Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine AfaA für Baumängel bei Bauausführung; keine AfaA bei Pauschalierung des Nutzungswerts
Leitsatz (NV)
1. Mangelhafte Leistungen eines Bauunternehmers während der Bauausführung rechtfertigen keine Absetzungen für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung nach § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG.
2. Für die Dauer der Pauschalierung des Nutzungswerts gem. §§ 21 Abs. 2, 21a EStG ist eine Absetzung für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung nach § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG ausgeschlossen.
Normenkette
EStG § 7 Abs. 1 S. 4, § 21 Abs. 2, § 21a
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger), zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Eheleute, errichteten in den Jahren 1981 und 1982 ein Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung im Kellergeschoß, das sie seit 27. Dezember 1982 selbst bewohnen. Das Grundstück ist auf den 1. Januar 1983 als Einfamilienhaus bewertet. Anfang 1983 stellten die Kläger fest, daß die Einliegerwohnung, für deren Ausbau sie unstreitig 57174 DM aufgewendet hatten, wegen erheblicher Baumängel (Feuchtigkeitsschäden, mangelhaftes Entwässerungssystem) nicht wie ursprünglich beabsichtigt genutzt (vermietet) werden konnte.
Aus dem Gutachten eines Sachverständigen für Bauschäden ergibt sich u.a., daß der Bauunternehmer den Kanal falsch verlegt und das Entwässerungssystem mangelhaft (planwidrig) ausgeführt hatte mit der Folge, daß bei stärkeren Niederschlägen jederzeit mit einer Überflutung des Untergeschosses gerechnet werden mußte.
Die Kläger erhielten hierfür vom Bauunternehmer keinen Schadensersatz, weil dieser zahlungsunfähig geworden war. Wegen dieser nicht behobenen Baumängel beantragten die Kläger beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA -), den bestandskräftigen Einkommensteuerbescheid 1982 gemäß § 173 Abs. 1 Nr.2 der Abgabenordnung (AO 1977) dahin zu ändern, daß bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung weitere Absetzungen für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung (AfaA) gemäß § 7 Abs. 1 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 57174 DM berücksichtigt werden.
Das FA lehnte diesen Antrag ab.
Der hiergegen erhobene Einspruch der Kläger war teilweise erfolgreich. Das FA ging in der Einspruchsentscheidung bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung davon aus, daß wegen des falsch verlegten Kanals eine Abschreibung wegen außergewöhnlicher technischer Abnutzung des Gebäudes in Höhe von 1500 DM zu berücksichtigen sei. Es änderte den Einkommensteuerbescheid 1982 mit der Einspruchsentscheidung entsprechend und wies im übrigen den Einspruch als unbegründet zurück.
Mit ihrer Klage begehrten die Kläger weiter AfaA gemäß § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG in Höhe von 57174 DM.
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage mit doppelter Begründung abgewiesen.
Die Vorschrift des § 173 Abs. 1 Nr.2 AO 1977 komme im Streitfall nicht zur Anwendung, weil die Kläger ein grobes Verschulden daran treffe, daß dem FA die Baumängel erst nach Bestandskraft des Einkommensteuerbescheids 1982 bekannt geworden seien. Den Klägern sei seit Anfang 1983 und damit vor Abgabe ihrer Einkommensteuererklärung für 1982 am 20. September 1983 bekannt gewesen, daß schwerwiegende Baumängel vorliegen, die die beabsichtigte Nutzung (Vermietung) der Einliegerwohnung im Kellergeschoß ausschließen.
Die Klage könne auch sachlich keinen Erfolg haben, weil einer AfaA nach § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG § 21a EStG entgegenstehe. Im Streitfall falle das eine AfaA rechtfertigende Ereignis - die Entdeckung des Baumangels - unstreitig in den Anwendungszeitraum des § 21a EStG. Dies schließe nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 6. März 1979 VIII R 48/78 (BFHE 128, 185, BStBl II 1979, 627) den gleichzeitigen Abzug der Regel-AfA wie auch einer AfaA nach § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG für das Streitjahr 1982 aus.
Mit der vom FG zugelassenen Revision rügen die Kläger die Verletzung des § 76 der Finanzgerichtsordnung - FGO - (mangelnde Sachaufklärung) und die Verletzung der §§ 7 Abs. 1 Satz 4, 21a EStG.
Entgegen der Auffassung des FG falle das eine AfaA rechtfertigende Ereignis nicht in den Zeitraum der Selbstnutzung des Einfamilienhauses durch die Kläger, weil die Baumängel bereits vor Fertigstellung des Gebäudes und somit vor Beginn der Selbstnutzung objektiv vorhanden gewesen seien. Unerheblich sei, daß die Baumängel erst während der anschließenden Selbstnutzung im Jahre 1983 entdeckt worden seien.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet; sie ist daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).
I. Die von den Klägern erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch. Von einer Begründung sieht der Senat nach Art.1 Nr.8 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) ab.
II. Das FG hat im Ergebnis zutreffend den Antrag der Kläger auf Änderung des Einkommensteuerbescheids 1982 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 7. August 1985 abgelehnt.
1. Die Kläger sind nicht berechtigt, wegen der Aufwendungen, die ihnen infolge des fehlerhaft verlegten Kanals entstanden sind, AfaA gemäß § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG in Anspruch zu nehmen.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats rechtfertigt die mangelhafte Leistung eines Bauunternehmers während der Bauausführung keine AfaA gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr.7 i.V.m. § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG (Senatsurteil vom 31. März 1992 IX R 164/87, BFHE 168, 104, BStBl II 1992, 805, m.w.N.). Der Senat verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf seine Ausführungen in dieser Entscheidung unter 3b) und 4). Sie gelten entsprechend auch für den Streitfall.
b) Stellt man mit den Klägern für die Abziehbarkeit von AfaA nach § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG als Werbungskosten auf den Zeitpunkt der Verlegung des fehlerhaften Kanals ab - der unstreitig vor Beginn der Selbstnutzung des Einfamilienhauses am 27. Dezember 1982 liegt -, so kommt im Streitjahr - unbeschadet der Frage des Zeitpunkts der Entdeckung des Schadens - eine AfaA schon deshalb nicht in Betracht, weil es sich beim fehlerhaften Verlegen des Kanals um eine mangelhafte Bauleistung an einem noch nicht fertiggestellten Gebäude handelt. Hierbei ist es ohne Bedeutung, daß die Kläger einen Schadensersatzanspruch gegen den Bauunternehmer in Höhe der Aufwendungen für die nicht vermietbare Einliegerwohnung wegen dessen Zahlungsunfähigkeit nicht durchsetzen konnten (vgl. BFH-Urteil in BFHE 168, 104, BStBl II 1992, 805 Abschn. 4).
c) Die Revision wäre aber auch dann unbegründet, wenn man für die Abziehbarkeit von AfaA nach § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG als Werbungskosten auf den Zeitpunkt der Entdeckung der mangelhaften Verlegung des Kanals - verbunden mit der hierdurch bedingten Überflutung des Untergeschosses mit Abwasser - abstellen würde; denn die Kläger entdeckten den Schaden nach den den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) unstreitig nicht im Streitjahr 1982, sondern erst im Jahre 1983. Nachdem im Veranlagungszeitraum 1983 jedoch die Pauschalierung des Nutzungswerts eingreift (§ 21 Abs. 2, § 21a EStG), würde nach ständiger Rechtsprechung des BFH (BFH-Urteile vom 6. März 1979 VIII R 48/78, BFHE 128, 185, BStBl II 1979, 627, und vom 23. Oktober 1984 IX R 45/81, BFHE 142, 143, BStBl II 1985, 53) eine geltend gemachte AfaA durch die Pauschalierung abgegolten sein.
2. Bei dieser Sachlage kann der Senat es unerörtert lassen, ob das FG zu Recht die Voraussetzungen des § 173 Abs. 1 Nr.2 AO 1977 im Streitjahr verneint hat. Dies ist nicht entscheidungserheblich.
Fundstellen
Haufe-Index 418879 |
BFH/NV 1993, 410 |