Entscheidungsstichwort (Thema)
Einheitlicher Vertragsgegenstand: Bindung des Grunderwerbers an eine bestimmte Bebauung
Leitsatz (NV)
1. Der für den Umfang der Gegenleistung maßgebende Gegenstand des Erwerbsvorgangs wird nicht nur bestimmt durch das den Übereignungsanspruch begründende Rechtsgeschäft selbst, sondern - ggf. auch durch mit diesem Rechtsgeschäft in rechtlichem oder objektiv sachlichem Zusammenhang stehenden Vereinbarungen, die insgesamt zu dem Erfolg führen, daß der Erwerber das Grundstück in bebautem Zustand erhält (BFH-Urteile vom 18. Oktober 1989 II R 143/87, BFHE 158, 477, BStBl II 1990, 183, und II R 85/87, BFHE 158, 483, BStBl II 1990, 181, vom 24. Januar 1990 II R 94/87, BFHE 160, 284, 287, BStBl II 1990, 590, vom 11. November 1992 II R 117/89, BFHE 169, 480, BStBl II 1993, 163.
2. Sind vom Erwerber mit je unterschiedlichen Vertragspartnern Verträge über den Erwerb des Grundstücks und über die Errichtung eines Gebäudes abgeschlossen worden, so ist zu prüfen, ob die mehreren Verträge darauf abzielen, dem Erwerber ein Grundstück in bebautem Zustand zu verschaffen (objektiver sachlicher Zusammenhang). Maßgebend ist der Gesamtinhalt der Verträge unter Berücksichtigung aller Begleitumstände (§§ 133, 157 BGB; BFH-Urteil vom 4. Mai 1983 II R 6/82, BFHE 138, 480, BStBl II 1983, 609 und BFH-Beschluß vom 18. September 1985 II B 24-29/85, BFHE 144, 280, BSTBl II 1985, 627).
3. Der objektiv enge sachliche Zusammenhang zwischen dem Grundstückskaufvertrag und den zur Errichtung des Gebäudes abgeschlossenen Verträgen wird nicht allein dadurch ausgeschlossen, daß zeitlich zuerst der Grundstückskaufvertrag abgeschlossen wird. Maßgebend ist, ob der Erwerber (spätestens) mit dem Abschluß des Grundstückskaufvertrages in seiner Entscheidung über das Ob und Wie einer Bebauung gegenüber der Veräußererseite noch frei ist oder nicht.
4. Wird von der Veräußererseite dem Erwerber ein nach entsprechender Vorplanung bestimmtes Gebäude auf einem bestimmten Grundstück einheitlich angeboten, so kann daraus, daß der Erwerber später tatsächlich auf der Grundlage des von der Veräußererseite entwickelten Baukonzepts ein Gebäude errichtet hat, nicht (zwingend) gefolgert werden, er hätte sich bereits beim Grunderwerb hinsichtlich des Ob und des Wie der Bebauung gegenüber der Veräußererseite gebunden. Insoweit ist es auch unerheblich, wenn sich die Veräußererseite möglicherweise ihrerseits bereits durch ein Angebot zum Abschluß eines Bauvertrages gebunden hat.
5. Ein faktischer Zwang mit der Bindung an eine bestimmte Bebauung ergibt sich nicht allein aus dem Umstand, daß ein Reiheneckhaus errichtet wird und sich dieses Bauvorhaben auch an die von der Veräußererseite beabsichtigte Bebauung der Nachbargrundstücke anpassen muß.
Normenkette
GrEStG 1983 § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1; BGB §§ 133, 157
Fundstellen
Haufe-Index 419563 |
BFH/NV 1994, 737 |