Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Erstarken einer unwirksamen Abtretungsanzeige bei Konkursaufhebung
Leitsatz (NV)
Ist die Abtretungsanzeige des Gläubigers auf Grund eines über sein Vermögen anhängigen Konkursverfahrens unwirksam, so bleibt sie auch nach Beendigung des Konkursverfahrens unwirksam.
Normenkette
AO 1977 § 46 Abs. 2; BGB §§ 111, 180, 185 Abs. 2 S. 1
Tatbestand
I. Der Gesellschafter S der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) hat am 2. Januar 1989 dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt ―FA―) angezeigt, dass er seinen Einkommensteuererstattungsanspruch 1988 an die Klägerin abgetreten habe. Da über das Vermögen des S am 27. Oktober 1988 das Konkursverfahren eröffnet worden war, erkennt das FA die Abtretung nicht an. Es hat hierüber einen Abrechnungsbescheid erlassen, der Gegenstand des Urteils des beschließenden Senats vom 6. Februar 1996 VII R 116/94 (BFHE 179, 547, BStBl II 1996, 557) war und bestandskräftig ist. Der Senat hat in dem vorgenannten Urteil u.a. erkannt, dass die Abtretung nicht wirksam geworden sei, weil sie vom Gemeinschuldner nach Konkurseröffnung angezeigt worden ist.
Die Klägerin hat später erneut einen Abrechnungsbescheid beantragt; sie meint, Steuerschulden in Höhe von rd. 15 000 DM durch Aufrechnung mit dem von S abgetretenen Steuererstattungsanspruch ―soweit ihr dieser noch zustehe― zum Erlöschen gebracht zu haben, weil das Konkursverfahren nunmehr aufgehoben sei.
Das FA hat den Erlass des beantragten Abrechnungsbescheides abgelehnt. Die dagegen erhobene Klage hat das Finanzgericht (FG) abgewiesen. In den Gründen heißt es, die Klägerin habe den Einkommensteuererstattungsanspruch des S nicht erworben; dies habe der Bundesfinanzhof (BFH) mit Bindung für den vorliegenden Rechtsstreit in dem Urteil in BFHE 179, 547, BStBl II 1996, 557 entschieden. Eine andere Beurteilung folge auch nicht daraus, dass der Konkurs 1994 aufgehoben worden sei. Denn die unwirksame Abtretungsverfügung des Gemeinschuldners sei dadurch nur ex nunc wirksam geworden; er habe also auch rückblickend gesehen die Abtretungsanzeige zu Unrecht unterzeichnet. Eine aufgrund unwirksamer Abtretungsanzeige unwirksame Abtretung könne auch nicht nachträglich wirksam werden.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil richtet sich die Beschwerde der Klägerin, mit der geltend gemacht wird, das FG habe sich zu Unrecht an das Urteil des BFH in BFHE 179, 547, BStBl II 1996, 557 gebunden gesehen und dadurch einen Verfahrensfehler begangen. Außerdem habe die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung. Es bedürfe der Klärung, ob eine während des Konkursverfahrens vom Gemeinschuldner vorgenommene Abtretung eines Steuererstattungsanspruches nach Beendigung des Konkursverfahrens wirksam werde, wenn die entsprechende Abtretungsanzeige vom Gemeinschuldner unterschrieben und die Abtretung während des Konkursverfahrens angezeigt worden ist. Die Klägerin trägt dazu vor, nach § 185 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) werde die von S erklärte Abtretung mit Konkursbeendigung wirksam. Aus § 46 der Abgabenordnung (AO 1977) ergäben sich insoweit keine Einschränkungen. Dem nachträglichen Wirksamwerden der Abtretung stehe der Zweck der Abtretungsanzeige nicht entgegen; denn auch außerhalb von Insolvenzverfahren müssten die FÄ bei Steuererstattungsansprüchen, die sich möglicherweise erst nach jahrelangen Rechtsbehelfsverfahren ergeben, prüfen, ob diese nicht schon vor längerer Zeit abgetreten wurden.
Entscheidungsgründe
II. Die zulässige Beschwerde (§ 116 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―) ist unbegründet.
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Denn die von der Beschwerde sinngemäß aufgeworfene Frage, ob auf die nach § 46 Abs. 2 AO 1977 erforderliche Abtretungsanzeige § 185 Abs. 2 Satz 1 BGB entsprechend anzuwenden ist, die von einem aufgrund eines Konkursverfahrens in der Verfügung über die Abtretungsforderung beschränkten Gemeinschuldner abgegebene Abtretungsanzeige also ―ebenso wie die Abtretungsverfügung selbst― wirksam wird, wenn der Gemeinschuldner mit dem Abschluss des Konkursverfahrens die Verfügungsbefugnis über die Abtretungsforderung zurückerhält, bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren, weil sie offenkundig nur so beantwortet werden kann, wie sie das FG beantwortet hat.
Die Anzeige nach § 46 Abs. 2 AO 1977 ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung (vgl. schon Urteil des Bundesgerichtshofs ―BGH― vom 30. November 1977 VIII ZR 26/76, BGHZ 70, 75). Ist ein solches Rechtsgeschäft auf Grund eines anhängigen Konkursverfahrens unwirksam, wird es nach dem insbesondere den §§ 111 und 180 BGB zugrunde liegenden, auch hier zu beachtenden Rechtsgedanken nicht dadurch wirksam, dass das Konkursverfahren später aufgehoben wird. Einseitige Rechtsgeschäfte, die der Gemeinschuldner während des Konkurses in Ansehung eines Gegenstandes der Konkursmasse vornimmt, bleiben vielmehr auch nach Beendigung des Konkursverfahrens unwirksam (Jaeger/ Henckel, Konkursordnung, 9. Aufl. 1997, § 7 Rdnr. 27; vgl. Soergel-Leptien, Bürgerliches Gesetzbuch, 12. Aufl., Bd. 1, § 185 Rdnr. 4).
Das Urteil des FG beruht auch nicht auf einem Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Das FG hat vielmehr zutreffend sinngemäß ausgeführt, dass nach dem Urteil des beschließenden Senats in BFHE 179, 547, BStBl II 1996, 557 zwischen den Beteiligten rechtskräftig feststeht, dass die Erstattungsforderung des S aufgrund der von diesem 1989 erteilten Abtretungsanzeige wegen des damals anhängigen Konkursverfahrens über das Vermögen des S aus der Konkursmasse nicht ausgeschieden ist und folglich (zunächst) von der Klägerin nicht erworben werden konnte. Die Frage, ob sich hieran durch den Abschluss des Konkursverfahrens etwas geändert hat, ist vom FG zutreffend in einem zweiten Schritt ("eine andere Beurteilung folgt auch nicht daraus …") geprüft und, wie ausgeführt, richtig verneint worden.
Fundstellen
Haufe-Index 775515 |
BFH/NV 2002, 1127 |