Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Liebhaberei bei der Vercharterung eines Motorseglers
Leitsatz (NV)
1. Zu den Mindesterfordernissen, die an die Darlegung eines Verfahrensmangels in der Revisionsbegründung zu stellen sind.
2. Dauernde Verluste gestatten den Schluß auf das Fehlen einer Gewinnerzielungsabsicht, wenn nach der Art der Ausübung der Tätigkeit kein positives Totalergebnis erreicht werden kann und die Tätigkeit allein darauf angelegt ist, Verluste zu erzielen, um sie mit anderen positiven Einkünften auszugleichen.
Normenkette
FGO § 120 Abs. 2; EStG § 2 Abs. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Kläger sind Eheleute. Der Kläger ist im Hauptberuf Beamter. Im Jahre 1977 erwarb er einen Motorsegler zum Preis von rd. 140 000 DM. Mit dem Motorsegler unternahm er Wochenendfahrten und gelegentlich auch mehrwöchige Segeltörns. Die Teilnehmer an diesen Fahrten hatten ein Entgelt zu zahlen. Ursprünglich warb der Kläger für die Teilnahme an seinen Fahrten in verschiedenen Tageszeitungen. Später unterließ er jede Werbung.
Der Kläger erzielte in den Jahren 1977-1982 Umsätze bis zu 13 800 DM jährlich und Verluste zwischen knapp 10 000 DM und knapp 35 000 DM jährlich. Er setzte die Verluste als Einkünfte aus Gewerbebetrieb an. Nach einer Außenprüfung behandelte das FA sie als nicht steuerbare Liebhaberei. Der Einspruch, die Klage und die Revision blieben erfolglos.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Sie war deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
1. Die Revisionsbegründung der Kläger ist möglicherweise auch in dem Sinne zu verstehen, daß die mangelnde Sachverhaltsaufklärung durch das FG als ein Verfahrensfehler gerügt wird. Ob eine solche Auslegung der Revisionsbegründung geboten ist, kann letztlich dahinstehen, weil die entsprechende Verfahrensrüge jedenfalls nicht formgerecht geltend gemacht worden wäre. Als möglicherweise gerügter Verfahrensfehler kommt nur die Verletzung der Amtsermittlungspflicht des FG (§ 76 FGO) durch Unterlassen einer Sachaufklärung in Betracht, die sich dem FG ohne besonderen Antrag als notwendig hätte aufdrängen müssen. Ein solcher Verfahrensfehler wäre nur dann formgerecht gerügt, wenn dargelegt wäre,
a) welche Tatfrage aufklärungsbedürftig war,
b) welche Beweismittel zu welchen Beweisthemen das FG nicht erhoben hat,
c) warum der Revisionskläger nicht von sich aus einen entsprechenden Beweisantrag gestellt hat (Verzicht des Rügerechts, § 155 FGO, § 295 der Zivilprozeßordnung - ZPO -),
d) warum die Beweiserhebung sich jedoch dem FG auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung als erforderlich hätte aufdrängen müssen,
e) inwieweit die als unterlassen gerügte Beweisaufnahme zu einer anderen Entscheidung durch das FG hätte führen können.
In der Revisionsbegründung der Kläger fehlen Ausführungen zumindest zu den unter c) und d) genannten Voraussetzungen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Kläger dem FG weniger eine unterlassene Beweiserhebung als vielmehr die Unkenntnis der der eigenen Prognoserechnung zugrunde liegenden Daten vorwerfen. Die Kläger hätten aber diese Daten dem FG unmittelbar vortragen können. Wenn sie es nicht taten, konnte das FG davon ausgehen, daß es die Gewinnerzielungsabsicht des Klägers aufgrund des wechselseitig vorgetragenen Sachverhalts und des Inhalts der Akten zu beurteilen hatte. Jedenfalls ist weder geltend gemacht noch ersichtlich, weshalb sich dem FG eine weitere Sachverhaltsaufklärung in Richtung der von den Klägern erstmalig im Revisionsverfahren vorgetragenen Daten hätte aufdrängen müssen.
Ist aber eine mangelnde Sachverhaltsaufklärung als Verfahrensfehler nicht formgerecht gerügt worden, so ist dem Revisionsgericht die Entscheidung darüber, ob das FG den Sachverhalt hätte weiter aufklären müssen, verwehrt, solange die tatsächlichen Feststellungen des FG dessen Rechtsauffassung tragen.
2. Das FG hat die Chartertätigkeit des Klägers auf der Grundlage der getroffenen tatsächlichen Feststellungen (§ 118 Abs. 2 FGO) zutreffend als Liebhaberei beurteilt.
a) Eine steuerbare Tätigkeit i. S. des § 2 Abs. 1 Nrn. 1 bis 7 EStG setzt nach ständiger Rechtsprechung (vgl. Beschluß des Großen Senats des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751) Gewinn- bzw. Einkunftserzielungsabsicht voraus. Deshalb sind nur solche Tätigkeiten den sieben Einkunftsarten zuzuordnen, die insgesamt auf die Erzielung positiver Einkünfte gerichtet sind. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn eine steuerpflichtige Vermögensvermehrung in der Gestalt eines Totalgewinns angestrebt wird (vgl. BFH-Urteil vom 21. März 1985 IV R 25/82, BFHE 143, 361, BStBl II 1985, 399). Ob eine solche Absicht besteht, ist eine sog. innere Tatsache, auf die nur anhand objektiver Umstände rückgeschlossen werden kann. Beweiszeichen für und gegen die Gewinn- bzw. Einkünfteerzielungsabsicht ergeben sich aus der Art der Wirtschaftsführung und den Ergebnissen der Vergangenheit. Entstehen aus einer wirtschaftlichen Betätigung Verluste, so handelt es sich um negative Einkünfte, es sei denn, die Tätigkeit wird nur aus im Bereich der Lebensführung liegenden persönlichen Gründen oder Neigungen ausgeübt (vgl. Beschluß des Großen Sents in BFHE 141, 405, 436, BStBl II 1984, 751, 767). Zwar gestatten dauernde Verluste für sich allein noch nicht den Schluß auf das Fehlen einer Gewinnerzielungsabsicht (vgl. BFH-Urteil vom 13. Dezember 1984 VIII R 59/82, BFHE 143, 58, BStBl II 1985, 455). Jedoch gilt etwas anderes dann, wenn nach der Art der Ausübung der Tätigkeit kein positives Totalergebnis erreicht werden kann und die Tätigkeit allein darauf angelegt ist, Verluste zu erzielen, um sie mit anderen positiven Einkünften auszugleichen.
b) Das FG ist in der Vorentscheidung von diesen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Es hat angenommen, daß nach Art der Ausübung der Vercharterungstätigkeit durch den Kläger diese kein positives Totalergebnis erwarten ließ. Diese im Bereich des Tatsächlichen liegende Beurteilung hat das FG darauf gestützt, daß der Kläger die Vercharterung wegen seines Berufs nur in Nebentätigkeit an den Wochenenden und in den Schulferien betreiben konnte. Der Kläger überließ sein Boot nur in wenigen Ausnahmefällen einem anderen Bootsführer. Er betrieb keine Werbung in den Tageszeitungen. Er hatte sein angebliches Gewerbe nicht angemeldet und erteilte auch keine Rechnungen. Diese tatsächlichen Feststellungen, an die der erkennende Senat als Revisionsgericht gemäß § 118 Abs. 2 FGO gebunden ist, erlauben den vom FG gezogenen Schluß, daß der Kläger die Vercharterung aus persönlicher Neigung betrieb und daß sie von der Absicht getragen war, sich von einem Teil der Kosten des eigenen Hobbys zu entlasten.
Das FG hat es auch bei der Art der Betätigung des Klägers für ausgeschlossen gehalten, daß die Vercharterung der Yacht zu einem Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben führen könnte. Dabei ist es erkennbar von den vom Kläger in den Jahren 1977 bis 1981 erzielten Ergebnissen ausgegangen. Es hat angenommen, daß diese Ergebnisse nur durch eine deutliche Umsatzsteigerung verbessert werden könnten. Insoweit verstoßen die Überlegungen des FG weder gegen die Denkgesetze noch gegen Erfahrungssätze.
Das FG hat jedoch für die von ihm für erforderlich gehaltene Umsatzsteigerung keine Anhaltspunkte gesehen, weil die Umsätze seit 1979 nur noch in ganz unwesentlichem Umfang gestiegen seien. Den Grund dafür, daß eine wesentliche Umsatzsteigerung bei der Art der vom Kläger betriebenen Tätigkeit nicht in Betracht komme, hat das FG in dem nebenberuflichen Charakter der Tätigkeit und der daraus resultierenden fehlenden Werbung gesehen. Auch diese Schlußfolgerung ist in sich schlüssig. Soweit die Kläger sie angreifen, tragen sie einen neuen Sachverhalt vor, der jedoch im Revisionsverfahren nicht berücksichtigt werden kann (§ 118 Abs. 2 FGO). Neu in diesem Sinne ist das Vorbringen,
1) der Kläger werde ab 1984 jährlich um mehr als 8 000 DM höhere Umsätze gegenüber 1983 erzielen,
2) der Kläger habe die Yacht in allen Jahren zu 15 v. H. privat genutzt und
3) die Zinsen fielen ab 1984 als Betriebsausgaben weg.
Berücksichtigt man dieses neue Vorbringen nicht, so ergibt die Prognoserechnung für die Jahre 1977 bis 1988 ausschließlich Verluste. Deshalb verstößt die auf den tatsächlichen Feststellungen des FG basierende Annahme, nach der Art der Tätigkeit des Klägers könne kein positives Totalergebnis erreicht werden, nicht gegen die Denkgesetze. Damit ist auf der Grundlage der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung eine Liebhaberei anzunehmen. Die erzielten Verluste dürfen bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens 1977 und 1978 nicht berücksichtigt werden.
Fundstellen
Haufe-Index 415304 |
BFH/NV 1988, 300 |