Entscheidungsstichwort (Thema)
Ablehnung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Verschuldens des Prozeßbevollmächtigten
Leitsatz (NV)
Ein den Klägern zuzurechnendes Verschulden des Prozeßbevollmächtigten liegt auch dann vor, wenn dieser die mit der Fristüberwachung betraute Person nicht darauf hinweist, daß Überlegungen zur zweckmäßigen Gestaltung des Ar
beitsablaufs (Abwarten des Empfanges der Eingangsbestätigung und der Bekanntgabe des Revisionsaktenzeichens vor Beantragung einer Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist) die strikte Fristeinhaltung nicht hindern dürfen.
Normenkette
FGO §§ 56, 120 Abs. 1, § 155; ZPO § 85 Abs. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Kl. haben gegen das am 26. Januar 1985 zugestellte Urteil am 25. Februar 1985 Revision eingelegt. Mit Schreiben vom 25. März 1985 - eingegangen am 2. April 1985 - beantragte der Prozeßbevollmächtigte der Kl. Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist. Durch die Senatsgeschäftsstelle auf den Ablauf der Revisionsbegründungsfrist mit Ablauf des 26. März 1985 hingewiesen, wurde gleichzeitig mit Abgabe der Revisionsbegründung Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Revisionsbegründungsfrist gestellt. Zur Begründung dieses Antrags wird ausgeführt, die mit der Fristüberwachung betraute Gehilfin habe auf die Eingangsbestätigung und die Bekanntgabe des Aktenzeichens gewartet, so daß der Fristverlängerungsantrag nicht früher habe gestellt werden können. Dann sei sie unerwartet durch plötzlichen Zahnarztbesuch verhindert gewesen, so daß die anstehende Frist übersehen worden sei. Der Prozeßbevollmächtigte selbst sei wegen einer unerwartet sich verlängernden Geschäftsreise nicht mehr so rechtzeitig im Büro gewesen, um diesem Umstand Rechnung zu tragen. Später wurde ergänzend vorgetragen, die sonst sehr zuverlässige Mitarbeiterin sei davon ausgegangen, daß es zweckmäßig sei, den Antrag auf Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist erst nach Vorliegen des Aktenzeichens zu stellen. Da dies aber vor Ablauf der Monatsfrist nicht bekannt war, habe zwar der Fristverlängerungsantrag verfaßt, aber wegen der geschilderten Umstände nicht mehr so rechtzeitig zur Post gebracht werden können, daß er am 26. März 1985 beim BFH eingegangen wäre. Die Frist sei nicht aus organisatorischen Mängeln versäumt worden.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Kl. ist unzulässig. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung wegen der Versäumung der Revisionsbegründungsfrist ist nicht zu entsprechen.
Nach § 56 Abs. 1 FGO ist demjenigen, der ohne Verschulden an der Einhaltung einer gesetzlichen Frist (hier: der Revisionsbegründungsfrist, § 120 Abs. 1 FGO) verhindert war, auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Der Antrag ist nach § 56 Abs. 2 Satz 1 FGO binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Das Verschulden des Prozeßbevollmächtigten ist den Kl. zuzurechnen (§ 155 FGO i. V. m. § 85 Abs. 2 ZPO).
Es kann dahinstehen, ob der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand innerhalb der dafür geltenden Frist gestellt worden ist. Daran bestehen Bedenken deshalb, weil nach dem Vortrag bereits im Zeitpunkt der Absendung des Fristverlängerungsantrags - ordnungsgemäße Büroorganisation vorausgesetzt - bekannt war, daß der Verlängerungsantrag nicht mehr innerhalb der Revisionsbegründungsfrist beim BFH eingehen werde. Der Hinweis auf ein Fehlverhalten der Mitarbeiterin kann den Prozeßbevollmächtigten im vorliegenden Fall nicht von der Fristversäumung exkulpieren. Grundsätzlich ist zwar ein Berufsträger befugt, die Kontrolle der Fristen und die Führung des Fristenkalenders einem gut ausgebildeten, erfahrenen und zuverlässigen Mitarbeiter zu übertragen. Voraussetzung ist allerdings, daß der Berufsträger alle Vorkehrungen dafür trifft, die nach vernünftigem Ermessen die Nichtbeachtung von Fristen auszuschließen geeignet sind, und daß er durch regelmäßige Belehrung und Überwachung seiner Bürokräfte für die Einhaltung seiner Anordnungen Sorge trägt (vgl. z. B. Urteil des BGH vom 30. Oktober 1972 VII ZR 124/71, StRK, FGO § 56, Rechtsspruch 251). Zu den dem Berufsträger obliegenden Organisationspflichten gehört es auch, daß er die mit der Fristüberwachung betraute Person auf die Bedeutung der Fristen sowie darauf hinweist, daß technische Zweckmäßigkeitsüberlegungen die strikte Einhaltung der Frist nicht hindern dürfen. Daß der Bevollmächtigte der Kl. entsprechende Anordnungen und Belehrungen erteilt habe, hat er selbst nicht vorgetragen und wird durch den - als wahr unterstellten - tatsächlichen Ablauf auch nicht belegt.
Fundstellen
Haufe-Index 414206 |
BFH/NV 1986, 740 |