Entscheidungsstichwort (Thema)
Nicht protokollierte Beweisanträge als Verfahrensmangel
Leitsatz (NV)
Die bloße Behauptung, die in der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht gestellten Beweisanträge seien nicht protokolliert worden, genügt nicht den Anforderungen, die §115 Abs. 3 FGO an die ordnungsgemäße Darlegung eines Verfahrensmangels stellt.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3
Tatbestand
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) berichtigte im Umsatzsteueränderungsbescheid für 1993 gegen den Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) Umsatzsteuerbeträge von ... DM. In dieser Höhe hatte der Kläger Vorsteuer aus Rechnungen der "X-GmbH" (GmbH) abgezogen. Die GmbH bezeichnete die Forderungen gegen den Kläger in ihrer Umsatzsteuervoranmeldung für Juni 1993 als uneinbringlich.
Die dagegen nach erfolglosem Vorverfahren gerichtete Klage wies das Finanzgericht (FG) als unbegründet ab. Es hielt die Vorsteuerberichtigung nach §17 Abs. 2 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes 1993 für berechtigt, weil der Kläger Steuerbeträge in Höhe des Berichtigungsbetrages als Vorsteuer aus Rechnungen der GmbH abgezogen habe und weil er nicht nachgewiesen habe, daß diese nach seinem eigenen Vortrag entstandenen Forderungen der GmbH durch Aufrechnung oder in anderer Art erloschen seien. Er habe, so führte das FG weiter aus, keine für das Gericht insoweit konkret überprüfbaren Angaben gemacht.
Der Vorsteuerberichtigungsanspruch sei durch Uneinbringlichkeit der gegen den Kläger gerichteten Forderung im Streitjahr begründet; denn die GmbH habe die Forderung ausgebucht und die Umsatzsteuer entsprechend herabgesetzt. Dadurch entstehe dem Kläger kein Nachteil, weil er die Besteuerung erneut berichtigen könne, wenn er seinen Zahlungsverpflichtungen noch nachkommen sollte. Die Festsetzungsfrist für den Vorsteuerberichtigungsanspruch aus dem Jahr 1993 sei bei Bekanntgabe des angefochtenen Bescheids im November 1995 noch nicht abgelaufen.
Mit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision macht der Kläger geltend, das FG habe den Sachverhalt nicht ausreichend aufgeklärt. Mit dem Schriftsatz vom 9. Juni 1997 habe er beantragt, das Verfahren auszusetzen und abzuwarten, ob im Einkommensteuerverfahren eine Zahlung des Klägers aufgeklärt werden könne.
Im Schriftsatz vom 11. November 1996 habe er, der Kläger, vorgetragen, sämtliche Forderungen zwischen der GmbH und ihm, dem Kläger, aus den Jahren 1986 und 1988 seien erloschen. Er habe für diese Behauptung Zeugenbeweise angetreten. Hätte das FG den Zeugenbeweis erhoben, hätte es "Erlöschen durch Kooperationsvereinbarung" in den Jahren 1986 und 1989 festgestellt. Das hätte sich bei einer Aussetzung des Verfahrens durch Feststellungen im Einkommensteuerverfahren ergeben.
Der Kläger beantragt die Zulassung der Revision.
Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Die Revision ist nicht wegen eines Verfahrensfehlers (§115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) durch unzureichende Sachaufklärung (§76 Abs. 1 Satz 1 FGO) zuzulassen. Die Rüge genügt nicht den Anforderungen des §115 Abs. 3 Satz 3 FGO.
Wird ein Verstoß gegen die Amtsermittlungspflicht gerügt, so sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs -- BFH -- (z. B. Beschluß vom 13. März 1997 I B 125/96, BFH/NV 1997, 772) zu bezeichnen (vgl. §115 Abs. 3 Satz 3 FGO), welche Tatsachen aufklärungsbedürftig waren, welche Beweise zu welchem Beweisthema das FG nicht erhoben hat, weshalb der Antragsteller einen entsprechenden Beweisantrag nicht von sich aus in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem FG gestellt hat, weshalb sich dem FG die Beweiserhebung auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung hätte aufdrängen müssen und inwieweit die als unterlassen gerügte Beweisaufnahme zu einer anderen Entscheidung des FG hätte führen können.
In der Beschwerdebegründung wird nicht dargelegt, daß der in der mündlichen Verhandlung vor dem FG fachkundig vertretene Kläger die Sachaufklärung beantragt hat, deren Unterlassung er nunmehr als Verfahrensmangel rügt. Ausweislich der Sitzungsniederschrift (§94 FGO i. V. m. §160 Abs. 4 der Zivilprozeßordnung -- ZPO --) sind weder Beweisanträge gestellt noch ist Aussetzung des Verfahrens beantragt worden. Die nach Ablauf der Beschwerdefrist aufgestellte bloße Behauptung, in der mündlichen Verhandlung vor dem FG seien Beweisanträge gestellt worden, die aber keinen Niederschlag im Protokoll gefunden hätten, genügt nicht den Anforderungen des §115 Abs. 3 FGO (vgl. BFH-Beschluß vom 4. März 1992 II B 201/91, BFHE 166, 574, BStBl II 1992, 562; vgl. dazu Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., §94 FGO Tz. 3). Der Kläger hätte innerhalb der Beschwerdefrist vortragen müssen, daß das FG die Aufnahme eines gestellten Beweisantrags oder das Begehren auf weitere Sachaufklärung abgelehnt habe (vgl. §160 Abs. 4 Satz 3 ZPO) und daß er von der Möglichkeit Gebrauch gemacht habe, die Berichtigung des Terminprotokolls zu beantragen.
In der Beschwerdebegründung wird auch nicht dargelegt, daß und weshalb sich dem FG nach seiner maßgeblichen sachlich- rechtlichen Beurteilung die beanstandete unterlassene Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen. Diese Anforderungen können schon wegen der unklaren Angaben des Klägers über das Erlöschen von "sämtlichen" Forderungen "durch Kooperationsvereinbarung" nicht verringert werden.
Von einer weiteren Begründung wird nach Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs abgesehen.
Fundstellen
Haufe-Index 67092 |
BFH/NV 1998, 859 |