Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrensmängel; Sicherung der Rechtsprechungseinheit; zur steuerrechtlichen Anerkennung von Umsatzbeteiligungen im Rahmen von Ehegatten-Arbeitsverhältnissen
Leitsatz (NV)
- Wird eine fehlerhafte Beweiswürdigung durch das FG wegen Verletzung allgemeiner Erfahrungssätze oder der Denkgesetze gerügt, so handelt es sich revisionsrechtlich allenfalls um Verstöße gegen das materielle Recht, nicht hingegen gegen Vorschriften des Gerichtsverfahrensrechts.
- Das BVerfG hat die Rechtsprechung des BFH von Verfassungs wegen nicht beanstandet, dass Dienstverhältnisse zwischen Ehegatten steuerrechtlich nur anzuerkennen sind, wenn sie eindeutig und ernsthaft vereinbart, entsprechend dieser Vereinbarung auch tatsächlich durchgeführt worden sind und sie zudem einem Fremdvergleich standhalten. Es hat ausdrücklich bestätigt, dass die Abgrenzung, ob eine Vermögenszuwendung zwischen Ehegatten auf einem Leistungsaustauschverhältnis und damit auf betrieblicher Veranlassung beruht oder ob sie in familiären Beziehungen ihren Grund hat, als sog. innere Tatsache auf der Grundlage eines Indizienbeweises festzustellen ist.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4; FGO § 76 Abs. 1, § 115 Abs. 2 Nrn. 2-3, § 116 Abs. 3 S. 3
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig, weil die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht entsprechend den gesetzlichen Anforderungen dargelegt haben (§ 115 Abs. 2 Nrn. 2 und 3, § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).
1. a) Soweit die Kläger eine fehlerhafte Beweiswürdigung des Finanzgerichts (FG) wegen Verletzung allgemeiner Erfahrungssätze oder der Denkgesetze rügen, handelt es sich revisionsrechtlich allenfalls um Verstöße gegen das materielle Recht, nicht hingegen gegen Vorschriften des Gerichtsverfahrensrechts (Beschluss des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 19. Mai 2000 X B 75/99, BFH/NV 2000, 1458; Ruban in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 115 Rz. 82 f., m.w.N.).
b) Soweit die Kläger beanstanden, das FG habe zur Üblichkeit von Umsatzbeteiligungen für Filialleiter oder Geschäftsführer von Einzelbetrieben kein Sachverständigengutachten der Handwerkskammer erhoben, kam es nach der insoweit maßgebenden materiell-rechtlichen Rechtsauffassung des FG darauf schon deshalb nicht an, weil das FG eine derartige Funktion der Klägerin im Streitjahr 1985 verneint hat (vgl. BFH-Beschluss vom 17. Januar 2000 VII B 282/99, BFH/NV 2000, 857, 858).
c) Die Kläger rügen des Weiteren, das FG habe den angebotenen Zeugenbeweis für den Umfang der Arbeitsleistung der Klägerin nicht erhoben und deshalb die Klägerin zu Unrecht nur als "erste Kraft" beurteilt. Auch insoweit bedurfte es einer Beweiserhebung deshalb nicht, weil das FG die Vereinbarung der Umsatztantieme bereits dem Grunde nach steuerrechtlich nicht anerkannt hat und die Ausführungen zur Höhe der Umsatztantieme ―wie das FG selbst bemerkt― nicht entscheidungserheblich waren.
Die ―im finanzgerichtlichen Verfahren fachkundig vertretenen― Kläger haben überdies weder ausgeführt, wann sie das Beweisangebot unterbreitet haben und vor allem, warum sie das Beweisangebot ―ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 7. Februar 2002― nicht ausdrücklich wiederholt haben (vgl. zum Rügeverzicht BFH-Beschluss vom 17. März 2000 VII B 1/00, BFH/NV 2000, 1125, 1126).
d) Die Nichtberücksichtigung von Umständen, die richtigerweise in die Beweiswürdigung hätten einbezogen werden müssen, kann verfahrensfehlerhaft sein, wenn das FG seiner Sachverhaltsaufklärungspflicht nach § 76 Abs. 1 FGO nicht nachgekommen ist oder wenn es Teile des Gesamtergebnisses des Verfahrens unberücksichtigt gelassen hat (BFH-Beschluss in BFH/NV 2000, 1458, m.w.N.).
Auch insoweit ist allerdings substantiiert darzulegen, dass die Vorentscheidung unter Zugrundelegung der vom FG vertretenen materiell-rechtlichen Auffassung möglicherweise anders getroffen worden wäre, wenn dem FG der gerügte Verfahrensfehler nicht unterlaufen wäre.
Wie ausgeführt, hat das FG indes die Frage der Angemessenheit der Umsatztantieme erklärtermaßen nicht abschließend entschieden.
2. a) Die Kläger tragen des Weiteren vor, das FG habe die vom BFH in seinem Urteil vom 28. Juni 1989 I R 89/85 (BFHE 157, 408, BStBl II 1989, 854) entwickelten Grundsätze zur Angemessenheit des Gehaltes eines Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH im Streitfall unrichtig angewendet, weshalb eine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO in Betracht komme.
Es kann offen bleiben, ob die für diesen Zulassungsgrund erforderliche Identität der Rechtsfrage überhaupt gegeben ist, weil die Rechtsfrage sich im Zusammenhang mit verschiedenen Rechtsnormen stellt, hier nach § 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG), in der zitierten BFH-Entscheidung hingegen aus § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) 1977 (vgl. dazu auch Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 6. Februar 1973 GmS-OGB 1/72, BFHE 109, 206).
Ebenso kann dahingestellt bleiben, ob der Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung bereits bei einer nur fehlerhaften Entscheidung im Einzelfall vorliegt und insbesondere eine weitere Entscheidung des BFH erforderlich ist (vgl. dazu Ruban in Gräber, a.a.O., § 115 Rz. 65).
Abgesehen davon, dass das FG die Grundsätze des BFH-Urteils vom 5. Oktober 1994 I R 50/94 (BFHE 176, 523, BStBl II 1995, 549) ausführlich wiedergegeben hat und der BFH in dieser Entscheidung ausdrücklich an das von den Klägern zitierte Urteil in BFHE 157, 408, BStBl II 1989, 854 anknüpft, hat das FG über die Anwendung der vom BFH zur Angemessenheit von Bezügen eines Gesellschafter-Geschäftsführers entwickelten Maßstäbe im Streitfall gerade nicht abschließend entschieden, weil es die Vereinbarung einer Umsatztantieme bereits dem Grunde nach steuerrechtlich nicht anerkannt hat.
b) Soweit die Kläger eine Verletzung materiellen Rechts wegen der steuerrechtlichen Nichtanerkennung der Umsatzbeteiligung dem Grunde nach beanstanden, legen sie keinen Zulassungsgrund dar.
Das Bundesverfassungsgericht ―BVerfG― (vgl. Beschluss vom 7. November 1995 2 BvR 802/90, BStBl II 1996, 34, unter Abschn. B I. 1. der Gründe) hat die ständige Rechtsprechung des BFH ausdrücklich auch von Verfassungs wegen nicht beanstandet, nach der Dienstverhältnisse zwischen Ehegatten steuerrechtlich nur anzuerkennen seien, wenn sie eindeutig und ernsthaft vereinbart, entsprechend dieser Vereinbarung auch tatsächlich durchgeführt würden und einem Fremdvergleich standhielten (vgl. auch BFH-Urteil vom 29. November 1988 VIII R 83/82, BFHE 155, 114, BStBl II 1989, 281). Insbesondere hat das BVerfG bestätigt, dass die Abgrenzung, ob eine Vermögenszuwendung zwischen Ehegatten auf einem Leistungsaustauschverhältnis und damit auf betrieblicher Veranlassung beruht oder ob sie in familiären Beziehungen ihren Grund hat, als sog. innere Tatsache auf der Grundlage eines Indizienbeweises festzustellen ist (Bestätigung des Beschlusses des Großen Senats des BFH vom 27. November 1989 GrS 1/88, BFHE 158, 563, BStBl II 1990, 160, unter Abschn. C. III. 2. der Gründe; ferner BFH-Urteil vom 29. Oktober 1997 X R 129/94, BFH/NV 1998, 526, 527, m.w.N.).
Im Rahmen eines Indizienbeweises ist bei der erforderlichen Gesamtwürdigung auf alle Umstände des Einzelfalles nicht nur des Streitjahrs, sondern der gesamten überschaubaren Tätigkeit abzustellen (vgl. BFH-Urteil vom 23. April 1996 VIII R 27/94, BFH/NV 1997, 170, 171, m.w.N.; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 96 FGO Tz. 36).
3. Einer weiteren Begründung bedarf die Entscheidung nach § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO nicht.
Fundstellen
Haufe-Index 838689 |
BFH/NV 2002, 1443 |