Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Terminsverlegung wegen behaupteter Erkrankung
Leitsatz (NV)
1. Die beantragte Terminsverlegung wegen Erkrankung erfordert - bei Verlangen des Gerichts - die Glaubhaftmachung der Verhandlungsunfähigkeit.
2. Ein nach der Urteilsverkündung nachgereichtes ärztliches Attest kann nicht mehr berücksichtigt werden.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3, § 119 Nr. 3, § 155; ZPO § 227
Verfahrensgang
Gründe
Die Beschwerde ist nicht begründet.
1. Der vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) gerügte Verfahrensmangel des nicht gewährten rechtlichen Gehörs (§ 115 Abs. 2 Nr. 3, § 119 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) infolge einer abgelehnten Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung ist nicht festzustellen.
Nach § 155 FGO i.V.m. § 227 der Zivilprozessordnung (ZPO) kann ein Termin aus erheblichen Gründen aufgehoben oder verlegt werden. Liegen erhebliche Gründe vor, verdichtet sich die in dieser Vorschrift eingeräumte Ermessensfreiheit zu einer Rechtspflicht. Der Termin muss dann zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs aufgehoben oder verlegt werden, selbst wenn das Gericht die Sache für entscheidungsreif hält und die Erledigung des Rechtsstreits durch die Aufhebung oder Verlegung des Termins verzögert wird (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 3. Juli 2001 II B 132/00, BFH/NV 2002, 30; vom 23. November 2001 V B 224/00, BFH/NV 2002, 520, m.w.N.).
Im Streitfall war die Ablehnung der begehrten Terminsverlegung jedoch weder ermessensfehlerhaft noch aus anderen Gründen verfahrensrechtswidrig. Zwar kann in einer plötzlichen Erkrankung eines nicht vertretenen Klägers, die dessen Erscheinen zum Verhandlungstermin entgegensteht, ein erheblicher Grund für eine Terminsverlegung liegen (BFH-Beschlüsse vom 21. Januar 2004 V B 25, 26/03, BFH/NV 2004, 962; vom 30. Juni 1988 VI S 10/87, BFH/NV 1989, 234). Zu Recht hat das Finanzgericht (FG) aber entschieden, dass sich aus dem Vorbringen des Klägers ein derartiger erheblicher Grund nicht ergibt. Ob im Einzelfall eine Terminaufhebung und -verlegung gerechtfertigt ist, muss das FG anhand der ihm bekannten Umstände beurteilen. Dazu muss es in der Lage sein, sich über das Vorliegen eines Verlegungsgrundes ein eigenes Urteil zu bilden. Die Voraussetzungen hierfür zu schaffen, ist Aufgabe desjenigen, der die Verlegung beantragt (BFH-Beschluss in BFH/NV 2004, 962).
Macht der Kläger --wie hier-- seine Erkrankung als Verlegungsgrund geltend, dann muss er auf Verlangen des Gerichts seine Verhandlungsunfähigkeit glaubhaft machen. Das hat regelmäßig durch ein ärztliches Attest zu erfolgen, aus dem sich die Verhinderung eindeutig und nachvollziehbar ergibt. Würden diese Anforderungen an die Begründung des Antrags bei einer aus Krankheitsgründen kurzfristig begehrten Terminsverlegung nicht gestellt, bestünde die Gefahr, dass die Entscheidung darüber allein vom Beteiligten abhinge. Dies wäre mit dem Ziel einer möglichst zügigen Durchführung des Verfahrens nicht vereinbar (BFH-Beschlüsse vom 3. August 2005 II B 47/04, BFH/NV 2005, 2041; vom 9. Dezember 1998 IV B 90/97, BFH/NV 1999, 799, jeweils m.w.N.).
Da der Verlegungsantrag erst eine halbe Stunde vor Beginn der Verhandlung durch eine Angestellte des Klägers gestellt wurde, hätte zusammen mit dem Antrag auch gleich die Glaubhaftmachung erfolgen müssen (BFH-Beschlüsse vom 27. August 2008 II B 74/07, BFH/NV 2008, 1871; vom 10. März 2005 IX B 171/03, BFH/NV 2005, 1578, jeweils m.w.N.), was jedoch nicht geschehen ist.
Das FG war auch nicht gehalten, den vorgebrachten Gründen zu folgen, nach denen eine Vorlage des Attestes am Verhandlungstag nicht mehr möglich gewesen sein soll. Soweit die Angaben erst zur Begründung der vorliegenden Beschwerde vorgebracht werden, konnte sie das FG ohnehin nicht berücksichtigen. Dass das Faxen des Attestes am Nachmittag des Verhandlungstages, einem Mittwoch, unter Berufung auf die Auskunft des behandelnden Arztes nicht (mehr) möglich gewesen sein soll, obwohl es offensichtlich einen ärztlichen Ansprechpartner gab, konnte das FG ohne Verfahrensverstoß als nicht überzeugend erachten. Diese behauptete technische Unmöglichkeit der Übermittlung steht zudem im Widerspruch zu der Angabe im Beschwerdeverfahren, wonach der Kläger das Attest der Ärztin, deren Praxis am Mittwochnachmittag geschlossen gewesen sei, zu dieser Zeit bereits in den Händen gehalten habe.
Mit dem Einwand, nach dem (Vorlage-)Beschluss des Senats vom 8. April 1998 VIII R 32/95 (BFHE 186, 102, BStBl II 1998, 676) sei auch die Nachreichung eines am Verhandlungstag abgesandten und erst drei Tage danach beim Gericht eingegangenen Attestes ausreichend, kann der Kläger nicht durchdringen. Diese Ausführungen betrafen einen Fall, in dem das Urteil im Zeitpunkt der Attestvorlage mangels Verkündung noch nicht wirksam war und verfahrensrechtlich noch die Möglichkeit einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung bestand. Nur in Bezug auf diese Möglichkeit der Wiedereröffnung war nach den Umständen des dort beurteilten Einzelfalls der Eingang des Attestes noch rechtzeitig. Im Streitfall liegen die Dinge anders: Das Urteil war bereits am Verhandlungstag um 16.00 Uhr verkündet worden, so dass danach eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung ausgeschlossen war (BFH-Urteil vom 12. April 1994 I R 43/93, BFH/NV 1995, 221; BFH-Beschluss vom 25. Oktober 2000 VII B 198/00, BFH/NV 2001, 471; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 93 Rz 8).
2. Die vom Kläger geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist schon nicht hinreichend dargelegt i.S. von § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn eine Frage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil ihre Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der Entwicklung und Handhabung des Rechts betrifft (ständige Rechtsprechung, s. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 23 ff., m.w.N.; BFH-Beschluss vom 27. April 2007 VIII B 250/05, BFH/NV 2007, 1675). Es muss sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln. Diese Voraussetzungen müssen in der Beschwerdeschrift dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Hierzu genügt nicht die bloße Behauptung, die Streitsache habe grundsätzliche Bedeutung. Vielmehr muss die Beschwerde konkret auf die Rechtsfrage, ihre Klärungsbedürftigkeit und ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung für die Allgemeinheit eingehen (vgl. Senatsbeschlüsse in BFH/NV 2007, 1675; vom 31. Januar 2005 VIII B 18/02, BFH/NV 2005, 1212, m.w.N.; ständige Rechtsprechung). Zur gebotenen Darlegung sind auch Ausführungen dazu erforderlich, aus welchen Gründen, in welchem Umfang und von welcher Seite die Rechtsfrage umstritten ist (s. z.B. BFH-Beschlüsse vom 30. August 2001 IV B 79, 80/01, BFHE 196, 30, BStBl II 2001, 837; vom 19. Januar 2006 VIII B 114/05, BFH/NV 2006, 709; ständige Rechtsprechung).
Die Erklärungen des Klägers genügen diesen Darlegungserfordernissen nicht.
3. Soweit der Kläger im Übrigen Einwendungen gegen die materielle Richtigkeit des angefochtenen Urteils erhebt, folgt daraus kein Zulassungsgrund (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 28. April 2003 VIII B 260/02, BFH/NV 2003, 1336; vom 23. Juni 2003 IX B 119/02, BFH/NV 2003, 1289; vom 27. März 2007 VIII B 152/05, BFH/NV 2007, 1335, m.w.N.).
Fundstellen