Entscheidungsstichwort (Thema)
Sachwertverfahren wegen Überschreitens einer bestimmten Wohnfläche unabhängig von persönlichen Verhältnissen
Leitsatz (NV)
1. Bei der Bewertung des Grundvermögens sind Ertragswert- und Sachwertverfahren gleichermaßen darauf gerichtet, den (typisierten) gemeinen Wert bebauter Grundstücke zu ermitteln.
2. Die Berücksichtigung persönlicher Verhältnisse wie etwa die Zahl der Familienmitglieder ist daher ausgeschlossen.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 S. 3; BewG § 9 Abs. 2 S. 3, §§ 82, 90 Abs. 1
Tatbestand
I. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) sind Eigentümer eines 1954 errichteten Einfamilienhauses, das sie mit ihren drei Kindern bewohnen. Durch einen Dachgeschoßausbau im Jahre 1993 erhöhte sich die Wohnfläche -- berechnet nach der Zweiten Berechnungsverordnung -- von etwa 177 qm auf 245,61 qm. Wegen dieser Wohnfläche wandte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) bei der auf den 1. Januar 1994 vorzunehmenden Wertfortschreibung das Sachwertverfahren an. Auf diese Weise gelangte er durch Bescheid vom 2. November 1995 zu einem Einheitswert von ... DM.
Einspruch und Klage, mit denen die Kläger geltend gemacht hatten, die Wohnfläche von mehr als 220 qm sei bei drei Kindern, einer Betreuungsperson und Arbeitszimmern für sich als Berufstätige, kein Grund, das Sachwertverfahren anzuwenden, blieben erfolglos. Das Finanzgericht war der Ansicht, die persönlichen Verhältnisse der Kläger und ihrer Familie seien nicht zu berücksichtigen, weil die Einheitswerte objektive Werte darstellten. Die persönlichen Verhältnisse könnten allenfalls im Rahmen von Billigkeitserwägungen bei den Folgesteuern berücksichtigt werden.
Mit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision machen die Kläger geltend, die Rechtssache habe insofern grundsätzliche Bedeutung, als klärungsbedürftig sei, ob es mit Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) vereinbar sei, daß die Wohnflächengrenze von 220 qm auch für solche Einfamilienhäuser gelte, die von kinderreichen Familien und berufstätigen Eltern mit Arbeitszimmern bewohnt werden. An der Klärung dieser Frage bestehe ein allgemeines Interesse, weil es eine Vielzahl von kinderreichen, aber nicht armen Eheleuten gebe, die ihren Familien pro Kopf der Mitglieder ebensoviel Wohnraum bieten könnten, wie ihn kinderlose Ehepaare in Einfamilienhäusern mit 200 qm Wohnfläche nutzten.
Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist unzulässig. Sie entspricht nicht den Anforderungen des §115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung kommt nur in Betracht wegen einer klärungsbedürftigen und klärungsfähigen Rechtsfrage. An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es zum einen bereits dann, wenn sich die streitige Rechtsfrage ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten läßt, und zum anderen dann, wenn sie bereits durch eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) geklärt worden ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung dieser Frage durch den BFH erforderlich machen (vgl. dazu Ruban in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl. 1997, §115 Anm. 9, m.w.N.). Infolgedessen erfordert eine schlüssige Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung i.S. des §115 Abs. 3 Satz 3 FGO darzutun, daß die Rechtslage nicht eindeutig ist und der BFH die Rechtsfrage noch nicht entschieden hat bzw. neue Gesichtspunkte aufgetreten sind. Die bloße Behauptung, diese Voraussetzungen seinen erfüllt, reicht nicht.
Im Streitfall haben sich die Kläger nicht mit Gesetz und Rechtsprechung auseinandergesetzt. Selbst dann, wenn Vorschriften wie §82 des Bewertungsgesetzes (BewG) für das Ertragswertverfahren und §90 Abs. 1 BewG für das Sachwertverfahren i.V.m. §9 Abs. 2 Satz 3 BewG nicht ausreichen sollten, um ohne weiteres die von den Klägern aufgeworfene Rechtsfrage zu beantworten, wäre sie zumindest höchstrichterlich bereits entschieden. Mit Urteil vom 3. Juli 1981 III R 53/79 (BFHE 134, 41, BStBl II 1981, 761, 763) hat der BFH ausgesprochen, daß Ertragswert- und Sachwertverfahren gleichermaßen darauf gerichtet seien, den -- typisierten -- gemeinen Wert für bebaute Grundstücke zu ermitteln. Dies schließt die Berücksichtigung persönlicher Verhältnisse, zu der auch die Zahl der Familienmitglieder gehört, aus. Dem Vorbringen der Kläger, den nicht näher bezeichneten Beschlüssen des Bundesverfassungsgerichts zur Einheitsbewertung des Grundvermögens und zur zulässigen Steuerbelastung sei zu entnehmen, daß der Schutz von Ehe und Familie gemäß Art. 6 Abs. 1 GG gebiete, Einfamilienhäuser dann von einer steuerlichen Belastung freizustellen, wenn sie den angemessenen Wohnbedürfnissen einer Familie dienten, sind keine Gesichtspunkte zu entnehmen, die eine neuerliche Überprüfung der Rechtsprechung zum objektiven Charakter der Einheitswerte bebauter Grundstücke erforderten. Mit Urteil vom 9. November 1988 II R 61/87 (BFHE 155, 128, BStBl II 1989, 135) hat der BFH darüber hinaus entschieden, daß einzelne Räume einer Wohnung, die als Arbeitszimmer genutzt werden, einer der wohnlichen Nutzung nicht widersprechenden Funktion dienen und daher zu keiner bewertungsrechtlichen Sonderbehandlung führen. Auch damit hätten sich die Kläger im Zusammenhang mit dem Vorbringen, aufgrund ihrer Berufstätigkeit benutzten sie einzelne Räume als Arbeitszimmer, auseinandersetzen müssen.
Fundstellen
Haufe-Index 67467 |
BFH/NV 1998, 1201 |