Entscheidungsstichwort (Thema)
Ablehnung eines Terminverlegungsantrags kein Fall mangelnder Vertretung; Nebeneinander von Nichtzulassungsbeschwerde und Revision
Leitsatz (NV)
1. Ein Fall mangelnder Vertretung i. S. von § 116 Abs. 1 Nr. 3 FGO liegt nicht vor, wenn ein Antrag auf Aufhebung oder Verlegung eines Termins zur mündlichen Verhandlung wegen Verhinderung des Prozeßbevollmächtigten des Klägers abgelehnt wird, das FG die mündliche Verhandlung ohne den Vertreter durchführt und durch Urteil entscheidet.
2. Eine gleichzeitig mit der Nichtzulassungsbeschwerde eingelegte unzulässige Revision wird nicht dadurch statthaft, daß die Nichtzulassungsbeschwerde Erfolg hat.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2-3, § 116 Abs. 1 Nr. 3
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) waren an Gesellschaften des bürgerlichen Rechts beteiligt, die zwei Gaststätten betrieben. Die Gesellschaften stellten 1982 bzw. 1983 ihren Geschäftsbetrieb ein. Die Bescheide des Betriebsfinanzamts über die einheitliche und gesonderte Feststellung der daraus erzielten Ergebnisse sind bestandskräftig.
In ihrer Einkommensteuererklärung 1982 machten die Kläger einen Körperbehinderten-Pauschbetrag, einen Freibetrag für die Beschäftigung einer Haushaltshilfe, Aufwendungen für das Studium des Klägers und Verluste aus dem Betrieb der Gaststätten geltend. Für die Jahre 1983 bis 1985 begehrten sie die Berücksichtigung von Tilgungsleistungen auf Verbindlichkeiten der Gaststättenbetriebe sowie von Gerichts- und Anwaltskosten als nachträgliche Betriebsausgaben. Die Einsprüche gegen die ablehnenden Einkommensteuer- bzw. Lohnsteuer-Jahresausgleichsbescheide 1982 bis 1985 (Streitjahre) blieben bis auf die Anerkennung des Körperbehinderten-Pauschbetrags für 1982 ohne Erfolg.
Hiergegen erhoben die Kläger Klage, mit der sie ihr Begehren weiter verfolgten.
Mit der am 19. November 1994 zugestellten Ladung wurde der Prozeßbevollmächtigte der Kläger zu der mündlichen Verhandlung am 12. Dezember 1994 geladen. Mit dem am 8. Dezember 1994 beim Finanzgericht (FG) eingegangenen Telefax begehrte der Prozeßbevollmächtigte, den Termin zu verlegen, da er sich noch bis zum 9. Dezember 1994 im Krankenhaus befinde und sich auch in der darauf folgenden Woche täglich dem Arzt vorstellen müsse.
Das FG gab der Klage auf die mündliche Verhandlung vom 12. Dezember 1994, zu der für die Kläger niemand erschien, zum Teil statt. Es führte u. a. aus: Der Prozeßbevollmächtigte habe die Ladung am 19. November 1994 persönlich entgegengenommen. Er habe mithin ausreichend Zeit gehabt, eine Terminsverlegung zu beantragen. Geschehe dies -- wie hier -- kurzfristig vor dem Termin, seien die Gründe überprüfbar glaubhaft zu machen. Diesen Anforderungen genüge das Telefax nicht.
Die Einkommensteuerbescheide könnten nicht mit der Begründung angefochten werden, die Feststellungsbescheide seien unrichtig. Deshalb könnten auch die Verluste aus dem Gewerbebetrieben und die spätere Tilgung von Schulden aus den Aufgabejahren nicht mehr berücksichtigt werden. Die geltend gemachten Anwalts- und Gerichtskosten könnten dagegen, soweit sie betrieblich veranlaßt seien, als nachträgliche Betriebsausgaben berücksichtigt werden.
Zugleich mit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision legten die Kläger hiergegen Revision ein.
Sie tragen im wesentlichen vor: Ihr Prozeßbevollmächtigter sei vom 4. Oktober bis zum 2. November 1994 im Krankenhaus gewesen. Danach habe er nur sporadisch tätig sein können, wobei sein labiler Gesundheitszustand täglich zu Dienstunterbrechungen geführt habe. Das FG habe deshalb den Antrag ihres Prozeßbevollmächtigten auf Terminsverlegung zu Unrecht abgelehnt. Eine Terminsänderung wäre nach der Übertragung der Sache auf den Einzelrichter angemessen gewesen.
Das Urteil sei aufgrund des Schreibens des FG vom ... unverständlich. Fehlerhaft sei auch, daß die Akten betreffend die einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte der Gesellschaften nicht beigezogen worden seien. Der Einzelrichter hätte einen gesonderten Beweistermin für die streitigen Positionen anberaumen müssen, da die Sache sehr umfangreich sei und eine Einsicht in die Belege erforderlich gewesen wäre. Die Tatsache der Inanspruchnahme für Firmenschulden in vollem Umfang sei bekannt gewesen und hätte nicht abgetan werden dürfen. Das FG habe seiner Aufklärungspflicht nicht genügt. Die fehlerhaften Feststellungsbescheide 1982 und 1983 seien zu ihren, der Kläger, Gunsten zu berichtigen. Die Beträge hätten die früheren Mitgesellschafter anteilig tragen müssen. Sie seien aber von ihnen, den Klägern, in den Streitjahren geleistet worden und daher bei ihnen als weitere Sonderbetriebsausgaben abziehbar.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unzulässig.
Nach Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs findet abweichend von § 115 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) die Revision nur statt, wenn sie das FG oder auf die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof (BFH) zugelassen hat oder wenn ein Fall der zulassungsfreien Revision gemäß § 116 FGO gegeben ist. Hierauf wurden die Kläger durch die der angefochtenen Vorentscheidung beigefügten Rechtsmittelbelehrung ausdrücklich hingewiesen.
Die Revision ist nicht nach § 116 Abs. 1 FGO ohne Zulassung statthaft.
Soweit sich die Kläger gegen die sachliche Richtigkeit des von ihnen angegriffenen FG- Urteils wenden und ferner darauf hinweisen, das FG habe seiner Aufklärungspflicht nicht genügt, ergibt sich aus ihrem Sachvortrag kein die zulassungsfreie Verfahrensrevision eröffnender Verfahrensmangel i. S. der in § 116 Abs. 1 FGO abschließend aufgezählten prozessualen Fehler.
Auch der Einwand der Kläger, das FG habe ihren Antrag auf Terminsänderung wegen der Erkrankung ihres Prozeßbevollmächtigten zu Unrecht abgelehnt, stellt keine schlüssige Rüge eines wesentlichen Mangels des Verfahrens i. S. von § 116 Abs. 1 FGO dar. Nach § 116 Abs. 1 Nr. 3 FGO ist die zulassungsfreie Revision eröffnet, wenn ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war. Die Bestimmung soll gewährleisten, daß der Beteiligte Gelegenheit erhält, entweder in eigener Person oder vertreten durch seinen Bevollmächtigten seinen Standpunkt darzulegen (Urteil des Senats vom 8. Februar 1991 III R 190/86, BFH/NV 1992, 41).
Ein Fall mangelnder Vertretung ist indes nicht bereits gegeben, wenn ein Antrag auf Aufhebung oder Verlegung eines Termins zur mündlichen Verhandlung wegen Verhinderung des Vertreters des Klägers abgelehnt wird, das FG die mündliche Verhandlung ohne den Vertreter durchführt und durch Urteil entscheidet (BFH-Beschlüsse vom 11. April 1978 VIII R 215/77, BFHE 125, 28, BStBl II 1978, 401; vom 16. Januar 1986 III B 71/84, BFHE 145, 497, BStBl II 1986, 409, und vom 24. März 1994 X R 85/93, BFH/NV 1994, 648). Bei einem schlüssigen Vortrag kommt insoweit die Rüge der Versagung des rechtlichen Gehörs in Betracht, die jedoch die zulassungsfreie Revision nicht begründen kann (BFH-Beschluß vom 17. Februar 1988 VII R 114/87, BFH/NV 1988, 716).
Zwar hat der Senat mit Beschluß vom heutigen Tage die Revision auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger zugelassen. Eine gleichzeitig mit der Nichtzulassungsbeschwerde eingelegte Revision wird aber nicht dadurch statthaft, daß die Nichtzulassungsbeschwerde Erfolg hat (ständige Rechtsprechung des BFH, Beschluß vom 23. Januar 1995 X R 126/94, BFH/NV 1995, 808, m. w. N.).
Fundstellen
Haufe-Index 421057 |
BFH/NV 1996, 412 |