Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufteilung von Vorsteuerbeträgen
Leitsatz (NV)
- Eine Vorsteueraufteilung nach Ertragswerten setzt voraus, dass der Unternehmer in Erfüllung seiner Mitwirkungspflicht an der Aufklärung des Sachverhalts nachweist, dass und wie die Ertragswerte für die unterschiedlich verwendeten Gebäudeteile bereits vor dem Erwerb nach der identischen Methode gebildet worden sind.
- Mit dem Vorbringen, das FG habe einen Nießbrauchsvertrag, nicht einem gestaltungsmissbräuchlichen Mietvertrag gleichsetzen dürfen, wird kein Verfahrensmangel, sondern ein Verstoß gegen sachliches Recht gerügt.
Normenkette
UStG 1980 § 4 Nr. 12 S. 1 Buchst. a, § 15 Abs. 2, 4; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
Tatbestand
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) schied am 30. Dezember 1983 aus der E-KG aus und erhielt als Sachabfindung einen ideellen Miteigentumsanteil (zu 340/1000) an dem Bauplatz S-Straße. Er vereinbarte mit der E-KG, die die restlichen Miteigentumsanteile an diesem Grundstück hielt, ein Geschäfts- und Wohnhaus mit Teil- und Wohnungseigentumseinheiten zu errichten.
Am 27. Dezember 1984 bestellte der Kläger der E-GmbH, deren Stammkapital der Kläger und seine Ehefrau zu gleichen Teilen hielten, ein bis zum 31. Dezember 1999 befristetes Nießbrauchsrecht an dem ihm gehörenden Miteigentumsanteil für das Objekt S-Straße. Dafür waren bei Vertragsabschluss 50 000 DM und ab 1. April 1985 monatlich 118 500 DM zuzüglich gesetzlicher Umsatzsteuer zu zahlen. Außerdem vermieteten am selben Tag die E-GmbH (als Nießbraucherin des Miteigentumsanteils des Klägers) und die E-KG (als Miteigentümerin) das Objekt S-Straße an die K-GmbH ―eine Organgesellschaft des Klägers― zur Benutzung für gewerbliche Zwecke sowie zur Untervermietung der in dem Objekt errichteten Wohnungen. Die K-GmbH vermietete die Wohnungen steuerfrei an Endmieter.
Der Kläger zog aus einer Rechnung vom 31. Dezember 1984 über Baukosten für das bezeichnete Geschäfts- und Wohnhaus die gesamte darin ausgewiesene Umsatzsteuer von 1 183 737 DM als Vorsteuer ab. Er vertrat die Ansicht, er sei dazu berechtigt, weil er der E-GmbH einen entgeltlichen Nießbrauch an dem ihm gehörenden Miteigentumsanteil bestellt habe.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) ließ den Vorsteuerabzug dagegen in dem angefochtenen Umsatzsteueränderungsbescheid für 1984 (§ 164 Abs. 2 der Abgabenordnung ―AO 1977―) vom 19. April 1995 nicht zu, soweit die Vorsteuerbeträge Bauleistungen für die Errichtung von Wohnungen in dem Geschäfts- und Wohnhaus betrafen. Insoweit sei, führte das FA zur Begründung u.a. aus, der Abzug wegen der steuerfreien Verwendung der Leistungen durch steuerfreie Umsätze ausgeschlossen (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes ―UStG― 1980).
Das Finanzgericht (FG) wies die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage ab. Es bestätigte, dass der Vorsteuerabzug ausgeschlossen sei, soweit er Bauleistungen für steuerfrei vermietete Wohnungen betreffe. Die für den Vorsteuerabzug maßgebende erstmalige Verwendung dieser Leistungen sei nicht die entgeltliche Einräumung des Nießbrauchs, sondern die steuerfreie und den Vorsteuerabzug ausschließende Vermietung der Wohnungen an die Endmieter. Weder das Vorschalten der E-GmbH als Nießbraucher noch die Vermietung durch den Nießbraucher an die K-GmbH seien als für den Vorsteuerabzug maßgebende (steuerpflichtige) Verwendungsumsätze heranzuziehen. Entsprechend dem einheitlichen Konzept des Klägers habe die Nießbrauchsbestellung dem Nießbraucher nur die Möglichkeit eingeräumt, die Wohnungen durch Vermietung zu nutzen. Sie sei einem gestaltungsmissbräuchlichen Zwischenmietvertrag gleichzustellen; denn der Nießbraucher habe keine wirtschaftliche Tätigkeit entfaltet und sich zur Durchführung der Vermietung seinerseits der Organgesellschaft des Klägers bedient.
Die Weitervermietung an die K-GmbH, eine Organgesellschaft des Klägers, offenbare den Gestaltungsmissbrauch, weil eine unmittelbare Vermietung der Wohnungen durch den Kläger an diese Gesellschaft als Innenleistung nicht steuerbar gewesen wäre. Beachtliche außersteuerrechtliche Gründe für die Gestaltung seien nicht dargelegt worden.
Die vom FA vorgenommene Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Nutzfläche des Gebäudes für gewerbliche Zwecke und für Wohnzwecke sei nicht zu beanstanden, weil für eine Aufteilung der Vorsteuer aus den Herstellungskosten des gemischt genutzten Gebäudes nach Ertragswerten ein dies rechtfertigender Sachvortrag fehle und sich aus den Akten keine Anhaltspunkte ergäben.
Mit der Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision wegen Verfahrensmängeln (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―). Das FG habe gegen § 76 Abs. 1 FGO und gegen § 96 Abs. 1 FGO verstoßen, weil es den Sachverhalt nicht vollständig aufgeklärt, den Inhalt der Akten nicht ausgeschöpft, Beweisanträge übergangen und das rechtliche Gehör verkürzt habe.
Der Kläger beantragt, die Revision zuzulassen.
Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg.
Die mit der Beschwerde (Abschnitte III bis IX) geltend gemachten Verfahrensmängel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) sind teils nicht den Anforderungen entsprechend bezeichnet worden, teils nicht vorhanden.
Wer ―wie der Kläger― einen Verstoß des FG gegen die Amtsermittlungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) wegen unvollständiger Auswertung des Akteninhalts und wegen unterlassener Beweiserhebung rügt, muss nach § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO in der Beschwerdebegründung bezeichnen (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 4. Juni 1998 VII B 67/98, BFH/NV 1999, 54, m.w.N.), welche weitere Aufklärung sich dem FG ―nach dessen maßgebender sachlich-rechtlicher Auffassung― von Amts wegen hätte aufdrängen müssen (BFH-Beschluss vom 19. Juni 1998 IX B 13/98, BFH/NV 1999, 58), welche Tatsachen aufklärungsbedürftig waren, welche Beweise das FG zu welchem Beweisthema nicht erhoben hat, weshalb ein entsprechender Beweisantrag nicht in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem FG gestellt worden ist und inwieweit die als unterlassen gerügte Sachverhaltsaufklärung und Beweisaufnahme zu einer anderen Entscheidung des FG hätte führen können.
a) Soweit der Kläger rügt (Abschnitt III der Beschwerde), dass das FG einen Beweisantrag übergangen und den Sachverhalt nicht vollständig aufgeklärt und dadurch nicht erkannt habe, dass die für den Missbrauchstatbestand nach § 42 AO 1977 notwendige Steuerminderung nicht vorliege, weil die Steuern für die steuerpflichtige Nießbrauchseinräumung von 1984 bis 1999 höher als die Vorsteuerbeträge von 1983 bis 1987 seien, erfüllt die Beschwerde die vorbezeichneten Voraussetzungen nicht. Der Kläger hat nach der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem FG am 25. November 1999 keinen Beweisantrag gestellt. Er hat auch nicht bezeichnet, welche Sachverhaltsaufklärung sich dem FG hätte aufdrängen müssen. Die gerügte Aufklärung war für das FG nach dessen sachlich-rechtlicher Beurteilung des Gestaltungsmissbrauchs nicht erforderlich. Es ging bei der rechtlichen Würdigung der mit der Gestaltung beabsichtigten Steuerminderung von einer Verringerung der Steuer durch den (nach Ansicht des FG ungerechtfertigten) Vorsteuerabzug im Abzugsjahr aus.
Dies ist auch bei der Beurteilung der Ausführungen des Klägers zu Abschnitt IV seiner Beschwerde zu beachten; denn insoweit legt er keinen in § 115 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 FGO bezeichneten Zulassungsgrund, sondern nur seine abweichende Rechtsauffassung dar.
b) Die Beschwerde hat auch keinen Erfolg, soweit der Kläger rügt, das FG habe die Nießbrauchsvereinbarung nur deshalb einem Mietvertrag gleichgestellt, weil es seinen, des Klägers, Sachvortrag nicht beachtet und dadurch außerdem rechtliches Gehör nicht gewährt habe (Abschnitt V der Beschwerde). Dies leitet der Kläger daraus ab, dass sich das FG der tatsächlichen und rechtlichen Würdigung des BFH in einem vergleichbaren Fall angeschlossen hat. Indes ist aus der Auswertung der höchstrichterlichen Rechtsprechung weder zu schließen, dass das FG seine Überzeugung nicht aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gebildet (§ 96 FGO) noch dass es einen Teil des klägerischen Sachvortrags nicht beachtet und dem Kläger das rechtliche Gehör verkürzt hätte. Vielmehr weist das FG ausdrücklich darauf hin, dass es seine Überzeugung aufgrund einer Gesamtbetrachtung des "tatsächlichen Inhalts und Vollzugs des Nießbrauchbestellungsvertrags bezüglich Nutzungsmöglichkeit, Entgelt, Lastentragung und Kündbarkeit" gebildet und dabei ―wie die Bezugnahme des FG auf die Einspruchsentscheidung ergibt― alle am 27. Dezember 1984 geschlossenen Rechtsgeschäfte (Bargründung der Ehegatten-GmbH, Nießbrauchsvertrag, Rahmenvertrag, drei Einzelmietverträge, Mieterdarlehen) einbezogen (FG-Urteil S. 14, Einspruchsentscheidung S. 13, 14) und gewürdigt hat.
Mit dem Vorbringen, das FG habe den Nießbrauchsvertrag nicht einem gestaltungsmissbräuchlichen Mietvertrag gleichsetzen dürfen, bezeichnet der Kläger keinen Verfahrensmangel (vgl. zur Verfahrensbeschwerde BFH-Beschlüsse vom 27. Februar 1986 IV B 6/85, BFHE 146, 204, BStBl II 1986, 492, vom 10. November 1987 V B 19/85, BFH/NV 1988, 448), sondern einen ―seiner Ansicht nach vorhandenen― Verstoß gegen sachliches Recht (zur Tatsachenwürdigung und zur Rechtsanwendung bei § 42 AO 1977 vgl. die BFH-Urteile vom 29. Juli 1976 VIII R 142/73, BFHE 120, 116, BStBl II 1977, 263; vom 29. April 1987 X R 16/81, BFH/NV 1988, 64; vom 19. Mai 1988 V R 115/83, BFHE 154, 173, BStBl II 1988, 916; Fischer in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., § 42 AO Rz. 75 ff., 111 ff., 119).
Entsprechendes gilt für die Rüge (Abschnitt VI der Beschwerde), das FG habe keinen Beweis über die Tatsachen erhoben, die der Kläger als wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe für die Gestaltung hervorgehoben hat. Mit diesen Gründen hat sich das FG (S. 15 bis 17 des Urteils) auseinander gesetzt. Für die sachlich-rechtliche Beurteilung des FG (vgl. zur Beurteilung von Rechtfertigungsgründen Fischer in Hübschmann/Hepp/Spitaler, a.a.O., § 42 AO Rz. 119) bestand kein Aufklärungsbedarf. Hinzu kommt, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem FG am 25. November 1999 entsprechende Beweisanträge nicht gestellt und seinen Sachvortrag, z.B. zur Nutzung der Wohnungen als Werkswohnungen, nicht durch Vorlage von entsprechenden Mietverträgen unterstützt hatte.
Das FG hat es auch nicht unterlassen, den Sachverhalt hinsichtlich der beachtlichen außersteuerlichen Gründe für die Einschaltung der E-GmbH als Nießbraucher aufzuklären (Abschnitt VIII der Beschwerde). Das FG war der Auffassung, dass der Nießbraucher nicht mehr als ein Verwalterentgelt erzielte. Zu dieser Würdigung war das FG aufgrund des Klagevorbringens (Schriftsatz vom 9. März 1999, S. 12) gelangt. Der Kläger hatte darin das Nießbrauchsentgelt "ohne die noch zusätzlich zu tragenden Nebenkosten" angegeben. Welche weiteren konkreten Feststellungen sich dem FG nunmehr noch aufdrängen sollten, gibt der Kläger auch in seiner Beschwerdeschrift (S. 29) nicht an.
c) Die Verfahrensbeschwerde ist unzulässig, soweit der Kläger darlegt, das FG habe § 176 Abs. 2 AO 1977 prüfen und anwenden müssen (Abschnitt VII der Beschwerde). Damit beanstandet der Kläger lediglich die Rechtsanwendung durch das FG.
d) Schließlich ist die Beschwerde des Klägers auch insoweit unzulässig, als der Kläger dem FG Verfahrensfehler durch unzureichende Aufklärung des Sachverhalts im Zusammenhang mit der Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach Nutzflächen vorhält (Abschnitt IX der Beschwerde).
Die Beschwerdeschrift enthält keine schlüssigen Darlegungen, welche weitere Aufklärung sich dem FG ―nach dessen maßgebender sachlich-rechtlicher Auffassung― von Amts wegen hätte aufdrängen müssen, welche konkreten aufklärungsbedürftigen Tatsachen auf welche Weise hätten aufgeklärt werden können, welche Beweise das FG zu welchem Beweisthema nicht erhoben hat, weshalb ein entsprechender Beweisantrag nicht in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem FG gestellt worden ist und inwieweit die als unterlassen gerügte Sachverhaltsaufklärung und Beweisaufnahme zu einer anderen Entscheidung des FG hätte führen können. Der Hinweis des Klägers, der Teilwert des von ihm entnommenen Grundstücks habe dem Ertragswert entsprochen und der vereinbarte Prozentsatz von 45 v.H. der Baukosten sei nach Ertragswertgesichtspunkten bestimmt worden, reicht dafür nicht aus. Eine Vorsteueraufteilung nach Ertragswerten setzt voraus, dass der Unternehmer in Erfüllung seiner Mitwirkungspflicht an der Aufklärung des Sachverhalts nachweist, dass und wie die Ertragswerte für die unterschiedlich verwendeten Gebäudeteile bereits vor dem Erwerb nach der identischen Methode gebildet worden sind (BFH-Urteil vom 12. März 1998 V R 50/97, BFHE 185, 530, BStBl II 1998, 525). Dies bezeichnet die Beschwerdeschrift nicht.
e) Im Übrigen ergeht die Entscheidung ohne weitere Begründung (Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs).
Fundstellen