Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung
Leitsatz (NV)
Macht der Beschwerdeführer die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend, so muss die von ihm aufgeworfene Rechtsfrage klärungsbedürftig sein. Letzteres trifft nur dann zu, wenn ihre Beantwortung zu Zweifeln Anlass gibt. An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es hingegen, wenn sich die Antwort auf die streitige Rechtsfrage ohne Weiteres aus dem klaren Wortlaut und der Sinnhaftigkeit des Gesetzes ergibt oder die Rechtsfrage offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das FG getan hat, die Rechtslage also eindeutig ist.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, § 116 Abs. 3 S. 3
Verfahrensgang
FG München (Urteil vom 22.07.2005; Aktenzeichen 8 K 2882/02) |
Gründe
Die Beschwerde des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) ist unbegründet. Entgegen der von ihm vertretenen Ansicht kommt der Rechtssache eine grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht zu.
1. Macht der Beschwerdeführer die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend, so muss die von ihm aufgeworfene Rechtsfrage klärungsbedürftig sein (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 28, m.w.N. aus der Rechtsprechung). Letzteres trifft nur dann zu, wenn ihre Beantwortung zu Zweifeln Anlass gibt. An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es hingegen, wenn sich die Antwort auf die streitige Rechtsfrage ohne weiteres aus dem klaren Wortlaut und der Sinnhaftigkeit des Gesetzes ergibt oder die Rechtsfrage offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das Finanzgericht (FG) getan hat, die Rechtslage also eindeutig ist (ständige Rechtsprechung; vgl. die Nachweise bei Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 28).
2. Nach diesen Maßstäben ist die Klärungsbedürftigkeit der vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfrage zu verneinen.
a) Der Kläger hält die abstrakte Rechtsfrage für grundsätzlich bedeutsam und klärungsbedürftig, "ob nach § 32c Abs. 2 Satz 2 EStG (in der für die Streitjahre 1994 und 1995 maßgebenden Fassung --EStG--)
- 'Gewinnanteile, die nach § 8 Nr. 4 GewStG der Gewerbesteuer unterliegen, aber nach § 9 Nr. 2a GewStG zu kürzen sind' (Alternative 1), oder
- 'nach § 9 Nr. 2a GewStG zu kürzende Gewinnanteile' (Alternative 2)
von der Tarifbegrenzung auszunehmen sind. Im Fall der Alternative 1 wären Kürzungen auf der Ebene der KGaA maßgeblich, im Fall der Alternative 2 Kürzungen auf der Ebene des Komplementärs".
Der Kläger führt des Weiteren u.a. aus, die Frage der Anwendung des § 32c des Einkommensteuergesetzes (EStG) auf Gewinnanteile des Komplementärs einer KGaA sei im Schrifttum bereits besprochen worden. Danach werde die Frage, ob der Gewinnanteil des Komplementärs einer KGaA stets und unabhängig davon, ob bei der KGaA § 9 Nr. 2a des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) anzuwenden sei, der Tarifermäßigung des § 32c EStG unterliege, bejaht (Glanegger in Schmidt, EStG, Kommentar, 21. Aufl., § 32c Rz 14; derselbe in Schmidt, EStG, Kommentar, 24. Aufl., § 35 Rz 6; Gosch, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 1994, Beihefter zu Heft 6, S. 6 und 8; Kusterer, DStR 1997, 11 ff.).
Die o.a. Streitfrage ist nach dem unmissverständlichen Wortlaut sowie dem Sinn und Zweck des Gesetzes offenkundig im Sinne der von der Vorinstanz vertretenen Rechtsauffassung zu beantworten.
b) Das FG hat hierzu zutreffend im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
"Für eine Interpretation des § 32c EStG, wie sie der Kläger vornehmen möchte, …, gewährt der Wortlaut des § 32c EStG … keinen Spielraum (…). Wie der Kläger richtig festgestellt hat, unterliegen seine gewerblichen Einkünfte aus § 15 Abs. 1 Nr. 3 EStG nicht der Gewerbesteuer, … so dass --hätte der Gesetzgeber nicht § 8 Nr. 4 GewStG zusätzlich genannt-- seine gewerblichen Einkünfte aus der Komplementärsbeteiligung von § 32c EStG nicht erfasst wären. Durch die Bezugnahme auf § 8 Nr. 4 GewStG in § 32c Abs. 2 Satz 1 EStG kommt die Gewerbesteuerbelastung der KGaA gleichwohl dem persönlich haftenden Gesellschafter zugute (…).
In seiner Definition des … Rechtsbegriffs 'gewerbliche Gewinne' nimmt § 32c Abs. 2 Satz 1 EStG durch den Vorbehalt des Satzes 2 eindeutig und unmissverständlich solche Gewinne im Zusammenhang mit § 7 oder § 8 Nr. 4 GewStG von der Tarifbegünstigung aus, die der … Kürzungsvorschrift des § 9 Nr. 2a GewStG unterliegen. Gesetzestechnisch werden damit auf die tarifbegünstigte Ebene des Gesellschafters erst diejenigen Gewinne der Gesellschaft gehoben, die um die Kürzungsmaßgaben des § 32c Abs. 2 Satz 2 EStG bereinigt sind … ."
c) Die Richtigkeit dieser vom FG vorgenommenen Interpretation des § 32c EStG liegt auf der Hand, so dass ein Bedarf, die vom Kläger formulierte Rechtsfrage in einem künftigen Revisionsverfahren zu klären, nicht besteht.
aa) Nach § 32c Abs. 2 Satz 1 EStG fallen unter die gewerblichen Einkünfte i.S. des § 32c EStG "vorbehaltlich des Satzes 2 Gewinne oder Gewinnanteile, die nach § 7 oder § 8 Nr. 4 des Gewerbesteuergesetzes der Gewerbesteuer unterliegen".
Im Grundsatz wird die Tarifbegrenzung nach § 32c EStG nach der gesetzgeberischen Intention nur für solche gewerblichen Einkünfte gewährt, die beim Bezieher der Einkünfte selbst der Gewerbesteuer unterlegen haben (zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit dieses Grundsatzes vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 21. Juni 2006 2 BvL 2/99, DStR 2006, 1316, Leitsatz 1, Tenor und unter C.III. der Gründe). Im Streitfall unterlagen die vom Kläger erzielten Einkünfte im Zusammenhang mit seiner Beteiligung an der KGaA, wiewohl sie einkommensteuerrechtlich gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 3 EStG als gewerbliche Einkünfte zu qualifizieren waren, bei ihm selbst nicht der Gewerbesteuer. Allerdings unterlagen die hier streitigen Einkunftsteile des Klägers, namentlich die Gewinnanteile aus seiner Beteiligung als persönlich haftender Gesellschafter der KGaA sowie die Vergütungen für die Geschäftsführung der KGaA, im Hinblick auf die mit § 9 Abs. 1 Nr. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) korrespondierende Hinzurechnungsnorm des § 8 Nr. 4 GewStG auf der Ebene der KGaA der Gewerbesteuer.
bb) Durch die ausdrückliche Einbeziehung der Hinzurechnungsvorschrift des § 8 Nr. 4 GewStG in § 32c Abs. 2 Satz 1 EStG hat der Einkommensteuergesetzgeber abweichend von dem oben erwähnten Prinzip, dass nur solche gewerblichen Gewinne und Gewinnanteile an der Tarifbegrenzung nach § 32c EStG teilhaben, die beim Bezieher der Einkünfte selbst der Gewerbesteuer unterliegen, angeordnet, dass der persönlich haftende Gesellschafter einer KGaA grundsätzlich mit jenem Teil seines Gewinnanteils die Tarifbegrenzung des § 32c EStG in Anspruch nehmen kann, der gemäß der Hinzurechnungsvorschrift des § 8 Nr. 4 GewStG bei der KGaA der Gewerbesteuer unterliegt (vgl. z.B. Gosch, DStR 1994, Beihefter zu Heft 6, S. 3, 6). Unterliegt aber die KGaA mit den ihr nach § 8 Nr. 4 GewStG zugerechneten Gewinnanteilen ihres persönlich haftenden Gesellschafters ganz oder teilweise --hier wegen Eingreifens der Kürzungsvorschrift des § 9 Nr. 2a GewStG-- gar nicht der Gewerbesteuer, so widerspräche es dem Sinn und Zweck des § 32c EStG, der darin besteht, Zusatzbelastungen der Steuerpflichtigen durch die Gewerbesteuer zu kompensieren, dem Kläger in Bezug auf diese Gewinnanteile die Tarifbegünstigung zu gewähren. Dementsprechend enthält denn auch § 32c Abs. 2 Satz 1 EStG den ausdrücklichen Vorbehalt, dass die dort erwähnten Gewinne und Gewinnanteile, wozu auch die Gewinnanteile des persönlich haftenden Gesellschafters i.S. von § 8 Nr. 4 GewStG gehören, nur dann der Tarifbegrenzung unterliegen, wenn diese nicht nach der Regelung des § 32c Abs. 2 Satz 2 EStG aufgrund einer der dort in Bezug genommenen Kürzungstatbestände des § 9 GewStG vom Gewerbeertrag wieder abgezogen werden. Letzteres trifft im Streitfall insoweit zu, als die KGaA mit ihrem körperschaftsteuerrechtlichen Gewinn zuzüglich der Gewinnanteile des persönlich haftenden Gesellschafters i.S. der Hinzurechnungsvorschrift des § 8 Nr. 4 GewStG das gewerbesteuerrechtliche Schachtelprivileg des § 9 Nr. 2a GewStG in Anspruch nehmen konnte.
cc) Die vom Kläger vertretene gegenteilige Auffassung vermag aus den dargelegten Gründen offenkundig nicht zu überzeugen. Die von ihm vertretene These, der Gewinnanteil des Komplementärs einer KGaA unterliege "wegen der Hinzurechnungsvorschrift des § 8 Nr. 4 GewStG auf der Ebene der KGaA immer in vollem Umfang der Gewerbesteuerbelastung, und zwar unabhängig davon, ob die KGaA bei der Ermittlung ihrer gewerbesteuerlichen Bemessungsgrundlage § 9 Nr. 2a GewStG anzuwenden (habe) oder nicht", geht fehl. Denn soweit das gewerbesteuerrechtliche Schachtelprivileg des § 9 Nr. 2a GewStG eingriff, unterlag weder der körperschaftsteuerliche Gewinn der KGaA noch der diesem gemäß § 8 Nr. 4 GewStG hinzuzurechnende Gewinnanteil des Klägers der Gewerbesteuer, und zwar weder auf der Ebene der KGaA noch beim Kläger selbst.
Zu Unrecht beruft sich der Kläger zur Stützung seiner gegenteiligen Ansicht auf Gosch (DStR 1994, Beihefter zu Heft 6, S. 6 und 8 und Glanegger in Schmidt, a.a.O., § 32c EStG Rz 14; derselbe in Schmidt, a.a.O., § 35 Rz 6). Die zitierten Literaturstellen enthalten zu der in Rede stehenden Streitfrage keine Aussage.
Im Schrifttum tritt --soweit ersichtlich-- einzig Kusterer (DStR 1997, 11, 14 f.) der Auffassung des Klägers bei. Die von ihm angeführten Argumente entsprechen im Wesentlichen denjenigen des Klägers und greifen deshalb aus den bereits dargelegten Gründen nicht durch. Nicht zu überzeugen vermag auch der Versuch von Kusterer in DStR 1997, 11, 14 f., zwischen dem einer KGaA und damit zugleich auch deren persönlich haftenden Gesellschafter zugute kommenden Schachtelprivileg gemäß § 9 Nr. 2a GewStG und dem etwa einem Einzelunternehmer oder einer Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft) zustehenden Schachtelprivileg nach derselben Regelung einen im Rahmen der Tarifbegrenzung des § 32c EStG rechtserheblichen Unterschied zu konstruieren. Wenn selbst dem Einzel- oder Mitunternehmer in Bezug auf seine gewerblichen Einkünfte die Tarifbegrenzung nach § 32c EStG insoweit zu versagen ist, als das Schachtelprivileg nach § 9 Nr. 2a GewStG eingreift, so muss dasselbe mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes für den persönlich haftenden Gesellschafter einer KGaA gelten, soweit die Gesellschaft dieses gewerbesteuerrechtliche Schachtelprivileg in Anspruch nehmen kann.
Fundstellen
Haufe-Index 1606137 |
BFH/NV 2006, 2303 |