Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Vertretungszwang für PKH-Gesuch beim BFH; zur Glaubhaftmachung von Anordnungsanspruch und -grund für eine einstweilige Anordnung
Leitsatz (NV)
1. Für den Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe beim BFH besteht kein Vertretungszwang.
2. Zur Erlangung einer einstweiligen Anordnung muß der Antragsteller das Gericht davon überzeugen, daß ein nicht nur geringes Maß an Wahrscheinlichkeit für die Existenz des Anordnungsanspruchs und -grundes besteht.
Normenkette
BFHEntlG Art. 1 Nr. 1; FGO § 114 Abs. 3; ZPO § 920 Abs. 2
Tatbestand
Der Antragsteller beantragte beim Finanzgericht (FG) Prozeßkostenhilfe (PKH) für die beabsichtigte Stellung eines Antrags auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung gegen das Finanzamt (FA). Mit der einstweiligen Anordnung sollte dem FA untersagt werden, ,,den Antragsteller für die Zukunft nicht mehr, wider besseres Wissen, in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen und dessen Kredit zu gefährden, in dem einen anderen unwahre Tatsachen behauptet und verbreitet werden". Zur Begründung trug der Antragsteller vor, das FA verunglimpfe ihn, indem es wahrheitswidrig behaupte, er leiste unbefugt Hilfe in Steuersachen und die durch ihn für den Steuerberater A ausgestellten Quittungen über Steuerberatungskosten seien nicht geeignet, den Abzug der quittierten Beträge als Werbungskosten oder Sonderausgaben zu begründen. Zur Glaubhaftmachung legte der Antragsteller den mit dem Steuerberater A am 12. April 1984 geschlossenen Anstellungsvertrag sowie eine Vereinbarung zwischen dem Steuerberater und ihm vom 27. März 1985 in Kopie vor, in der beide das Arbeitsverhältnis zum 30. April 1985 als beendet erklären. Ferner versicherte der Antragsteller an Eides Statt, er sei bei dem Steuerberater A angestellt.
Mit Beschluß vom 11. April 1985 lehnte das FG den Antrag mit folgender Begründung ab: Die beabsichtigte Rechtsverfolgung habe keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Der Anordnungsanspruch sei nicht glaubhaft gemacht. Bei den Gerichtsakten befänden sich Kopien zweier Schreiben des Steuerberaters A an das FA vom August 1984 und Februar 1985. Im erstgenannten Schreiben kündige der Steuerberater das Arbeitsverhältnis zum Antragsteller fristlos. Im Schreiben vom Februar 1985 habe er dem FA auf Anfrage mitgeteilt, daß der Antragsteller nicht als Angestellter bei ihm tätig sei; im August 1984 sei der Antragsteller nicht mehr für ihn tätig gewesen, er habe ihn auch nicht wieder eingestellt und die vom FA benannten und vom Antragsteller betreuten Mandanten hätten ihm, dem Steuerberater A, kein Mandat erteilt. Angesichts der widersprüchlichen Angaben des Steuerberaters A habe sich das FG nicht davon überzeugen können, daß der Antragsteller bis zum 30. April 1985 Angestellter des Steuerberaters gewesen sei. Im übrigen sei auch, wenn dies zutreffe, der Antragsteller nicht berechtigt, selbständig steuerberatend tätig zu werden. Für ein selbständiges Tätigwerden spreche aber der Umstand, daß der Antragsteller jedenfalls auch Mandanten betreut habe, die dem Steuerberater A nach dessen Angaben im Schreiben vom Februar 1985 kein Mandat erteilt hätten.
Mit Schriftsatz vom 15. April 1985 legte der Antragsteller gegen diesen Beschluß Beschwerde ein und beantragte, ihm für dieses Beschwerdeverfahren PKH zu gewähren. Der Antragsteller begründet seine Beschwerde wie folgt: Das Gericht habe den Beschluß mit Halbwahrheiten begründet. Es habe sehr wohl gewußt, daß das Kündigungsschreiben vom August 1984 ihn, den Antragsteller, nicht erreicht habe. Außerdem stehe das nochmals in der Vereinbarung vom März 1985. Es gebe keinen Widerspruch auch mit dem Schreiben des Steuerberaters A vom Februar 1985. Denn die vertragliche Vereinbarung vom März 1985 überhole die vorausgegangenen Schreiben. Es sei ein weiterer Unsinn zu erklären, daß er Mandanten betreue, die dem Steuerberater A kein Mandat erteilt hätten. Dies sei ein ungeheuerer Vorwurf, den das Gericht erfunden habe. Das FG habe nur von seiner eidesstattlichen Erklärung ausgehen können und müsse dieser Glauben schenken.
Das FA beantragt, den Antrag als unzulässig, hilfsweise als unbegründet zurückzuweisen. Es führt u. a. aus: Der Antrag sei unzulässig, da der Antragsteller nicht nach Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) vertreten sei. Im übrigen sei der Antrag auch unbegründet, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete. Seine, des FA, vorgedruckten Schreiben gingen ausschließlich an solche Steuerpflichtigen, die dem Steuerberater A nach eigenem Bekunden kein Mandat erteilt gehabt hätten. Dies sei im jeweiligen Fall vorher mit dem Steuerberater A abgeklärt worden. Es komme folglich nicht darauf an, ob zwischen dem Antragsteller und dem Steuerberater ein Arbeitsverhältnis bestanden habe. Davon abgesehen stelle die Tätigkeit des Antragstellers für den Steuerberater A nicht die Tätigkeit eines Arbeitnehmers, sondern die eines selbständig arbeitenden Steuerberaters dar.
Entscheidungsgründe
Der Antrag des Antragstellers auf Gewährung von PKH für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens gegen den die Gewährung von PKH ablehnenden Beschluß des FG ist zulässig. Entgegen der Auffassung des FA besteht für den Antrag auf Bewilligung von PKH beim BFH auch nach Inkrafttreten des BFHEntlG kein Vertretungszwang (BFH-Beschluß vom 25. März 1976 V S 2/76, BFHE 118, 300, BStBl II 1976, 386).
Der Antrag ist aber abzulehnen, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 142 der Finanzgerichtsordnung - FGO - i. V. m. § 114 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung - ZPO -).
Der Erlaß einer einstweiligen Anordnung setzt voraus, daß ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht worden sind (§ 114 Abs. 3 FGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO). Der Antragsteller muß das Gericht davon überzeugen, daß ein nicht nur geringes Maß an Wahrscheinlichkeit für die Existenz des Anordnungsanspruchs und -grundes besteht (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 11. Aufl., § 114 FGO Anm. 14 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des BFH). Das FG hat im angefochtenen Beschluß zu Recht entschieden, daß im Rahmen der in diesem Verfahren gebotenen summarischen Prüfung nicht davon ausgegangen werden kann, daß das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs glaubhaft gemacht worden ist.
Es kann dahingestellt bleiben, auf welche Rechtsnorm der geltend gemachte Anordnungsanspruch auf Untersagung gestützt werden könnte. Jedenfalls wäre der Anspruch nur dann gegeben, wenn der Antragsteller ausreichend glaubhaft gemacht hätte, daß er zu der von ihm unstreitig geschäftsmäßig geleisteten Hilfe in Steuersachen nach §§ 3, 4 des Steuerberatungsgesetzes befugt ist. Der Antragsteller behauptet, diese Befugnis zu haben, da er sie als Angestellter eines Steuerberaters geleistet habe. Diese Tatsache hat er aber nicht im oben genannten Sinn glaubhaft gemacht. Es besteht bei Berücksichtigung seines Vorbringens keine hinreichende Wahrscheinlichkeit für die Existenz des Anordnungsanspruches.
Es bestehen bei Berücksichtigung der vom FG zitierten Schreiben des Steuerberaters A vom August 1984 und Februar 1985 schon erhebliche Zweifel, ob in dem maßgebenden Zeitraum der Antragsteller Angestellter des Steuerberaters war. Diese Frage kann aber unentschieden bleiben. Denn das FA hat unwidersprochen vorgetragen, daß es seine vorgedruckten Schreiben an Steuerpflichtige mit dem Hinweis, der Antragsteller sei zur Hilfeleistung in Steuersachen nicht befugt, nur in Fällen versandt habe, in denen mit dem Steuerberater A vorher abgeklärt worden sei, daß diesem insoweit kein Mandat erteilt worden sei. Der Antragsteller hat Gegenteiliges nicht vorgetragen. Anderes ergibt sich auch nicht aus seiner eidesstattlichen Erklärung vom 26. März 1985. Diese ist nicht auf einzelne Fälle bezogen, sondern der Antragsteller erklärt in ihr nur global, daß von ihm bearbeitete Anträge, bevor sie dem FA eingereicht würden, von dem Steuerberater A geprüft würden. Der Antragsteller räumt in dieser eidesstattlichen Erklärung aber ausdrücklich ein, daß für eilige Fälle Ausnahmen gestattet seien, in denen die Prüfung erst nach Einreichung erfolge. Damit ist nicht mit einem ausreichenden Maß an Wahrscheinlichkeit dargetan, daß die Ausführungen des FG unzutreffend sind. Dessen hätte es aber bedurft, um von einer Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruches ausgehen zu können.
Fundstellen
Haufe-Index 414368 |
BFH/NV 1986, 626 |