Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer Arbeitsrecht Arbeitsrecht Handelsrecht Gesellschaftsrecht
Leitsatz (amtlich)
Der Provisionsanspruch des Handelsvertreters ist erst zu aktivieren, wenn der Unternehmer das Geschäft ausgeführt hat (BFH- Urteile I 259/61 S vom 15. Januar 1963, BFH 76, 699, BStBl III 1963, 256 und IV 335/59 S vom 17. Januar 1963, BFH 76, 702, BStBl III 1963, 257), ohne daß im Einzelfall zu prüfen wäre, ob der Anspruch tatsächlich noch mit beachtlichen Risiken behaftet ist. Anders liegt es, wenn der Unternehmer und der Handelsvertreter vereinbaren, daß der Provisionsanspruch ohne Rücksicht auf die Ausführung des Geschäfts entstehen soll.
Für den Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters kann bei diesem ein passiver Rechnungsabgrenzungsposten nicht gebildet werden.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 1, §§ 5, 24, 34; HGB §§ 87, 87a, 89b
Tatbestand
Der Revisionskläger (Stpfl.) ist selbständiger Handelsvertreter. Er war für mehrere Firmen tätig, darunter auch für die Firma W OHG. Diese kündigte dem Stpfl. am 23. Juni 1959 zum 30. September 1959. Im Schreiben vom 21. Dezember 1959 an den Stpfl. berechnete sie dessen Ansprüche wie folgt:
1. Provisionen aus den bis zum 30. September 1959 vorliegenden Aufträgen ------- 25.485 DM 2. Ausgleichsanspruch nach § 89 b HGB - - - - 15.000 DM 3. noch nicht abgerechnete Provisionen aus Lieferungen bis zum 30. September 1959 ------------------------------ 6.705 DMDie Firma bot gleichzeitig eine pauschale Zahlung von 45 000 DM zum Jahresende an.
Der Stpfl. antwortete am 12. Januar 1960. Er erklärte sich mit der Provision von 25 485 DM aus dem Auftragsbestand vom 30. September 1959 einverstanden und bat um Zahlung dieser Summe in Teilbeträgen. Das Angebot einer Ausgleichszahlung von 15 000 DM lehnte er ab und begründete seinen Standpunkt eingehend im Brief vom 27. Januar 1960. Gegen die von der Firma berechnete Höhe der Provisionen für Lieferungen bis 30. September 1959 erhob er Einwendungen. Die Firma hielt im Schreiben vom 6. März 1960 ihr Angebot einer Ausgleichszahlung von 15 000 DM aufrecht. Im Schreiben vom 11. März 1960 berichtigte sie die Berechnung der Provisionen aus Lieferungen bis 30. September 1959 auf 9 528 DM. Diesen Betrag und die Provisionen aus dem Auftragsbestand zum 30. September 1959 (25 485 DM) zahlte die Firma in Teilbeträgen bis Juni 1960 an den Stpfl. Sie übersandte ferner am 11. März 1960 dem Stpfl. einen Verrechnungsscheck über 15 000 DM zum Ausgleich des Anspruchs nach § 89 b HGB. Der Stpfl. erklärte sich schließlich im Schreiben vom 5. Mai 1960 mit dieser Ausgleichszahlung einverstanden.
Der Revisionsbeklagte (FA) behandelte bei der Veranlagung die Zahlungen von insgesamt 50 013 DM auf Grund des Ergebnisses einer Betriebsprüfung als Solleinnahmen des Streitjahres 1959, in dem der Stpfl. seinen Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG ermittelt hatte.
Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Auf die Berufung hin änderte das FG die Einspruchsentscheidung und den Einkommensteuerbescheid dahin, daß es eine Wertberichtigung der Forderungen unter Berücksichtigung einer Umsatzsteuerbelastung in Höhe von 3,6 v. H. aus 50 013 DM vornahm und den Gewinn entsprechend um 1800 DM kürzte. Im übrigen hielt es die Berufung für unbegründet. Die Kosten des Berufungsverfahrens legte es in voller Höhe dem Stpfl. auf, da der Teilerfolg, den dieser erzielt habe, auf dem Antrag, die Umsatzsteuer zu berücksichtigen, beruhe, den der Stpfl. erstmals im Verfahren vor dem FG gestellt habe. Außerdem sei zu beachten, daß durch das teilweise Obsiegen des Stpfl. nur eine verhältnismäßig geringfügige Steuerminderung eingetreten sei.
Zur Sache selbst hat das FG ausgeführt:
Die Provisionen aus dem Auftragsbestand vom 30. September 1959 könnten nicht, wie der Stpfl. verlange, auf die Jahre 1959 und 1960 verteilt werden. Nach dem Urteil des BFH IV 335/59 S vom 17. Januar 1963 (BFH 76, 702, BStBl III 1963, 257) brauche der Provisionsanspruch des Handelsvertreters erst im Zeitpunkt der Ausführung des Geschäfts durch den Geschäftsherrn aktiviert zu werden, da er bis dahin mit beachtlichen Risiken belastet sei. Im Streitfall seien jedoch die Provisionsforderungen des Stpfl. in der Höhe, wie sie im Jahre 1960 tatsächlich bezahlt worden seien, am 31. Dezember 1959 nicht mehr risikobehaftet gewesen.
Die Zahlung eines Ausgleichs nach § 89 b HGB führe beim Handelsvertreter zu einem laufenden gewerblichen Gewinn. Der Anspruch entstehe nach Beendigung des Vertreterverhältnisses. Er habe im Streitfall der Höhe nach am 31. Dezember 1959 auf Grund des Anerkenntnisses der Firma mit 15 000 DM festgestanden. Die Ausgleichszahlung stelle keinen künftigen Ertrag des Stpfl. dar, der durch die Bildung eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens auf mehrere Jahre verteilt werden könnte. Schließlich träfen auf die Ausgleichszahlung auch nicht die Voraussetzungen des ermäßigten Steuersatzes nach § 34 EStG zu.
Die als Revision zu behandelnde Rb. (§ 184 Abs. 2 Ziff. 1 FGO) des Stpfl. rügt unrichtige Anwendung des bestehenden Rechts und einen Verstoß wider den klaren Inhalt der Akten.
Die Feststellung des FG, die Provisionsforderungen seien am 31. Dezember 1959 mit keinem beachtlichen Risiko behaftet gewesen, verstoße wider den klaren Inhalt der Akten. Im Schreiben vom 21. Dezember 1959 habe die Firma die angebotene pauschale Endauszahlung von 45 000 DM und den Abschlag von 2190 DM mit den in den laufenden Geschäften steckenden Risiken und mit der Zinsfrage begründet. Daraus gehe hervor, daß hier noch Risiken am 31. Dezember 1959 vorhanden gewesen seien. Außerdem sei die Firma offensichtlich davon ausgegangen, daß alle ausstehenden Lieferungen nach dem 31. Dezember 1959 von ihr auch tatsächlich ausgeführt würden. Sie habe also mit den 2190 DM nur das Abnahme- und Zahlungsrisiko und einen Zinsausgleich bewertet. Das FG habe nicht geklärt, in welchem Umfang am 31. Dezember 1959 Lieferungen noch nicht durchgeführt worden seien und in welcher Höhe die Provisionsforderungen am 31. Dezember 1959 nach § 87 a Abs. 1 Sätze 1 und 2 HGB hätten realisiert werden können. Als Wirtschaftsgut bewertbar hätten die Provisionsforderungen am 31. Dezember 1959 allenfalls in Höhe von 30 000 DM (45 000 DM angebotene Pauschalzahlung minus 15 000 DM Ausgleichsanspruch) bestanden.
Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters beruhe auf einem Leistungsaustausch. Der Handelsvertreter empfange die Leistung des Unternehmers in Form der Ausgleichszahlung und überlasse dafür dem Unternehmer den von ihm geschaffenen Kundenstamm zur Nutzung und enthalte sich gleichzeitig einer solchen Nutzung. Dies sei die Gegenleistung des Handelsvertreters. Daraus folge, daß der Handelsvertreter in Höhe des jeweils noch nicht erbrachten Teils der Gegenleistung einen passiven Posten der Rechnungsabgrenzung zu bilden habe. Dieser Teil betrage nach seiner Schätzung am 31. Dezember 1959 75 % der gesamten Gegenleistung.
Der Stpfl. beantragt,
den Teilwert der Provisionsforderungen zum 31. Dezember 1959 mit 30 000 DM abzüglich einer Wertberichtigung für Umsatzsteuer von 3,6 % - 1080 DM anzusetzen,
der Forderung auf Zahlung eines Ausgleichs von 15 000 DM am 31. Dezember 1959 einen passiven Rechnungsabgrenzungsposten in Höhe von 11 250 DM und eine Wertberichtigung für Umsatzsteuer von 3,6 % aus 3750 DM gegenüberzustellen. Hilfsweise stellt der Stpfl. den Antrag, die Ausgleichszahlung zum ermäßigten Tarif nach §§ 24, 34 EStG zu besteuern.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist zum Teil begründet.
Provisionsansprüche
Der Ansatz der Provisionsansprüche von 9528 DM für Aufträge, die bis zum 30. September 1959 ausgeführt, aber zwischen dem Stpfl. und der Firma noch nicht abgerechnet waren, ist nicht zu beanstanden. Dagegen beruht die Aktivierung des vollen Betrags der Provisionsansprüche von 25 485 DM für den Auftragsbestand vom 30. September 1959 auf einem Rechtsirrtum.
Der Handelsvertreter hat seinen Provisionsanspruch, der mit dem Abschluß des auf seine Tätigkeit zurückzuführenden Geschäfts (§ 87 HGB), aber aufschiebend bedingt durch die Ausführung des Geschäfts entsteht (§ 87 a Abs. 1 und 3 HGB; Urteile des BGH VII ZR 210/59 vom 1. Dezember 1960, Der Betriebs-Berater - BB - 1961 S. 147; VII ZR 113/62 vom 9. Dezember 1963, Der Betrieb - DB - 1964 S. 116), erst zu aktivieren, wenn diese Bedingung eingetreten ist (BFH- Urteile I 259/61 S vom 15. Januar 1963, BFH 76, 699, BStBl III 1963, 256, und IV 335/59 S, a. a. O.). Der BFH hat diese Auffassung damit begründet, daß bis zur Ausführung des Geschäfts durch den Unternehmer der Provisionsanspruch noch als vage und mit beachtlichen Risiken behaftet anzusehen sei. Das ist aber nicht so zu verstehen, daß in jedem Fall zu prüfen sei, ob solche Risiken bestehen, und daß eine frühere Aktivierung des Provisionsanspruchs geboten sei, wenn diese Prüfung ergeben sollte, daß beachtliche Risiken nicht vorhanden sind. Die Unsicherheit, die dem Provisionsanspruch vor Ausführung des Geschäfts anhaftet und die es rechtfertigt, wenn nicht sogar gebietet, die Aktivierung bis zu diesem Zeitpunkt hinauszuschieben, beruht im wesentlichen auf der rechtlichen Eigenart des aufschiebend bedingten Anspruchs, die darin besteht, daß es ungewiß ist, ob die Bedingung und damit die volle Wirksamkeit des Anspruchs eintreten wird (§ 158 Abs. 1 BGB). Das darin liegende Risiko darf daher grundsätzlich ohne nähere Prüfung unterstellt werden.
Anders liegt es, wenn der Handelsvertreter und der Unternehmer vereinbaren, daß der Provisionsanspruch ohne Rücksicht auf die Ausführung des Geschäfts entstehen soll. Dann ist der Anspruch nicht erst durch die Ausführung des Geschäfts, sondern schon vorher durch Vertrag zu einer unbedingten Forderung erstarkt, die Ungewißheit des Eintritts der Bedingung und die darin liegenden Risiken für den Handelsvertreter sind beseitigt. An einer derartigen Vereinbarung fehlt es im Streitfall. Die Firma des Stpfl. hat diesem mit Schreiben vom 21. Dezember 1959 angeboten, durch eine pauschale Zahlung von 45 000 DM zum 31. Dezember 1959 auch die Provisionsansprüche auf den Auftragsbestand vom 30. September 1959 abzugelten "ohne Rücksicht darauf, welches weitere Schicksal diese Aufträge haben". Der Stpfl. hat aber dieses Angebot nicht angenommen. Er hat sich im Schreiben vom 12. Januar 1960 lediglich mit der Berechnung dieser Provisionsansprüche, auf 25 485 DM einverstanden erklärt. Darin lag aber nach Lage der Dinge lediglich eine Einigung über die Höhe der aufschiebend bedingten Provisionsansprüche, aber nicht darüber, in welchem Zeitpunkt sich diese Ansprüche durch die Ausführung der Geschäfte in unbedingte Forderungen verwandelt haben. Zu diesem Punkt haben die Beteiligten, soweit ersichtlich, keine Erklärung abgegeben. Es ist daher nicht richtig, daß die Firma, wie das FG meint, die Provisionsansprüche des Stpfl. im Schreiben vom 21. Dezember 1959 anerkannt habe, mit der Folge, daß das in der Bedingung liegende Risiko beseitigt worden sei. Ein solches Anerkenntnis mit Wirkung auf den 31. Dezember 1959 könnte in der Erklärung der Firma im Brief vom 21. Dezember 1959 auch deshalb nicht erblickt werden, weil es nur durch Vertrag rechtswirksam begründet werden konnte und die Erklärung der Firma daher der Annahme durch den Stpfl. vor dem 31. Dezember 1959 bedurft hätte (§§ 781, 151 BGB).
Aus der Tatsache, daß die Firma die Provisionsansprüche im Jahre 1960 beglichen hat, läßt sich allenfalls schließen, daß die den Ansprüchen zugrunde liegenden Geschäfte spätestens im Jahre 1960 ausgeführt wurden. Ungeklärt ist aber, in welchem Umfang die Ausführung dieser Geschäfte noch in das Jahr 1959 fiel. Diese Frage muß das FG untersuchen. Nur die Provisionsansprüche, die aus den im Jahre 1959 ausgeführten Geschäften entstanden sind, gehören in die Bilanz zum 31. Dezember 1959. Der Stpfl. selbst hat sie auf insgesamt 30 000 DM geschätzt und den Ansatz dieses Betrages zum 31. Dezember 1959 beantragt. Davon würden auf den Auftragsbestand vom 30. September 1959 30 000 DM minus 9528 DM 20 472 DM entfallen. Das FG ist indes an diese Schätzung und an den Antrag des Stpfl. nur im Rahmen des gesamten Klagebegehrens gebunden (§ 96 Abs. 1 Satz 2 FGO). Da der Stpfl. mit seinem Antrag bezüglich des Ausgleichsanspruchs, wie unter Nr. 2 dargelegt werden wird, keinen Erfolg haben kann, darf und muß das FG gegebenenfalls den Antrag des Stpfl. hinsichtlich der Provisionsansprüche bis zur Grenze der sich aus dem gesamten Klagebegehren ergebenden Herabsetzung der Steuer unterschreiten.
Ausgleichsanspruch Der Ausgleichsanspruch des Stpfl. ist in der Bilanz zum 31. Dezember 1959 mit 15 000 DM anzusetzen, ohne daß die Möglichkeit bestünde, diesen Betrag durch Bildung eines passiven Postens der Rechnungsabgrenzung auf mehrere Jahre zu verteilen (BFH-Urteil I 91/63 vom 14. Dezember 1965, HFR 1966 S. 210).
Der Ansatz des Betrags von 15 000 DM auf der Aktivseite der Bilanz ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Der Ausgleichsanspruch entstand mit Beendigung des Vertragsverhältnisses am 30. September 1959 (§ 89 b HGB). Seine Höhe durfte am 31. Dezember 1959 nach den damaligen Erklärungen der Beteiligten jedenfalls mit 15 000 DM angenommen werden. Der Anspruch entsprang zwar einem gegenseitigen, auf einen Leistungsaustausch gerichteten Vertrag. Es ist auch richtig, daß im Rahmen eines solchen Vertrags Rechnungsabgrenzungsposten in Betracht kommen, wenn Leistung und Gegenleistung in verschiedene Wirtschaftsjahre fallen, wie z. B. bei Vorauszahlung der Vergütung. Es trifft aber nicht zu, daß der Ausgleichsanspruch eine Leistung des Unternehmers sei, für die der Handelsvertreter die Gegenleistung erst nach der Beendigung des Vertragsverhältnisses zu erbringen habe. Die vertraglichen Verpflichtungen des Handelsvertreters sind vielmehr - von der Einhaltung einer Wettbewerbsabrede und von der Wahrung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse abgesehen (§§ 90, 90 a HGB) - mit dem Schluß des Vertragsverhältnisses beendet. Der Handelsvertreter erhält den Ausgleichsanspruch auch als Vergütung für Vorteile, die der Unternehmer nach Beendigung des Vertrags hat (§ 89 b Abs. 1 Nr. 1 HGB). Damit wird aber keine künftige Tätigkeit des Handelsvertreters abgegolten. Die Vorteile, die dem Unternehmer zufallen, erwachsen vielmehr, wie der Wortlaut des Gesetzes ergibt, aus der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter geworben hat, also aus einer früheren Tätigkeit des Handelsvertreters. Der Ausgleichsanspruch ist insoweit ein gesetzlicher Vergütungsanspruch für die vor Vertragsende geleisteten und nach Vertragsende fortwirkenden Dienste des Handelsvertreters (BFH-Urteil I 235/63 vom 19. Juli 1966, BFH 86, 680, BStBl III 1966, 624; BGH-Urteil II ZR 134/65 vom 11. Juli 1966, BB 1966 S. 915). Dem steht nicht entgegen, daß der Ausgleichsanspruch soweit entfällt, wie der Handelsvertreter auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses den von ihm geworbenen Kundenstamm im gleichen Geschäftszweig weiter nutzen kann und tatsächlich weiter nutzt (BGH-Urteil II ZR 130/58 vom 25. April 1960, BB 1960 S. 605). Denn nach dem Masse dieser Nutzung hat der Unternehmer keinen Vorteil (§ 89 b Abs. 1 Nr. 1 HGB) und der Handelsvertreter keinen Nachteil (§ 89 b Abs. 1 Nr. 2 HGB). Das bedeutet aber nicht, daß der Handelsvertreter verpflichtet wäre, den Kundenstamm nicht zu nutzen, und für die Einhaltung dieser Pflicht den Ausgleichsanspruch erhielte. Hinzu kommt, daß der Ausgleichsanspruch, wie der BGH hervorgehoben hat, kein reiner Vergütungsanspruch ist, daß vielmehr seine Entstehung und Bemessung weitgehend durch den Gesichtspunkt der Billigkeit bestimmt werden (BGH-Urteil VII ZR 268/64 vom 23. Mai 1966, BB 1966 S. 794).
Auch der Hilfsantrag, auf die Ausgleichszahlung den ermäßigten Einkommensteuertarif nach §§ 24, 34 EStG anzuwenden, kann keinen Erfolg haben, da § 24 Ziff. 1 c EStG, der nunmehr die Tarifvergünstigung des Ausgleichsanspruchs des Handelsvertreters vorschreibt, im Streitjahr noch nicht in Kraft war. Zur näheren Begründung dieser Auffassung wird auf das BFH-Urteil I 235/63, a. a. O., verwiesen. Der Hinweis des Stpfl. auf § 90 a HGB gibt dem Senat keine Veranlassung, von seinem Standpunkt abzuweichen. Auch wenn die Entschädigung, die der Unternehmer dem Handelsvertreter für die Einhaltung einer Wettbewerbsabrede zu zahlen hat, auf den Ausgleichsanspruch anzurechnen wäre, was handelsrechtlich streitig ist, so würde dies nicht dazu führen, daß der Ausgleich nach § 89 b HGB als Entschädigung für die Nichtausübung einer Tätigkeit oder für entgangene Einnahmen anzusehen wäre (§ 24 Ziff. 1 EStG 1958).
Kostenentscheidung Bei der erneuten Entscheidung wird das FG zwangsläufig auch seine Kostenentscheidung überprüfen. Was die Anwendung des § 307 Abs. 3 Satz 1 AO a. F. - jetzt § 137 FGO - anlangt, kann der Senat der Auffassung des FG nicht folgen, daß es gerechtfertigt sei, dem Stpfl. die ganzen Kosten der Berufung aufzuerlegen, weil er erst im Berufungsverfahren den Antrag auf Berücksichtigung der Umsatzsteuer gestellt habe. Die Umsatzsteuerschuld entstand, was die streitigen Provisionsansprüche und den Ausgleichsanspruch (BFH-Urteil V 79/64 vom 6. Oktober 1966, BFH 87, 157, BStBl III 1967, 101) betrifft, erst im Jahre 1960, da sie im Streitjahr nach vereinnahmten Entgelten berechnet wurde (§ 3 Abs. 5 Ziff. 4 a StAnpG, §§ 1, 2, 5, 13 UStG). Der Stpfl. durfte eine Rückstellung für die künftige Umsatzsteuerschuld bilden (BFH-Urteil I 349/60 U vom 8. Mai 1963, BFH 77, 122, BStBl III 1963, 362). Er konnte aber auch die Umsatzsteuer im Jahr der Entstehung der Umsatzsteuerschuld gewinnmindernd buchen. Der Ansatz der Rückstellung beruhte somit auf keinem rechtlichen Gebot, sondern auf dem Willensentschluß des Stpfl., sein Wahlrecht in diesem Sinne auszuüben. Die Ausübung des Wahlrechts liegt im Bereich der Tatsachen. Der Antrag des Stpfl., die Rückstellung für die Umsatzsteuer zu berücksichtigen, ist daher als das Geltendmachen einer neuen Tatsache im Sinn des § 137 Satz 1 FGO, § 307 Abs. 3 Satz 1 AO a. F. anzusehen. Die Anwendung dieser Vorschrift setzt jedoch weiter voraus, daß das verspätete Vorbringen auf einem Verschulden beruht (BFH-Urteil VI 29/62 U vom 13. Dezember 1963, BFH 78, 481, BStBl III 1964, 185). Daran fehlt es im Streitfall. Der Stpfl. begehrte im Einspruchs- und Berufungsverfahren in erster Linie eine Herabsetzung der Aktivposten für die Provisionsansprüche und den Ausgleichsanspruch, ein Ergebnis, bei dem ihm an der Rückstellung für die Umsatzsteuer verständlicherweise weniger gelegen sein mochte. Daher kann es ihm nicht als Schuld angerechnet werden, daß er nicht schon vor Einlegung der Berufung den Ansatz der Rückstellung für die Umsatzsteuer verlangt hat.
Der Stpfl. konnte nicht wegen der Geringfügigkeit seines Obsiegens mit den ganzen Kosten des Berufungsverfahrens belastet werden, da es an einer entsprechenden Rechtsvorschrift fehlte (vgl. BFH-Urteil IV 261/60 U vom 22. September 1960, BFH 71, 671, BStBl III 1960, 499). Bei der erneuten Entscheidung des FG beurteilt sich diese Frage nach § 136 Abs. 1 Satz 2 FGO.
Fundstellen
Haufe-Index 412578 |
BStBl III 1967, 464 |
BFHE 1967, 498 |
BFHE 88, 498 |
BB 1967, 826 |
DB 1967, 1296 |
DStR 1967, 477 |