Entscheidungsstichwort (Thema)

Wiedereinsetzung bei Fristversäumnis des FA

 

Leitsatz (NV)

Beachtet das FA eine Amtsverfügung nicht und führt dies zu verspäteter Revisionseinlegung, kann Wiedereinsetzung nicht gewährt werden.

 

Normenkette

FGO § 56

 

Tatbestand

Das Finanzgericht (FG) hat der Klage der Klägerin und Beschwerdegegnerin (Klägerin) gegen den Beklagten und Beschwerdeführer (Finanzamt -- FA --) wegen gesonderter und einheitlicher Feststellung 1982 bis 1985 stattgegeben und die Revision zugelassen. Das Urteil wurde dem FA am 26. August 1997 zugestellt. Es legte erst am 7. Oktober 1997 beim FG Revision ein, die mit dem am 24. Oktober 1997 eingegangenen Schriftsatz begründet wurde.

Die Revision wurde mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumnis der Revisionseinlegungsfrist verbunden. Zur Begründung wurden fünf eidesstattliche Versicherungen vorgelegt. Danach fertigte der Steueroberinspektor B am 19. September 1997 die Revisionsschrift an. Er leitete sie der Regierungsrätin W zu, die die Begleitverfügung zu der Revision in Gegenwart des B noch am 19.September 1997 unterzeichnete. Anschließend überbrachte B die Revision in das Vorzimmer des Vorstehers zwecks Unterzeichnung. Er übergab sie der Vorzimmerdame, Frau H. B erinnert sich an Einzelheiten des Gesprächs nicht mehr. Er wies jedoch H auf die besondere Eilbedürftigkeit der Sache und den bevorstehenden Fristablauf hin. H erinnert sich an den Vorgang nicht mehr. Sie bestätigt jedoch, derartige Eilsachen unverzüglich dem Vorsteher vorzulegen. Dieser sei am 19. September 1997 anwesend gewesen. Der Vorsteher selbst gibt an, daß ihm das Schreiben nicht zur Unterschrift vorgelegt worden sei. Der in der Registratur tätige S versichert, daß alle in der Registratur eingehenden Postausgänge noch an demselben Tag zur Post gegeben würden. Dies versichert auch der Geschäftsstellenleiter des FA, K. Nach der anschließenden Darstellung des FA soll die Revisionsschrift von H versehentlich in den Postausgang gelegt worden sein, wobei sie offenbar auch die Auszeichnung auf den Vorsteher "I" gestrichen habe. Die Akte sei erst am 30. September 1997 wieder der Rechtsbehelfsstelle zugegangen. Wer die Auszeichnung auf die Registratur "Reg."gestrichen habe, lasse sich nicht mehr feststellen.

Das FA beantragt sinngemäß, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Revision als unzulässig zu verwerfen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unzulässig. Sie wurde verspätet eingelegt. Dem FA kann wegen der Fristversäumnis keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden. Die Revision war deshalb zu verwerfen.

1. Gemäß §120 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann Revision gegen das Urteil eines FG innerhalb eines Monats nach dessen Zustellung schriftlich eingelegt werden. Dazu ergibt sich aus den FG-Akten, daß die Vorentscheidung dem FA am 26. August 1997 zugestellt wurde. Die Revisionsfrist lief deshalb am 26. September 1997 ab. In dieser Zeit ging beim FG keine Revision des FA ein. Eine Revision ging erstmalig am 7. Oktober 1997 beim FG ein. Zu diesem Zeitpunkt war jedoch die Revisionsfrist bereits abgelaufen.

2. Zwar kann nach §56 Abs. 1 FGO jemandem, der ohne Verschulden gehindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden. Dies setzt jedoch voraus, daß der Antrag binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses gestellt wird und daß die Tatsachen zur Begründung des Antrages glaubhaft gemacht werden. An diesen Voraussetzungen fehlt es im Streitfall schon deshalb, weil das FA keine Gründe dargelegt hat, weshalb es ohne Verschulden gehindert war, die Frist zu wahren. Nach seinem eigenen Vortrag bleibt unklar, weshalb die Revision dem Vorsteher nicht zur Unterzeichnung vorgelegt wurde.

Das FA trifft auch deshalb ein Verschulden an der Fristversäumnis, weil die in der Amtsverfügung aus dem Jahr 1994 getroffene Anordnung, die Frist für die Revisionseinlegung nach Weisung des zuständigen Sachgebietsleiters der Rechtsbehelfsstelle in das von der Registratur zu führende Fristenkontrollbuch einzutragen, offenbar nicht beachtet wurde. Jedenfalls ist es auch auf seiten der Finanzbehörden erforderlich, eine Postausgangskontrolle vorzunehmen. Dies setzt die Einrichtung eines Postausgangsbuches, dessen exakte Führung und Überwachung und die Löschung von eingetragenen Fristen erst dann voraus, wenn der fristwahrende Schriftsatz abgesandt oder postfertig gemacht worden ist. Daran fehlt es im Streitfall. Nach den eigenen Darlegungen des B machte dieser die Revision nicht zum Postversand fertig, sondern er legte sie nur dem Vorsteher zur Unterschrift vor. Damit fehlte es an jeder Überwachung des rechtzeitigen Postausgangs nach Unterzeichnung der Revision. Diese Überwachung des Postausgangs kann nicht durch allgemeine Hinweise gegenüber einer Sekretärin über die Bedeutung der fristgerechten Absendung eines Schriftstückes ersetzt werden. Das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 17. Februar 1993 VIII R 61/91 (BFH/NV 1993, 614) steht der hier getroffenen Entscheidung nicht entgegen. Es betrifft keine Pflichtverletzungen des FA vor der Versandfertigkeit des abzusendenden Schriftstückes.

3. Ist aber dem FA keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, so ist dessen Revision verspätet eingelegt, weshalb sie als unzulässig zu verwerfen ist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 67282

BFH/NV 1998, 868

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