Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirtschaftliche Zuordnung von Leistungsbezügen zu Verwendungsumsätzen
Leitsatz (NV)
Bauleistungen zum Wiederaufbau eines abgebrannten Hotels sind, wenn das Hotel nicht wiedereröffnet, sondern zwangsversteigert wird, der steuerfreien Grundstückslieferung zuzuordnen. Der Abzug der für die Wiederaufbauleistungen berechneten Umsatzsteuer als Vorsteuer ist ausgeschlossen.
Normenkette
UStG 1980 § 4 Nr. 9 Buchst. a, § 9 Abs. 1-2, § 15 Abs. 2 Nr. 1
Tatbestand
Das Finanzamt (FA) verweigerte dem Kläger und Antragsteller (Antragsteller) in den angefochtenen Umsatzsteuerbescheiden (§ 164 Abs. 2 der Abgabenordnung -- AO 1977 --) für 1987 und 1988 den Vorsteuerabzug aus Rechnungen über den Wiederaufbau eines ab gebrannten, aber nicht wiedereröffneten, sondern 1989 zwangsversteigerten Hotelgebäudes. Es ordnete die beanspruchten Vorsteuerabzugsbeträge der steuerfreien Grundstückslieferung zu und schloß dadurch den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. § 4 Nr. 9 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1980) aus.
Der Antragsteller hatte im ersten Rechtsgang den Standpunkt vertreten, die Wiederaufbauleistungen seien den vor dem Brandunfall ausgeführten steuerpflichtigen Hotelumsätzen zuzurechnen. Er hatte "hilfsweise" auf die Steuerbefreiung der Grundstückslieferung durch Zwangsversteigerung verzichtet.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hob mit dem Urteil vom 1. Dezember 1994 V R 126/92 (BFHE 176, 491, BStBl II 1995, 426) die erstinstanzliche Vorentscheidung auf, in der das Finanzgericht (FG) den Verzicht als wirksam beurteilt hatte. Er begründete dies damit, dem festgestellten Sachverhalt könne nicht entnommen werden, ob der Antragsteller wirklich wirksam auf die Steuerbefreiung verzichtet habe. Ein nur hilfsweise in einer Klageschrift erklärter Verzicht auf die Steuerbefreiung sei jedenfalls unwirksam.
Nunmehr reichte der Antragsteller am 12. Mai 1995 eine berichtigte Steuererklärung für 1989 ein und erklärte in ihr (im Gegensatz zu der ursprünglichen am 29. Juni 1990 abgegebenen und vom FA nicht beanstandeten Steueranmeldung) die Grundstückslieferung als steuerpflichtigen Umsatz. Das FG beurteilte diesen Verzicht in dem angefochtenen Urteil im zweiten Rechtsgang aber nicht als wirksam, weil die Steuerfestsetzung für 1989 wegen Ablaufs der Festsetzungsverjährung mit dem Ende des Jahres 1994 nicht mehr änderbar sei.
Mit der Revision rügt der Antragsteller Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das FG habe §§ 9 und 15 UStG 1980 verletzt, weil der Verzicht auf die Steuerbefreiung wirksam vor Ablauf der Festsetzungsverjährung erklärt worden sei. Die Ablaufhemmung sei nach § 171 Abs. 3 und 4 AO 1977 eingetreten. Für die Durchführung des Revisionsverfahrens begehrt der Antragsteller Prozeßkostenhilfe (PKH) unter Beiordnung seines Rechtsanwalts als Prozeßbevollmächtigten. Er hat eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beigefügt.
Entscheidungsgründe
Der Antrag auf Bewilligung von PKH ist unbegründet. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet nach der für das PKH-Verfahren gebotenen summarischen Beurteilung (vgl. BFH-Beschluß vom 12. Mai 1992 VII S 2/92, BFH/NV 1993, 262) seit dem Zeitpunkt der Einlegung der Revision keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 Satz 1 der Zivilprozeßordnung, § 142 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).
1. Soweit der Antragsteller Verfahrensfehler rügt, genügen seine Rügen nicht den gesetzlichen Anforderungen (§ 120 Abs. 2 Satz 2 FGO); denn er bezeichnet nicht, was er vorgetragen hätte, wenn ihm das FG das als verletzt gerügte rechtliche Gehör gewährt, und was er dargelegt hätte, wenn das FG das Verfahren -- wie der Antragsteller angeregt hatte -- ausgesetzt hätte.
2. Die Vorentscheidung, die die Klage gegen die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide 1987 und 1988 abgewiesen hatte, hält auch den sachlichen Revisionsangriffen stand. Der Antragsteller kann Vorsteuerbeträge aus Rechnungen über den Wiederaufbau des abgebrannten Hotels nicht abziehen (§ 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG 1980), weil die Wiederaufbauleistungen der steuerfreien Grundstückslieferung (§ 4 Nr. 9 Buchst. a UStG 1980) durch Zwangsversteigerung zuzurechnen sind. Ein wirksamer Verzicht (§ 9 Abs. 1, 2 UStG 1980) auf die Steuerbefreiung der Grundstückslieferung im Jahr 1989 ist nicht vorhanden. Der nur hilfsweise in einem Rechtsstreit wegen Umsatzsteuer 1987 und 1988 erklärte Verzicht auf die Steuerbefreiung der 1989 ausgeführten Grundstückslieferung war nicht wirksam, wie der Senat im ersten Rechtsgang entschieden hat.
Die in der berichtigten Umsatzsteuererklärung für 1989 als steuerpflichtig behandelte Grundstückslieferung hatte ebenfalls keine Wirkung, weil die Festsetzungsfrist für die Umsatzsteuer 1989 im Zeitpunkt des Eingangs dieser Steueranmeldung beim FA im Mai 1995 abgelaufen war. Eine Ablaufhemmung ist weder durch einen vor dem Ablauf der Festsetzungsfrist gestellten Antrag auf Änderung der Steuerfestsetzung für 1989 (§ 171 Abs. 3 AO 1977) noch durch eine für diesen Besteuerungszeitraum angeordnete Außenprüfung (§ 171 Abs. 4 AO 1977) eingetreten. Die im Mai 1995 berichtigte Steueranmeldung für 1989 und die vom Antragsteller geschilderte Meinungsäußerung des Prüfers während der für 1987 und 1988 angeordneten Umsatzsteuer-Sonderprüfung haben keine Ablaufhemmung bewirkt.
Fundstellen
Haufe-Index 421254 |
BFH/NV 1996, 647 |