Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Begriff des Verfahrensmangels i.S.d. § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO
Leitsatz (NV)
Fragen des Verwaltungsverfahrensrechts sind im Finanzprozeß im Rahmen der Begründetheit der Klage zu untersuchen und nicht bei deren Zulässigkeit. Bestätigt das FG die Verwerfung eines Einspruchs durch die Finanzbehörde zu Unrecht als unzulässig, wendet es damit nicht das für sein gerichtliches Verfahren maßgebliche Recht, sondern allenfalls die AO 1977 fehlerhaft an.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 2-3, Abs. 3 S. 3; AO 1977 § 358
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Eine Abweichung vom Urteil des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 11. September 1986 IV R 11/83 (BFHE 147, 403, BStBl II 1987, 5), auf welches sich das Finanzgericht (FG) ausdrücklich bezogen hat, ist nicht den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entsprechend "bezeichnet". Mit dem Vorbringen, bei Anwendung der in diesem Urteil aufgestellten Rechtsgrundsätze hätte das FG zu einer anderen Entscheidung kommen müssen, wird eine Abweichung von diesen Rechtsgrundsätzen nicht dargelegt. Vielmehr wendet sich der Kläger und Beschwerdeführer damit gegen die Richtigkeit des angefochtenen Urteils. Solche Einwände sind im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde von vornherein unbeachtlich (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., 1997, § 115 Rz. 58 und 62, m.w.N.).
2. Ein etwa mit der Beschwerde geltend gemachter Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) ist nicht schlüssig dargetan. Fehler des FG bei der Auslegung von Vorschriften der Abgabenordnung (AO 1977) und anderer das Besteuerungsverfahren regelnder Vorschriften sind nach allgemeiner Ansicht keine Verfahrensmängel, sondern materiell-rechtliche Fehler. Bestätigt das FG die Verwerfung eines Einspruchs durch die Finanzbehörde als unzulässig, wendet es damit nicht das für sein gerichtliches Verfahren maßgebliche Recht, sondern allenfalls die AO 1977 falsch an. Ein solcher Mangel fällt nicht unter § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO. Fragen des Verwaltungsverfahrensrechts sind im Prozeß im Rahmen der Begründetheit der Klage zu untersuchen und nicht bei deren Zulässigkeit. Dies gilt auch für die Vorschriften der AO 1977, die die Zulässigkeit eines außergerichtlichen Rechtsbehelfs (hier: des Einspruchs) regeln (BFH-Urteil vom 24. Juli 1984 VII R 122/80, BFHE 141, 470, BStBl II 1984, 791; BFH-Beschlüsse vom 9. Februar 1994 V B 198/93, BFH/NV 1995, 602; vom 22. März 1996 III B 173/95, BFHE 180, 217, BStBl II 1996, 506; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 25).
Im übrigen ergeht der Beschluß gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Begründung.
Fundstellen
Haufe-Index 424777 |
BFH/NV 2000, 578 |