Entscheidungsstichwort (Thema)
Fehlerhafte Beweiswürdigung und Verstöße gegen Denkgesetze und Verfahrensfehler; Akteneinsicht
Leitsatz (NV)
1. Mit der Rüge, die Beweiswürdigung des FG sei fehlerhaft, kann ein Verfahrensmangel regelmäßig nicht begründet werden.
2. Verstöße gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze sind auch dann dem materiellen Recht zuzuordnen, wenn sie sich auf die Würdigung von Tatsachen beziehen; sie rechtfertigen deshalb keine Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensfehlers.
3. Ist die Beschwerde unzulässig, fehlt ein Rechtsschutzbedürfnis für Akteneinsicht.
Normenkette
FGO § 78 Abs. 1 S. 1, § 115 Abs. 2 Nrn. 1, 3, Abs. 3 S. 3
Gründe
I. Die Beschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung entspricht nicht den Anforderungen des §115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Nach dieser Vorschrift ist in der Beschwerdeschrift -- oder in einem innerhalb der Beschwerdefrist einzureichenden ergänzenden Schriftsatz -- die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache darzulegen, wenn die Beschwerde auf §115 Abs. 2 Nr. 1 FGO gestützt wird, bzw. der Verfahrensmangel (§115 Abs. 2 Nr. 3 FGO), wenn ein solcher gerügt werden soll, oder die Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu bezeichnen, von der das Finanzgericht (FG) abgewichen sein soll (vgl. hierzu ausführlich z. B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., §115 Rz. 61 ff., m. w. N.). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdeschrift nicht.
1. Von vornherein unbeachtlich in diesem Verfahren sind Einwände gegen die Richtigkeit des Urteils (Gräber/Ruban, a. a. O., §115 Rz. 58 und 62, m. w. N.).
2. Offenbleiben kann, ob die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) die nach Ablauf der Beschwerdefrist geltend gemachten Zulassungsgründe ordnungsgemäß dargelegt haben; dieses Vorbringen kann schon deshalb nicht berücksichtigt werden, weil es verspätet ist (Gräber/Ruban, a. a. O., §115 Rz. 55).
3. Die Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensmangels setzt die schlüssige Darlegung des Mangels und weiter voraus, daß der Verfahrensmangel tatsächlich auch vorliegt (z. B. Gräber/Ruban, a. a. O., §115 Rz. 33).
a) Soweit die Kläger vortragen, sie hätten genügend Beweise für Unterhaltsbedürftigkeit der Eltern und Unterstützungsleistungen der Kläger vorgelegt, rügen sie sinngemäß, das FG habe die Beweise fehlerhaft gewürdigt. Revisionsrechtlich sind die Grundsätze der Beweiswürdigung jedoch dem materiellen Recht zuzuordnen; mit der Rüge, die Beweiswürdigung des FG sei fehlerhaft, kann deshalb ein Verfahrensmangel regelmäßig nicht begründet werden (z. B. BFH-Beschluß vom 23. April 1992 VIII B 49/90, BFHE 167, 488, BStBl II 1992, 671; Gräber/Ruban, a. a. O., §115 Rz. 28, m. w. N.).
b) Verstöße gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze sind in der Regel ebenfalls dem materiellen Recht zuzuordnen, und zwar auch dann, wenn der behauptete Verstoß sich nicht auf die rechtliche Subsumtion, sondern auf die Würdigung von Tatsachen erstreckt (z. B. BFH-Beschluß vom 19. August 1992 V B 30/90, BFH/NV 1995, 748; Gräber/Ruban, a. a. O., §115 Rz. 29).
c) Nicht ausreichend dargelegt ist ein Verfahrensfehler auch, soweit die Kläger Verletzung der Amtsermittlungspflicht des FG und des rechtlichen Gehörs geltend machen; denn das Beschwerdevorbringen läßt offen, was genau -- aus der Sicht des FG (vgl. z. B. BFH-Beschluß vom 22. August 1996 XI B 152/95, BFH/NV 1997, 239) -- an Entscheidungserheblichem noch hätte vorgetragen werden sollen und wegen des (konkret zu bezeichnenden) Verfahrensverstoßes nicht vorgetragen werden konnte (z. B. Senatsbeschluß vom 27. Oktober 1997 X B 203/95, BFH/NV 1998, 707, 708).
4. Abgesehen davon, daß es schon an der Darlegung einer Rechtsfrage fehlt, ist die grundsätzliche Bedeutung nicht dargelegt, wenn der Beschwerdeführer lediglich behauptet, es bestehe "ein Interesse aufgrund einer Vielzahl vergleichbarer Fälle".
5. Zulassung nach §115 Abs. 2 Nr. 3 FGO kann nur wegen solcher Verfahrensmängel beantragt werden, die nicht unter die zulassungsfreie Verfahrensrevision nach §116 Abs. 1 FGO fallen (vgl. Rechtsprechungsnachweise bei Gräber/Ruban, a. a. O., §115 Rz. 24, m. w. N.). Der Einwand der Kläger, das FG sei nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen, bzw. es habe ein befangener Richter mitgewirkt, könnte deshalb im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde selbst dann nicht berücksichtigt werden, wenn diese Verfahrensrüge schlüssig bezeichnet worden wäre (zu den Anforderungen vgl. z. B. Gräber/Ruban, a. a. O., §120 Rz. 37 ff.).
6. Der Antrag der Kläger, ihnen gemäß §78 Abs. 1 Satz 1 FGO Akteneinsicht zu gewähren, ist abzulehnen. Da die vorliegende Beschwerde unzulässig ist, sind die Akten unter keinem Gesichtspunkt geeignet, dem Rechtsschutz in diesem Beschwerdeverfahren zu dienen (vgl. z. B. BFH-Beschlüsse vom 16. Juli 1991 III S 2, 3/91, BFH/NV 1992, 191; vom 18. März 1994 VIII B 20/94, BFH/NV 1995, 144).
II. Auch der Antrag der Kläger, ihnen Prozeßkostenhilfe (PKH) für das Beschwerdeverfahren zu gewähren, ist abzulehnen.
PKH erhält nach näherer Maßgabe des §142 FGO i. V. m. §114 der Zivilprozeßordnung (ZPO) ein Beteiligter nur, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Daran fehlt es, wenn -- wie unter I. ausgeführt --die Beschwerde unzulässig ist.
III. Der Beschluß ergeht im übrigen gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Begründung.
Fundstellen
Haufe-Index 154117 |
BFH/NV 1999, 510 |