Entscheidungsstichwort (Thema)
Versäumung der Ausschlußfrist nach § 65 Abs. 2 FGO
Leitsatz (NV)
Mit erfolglosem Ablauf der Ausschlußfrist gem. §65 Abs. 2 Sätze 1 und 2 FGO wird die Klage endgültig unzulässig, sofern nicht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist. Es bedeutet deshalb keinen Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs, wenn späteres Vorbringen in der Sache nicht berücksichtigt wird.
Normenkette
FGO § 96 Abs. 2, § 65 Abs. 2
Gründe
Von einer Darstellung des Tatbestandes wird gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs abgesehen.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg und ist zurückzuweisen.
1. Soweit der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) Divergenz rügt, ist die Beschwerde unzulässig, denn sie entspricht nicht den Anforderungen des §115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) an eine ordnungsgemäße Rüge. Die schlüssige Darlegung der Divergenz erfordert, daß der Beschwerdeführer einen abstrakten Rechtssatz herausarbeitet, der das Urteil des Finanzgerichts (FG) trägt. Dem ist ein abweichender tragender Rechtssatz aus einer genau bezeichneten Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) gegenüberzustellen (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. z.B. Beschlüsse vom 30. März 1983 I B 9/83, BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479, und vom 22. November 1995 VIII B 13/95, BFH/NV 1996, 348). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdeschrift nicht, denn es werden keinerlei Rechtssätze dargestellt. Die späteren Ausführungen im Schriftsatz vom 26. Januar 1998 können den Mangel nicht beheben, denn die Rüge mußte innerhalb der Beschwerdefrist ordnungsgemäß erhoben werden.
2. Es kann dahinstehen, ob auch die Verfahrensrüge nicht ordnungsgemäß erhoben worden ist. Sie ist zumindest unbegründet. Der Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, §96 Abs. 2 FGO) ist nicht dadurch verletzt worden, daß das FG das Vorbringen des Klägers in der Sache nicht berücksichtigt und durch Prozeßurteil entschieden hat. Nachdem die mit Verfügung vom 22. März 1994 gesetzte Frist erfolglos verstrichen ist, wurde die Klage endgültig unzulässig.
a) Nach §65 Abs. 1 Satz 1 FGO muß die Klage den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen. Fehlt es daran, ist der Kläger zu der erforderlichen Ergänzung aufzufordern; dabei kann der Vorsitzende oder Berichterstatter eine Frist mit ausschließender Wirkung setzen (§65 Abs. 2 Sätze 1 und 2 FGO). Die Bezeichnung des Gegenstands des Klagebegehrens erfordert die substantiierte Darlegung des Klägers, inwiefern der angefochtene Verwaltungsakt rechtswidrig ist und er in seinen Rechten verletzt ist (ständige Rechtsprechung seit dem Beschluß des Großen Senats des BFH vom 26. November 1979 GrS 1/78, BFHE 129, 117, BStBl II 1980, 99; vgl. BFH-Beschluß vom 15. November 1994 VIII B 29/94, BFH/NV 1995, 886, m.w.N.). Zur Bestimmung des Klagebegehrens sind alle dem FG und Finanzamt bekannten und vernünftigerweise erkennbaren Umstände tatsächlicher und rechtlicher Art zu berücksichtigen (BFH-Urteile vom 12. Mai 1989 III R 132/85, BFHE 157, 296, BStBl II 1989, 846, und vom 27. Juni 1996 IV R 61/95, BFH/NV 1997, 232).
b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ließ sich für das FG der Gegenstand des Klagebegehrens nicht erkennen. Der Kläger hatte die beantragte Aufhebung der Einkommensteuerbescheide 1987 bis 1990 und der Umsatzsteuerbescheide 1988 bis 1990 damit begründet, diese Bescheide seien Ergebnis einer Betriebsprüfung, bei der weitgehend Übereinstimmung erzielt worden sei. Hauptsächlich gehe es um die steuerliche Behandlung einer in Frankreich belegenen Immobilie im Jahr 1990. Dieses Objekt werde von der Betriebsprüfung als landwirtschaftliches Objekt angesehen; es stellten sich auch Fragen der Doppelbesteuerung. Eine Klärung der Fragen sei noch nicht gelungen; deshalb hätten auch die Einsprüche nicht begründet werden können. Aus diesem Vorbringen war nichts zu den angefochtenen Umsatzsteuerbescheiden sowie zu den Einkommensteuerbescheiden 1987 bis 1989 zu entnehmen. Inwieweit die Behandlung der ausländischen Immobilie im Einkommensteuerbescheid 1990 vom Kläger beanstandet werden sollte, blieb ebenfalls völlig unklar. Da zugleich auf die fehlende Einspruchsbegründung hingewiesen wurde, stand nicht zu erwarten, daß sich aus den Akten des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt) genauere Angaben entnehmen lassen würden. Auch im Wege der Auslegung konnte das FG den Gegenstand des Klagebegehrens nicht bestimmen.
c) Der Vorsitzende hat sein Ermessen fehlerfrei ausgeübt, als er den Kläger unter Setzung einer Ausschlußfrist von einem Monat aufforderte, den Gegenstand des Klagebegehrens zu bezeichnen. Bereits zuvor war eine sechswöchige Frist zur Klagebegründung erfolglos verstrichen.
d) Mit dem Ablauf der Ausschlußfrist war die Klage endgültig unzulässig (vgl. Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl. 1997, §65 Rz. 65). Es kann dahinstehen, ob die Frist vor ihrem Ablauf hätte verlängert werden können. Denn eine Verlängerung ist weder vom Kläger beantragt noch vom Gericht zugesagt worden. Dem Schriftsatz des Klägers vom 30. März 1994 ließ sich ein Verlängerungsantrag nicht entnehmen. Vielmehr war das Schreiben als eine Weigerung zur Klagebegründung zu verstehen, solange nicht über den Wiedereinsetzungsantrag betreffend die Klagefrist befunden war. Gründe für eine Wiedereinsetzung in die Frist gemäß §65 Abs. 2 Satz 3 FGO sind weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.
Mit dem erfolglosen Ablauf der Ausschlußfrist war zugleich jede Möglichkeit für das FG entfallen, in der Sache selbst über die Klage zu entscheiden. Die Klage war unmittelbar abweisungsreif. Daß dementsprechend keine Veranlassung zum Erlaß des Zwischenurteils über die Wiedereinsetzung in die Klagefrist bestand, hat für die Beurteilung des Endurteils keine Bedeutung.
Fundstellen
Haufe-Index 154403 |
BFH/NV 1999, 486 |