Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine PKH bei ermessensfehlerfreier Zurückweisung eines Erlaß-Antrags
Leitsatz (NV)
1. Fehlerhafte Steuerfestsetzung gebietet keinen Erlaß aus sachlichen Billigkeitsgründen.
2. Ein Billigkeitserlaß aus persönlichen Gründen kommt in Betracht, wenn der Erlaß geeignet ist, eine Unterhaltsgefährdung zu beseitigen, und dem Steuerpflichtigen ermöglicht, eine neue wirtschaftliche Existenz aufzubauen.
Normenkette
FGO § 142; ZPO § 114; AO 1977 § 227 Abs. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Beteiligten streiten (noch) um den Erlaß von Einkommensteuer 1973 bis 1979 in Höhe von insgesamt . . . DM.
Mit Bescheid vom 25. April 1989 wies der Beklagte (das Finanzamt - FA -) den Antrag auf Erlaß zurück; die Beschwerde blieb erfolglos (Entscheidung vom 24. Januar 1990). Gegen diese Entscheidung hat der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) mit der Begründung Klage erhoben, daß der begehrte Billigkeitserlaß sowohl aus sachlichen als auch aus persönlichen Gründen geboten sei.
Die Gewährung von Prozeßkostenhilfe (PKH) lehnte das Finanzgericht (FG) ab. Bei summarischer Betrachtung sei nicht erkennbar, daß die Beschwerdeentscheidung rechtswidrig sei.
Mit der Beschwerde macht der Kläger geltend:
1. Das FA habe ein und denselben als umsatzsteuerpflichtig angesehenen Vorgang zweimal der Besteuerung unterworfen. Die bereits von der Firma X versteuerten Umsätze seien nochmals beim Kläger besteuert worden. Diese Doppelbesteuerung ein und desselben Leistungsvorgangs sei nicht durch das Umsatzsteuergesetz gedeckt; sie sei auch bei der Festsetzung der Ertragsteuern nicht berücksichtigt worden.2. Bei der Besteuerung seien nur unzureichende Grund- und Freibeträge angesetzt worden.
3. Im Rahmen der Beurteilung der persönlichen Erlaßgründe sei nicht zutreffend gewürdigt worden, daß seine Kinder auf die Geltendmachung ihrer Forderungen für die Dauer der Überschuldung verzichtet hätten. Schließlich sei der Vorwurf der Steuerhinterziehung, mit dem die Erlaßwürdigkeit abgelehnt werde, durch das freisprechende Urteil gegen seinen früheren Kollegen A widerlegt. Der mit der Sache betraute Fahndungsprüfer habe nach Aussage des Kollegen A in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht als Zeuge bestätigt, daß es nicht zu einer geänderten Steuerfestsetzung aufgrund der durchgeführten Fahndungsprüfung gekommen wäre, wenn die tatsächliche Nichtbeteiligung beider an der Firma X bekannt und nachgewiesen worden wäre.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
1. Nach § 142 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i. V. m. § 114 der Zivilprozeßordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor; die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Der Antrag auf Erlaß gemäß § 227 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) ist ermessensfehlerfrei (vgl. § 5 AO 1977; § 102 FGO) zurückgewiesen worden (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 11. März 1988 III R 236/84, BFH/NV 1989, 432).
a) Sachliche Billigkeitsgründe sind nicht erkennbar. Die vom Kläger geltend gemachte doppelte Besteuerung der Umsätze ist - ggf. - durch Korrektur der entsprechenden Umsatzsteuerbescheide zu beseitigen, nicht aber durch Billigkeitsmaßnahmen im Erlaßverfahren, dessen Funktion es nicht ist, fehlerhafte Steuerfestsetzungen zu korrigieren (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 1989, 432).
Aus diesem Grund kann die vom Kläger pauschal geltend gemachte Rechtswidrigkeit von Grund- und Freibeträgen ebenfalls nicht im Billigkeitsverfahren berücksichtigt werden.
b) Ebenso haben FA und Oberfinanzdirektion zu Recht einen Billigkeitserlaß aus persönlichen Gründen abgelehnt. Die Beschwerdeentscheidung weist zu Recht darauf hin, daß der begehrte Erlaß allein nicht geeignet ist, eine Gefährdung des lebensnotwendigen Unterhalts des Klägers zu beseitigen und diesem den Aufbau einer neuen wirtschaftlichen Existenz zu ermöglichen. Weder hat der Kläger vorgetragen, daß der lebensnotwendige Unterhalt gefährdet ist, noch hat er substantiiert dargetan, wie er seine anderen Schulden ausgleichen will, wie seine wirtschaftlichen Pläne für die Zukunft aussehen und inwieweit ihn die vorhandenen Steuerschulden an der Realisierung dieser Pläne hindern.
Da danach bereits die Erlaßbedürftigkeit zu verneinen ist, kann dahinstehen, ob die Erlaßwürdigkeit mit zutreffenden Gründen abgelehnt worden ist (vgl. BFH-Beschluß vom 18. August 1988 V B 71/88, BFH/NV 1990, 137).
Fundstellen
Haufe-Index 418426 |
BFH/NV 1992, 692 |