Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsätzliche Bedeutung bei auslaufendem Recht; zum Begriff der Einkünfte im Rahmen des § 33a EStG; Berücksichtigung studienbezogener Aufwendungen als vorab entstandene Werbungskosten; verfassungsrechtliche Vorgaben für den Abzug von Unterhaltsleistungen im Rahmen des § 33a EStG
Leitsatz (NV)
- Der Klärung einer Rechtsfrage, die auslaufendes oder ausgelaufenes Recht betrifft - hier den Begriff der Einkünfte im Rahmen des Ausbildungsfreibetrages nach § 33a Abs. 2 EStG 1997 ‐ kommt nur bei Geltendmachung besonderer Gründe ausnahmsweise noch grundsätzliche Bedeutung zu.
- Der Begriff der Einkünfte in § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG sowie in § 33a Abs. 1 Satz 4 und Abs. 2 Satz 2 EStG ist in der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung hinreichend geklärt.
- Ebenso sind die - insbesondere verfassungsrechtlichen ‐ Maßstäbe für die steuerliche Entlastung von Steuerpflichtigen mit zu Ausbildungszwecken auswärtig untergebrachten volljährigen Kindern vom BFH geklärt. Eine zusätzliche Berücksichtigung derartiger Aufwendungen nach § 33 EStG ist gesetzlich ausgeschlossen.
- Von Verfassungs wegen besteht, wie das BVerfG geklärt hat, keine Verpflichtung, bürgerlich‐rechtliche Unterhaltsverpflichtungen jeweils in voller Höhe steuermindernd zu berücksichtigen.
Normenkette
EStG 1997 § 9 Abs. 1, § 32 Abs. 4 S. 2, §§ 33, 33a Abs. 2 S. 2, Abs. 5; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, § 116 Abs. 3 S. 3
Verfahrensgang
FG Münster (Urteil vom 09.04.2003; Aktenzeichen 10 K 1310/02 E) |
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig und durch Beschluss zu verwerfen (§ 132 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).
Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) haben keine Zulassungsgründe i.S. von § 115 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 FGO entsprechend den gesetzlichen Anforderungen nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt.
Die Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung verlangt einen substantiierten Vortrag der Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich auch klärbar ist. Dazu ist auszuführen, dass die Beurteilung der aufgeworfenen Rechtsfrage von der Klärung einer zweifelhaften oder umstrittenen Rechtslage abhängig ist. Hierzu muss sich der Beschwerdeführer insbesondere mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), den Äußerungen im Schrifttum sowie mit ggf. veröffentlichten Verwaltungsmeinungen auseinander setzen. Hat der BFH über die Rechtsfrage bereits entschieden, so ist zusätzlich darzulegen, weshalb eine erneute Entscheidung des BFH für erforderlich gehalten wird. Eine weitere bzw. erneute Klärung der Rechtsfrage kann z.B. geboten sein, wenn gegen die bisherige Rechtsprechung gewichtige Einwendungen erhoben worden sind, mit denen sich der BFH bislang noch nicht auseinander gesetzt hat. Darüber hinaus ist auf die Bedeutung der Klärung der konkreten Rechtsfrage für die Allgemeinheit einzugehen.
Nach ständiger Rechtsprechung kommt Rechtsfragen, die ausgelaufenes oder auslaufendes Recht betreffen, regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung mehr zu, sofern der Beschwerdeführer nicht besondere Gründe geltend macht, die ausnahmsweise ein Abweichen von dieser Regel rechtfertigen (BFH-Beschlüsse vom 17. Oktober 2001 III B 65/01, BFH/NV 2002, 217, und vom 12. Januar 2001 III B 59/00, BFH/NV 2001, 923, 924, ständige Rechtsprechung).
Die Kläger begnügen sich damit, ihre eigene Rechtsansicht derjenigen des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt ―FA―) bzw. des Finanzgerichts (FG) entgegenzustellen, ohne sich mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG), der Rechtsprechung des BFH und dem Fachschrifttum auch nur ansatzweise auseinander zu setzen.
Zum Begriff der Einkünfte i.S. von § 33a Abs. 1 Satz 4 und Abs. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der im Streitjahr geltenden Fassung sowie i.S. von § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG besteht eine gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung (vgl. BFH-Urteile vom 21. Juli 2000 VI R 153/99, BFHE 192, 316, BStBl II 2000, 566, und vom 7. März 2002 III R 22/01, BFHE 198, 493, 497, BFH/NV 2002, 862; ferner BFH-Beschluss vom 12. Dezember 2001 III B 103/01, BFH/NV 2002, 652).
Soweit der BFH in seiner geänderten neueren Rechtsprechung (vgl. BFH-Urteile vom 17. Dezember 2002 VI R 137/01, BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407; ferner vom 28. Januar 2003 VI R 100/01, BFH/NV 2003, 620, und vom 29. April 2003 VI R 86/99, BFHE 202, 299, BStBl II 2003, 749) Aufwendungen für ein berufsbegleitendes erstmaliges Hochschulstudium dann als Werbungskosten zum Abzug zulässt, wenn die Aufwendungen beruflich veranlasst sind, räumen die Kläger selbst ein, dass im Streitfall ein solcher Sachverhalt nicht vorliegt. In weiteren Entscheidungen hat der BFH auch den Abzug von Aufwendungen für Erstausbildungen, wenn sie auf spätere Erwerbseinnahmen abzielen, als vorab entstandene Werbungskosten oder Betriebsausgaben zugelassen (BFH-Urteile vom 27. Mai 2003 VI R 33/01, BFHE 202, 314, BFH/NV 2003, 1119; vom 22. Juli 2003 VI R 50/02, BFHE 202, 563, BFH/NV 2003, 1381, und vom 22. Juli 2003 VI R 137/99, BFHE 202, 561, BFH/NV 2003, 1380).
Für ihr weiter gehendes Begehren, studienbezogene Aufwendungen als Werbungskosten im Rahmen der auf den Ausbildungsfreibetrag anzurechnenden Einkünfte zu berücksichtigen, fehlt jegliche Auseinandersetzung mit den dadurch aufgeworfenen Rechtsfragen, insbesondere dem für den steuermindernden Abzug von Aufwendungen maßgebenden Grundsatz des Veranlassungszusammenhangs nach § 9 Abs. 1 EStG (vgl. dazu auch BFH-Urteil in BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407).
Mit der steuerlichen Entlastung von Steuerpflichtigen mit auswärtig untergebrachten volljährigen Kindern hat sich der Senat in seinem auch vom FG herangezogenen Urteil vom 15. Mai 1997 III R 4/96 (BFHE 183, 165, BStBl II 1997, 720) in Anwendung der bereits vom BVerfG in seinem Beschluss vom 26. Januar 1994 1 BvL 12/86 (BVerfGE 89, 346, BStBl II 1994, 307) hierfür entwickelten verfassungsrechtlichen Maßstäbe (vgl. dazu ferner BFH-Urteil in BFHE 198, 493, 498) ausführlich befasst und insbesondere auch eine zusätzliche Berücksichtigung derartiger Aufwendungen nach § 33 EStG aufgrund der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung in § 33a Abs. 5 EStG ausgeschlossen (ferner BFH-Beschluss vom 17. Oktober 2001 III B 97/01, BFH/NV 2002, 366).
Von Verfassungs wegen besteht keine Verpflichtung, bürgerlich-rechtliche Unterhaltsverpflichtungen jeweils in voller Höhe steuermindernd zu berücksichtigen. Vielmehr hat das BVerfG es als ausreichend angesehen, wenn existenzsichernde Aufwendungen realitätsgerecht berücksichtigt werden, wobei die Untergrenze durch die Sozialhilfeleistungen konkretisiert würden, die das im Sozialstaat anerkannte Existenzminimum gewährleisten sollten (Beschluss des BVerfG vom 10. November 1998 2 BvL 42/93, BStBl II 1999, 174, 179; ferner BFH-Urteil in BFHE 198, 493, 498, m.w.N.).
Danach reicht insbesondere nicht die bloße Behauptung aus, Aufwendungen seien von Verfassungs wegen steuermindernd zu berücksichtigen. Vielmehr ist insoweit eine substantiierte, an den Vorgaben des Grundgesetzes sowie der dazu ergangenen Rechtsprechung des BVerfG orientierte rechtliche Auseinandersetzung erforderlich (BFH-Beschluss vom 21. Februar 2002 XI B 39/01, BFH/NV 2002, 1035).
Schließlich kommt eine Zulassung der Revision lediglich aufgrund der Behauptung, die Vorentscheidung sei unzutreffend, im Hinblick auf den abschließenden Katalog der Zulassungsgründe in § 115 Abs. 2 FGO nicht in Betracht (BFH-Beschluss vom 28. Juni 2002 III B 28/02, BFH/NV 2002, 1474, 1475, m.w.N.).
Von einer Darstellung des Tatbestandes und einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.
Fundstellen
Haufe-Index 1090307 |
BFH/NV 2004, 336 |