Entscheidungsstichwort (Thema)
Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern
Leitsatz (amtlich)
Endet bei widerrechtlicher Benutzung eines Kraftfahrzeugs die Steuerpflicht innerhalb eines Monats ab Beginn der Steuerpflicht, dann ist auch bei einem nach dem Hubraum zu besteuernden Kraftfahrzeug die Steuer nur für die Dauer eines Monats zu erheben.
Normenkette
KraftStG § 1 Abs. 2, § 13 Abs. 2
Tatbestand
Der Beschwerdegegner (Bg.) hat einen zum Verkauf stehenden Pkw (Mercedes), der weder zum Verkehr auf öffentlichen Straßen zugelassen noch versteuert war, am 9. Februar 1957 zu einer Fahrt von A., X-Platz, nach B. und zurück benutzt. Das Fahrzeug war mit einem nicht für dieses Fahrzeug ausgestellten Kennzeichen versehen. Eigentümer des Fahrzeugs war der Automechaniker Z. für den der Bg. als selbständiger Autoverkäufer Kraftfahrzeuge (insbesondere Gebrauchtwagen) verkaufte. Der Eigentümer Z. hatte nach seiner Angabe etwa vier Wochen vorher das Fahrzeug von der Werkstätte zum X-Platz in A. verbracht und den Bg. mit dem Verkauf des Fahrzeugs beauftragt.
Das Finanzamt forderte von dem Bg. wegen der am 9. Februar 1957 ausgeführten Fahrt nach § 1 Abs. 2 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG) 1955 mit Steuerbescheid vom 23. Mai 1957 die Kraftfahrzeugsteuer für einen Zeitraum von drei Monaten in Höhe von 84 DM. Der Bg. erhob dagegen Einspruch mit der Begründung, er sei nicht der Eigentümer des Fahrzeugs gewesen. Das Finanzamt wies den Einspruch als unbegründet zurück.
Gegen die Einspruchsentscheidung wandte sich der Bg. mit der Begründung, es liege keine widerrechtliche Benutzung des Fahrzeugs durch ihn vor. Er habe nicht gewußt, daß das Fahrzeug nicht versteuert und mit einem falschen Kennzeichen versehen gewesen sei. Der Bg. berief sich dabei auf das Urteil des Amtsgerichts vom 19. August 1957, das ihn von der aus Anlaß dieser Fahrt erhobenen Anklage wegen eines Vergehens nach § 23 Abs. 2 des Straßenverkehrsgesetzes und wegen Steuerhinterziehung freisprach, da der Bg. wohl fahrlässig, nicht aber vorsätzlich gehandelt habe. Ferner habe das Finanzamt auch vom Eigentümer des Fahrzeugs mit Steuerbescheid vom 23. Mai 1957 Kraftfahrzeugsteuer für einen Zeitraum von drei Monaten gefordert; diese Steuer sei auch entrichtet worden.
Das Finanzgericht gab der Berufung statt. Zwar liege eine widerrechtliche Benutzung des Fahrzeugs im Sinne des § 1 Abs. 2 KraftStG 1955 vor, auch wenn der Beweis dafür fehle, daß der Bg. von der Nichtzulassung und Nichtversteuerung des Fahrzeugs gewußt hat. Jedoch werde die Steuerpflicht für den Bg. dadurch ausgeschlossen, daß der Inhaber der Firma Z. seinerseits das Fahrzeug widerrechtlich benutzt habe und deshalb für den gleichen Zeitraum rechtskräftig zur Steuer herangezogen worden sei. Der Bg. sei zwar nicht Angestellter von Z., sondern selbständig gewerblich tätig, er habe aber das Fahrzeug mit dessen Einverständnis benutzt. Die Versteuerung des Fahrzeugs durch Z. für den gleichen Zeitraum habe die Rechtsfolge, daß der Bg. nicht ebenfalls zur Steuer herangezogen werden könne. Die Versteuerung des Fahrzeugs durch Z. decke die Benutzung des Fahrzeugs durch den Bg.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde des Vorstehers des Finanzamts führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur anderweitigen Festsetzung der Steuer.
Unstreitig ist, daß das vom Bg. am 9. Februar 1957 benutzte Kraftfahrzeug damals nicht zugelassen und nicht versteuert war. Das Fahrzeug durfte also an diesem Tage nicht zum Verkehr auf öffentlichen Straßen benutzt werden. Wenn es trotzdem zum Verkehr auf öffentlichen Straßen benutzt wurde, so war diese Benutzung eine sachlich widerrechtliche. Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob dem Bg. Glauben geschenkt werden kann, wenn er angibt, er habe das Fahrzeug für zugelassen und versteuert gehalten. Auch wenn dieses der Fall wäre, würde das, worin dem Finanzgericht beizupflichten ist, nichts daran ändern, daß sachlich die Benutzung eine widerrechtliche war. Die widerrechtliche Benutzung eines Kraftfahrzeugs auf öffentlichen Straßen unterliegt nach § 1 Abs. 2 KraftStG 1955 der Kraftfahrzeugsteuer. Bei widerrechtlicher Benutzung eines Kraftfahrzeugs ist Steuerschuldner nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 KraftStG 1955 derjenige, der das Fahrzeug widerrechtlich benutzt. Dies war bei der in Frage stehenden Fahrt von A. nach B. und zurück, wie nicht bestritten werden kann, der Bg. und nicht der Inhaber der Firma Z. Daran ändert nichts, daß der Bg. das Einverständnis des Inhabers dieser Firma, der nach den Akten im Zeitpunkt der Durchführung der in Frage stehenden Fahrt von dieser nichts wußte, unterstellen konnte. Der Bg. war nach den Feststellungen des Finanzgerichts und nach dem Inhalt der Akten selbständiger Autoverkäufer, wobei er im wesentlichen Gebrauchtwagen der Firma Z. verkaufte. Er war nicht etwa Angestellter der Firma Z. Er hat also die Fahrt unter eigener Verantwortung und im eigenen Interesse durchgeführt. War nun aber die Benutzung des Fahrzeugs eine widerrechtliche und war Benutzer der Bg., so kann dessen nach § 1 Abs. 2 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Nr. 3 KraftStG 1955 gegebene Steuerpflicht nicht dadurch beseitigt werden, daß das Finanzamt von einem anderen für das gleiche Kraftfahrzeug Kraftfahrzeugsteuer für einen Zeitraum gefordert hat, in den die widerrechtliche Benutzung dieses Fahrzeugs durch den Bg. fällt. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Inanspruchnahme des anderen zu Recht besteht oder nicht. Diese Inanspruchnahme bezieht sich übrigens auf den zeitlich früher liegenden Benutzungsvorgang der überführung des Fahrzeugs von der Werkstätte zum X-Platz. Hiernach hat das Finanzamt gegenüber dem Bg. die Kraftfahrzeugsteuer dem Grunde nach zu Recht festgesetzt. Die Vorentscheidung war daher aufzuheben.
Die Nachprüfung ergibt jedoch weiter, daß die Steuer der Höhe nach nicht richtig festgesetzt ist. Das Finanzamt hat die Steuer für die in Frage stehende widerrechtliche Benutzung des Fahrzeugs, die eine Steuerpflicht für die Dauer der widerrechtlichen Benutzung ausgelöst hat (ß 5 Nr. 3 KraftStG 1955), für einen Zeitraum von drei Monaten festgesetzt. Allerdings ist zum Unterschied vom KraftStG 1935 (ß 13 Abs. 2 KraftStG 1935) für nach dem Hubraum zu versteuernde Kraftfahrzeuge nach § 13 Abs. 2 KraftStG 1955 die Steuer nunmehr mindestens für ein Vierteljahr statt wie vordem für einen Monat zu entrichten. Jedoch sieht auf der anderen Seite § 16 Abs. 1 KraftStG 1955 - wie vordem auch § 16 Abs. 1 KraftStG 1935 - beim Ende der Steuerpflicht vor Ablauf der Zeit, für die die Steuer entrichtet ist, auf Antrag die Erstattung der Steuer für jeden vollen Monat, der nach dem Tag der Beendigung der Steuerpflicht liegt, in Höhe von einem Zwölftel der Jahressteuer vor; hierbei ist gleichgültig, ob sich die Steuer auf ein nach dem Hubraum zu versteuerndes Fahrzeug bezieht oder nicht. Ferner ist im § 30 der Durchführungsverordnung zum Kraftfahrzeugsteuergesetz in der Fassung vom 12. Juli 1955 (KraftStDV 1955) - wie bisher im § 39 der Durchführungsbestimmungen zum Kraftfahrzeugsteuergesetz vom 5. Juli 1935 - bestimmt, daß in den Fällen, in denen die Steuerpflicht erst nach Ablauf der Steuerkarte endet (ß 7 KraftStG 1955), das Finanzamt die Steuer bis zur Beendigung der Steuerpflicht nach vollen Monaten berechnet und dabei angefangene Monate als volle Monate behandelt. Diese Bestimmung gilt ebenfalls auch dann, wenn Kraftfahrzeuge in Betracht kommen, bei denen der Mindestbesteuerungszeitraum ein Vierteljahr beträgt (vgl. hierzu auch Klein-Schrötter, Verkehrsfinanzgesetz 1955 Abschn. I Art. 1 Nr. 5, Anm. 5 auf S. 56). Es würde dem Rechtsgedanken der beiden erwähnten Vorschriften widersprechen, würde man im Fall der widerrechtlichen Benutzung eines Fahrzeugs die Steuer für einen Zeitraum festsetzen, der die Dauer der Steuerpflicht - aufgerundet auf einen vollen Monat - überschreitet.
Hiernach ergibt sich in sinngemäßer Anwendung der Bestimmung des § 30 Abs. 1 KraftStDV 1955 bei Zugrundelegung eines Hubraums von 2198 ccm für die in Frage stehende widerrechtliche Benutzung des Fahrzeugs gemäß § 11 Abs. 1 KraftStG 1955 eine Kraftfahrzeugsteuer von 28,60 DM, die sich wie folgt berechnet:
Jahressteuer (14,40 DM je 100 ccm Hub= raum oder einen Teil davon) -------------- 316,80 DM hiervon 1/12 ------------------------------ 26,40 DM dazu Aufgeld in Höhe 8 v. H. --------------- 2,11 DM ----------------------------------------- = 28,51 DM aufgerundet ------------------------------- 28,60 DM.
Fundstellen
Haufe-Index 409194 |
BStBl III 1958, 471 |
BFHE 1959, 516 |
BFHE 67, 516 |