Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrensrecht/Abgabenordnung
Leitsatz (amtlich)
Ist mit der Klage die Ablehnung eines Antrags auf einheitliche Gewinnfeststellung angegriffen, so liegt ein Verfahrensmangel im Sinne des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO vor, wenn das FG entschieden hat, ohne die anderen an dem angeblichen Mitunternehmerverhältnis Beteiligten beigeladen zu haben.
Normenkette
FGO §§ 60, 115 Abs. 2 Nr. 3; AO § 215 Abs. 2
Tatbestand
In der Hauptsache ist streitig, ob die Bfin. im Veranlagungszeitraum 1965 Mitunternehmerin hinsichtlich des Betriebs einer Imbißstube gewesen ist und der Gewinn aus dieser Imbißstube unter Beteiligung der Bfin. einheitlich festgestellt werden muß oder ob die Bfin. als Verpächterin lediglich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung bezogen hat. Das FA erließ einen negativen Gewinnfeststellungsbescheid. Das FG wies die Klage als unbegründet ab und stellte den Streitwert für das Klageverfahren auf 540 DM fest; die Revision wurde nicht zugelassen.
Die Steuerpflichtige hat sowohl Revision eingelegt als auch die Nichtzulassung mit der Nichtzulassungsbeschwerde angegriffen. Mit dieser macht sie geltend, daß in der Unterlassung der notwendigen Beiladung der Eheleute H (als Mitgesellschafter an der zwischen ihr und den Eheleuten H bestehenden BGB-Gesellschaft) ein wesentlicher Verfahrensmangel liege.
Das FG hat der Nichtzulassungsbeschwerde nicht abgeholfen. Es räumt zwar ein, daß der gerügte Verfahrensmangel möglicherweise vorliege; die Entscheidung beruhe aber nicht auf ihm, sondern allein auf der rechtlichen Würdigung eines unstreitigen Sachverhalts.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist begründet. Nach § 115 Abs. 1 FGO kann ein finanzgerichtliches Urteil mit der Revision nur dann angegriffen werden, wenn entweder der Wert des Streitgegenstandes 1.000 DM übersteigt oder das FG die Revision ausdrücklich zugelassen hat. Im vorliegenden Fall ist weder die eine noch die andere Voraussetzung erfüllt. Die Nichtzulassung hat das FG ausdrücklich ausgesprochen. Daß der Streitwert nur mit 540 DM angenommen werden kann, ergibt sich aus der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, daß der Streitwert in Feststellungssachen nach einem bestimmten Vomhundertsatz festzustellen ist. Der Senat hält es für sinnvoll, die Grundsätze des Urteils I 320/60 S vom 28. Februar 1961 (BFH 72, 540, BStBl III 1961, 196) über den Streitwert beim Streit über die Aufteilung des Gewinns entsprechend anzuwenden, wenn die Einordnung von Einkünften in die Einkunftsart "Einkünfte aus Gewerbebetrieb" oder in die Einkunftsart "Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung" streitig ist. Demgemäß sind als Streitwert 10 v. H. der Einkünfte - im vorliegenden Fall also 540 DM - anzusetzen.
Wie die Bfin. aber zu Recht geltend macht, hätte das FG zu dem Klageverfahren die Eheleute H beiladen müssen (vgl. § 60 Abs. 3 FGO). Liegt einer Klage die Behauptung eines Mitunternehmerverhältnisses zugrunde und wird dementsprechend um die Notwendigkeit einer einheitlichen Gewinnfeststellung gestritten, so handelt es sich um eine Entscheidung, die gegen die an dem Mitunternehmerverhältnis beteiligten Personen "nur einheitlich ergehen kann". Auch wenn das behauptete Verhältnis nach Ansicht des FG nicht besteht, ist die Beiladung unumgänglich.
Die Nichtzulassung der Revision widerspricht demnach dem § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO, wonach die Revision zuzulassen ist, wenn "bei einem geltendgemachten Verfahrensmangel die angefochtene Entscheidung auf dem Verfahrensmangel beruhen kann". Daß in der Nichtbeiladung ein Verfahrensmangel liegt, ergibt sich aus dem bereits Dargelegten. Ob, wie das FG meint, das angefochtene Urteil nicht auf diesem Mangel, sondern auf der Würdigung eines unstreitigen Sachverhalts beruht, ist nicht entscheidend. Entscheidend ist vielmehr, ob das Urteil auf dem Mangel beruhen "kann". Diese Voraussetzung ist hier aber zu bejahen, weil keineswegs gesagt ist, daß nach Beiladung des Ehepaars H die Entscheidung des FG nicht hätte anders ausfallen können.
Die Revision war danach zuzulassen.
Fundstellen
Haufe-Index 412656 |
BStBl III 1967, 612 |
BFHE 1967, 330 |
BFHE 89, 328 |