Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuerrechtliche Beurteilung von Erbfall und Erbauseinandersetzung hinreichend geklärt
Leitsatz (NV)
1. Die einkommensteuerrechtlichen Folgen der Vererbung von Anteilen an einer Personenhandelsgesellschaft und von Wirtschaftsgütern, die zum Sonderbetriebsvermögen des Erblassers gehören, sind durch die Rechtsprechung des BFH hinreichend geklärt.
2. Geklärt ist auch die Rechtsfrage, unter welchen Voraussetzungen ein durch eine Teilungsanordnung i. S. des §2048 BGB zugewendeter Nachlaßgegenstand vom Zeitpunkt des Erbfalls an, unmittelbar dem durch die Teilungsanordnung begünstigten Miterben als wirtschaftlichem Eigentümer i. S. des §39 AO 1977 zuzurechnen ist.
Normenkette
BGB §§ 1922, 1941, 2032 Abs. 1, § 2048; AO 1977 § 39 Abs. 2 Nr. 1
Tatbestand
Die Beigeladenen und Beschwerdeführerinnen zu 1 bis 3 (Beschwerdeführerinnen) sind zusammen mit der Klägerin aufgrund eines mit der Mutter geschlossenen Erbvertrages mit deren Ableben im September 1991 zu je Miterben geworden. Zum Nachlaß der Mutter gehörte u. a. ein Gesellschaftsanteil an einer KG, der im Wege der Sonderrechtsnachfolge aufgrund qualifizierter Nachfolgeklausel in vollem Umfang auf die Klägerin übergegangen ist, sowie als Sonderbetriebsvermögen ein Haus- und Gewerbegrundstück, in dem die KG den Gewerbebetrieb unterhalten hat. Aufgrund der in dem Erbvertrag aufgenommenen Teilungsanordnung sollte das Hausgrundstück gegen Wertausgleich mit Wirkung vom Todestag der Mutter an in das Alleineigentum der Klägerin übergehen. Die KG wurde zum 1. Oktober 1991 aufgelöst, nachdem lt. Rechnung vom 30. September 1991 das Inventar, die geringwertigen Wirtschaftsgüter und die Waren zu Buchwerten von der KG auf die Einzelfirma des Ehemannes der Klägerin übergegangen waren.
Die dem Erbvertrag entsprechende Erbauseinandersetzung erfolgte.
Im Bescheid über die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung 1991 für die KG rechnete der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) der Klägerin den Entnahmegewinn bezüglich des Haus- und Gewerbegrundstücks in vollem Umfang zu. Nach erfolglosem Einspruch gab das Finanzgericht (FG) der Klage der Klägerin statt, indem es bezüglich des Haus- und Gewerbegrundstücks der Klägerin einen tarifbegünstigten Entnahmegewinn in Höhe von und der Erblasserin einen laufenden Entnahmegewinn in Höhe von des Entnahmegewinns zurechnete.
Mit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision beantragen die in der Vorinstanz beigeladenen Miterbinnen der Klägerin -- Beschwerdeführerinnen zu 1 bis 3 --, die Revision nach §115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zuzulassen.
Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist nicht begründet.
Der Senat kann offenlassen, ob die Begründung der Beschwerde den an die Darlegungspflicht i. S. des §115 Abs. 3 Satz 3 i. V. m. §115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zu stellenden Anforderungen genügt (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 11. Februar 1987 II B 140/86, BFHE 148, 494, BStBl II 1987, 344, und zu den Anforderungen an die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung BFH-Beschluß vom 9. Mai 1995 VIII B 109/94, BFH/NV 1995, 1075, m. w. N.). Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet, weil die als rechtsgrundsätzlich herausgestellte Frage, "ob durch eine Teilungsanordnung i. S. des §2048 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) bewirkt wird, daß der von ihr betroffene Nachlaßgegenstand vom Zeitpunkt des Erbfalls an unmittelbar dem durch die Teilungsanordnung begünstigten (Mit-)Erben als wirtschaftlichem Eigentümer i. S. des §39 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) zuzurechnen ist, wenn der bedachte (Mit-)Erbe bereits vor dem Erbfall im Besitz des durch die Teilungsanordnung betroffenen Nachlaßgegenstandes (Hausgrundstück) ist und ihm nach dem Willen der Erblasserin Nutzungen und Lasten ab dem Erbfall zustehen sollen", durch die Rechtsprechung des BFH hinreichend geklärt ist.
Seit der Entscheidung des Großen Senats des BFH vom 5. Juli 1990 GrS 2/89 (BFHE 161, 332, BStBl II 1990, 837) geht der BFH in ständiger Rechtsprechung davon aus, daß für die einkommensteuerrechtliche Beurteilung der Erbfall und die diesem nachfolgende Erbauseinandersetzung als zwei voneinander unabhängige selbständige Rechtsvorgänge zu behandeln sind. Damit folgt die steuerrechtliche Beurteilung des BFH für den Erbfall der Zivilrechtslage, nach der das Vermögen eines Erblassers bei seinem Tode auf die (mehreren) Erben im ganzen übergeht und bei diesen zu gemeinschaftlichem Vermögen wid (§1922 Abs. 1, §2032 Abs. 1 BGB), über das die Gesamthandsgemeinschaft auch nur gemeinschaftlich verfügen kann (§2038 Abs. 1, §2040 Abs. 1 BGB). Für die Vorstellung, der Miterbe erwerbe die von ihm in der Auseinandersetzung übernommenen Nachlaßgegenstände unmittelbar vom Erblasser, bleibt danach kein Raum (BFH in BFHE 161, 332, BStBl II 1990, 837, unter C. I. 2. c der Gründe). Damit hat der BFH die Erbauseinandersetzung den im Zivilrecht vorgegebenen allgemeinen Regelungen über die Auseinandersetzung des Vermögens einer Gesamthandsgemeinschaft unterstellt und die nur schuldrechtliche Stellung eines Vermächtnisnehmers oder durch eine Teilungsanordnung Begünstigten, von der zivilrechtlichen (dinglichen) Gesamtrechtsnachfolge der Miterben abgegrenzt (vgl. §2042 Abs. 1 BGB; BFH in BFHE 161, 332, BStBl II 1990, 837, 842 f.).
Dementsprechend hat die Folgerechtsprechung in Anlehnung an das Zivilrecht entschieden, daß das Entstehen und die Erfüllung von Erbfallschulden (§1967 Abs. 2 BGB) -- zu denen neben Vermächtnissen (§2147 BGB), Pflichtteils- (§2303 ff. BGB) und Erbersatzansprüchen (§1934 a BGB), auch Auflagen (§1940 BGB) und Verpflichtungen aufgrund von Teilungsanordnungen (§2048 BGB) gehören -- zu einem (unentgeltlichen) Erwerb der Begünstigten von der Erbengemeinschaft führen, da sie den/die Erben nur obligatorisch belasten und nur einen Anspruch auf Erfüllung durch die Erbengemeinschaft (vgl. BFH- Urteile vom 7. Dezember 1990 X R 72/89, BFHE 163, 137, BStBl II 1991, 350; vom 24. September 1991 VIII R 349/83, BFHE 166, 124, BStBl II 1992, 330 zum Sachvermächtnis; vom 17. Oktober 1991 IV R 97/89, BFHE 166, 149, BStBl II 1992, 392; vom 29. Oktober 1991 VIII R 51/84, BFHE 166, 431, BStBl II 1992, 512, und vom 27. Juli 1993 VIII R 72/90, BFHE 173, 515, BStBl II 1994, 625) bzw. den Anspruch auf Durchführung der Erbauseinandersetzung (§2042 BGB) gewähren. Das gilt unabhängig davon, ob ein Nachlaßgegenstand aufgrund testamentarischer Anordnung an einen der Miterben oder an einen Dritten (Vermächtnisnehmer) herauszugeben ist (BFH in BFHE 161, 332, BStBl II 1990, 837, 842 f.; BFHE 163, 137, BStBl II 1991, 350). Nichts anderes gilt, wenn die Anordnung Gegenstand eines Erbvertrages geworden ist (§§1941, 2048 BGB). Grundsätzlich erlangt daher der durch die Anordnung begünstigte (Mit-)Erbe -- wie der Sachvermächtnisnehmer -- mit dem Tode lediglich einen Anspruch gegen die Erben (Miterben) auf Herausgabe des ihm zugewendeten Nachlaßgegenstandes (§§2048, 2042, 2174 BGB; vgl. auch Urteil des Bundesgerichtshofs -- BGH -- vom 30. April 1981 IV a ZR 128/80, Neue Juristische Wochenschrift -- NJW -- 1981, 1837, unter 2. der Gründe).
Eine Ausnahme bildet -- wie auch im vorliegenden Verfahren -- lediglich der Übergang eines Gesellschaftsanteils des Erblassers auf einen von mehreren Erben infolge einer im Gesellschaftsvertrag vereinbarten qualifizierten Nachfolgeklausel. In diesem Fall geht der Gesellschaftsanteil des verstorbenen Gesellschafters zivilrechtlich unmittelbar in vollem Umfang auf den qualifizierten Nachfolger-Miterben über (vgl. BGH-Urteil vom 10. Februar 1977 II ZR 120/75, BGHZ 68, 225, 238), ohne in das Gesamthandsvermögen der Erbengemeinschaft gelangt zu sein. Der erkennende Senat hat in seinem Urteil in BFHE 166, 431, 437, BStBl II 1992, 512, unter II. 2. b der Gründe insoweit eine bereits mit dem Erbfall vollzogene Teilungsanordnung mit dinglicher Wirkung angenommen. Das gilt indessen grundsätzlich nicht für das nicht zum Gesellschaftsanteil gehörende Sonderbetriebsvermögen des Erblassers, wie z. B. ein vom Erblasser an die Gesellschaft vermietetes Hausgrundstück, da das Sonderbetriebsvermögen zivilrechtlich nicht das Schicksal des Gesellschaftsanteils teilt. Während der Gesellschaftsanteil in das Betriebsvermögen des qualifizierten Miterben übergeht, fällt das Sonderbetriebsvermögen des Erblassers in das Gesamthandsvermögen der Erbengemeinschaft, wo es gemeinschaftliches Vermögen wird (§1922 Abs. 1, §2032 Abs. 1 BGB), über das die Miterben auch nur gemeinschaftlich verfügen (§2038 Abs. 1, §2040 Abs. 1 BGB) können.
In der Entscheidung in BFHE 166, 431, BStBl II 1992, 512 hat der erkennende Senat auch ausführlich dazu Stellung genommen, daß ein im Sonderbetriebsvermögen des Erblassers befindliches Grundstück mit dem Erbfall nur in Höhe der Erbquote des begünstigten Miterben seine Eigenschaft als Sonderbetriebsvermögen behält, sofern der durch die Nachfolgeklausel und Teilungsanordnung Begünstigte nicht von Anfang an als wirtschaftlicher Eigentümer des gesamten Grundstücks zu behandeln sein sollte (§39 Abs. 2 Nr. 1 AO 1977). Im übrigen geht es zwangsweise in das Privatvermögen über mit der Folge, daß mit dem Erbfall ein Entnahmegewinn beim Erblasser entstanden ist, weil er es war, der mit der gesellschaftsvertraglichen Regelung der qualifizierten Nachfolgeklausel den teilweisen Übergang des Sonderbetriebsvermögens in das Privatvermögen ausgelöst hat (BFH in BFHE 166, 431, 437, BStBl II 1992, 512, 515). Diese Rechtsauffassung hat der erkennende Senat in seinem Urteil in BFHE 173, 515, BStBl II 1994, 625 nochmals bestätigt. Sie entspricht auch der überwiegenden Meinung in der Literatur (vgl. Märkle, Finanz-Rundschau -- FR -- 1997, 135, 136, mit Nachweisen über den Meinungsstand).
Darüber hinaus hat der Senat in BFHE 166, 124, BStBl II 1992, 330, unter 1. und 2. der Gründe eingehend dargelegt, daß die Zurechnung eines dem Miterben durch ein Sachvermächtnis zugewendeten Wirtschaftsgutes aufgrund wirtschaftlichen Eigentums in Betracht kommt, wenn der Begünstigte den zivilrechtlichen Eigentümer (d. h. hier die Miterbengemeinschaft) im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer wirtschaftlich von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut ausschließen kann (ständige Rechtsprechung, vgl. auch BFH- Urteile vom 5. Mai 1983 IV R 43/80, BFHE 139, 36, BStBl II 1983, 631, und vom 26. Juni 1990 VIII R 81/85, BFHE 161, 472, BStBl II 1994, 645).
Der Senat hat in der Entscheidung in BFHE 166, 124, BStBl II 1992, 330, unter 2. der Gründe wesentliche Indizien für die Annahme wirtschaftlichen Eigentums u. a. darin gesehen, daß der Begünstigte das aufgrund eines Sachvermächtnisses auf ihn übergegangene Einzelunternehmen seit dem Erbfall in Besitz hatte, es auf eigene Rechnung und Gefahr geführt hat und daß die Folgen seiner Tätigkeit aufgrund der letztwilligen Verfügung des Erblassers ihn persönlich und nicht die Erbengemeinschaft treffen sollten. Es ist nicht zweifelhaft, daß diese Merkmale das Vorliegen wirtschaftlichen Eigentums auch im Falle einer durch Erbvertrag angeordneten Aufteilung des Nachlasses bestimmen.
Ob die Klägerin die wirtschaftliche Sachherrschaft in diesem Sinne bereits vor der Erfüllung der Teilungsanordnung im Wege der Erbauseinandersetzung innehatte, ist eine Frage der tatsächlichen Feststellungen des FG, die unter Berücksichtigung des Inhalts der letztwilligen Verfügung zu treffen sind. Die Vorinstanz hat aufgrund seiner -- mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen -- Feststellungen (§118 FGO) das wirtschaftliche Eigentum der Klägerin ab dem Erbfall verneint. Soweit dem Vortrag der Beschwerdeführerinnen die Auffassung zu entnehmen ist, die Voraussetzungen des wirtschaftlichen Eigentums der Klägerin hätten hinsichtlich des Hausgrundstücks vorgelegen, machen sie im Kern geltend, das Urteil des FG sei materiell-rechtlich fehlerhaft. Materiell-rechtliche Fehler eines Urteils stellen aber -- selbst wenn sie vorliegen würden -- für sich genommen keinen Zulassungsgrund i. S. des §115 Abs. 2 Nr. 1 FGO dar (vgl. BFH-Beschluß vom 1. Juli 1996 VIII B 113/95, BFH/NV 1997, 26).
Fundstellen
Haufe-Index 67244 |
BFH/NV 1998, 959 |
DStRE 1998, 470 |