Leitsatz (amtlich)
Zur Begründung der Pflicht zur Entrichtung der Mineralölsteuer für gekennzeichnetes Heizöl reicht es aus, daß das als Kraftstoff abgegebene Mineralöl einen der im Gesetz genannten Kennzeichnungsstoffe enthält.
Normenkette
MinöStG 1964 § 8 Abs. 2 S. 2, § 12 Abs. 9
Verfahrensgang
FG Düsseldorf (Entscheidung vom 07.10.1981; Aktenzeichen IV 116/77 VM) |
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) lieferte am 5.August 1976 an eine KG 27 102 l Gasöl als Treibstoff, das aus einem Lager bestehend aus zwei Lagertanks mit einem gemeinsamen Pumpaggregat entnommen worden war. Das Gasöl wurde in zwei teilweise gefüllte Tanks der KG abgelassen, von denen einer ein Fassungsvermögen von 10 000 l, der andere ein solches von 37 000 l hatte. Bedenken der KG gegen die Qualität des gelieferten Gasöls führten dazu, daß aus deren Tanks Proben gezogen und von der Zolltechnischen Prüfungs- und Lehranstalt (ZPLA) untersucht wurden mit dem Ergebnis, daß das Gasöl in dem kleineren Tank einen Furfurolgehalt von 0,2 Milligramm je Kilogramm und das Gasöl in dem größeren Tank einen solchen Gehalt von 0,6 Milligramm je Kilogramm auswies. Die Untersuchung einer Probe aus dem Ausgangsstutzen der Lagertanks der Klägerin ergab einen Furfurolgehalt von 0,3 Milligramm je Kilogramm. Ein Farbstoff konnte in dem Gasöl weder durch eine Sichtprüfung noch durch eine Analyse festgestellt werden.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Hauptzollamt --HZA--) nahm die Klägerin durch Steuerbescheid vom 24.August 1976 für 22 494,5 kg (27 102 l) Mineralöl auf Zahlung von 11 168,50 DM (49,65 DM je 100 kg) Mineralölsteuer mit der Begründung in Anspruch, sie habe das Mineralöl, das als ein Gemisch aus Heizöl und Dieselkraftstoff habe eingestuft werden können, als Treibstoff abgegeben (§ 12 Abs.9 des Mineralölsteuergesetzes --MinöStG--). Der Einspruch hatte keinen Erfolg.
Die Klage führte zur Aufhebung des Steuerbescheids und der Einspruchsentscheidung mit folgender Begründung:
Als Rechtsgrundlage komme nur § 12 Abs.9 MinöStG in Betracht. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift seien nicht erfüllt. Zu ihnen gehöre aufgrund der Verweisung auf § 8 Abs.2 Satz 2 MinöStG eine Kennzeichnung des Mineralöls durch Zugabe nicht nur von Furfurol, sondern auch eines in dieser Vorschrift genannten Farbstoffs. Zwischen den Beteiligten sei aber unstreitig, daß sich in dem Gasölgemisch nur Furfurol und kein Farbstoff befunden habe.
Das HZA legte Revision ein mit der Begründung, die Auffassung des Finanzgerichts (FG), daß Mineralöl neben Furfurol auch einen der in § 8 Abs.2 Satz 2 MinöStG genannten Farbstoffe habe enthalten müsse, um es nach § 12 Abs.9 MinöStG besteuern zu können, entspreche weder dem Wortlaut noch dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift.
Es beantragt, das Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen oder zu verwerfen.
Sie ist der Auffassung, daß das FG § 12 Abs.9 MinöStG rechtsfehlerfrei ausgelegt hat, und führt außerdem aus, die Klägerin habe keine Vermischung vorgenommen. Umstritten sei auch das Ergebnis der Probenanalyse. Die Proben seien aus den Lagertanks der KG und nicht aus der Masse des anliefernden Tankwagens entnommen worden.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.
1. Entgegen der Auffassung des FG kommt es bei der Anwendung des § 12 Abs.9 MinöStG nicht darauf an, daß in dem streitbefangenen Mineralöl neben Furfurol auch ein Farbstoff entsprechend der Regelung in § 8 Abs.2 Satz 2 MinöStG enthalten ist. Die entgegenstehende Auffassung des FG kann weder dem Wortlaut noch dem Sinn und Zweck des § 12 Abs.9 MinöStG entnommen werden.
Nach dem Wortlaut dieser Vorschrift ist erforderlich, daß das Mineralöl "in § 8 Abs.2 Satz 2 genannte Kennzeichnungsstoffe enthält". Diesem Wortlaut ist zunächst zu entnehmen, daß nicht alle in § 8 Abs.2 Satz 2 MinöStG genannten Kennzeichnungsstoffe in dem streitbefangenen Mineralöl enthalten zu sein brauchen. Das ist auch schon deshalb sinnvoll, weil in § 8 Abs.2 Satz 2 MinöStG als Farbstoffe mehrere Produkte zur Auswahl zugelassen sind. Außerdem ist in § 12 Abs.9 MinöStG nicht bestimmt, welcher der in § 8 Abs.2 Satz 2 MinöStG bestimmten Kennzeichnungsstoffe in dem Mineralöl enthalten sein muß.
Das FG weist zwar zutreffend darauf hin, daß in § 12 Abs.9 MinöStG der Begriff der Kennzeichnungsstoffe im Plural verwendet wird. Daraus kann aber nicht gefolgert werden, daß im Mineralöl mehrere Kennzeichnungsstoffe enthalten sein müssen. Das wird auch dadurch bestätigt, daß ein solches Ergebnis bereits dann erreicht wäre, wenn mehrere der in § 8 Abs.2 Satz 2 MinöStG genannten Farbstoffe in dem Mineralöl enthalten wären, obwohl nach dieser Vorschrift nur einer der durch sie bezeichneten Farbstoffe dem Mineralöl beigegeben werden muß.
Dem Sinn und Zweck des § 12 Abs.9 MinöStG entspricht es, diese Vorschrift dahin auszulegen, daß es zu ihrer Anwendung ausreicht, wenn in Mineralöl einer der in § 8 Abs.2 Satz 2 MinöStG genannten Kennzeichnungsstoffe enthalten ist. Mit der Regelung in § 12 Abs.9 MinöStG soll erreicht werden, daß gekennzeichnetes Mineralöl sowie Gemische von gekennzeichnetem Mineralöl mit versteuertem Dieselkraftstoff zweifelsfrei und zügig besteuert werden können (vgl. Begründung zu Art.1 Nr.6c des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes 1964, BTDrucks 7/1944, Seite 11). Dadurch soll ein Mißbrauch der Steuervergünstigung für Heizöl durch Verwendung des Heizöls als Kraftstoff auch nach Vermischung mit --nicht gekennzeichnetem-- Dieselkraftstoff verhindert werden.
Das Ziel einer zweifelsfreien und zügigen Besteuerung kann nur erreicht werden, wenn die Besteuerung auch in den Fällen vorgenommen werden darf, in denen Untersuchungen des Mineralöls zu dem Ergebnis geführt haben, daß darin --lediglich-- Furfurol enthalten ist. Das folgt schon daraus, daß es möglich ist, Farbstoffe aus dem Mineralöl zu entfernen (vgl. Schädel/Langer/Gotterbarm, Mineralölsteuer, Mineralölzoll, 5.Aufl., § 8 MinöStG Rdnr.109, § 12 MinöStG Rdnr.38). Gerade für diese Fälle erweist es sich als sinnvoll, daß zur Kennzeichnung des Mineralöls neben einem Farbstoff auch Furfurol beigegeben werden muß (vgl. Schädel/Langer/Gotterbarm, a.a.O., § 8 MinöStG Rdnrn.89 und 109). Würde in diesen Fällen die Feststellung des Furfurols zur Besteuerung nicht als ausreichend angesehen, so ergäbe sich daraus eine Beeinträchtigung des Ziels, einen Mißbrauch der Steuervergünstigung für Heizöl zu verhindern, da schon die Feststellung von Furfurol dafür spricht, daß es sich bei dem untersuchten Mineralöl um gekennzeichnetes Heizöl handelt.
2. Die Feststellungen des FG reichen nicht aus, um entscheiden zu können, ob der Steuerbescheid rechtmäßig ist. Den Feststellungen des FG kann insbesondere nicht entnommen werden, ob in dem streitbefangenen Mineralöl Furfurol enthalten war.
Fundstellen
Haufe-Index 61286 |
BFHE 147, 568 |
BFHE 1987, 568 |
BB 1987, 326 |
BB 1987, 326-326 (ST) |