09.04.2014 - XI B 89/13, BFH/NV 2014, 1228, Rz 19 ff., m.w.N.); denn das FG muss als "Gesamtergebnis des Verfahrens" insbesondere den Inhalt der vorgelegten Akten und das Vorbringen der Prozessbeteiligten vollständig zur Kenntnis nehmen und bei der Urteilsfindung berücksichtigen (vgl. BFH-Beschluss vom 11.02.2020 - XI B 69, 70/19, BFH/NV 2020, 891, Rz 4 ff.).
Rz. 25
bb) Die ordnungsgemäße Rüge eines derartigen Verfahrensmangels setzt die Darlegung voraus, dass das FG seiner Entscheidung einen Sachverhalt zugrunde gelegt habe, der dem schriftlichen oder protokollierten Vorbringen des Beteiligten nicht entspreche oder eine aus den Akten klar feststehende Tatsache unberücksichtigt gelassen habe; die Aktenteile, die das FG nach Ansicht des Beschwerdeführers nicht berücksichtigt haben soll, müssen dabei genau bezeichnet und die sich daraus ergebenden wesentlichen Tatumstände benannt werden (vgl. BFH-Beschlüsse vom 24.06.2014 - XI B 45/13, BFH/NV 2014, 1584, Rz 46, m.w.N.; vom 23.03.2021 - XI B 69/20, juris, Rz 31).
Rz. 26
cc) Von der Sachverhaltsfeststellung zu unterscheiden ist die Würdigung des festgestellten Sachverhalts. Wird diese angegriffen, so handelt es sich grundsätzlich um die Rüge eines materiell-rechtlichen Fehlers, die die Zulassung der Revision nicht rechtfertigt (vgl. BFH-Beschlüsse vom 22.10.2015 - I B 94/14, BFH/NV 2016, 748, Rz 8; vom 12.06.2019 - XI B 71/18, BFH/NV 2019, 1329, Rz 18). Selbst Verstöße gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze sind in der Regel materiell-rechtliche Fehler und können nicht als Verfahrensmangel gerügt werden (vgl. BFH-Beschlüsse vom 03.02.2016 - XI B 53/15, BFH/NV 2016, 954, Rz 36; vom 04.03.2020 - XI B 30/19, BFH/NV 2020, 611, Rz 14, m.w.N.).
Rz. 27
b) Nach diesen Grundsätzen hat das FG mit seinen Ausführungen auf S. 10 des Urteils nicht gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 FGO verstoßen.
Rz. 28
aa) Die Klägerin rügt diesbezüglich, dass das FG auf S. 10 des Urteils Folgendes ausgeführt habe: "Auch der EuGH hält ungeachtet der Zufallsabhängigkeit einzelner Spielverläufe die Veranstaltung von Glücksspielen in ständiger Rechtsprechung für umsatzsteuerbar. In diesem Zusammenhang hat der EuGH immer wieder betont, dass der Anteil der Spieleinsätze, der als Gewinn wieder ausgeschüttet wird, von vornherein feststeht." Dies sei jedoch im Streitfall nicht der Fall.
Rz. 29
bb) Der Senat muss nicht entscheiden, ob er dieser Deutung der Entscheidungsgründe durch die Klägerin folgen könnte, oder er die Sichtweise des FG im Beschluss vom 04.08.2020 für zutreffend hält, das insoweit das Vorliegen unrichtiger Tatsachen verneint hat. Selbst wenn man mit der Beschwerde annehmen würde, das FG habe unzutreffend festgestellt, dass im Streitfall der Anteil der Spieleinsätze, der als Gewinn wieder ausgeschüttet wird, von vornherein feststehe, was tatsächlich nicht der Fall sei, läge darin kein Verfahrensfehler des FG, auf dem die Entscheidung beruhen könnte; denn nach der materiell-rechtlichen Auffassung des FG liegt auch dann ein Leistungsaustausch vor, wenn der Anteil der Spieleinsätze, der als Gewinn wieder ausgeschüttet wird, nicht von vornherein feststeht. Dies zeigt sich zweifelsfrei daran, dass das FG im Rahmen der Subsumtion (Urteil S. 11 f.) einen Leistungsaustausch auch für den Fall der Zufallsabhängigkeit bejaht hat. Dies ist im Übrigen auch zutreffend (vgl. dazu auch BFH-Beschluss in BFH/NV 2021, 34, Rz 11 f.). Die bezüglich der zugrunde liegenden materiell-rechtlichen Rechtsauffassung des FG geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor (s. oben II.1.) bzw. sind nicht dargelegt (s. oben II.2.).
Rz. 30
c) Ebenso hat das FG mit den Ausführungen auf S. 11 des Urteils keinen solchen Verfahrensfehler begangen.
Rz. 31
aa) Die Klägerin rügt, das FG habe auf S. 11 des Urteils unter Verweis auf Rz 35 des BFH-Urteils in BFHE 268, 262, BStBl II 2020, 296 ausgeführt, dass Geldspielautomaten so konstruiert seien, dass sie dem Betreiber einen vorhersehbaren Ertrag verschaffen würden und der Betreiber bis auf wenige Prozentpunkte genau wisse, mit welchem Ertrag er rechnen könne. Dabei handele es sich um die Kalkulationsgrundlage des Betreibers. Letztlich handele es sich um die Gegenleistung für die Bereitstellung der Automaten. Der Höhe nach sei dieser Betrag leicht zu bestimmen, da er dem der Kasse entnommenen Betrag entspreche. Die Klägerin habe jedoch unter Beweisantritt das Gegenteil vorgetragen und habe den Beweis durch Sachverständigengutachten angeboten.
Rz. 32
bb) Das FG hat sich indes mit dem Beweisantrag der Klägerin im Urteil auseinandergesetzt sowie auf den S. 12 und 13 begründet, warum nach seiner materiell-rechtlichen Auffassung kein Beweis dazu erhoben werden müsse, wie hoch die Auszahlungsquoten der Automaten der Klägerin tatsächlich seien. Ob die in der Werbung verbreiteten Auszahlungsquoten (zwischen 80 % und 95 %, teilweise sogar mehr) zuträfen, sei nicht von Bedeutung. Bezüglich der zugrunde liegenden materiell-rechtlichen Rechtsauffassung des FG liegen Zulassungsgründe nicht vor (s. oben II.1.) bzw. sind schon nicht hinreichend dargelegt (s. oben II.2.).
Rz. 33
4. Soweit der Vortrag der Klägerin als Rüge verstanden werden könnte, das FG habe seine Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) verletzt, führt auch diese nicht zum Erfolg; denn auch für die Prüfung, ob sich dem FG eine weitere Aufklärung des Sachverhalts hätte aufdrängen müssen, ist vom materiell-rechtlichen Standpunkt des FG auszugehen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 16.03.2016 - V B 98/15, BFH/NV 2016, 1049, Rz 9; vom 10.02.2020 - XI B 93/19, BFH/NV 2020, 754, Rz 11).
Rz. 34
5. Der Beschluss ergeht nach § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO ohne weitere Begründung.
Rz. 35
6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.
Fundstellen
Haufe-Index 14692008 |
BFH/NV 2021, 1209 |