Entscheidungsstichwort (Thema)
Übertragung auf Einzelrichter ohne Zustimmung der Beteiligten; Verletzung des Steuergeheimnisses durch falsche Zustellung kein Verfahrensfehler
Leitsatz (NV)
- Für die Übertragung eines Rechtsstreits auf den Einzelrichter ist die Zustimmung der Beteiligten nicht erforderlich.
- Wird die Ladung zur mündlichen Verhandlung versehentlich einem Dritten zugestellt, von diesem aber dem richtigen Beteiligten weitergereicht, der auch an der mündlichen Verhandlung teilnimmt, so ist, auch wenn die falsche Zustellung das Steuergeheimnis verletzt haben sollte, allein deswegen die Revision nicht nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO zuzulassen. Die Entscheidung "beruht" nicht auf der gerügten Verletzung des Steuergeheimnisses.
Normenkette
FGO §§ 6, 115 Abs. 2; AO 1977 § 30
Gründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde kann keinen Erfolg haben.
1. Nach § 6 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann der Senat den Rechtsstreit einem seiner Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat. Eine Zustimmung der Beteiligten zur Übertragung auf den Einzelrichter sieht das Gesetz nicht vor (vgl. auch Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 16. November 1999 XI R 97/97, BFH/NV 2000, 585). Im Übrigen müsste die Rüge, das erkennende Gericht sei nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen, in einem Revisionsverfahren, nicht in einem Verfahren wegen Nichtzulassung der Revision geltend gemacht werden (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 116 Rdnr. 5, m.w.N.).
2. Der Senat kann in diesem Verfahren dahingestellt sein lassen, ob die Zustellung der Ladung zur mündlichen Verhandlung an einen Dritten wegen Verletzung des Steuergeheimnisses (§ 30 der Abgabenordnung ―AO 1977―) überhaupt ein Verfahrensfehler i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO sein kann. Die Revision wird wegen eines Verfahrensfehlers nur zugelassen, wenn die Entscheidung auf dem geltend gemachten Verfahrensfehler beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Es ist nicht ersichtlich, inwieweit die Entscheidung des Finanzgerichts ―FG― (Ablehnung von Veranlagung wegen Festsetzungsverjährung; Verwerfung der Klage mangels Beschwer bzw. Darstellung des Klageziels; Versagung des Pauschbetrags für Behinderte nach § 33b des Einkommensteuergesetzes) auf einem Fehler bei der Zustellung der Ladung beruhen könnte. Auch der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat hierzu nichts vorgetragen.
3. Entsprechendes gilt für die Rüge des Klägers, das FG habe sich in der (kurzen) mündlichen Verhandlung nicht mit der Frage eines Billigkeitserlasses nach § 163 AO 1977 befasst. Es ist nicht ersichtlich, inwieweit die Entscheidung des FG hierauf beruhen könnte. Im Übrigen hat das FG sich mit dem entsprechenden Antrag des Klägers im Urteil auseinander gesetzt und die Klage insoweit mangels Durchführung eines Vorverfahrens für unzulässig gehalten (vgl. zur verfahrensrechtlichen Trennung von Steuerfestsetzungs- und Billigkeitsverfahren z.B. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 163 AO 1977 Tz. 20, m.w.N.).
Im Übrigen ergeht die Entscheidung nach Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Begründung.
Fundstellen
Haufe-Index 447250 |
BFH/NV 2001, 200 |