Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksamkeit der Aufrechnungserklärung des FA: keine Formerfordernisse, fehlende Bezeichnung der Gegenforderung, Beurteilung nach bürgerlichem Recht, Aufrechnung im Rahmen eines Abrechnungsbescheids - notwendiger Inhalt eines Abrechnungsbescheids
Leitsatz (amtlich)
Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest, nach der die Nichtbezeichnung der Forderung, mit der aufgerechnet werden soll, der Wirksamkeit der Aufrechnungserklärung nicht entgegensteht. Auch ein Abrechnungsbescheid, mit dem das Erlöschen eines Steuererstattungsanspruchs durch Aufrechnung mit einer Steuerforderung festgestellt wird, ist nicht mangels hinreichender inhaltlicher Bestimmtheit unwirksam, wenn das FA die Gegenforderung nicht bezeichnet hat.
Orientierungssatz
1. Die Aufrechnungserklärung des FA mit Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis ist die rechtsgeschäftliche Ausübung eines Gestaltungsrechts und für sich allein kein Verwaltungsakt. Ob die Aufrechnung des FA gegenüber dem Steuerpflichtigen als rechtsgeschäftliche Willenserklärung (§ 226 Abs.1 AO 1977 i.V.m. §§ 388, 389 BGB) wirksam ist, richtet sich demnach nach den Vorschriften des Bürgerlichen Rechts und kann nicht danach beurteilt werden, ob die Aufrechnungsverfügung als Verwaltungsakt den Bestimmtheitserfordernissen des § 119 Abs.1 AO 1977 entspräche und ob sie als Verwaltungsakt nach § 125 AO 1977 nichtig wäre (vgl. BFH-Urteil vom 25. April 1989 VII R 105/87).
2. Die Aufrechnungserklärung des FA kann mündlich, schriftlich oder durch schlüssige --dem Erklärungsempfänger erkennbare-- Handlung erfolgen. Da die Aufrechnungserklärung eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung darstellt, die ohne Zutun des Erklärungsempfängers rechtsgestaltend auf dessen Rechtsstellung einwirkt, muß sich nur der Wille zur Tilgung und Verrechnung klar und unzweideutig aus der Aufrechnungserklärung ergeben. Ist indes streitig, ob eine Forderung durch Aufrechnung erloschen ist, weil die Gegenforderung nicht bestehen soll, so ist die Konkretisierung der Forderung, mit der die Aufrechnung erklärt wurde, unumgänglich. Bei Geltendmachung einer solchen unbestimmt erklärten Aufrechnung im gerichtlichen Verfahren muß der Aufrechnende spätestens bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung der Tatsacheninstanz darlegen, welche Forderungen ihm nach seiner Auffassung zur Aufrechnung zur Verfügung gestanden haben.
3. Sinn und Zweck des Abrechnungsbescheides bestehen erkennbar darin, über eine Streitigkeit zwischen Schuldner und Gläubiger, die die Verwirklichung von Steueransprüchen betrifft, eine für die Beteiligten verbindliche Klärung zu schaffen. Die Anforderungen an die nach § 119 AO 1977 erforderliche inhaltliche Bestimmtheit des Verwaltungsakts sind demgemäß danach auszurichten, daß die Klärung der im Einzelfall bestehenden Streitigkeit erreicht wird (vgl. BFH-Urteil vom 5. Juli 1988 VII R 142/84; Ausführungen zum notwendigen Inhalt eines Abrechnungsbescheids).
Normenkette
AO 1977 §§ 118, 119 Abs. 1, § 125 Abs. 1, § 218 Abs. 2, § 226 Abs. 1; BGB §§ 387-389, 396 Abs. 1, § 406
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin) wurde von dem Steuerpflichtigen G mit der beim Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt --FA--) abgegebenen Umsatzsteuererklärung 1992 der daraus resultierende Steuererstattungsanspruch abgetreten. Die Abtretungserklärung auf dem amtlich vorgeschriebenen Vordruck ging am 22. Oktober 1993 beim FA ein. Zugleich mit dem Erlaß des Umsatzsteuerbescheides 1992 teilte das FA der Klägerin mit, daß das Guthaben von 185 DM mit rückständigen Steuerschulden verrechnet werde, und erklärte insoweit die Aufrechnung. Ferner erteilte das FA der Klägerin einen Abrechnungsbescheid, in dem es eine Auszahlung des Guthabens ablehnte. Die Gegenforderung des FA ist weder im Abrechnungsbescheid noch in der zurückweisenden Einspruchsentscheidung bezeichnet. Erst im Klageverfahren teilte das FA mit, daß es mit Umsatzsteueransprüchen 1982 gegenüber dem Altgläubiger (Zedent) aufgerechnet habe.
Die Klage der Klägerin führte zur Aufhebung des Abrechnungsbescheids und der Einspruchsentscheidung. Das Finanzgericht (FG) führte im wesentlichen aus, die angefochtenen Verwaltungsakte seien mangels hinreichender inhaltlicher Bestimmtheit unwirksam, weil in ihnen die Gegenforderung, mit der das FA aufgerechnet habe, nicht bezeichnet sei. Der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), wonach der Aufrechnende noch bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz darlegen könne, welche Forderungen ihm nach seiner Auffassung zur Aufrechnung zur Verfügung gestanden hätten, könne nicht gefolgt werden, da sie nicht hinreichend zwischen der Wirksamkeit einer Aufrechnungserklärung und den formellen Anforderungen an die Rechtmäßigkeit eines Abrechnungsbescheides differenziere. Wegen der Begründung des FG im einzelnen wird auf den Urteilsabdruck in Entscheidungen der Finanzgerichte 1996, 904 Bezug genommen.
Mit der vom FG wegen Divergenz zugelassenen Revision beruft sich das FA auf die Abweichung der Vorentscheidung von der Rechtsprechung des BFH, der es sich anschließt. Es meint, die Bezeichnung der Gegenforderung sei rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung des FG nachgeholt worden.
Das FA beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG (§ 126 Abs.3 Nr.2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
Das FG hat den Abrechnungsbescheid und die Einspruchsentscheidung zu Unrecht mit der Begründung aufgehoben, die angefochtenen Verwaltungsakte seien mangels Angabe der Gegenforderung, mit der das FG aufgerechnet habe, inhaltlich nicht hinreichend bestimmt.
1. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (Urteil vom 2. April 1987 VII R 148/83, BFHE 149, 482, BStBl II 1987, 536) ist die Aufrechnungserklärung des FA mit Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis die rechtsgeschäftliche Ausübung eines Gestaltungsrechts und für sich allein kein Verwaltungsakt. Ob die Aufrechnung des FA gegenüber der Klägerin (vom 30. November 1993) als rechtsgeschäftliche Willenserklärung (§ 226 Abs.1 der Abgabenordnung --AO 1977-- i.V.m. §§ 388, 389 des Bürgerlichen Gesetzbuches --BGB--) wirksam ist, richtet sich demnach nach den Vorschriften des Bürgerlichen Rechts und kann nicht danach beurteilt werden, ob die Aufrechnungsverfügung als Verwaltungsakt den Bestimmtheitserfordernissen des § 119 Abs.1 AO 1977 entspräche und ob sie als Verwaltungsakt nach § 125 AO 1977 nichtig wäre (vgl. Urteil des Senats vom 25. April 1989 VII R 105/87, BFH/NV 1990, 141, 142).
In Rechtsprechung und Schrifttum wird zwar z.T. die Auffassung vertreten, daß das FA in der Aufrechnungserklärung die Steuerforderungen, mit denen es aufrechnen will, nach Steuerart, Betrag und bei laufend veranlagten Steuern nach dem Veranlagungszeitraum bezeichnen muß (vgl. BFH-Urteil vom 17. März 1964 VII 142/62, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Reichsabgabenordnung, § 124, Rechtsspruch 18; von Wallis in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10.Aufl., § 226 AO 1977 Anm.26). Diese Ansicht ist insoweit überholt, als sie auf die Annahme der Rechtsnatur der Aufrechnung als belastender Verwaltungsakt gestützt wird (Senat in BFH/NV 1990, 141, 142).
Der erkennende Senat hat demgegenüber wiederholt entschieden, daß für die Aufrechnungserklärung eine besondere Form nicht vorgeschrieben ist; sie kann mündlich, schriftlich oder durch schlüssige --dem Erklärungsempfänger erkennbare-- Handlung erfolgen. Da die Aufrechnungserklärung eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung darstellt, die ohne Zutun des Erklärungsempfängers rechtsgestaltend auf dessen Rechtsstellung einwirkt, muß sich nur der Wille zur Tilgung und Verrechnung klar und unzweideutig aus der Aufrechnungserklärung ergeben. Auch die Nichtbezeichnung der Forderung, mit der aufgerechnet werden soll, steht der Wirksamkeit einer Aufrechnungserklärung nicht entgegen. Aus § 396 Abs.1 BGB folgt vielmehr, daß beim Bestehen mehrerer Forderungen die Aufrechnung erklärt werden kann, ohne im einzelnen aufzuzeigen, mit welcher Forderung aufgerechnet wird. Ist indes streitig, ob eine Forderung durch Aufrechnung erloschen ist, weil die Gegenforderung nicht bestehen soll, so ist die Konkretisierung der Forderung, mit der die Aufrechnung erklärt wurde, unumgänglich. Bei Geltendmachung einer solchen unbestimmt erklärten Aufrechnung im gerichtlichen Verfahren muß der Aufrechnende spätestens bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung der Tatsacheninstanz darlegen, welche Forderungen ihm nach seiner Auffassung zur Aufrechnung zur Verfügung gestanden haben (Senatsurteile vom 3. November 1983 VII R 153/82, BFHE 140, 10, BStBl II 1984, 184; vom 6. Februar 1990 VII R 86/88, BFHE 160, 108, BStBl II 1990, 523, 525 --jeweils mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs--; vom 15. Oktober 1996 VII R 46/96, BStBl II 1997, 171, und in BFH/NV 1990, 141, 142).
Der Senat hält an dieser Rechtsauffassung, die auch im Schrifttum Zustimmung gefunden hat (Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16.Aufl., § 226 AO 1977 Tz.18; Schultz in Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, § 226 AO 1977 Rdnr.18; Frotscher in Schwarz, Abgabenordnung, § 226 Anm.8) fest. Sie gilt --wie sich aus den vorstehend zitierten Entscheidungen ergibt-- insbesondere auch dann, wenn --wie im Streitfall-- über die Frage der Wirksamkeit der Aufrechnung im Verfahren über einen Abrechnungsbescheid (§ 218 Abs.2 AO 1977) zu entscheiden ist. Die im Streitfall ergangene Aufrechnungserklärung des FA gegenüber der Klägerin ist demnach trotz der fehlenden Bezeichnung der Gegenforderung wirksam. Denn in dem von der Vorentscheidung in Bezug genommenen Schreiben des FA vom 30. November 1993 wird die Aufrechnung gegenüber dem an die Klägerin abgetretenen Umsatzsteuerguthaben eindeutig erklärt und der Wille des FA zur Tilgung und Verrechnung klar und unzweideutig zum Ausdruck gebracht (§ 226 Abs.1 AO 1977 i.V.m. §§ 157, 242, 388, 389 BGB). Wie oben ausgeführt, genügt es für die Wirksamkeit der Aufrechnung, daß die Gegenforderung, mit der das FA aufrechnen will (Umsatzsteueranspruch 1982 gegen den Altgläubiger; § 406 BGB), im Klageverfahren vor dem FG konkretisiert worden ist.
2. Entgegen der Auffassung des FG stehen auch die Anforderungen an die inhaltliche Bestimmtheit (§ 119 Abs.1 AO 1977) des angefochtenen Abrechnungsbescheids (hier: in der Gestalt der Einspruchsentscheidung, § 44 Abs.2 FGO) der Konkretisierung der Gegenforderung erst in der gerichtlichen Tatsacheninstanz nicht entgegen. Das folgt schon daraus, daß ansonsten die vorstehend dargestellte Rechtsprechung des Senats ihren Sinn verlöre; denn über die Frage der Wirksamkeit einer Aufrechnung wird regelmäßig --wie im Streitfall und auch in den zitierten Urteilsfällen-- durch Abrechnungsbescheid entschieden.
Nach § 218 Abs.2 Satz 1 AO 1977 ist über Streitigkeiten, die die Verwirklichung von Ansprüchen aus Steuerschuldverhältnissen betreffen, durch einen Verwaltungsakt zu entscheiden, der in Anlehnung an die frühere Regelung in § 125 der Reichsabgabenordnung (AO) allgemein als Abrechnungsbescheid bezeichnet wird. Sinn und Zweck dieses Bescheides bestehen erkennbar darin, über eine Streitigkeit zwischen Schuldner und Gläubiger, die die Verwirklichung von Steueransprüchen betrifft, eine für die Beteiligten verbindliche Klärung zu schaffen. Die Anforderungen an die nach § 119 AO 1977 erforderliche inhaltliche Bestimmtheit des Verwaltungsakts sind demgemäß danach auszurichten, daß die Klärung der im Einzelfall bestehenden Streitigkeit erreicht wird (Senatsurteil vom 5. Juli 1988 VII R 142/84, BFH/NV 1990, 69).
Da im Abrechnungsbescheid über das Erlöschen von Zahlungsverpflichtungen zu entscheiden ist (vgl. den Wortlaut von § 125 AO), muß in ihm oder jedenfalls in der Einspruchsentscheidung angegeben sein, ob und ggf. wodurch (vgl. die Erlöschensgründe gemäß § 47 AO 1977) die streitige Zahlungsverpflichtung erloschen ist (Urteile des Senats vom 27. März 1968 VII 306/64, BFHE 92, 160, BStBl II 1968, 501, und in BFH/NV 1990, 69, 70; Tipke/Kruse, a.a.O., § 218 AO 1977 Tz.9). In diesem Sinne hat bereits der Reichsfinanzhof --RFH-- (einschränkend) entschieden, daß beim Vorliegen von Meinungsverschiedenheiten der Abrechnungsbescheid sich auf die Feststellung zu beschränken hat, ob und wieweit bestimmte Zahlungsverpflichtungen erloschen sind, er aber nicht die Abstimmung aller gegenseitigen Ansprüche eines bestimmten Zeitraums enthalten muß (RFH-Urteil vom 3. Mai 1933 IV A 289/32, RFHE 33, 145).
Diesen Anforderungen wird --entgegen der Vorentscheidung-- der der Klägerin erteilte Abrechnungsbescheid i.d.F. der Einspruchsentscheidung gerecht. Im Abrechnungsbescheid und in der Einspruchsentscheidung wird die beantragte Auszahlung der abgetretenen Umsatzsteuerguthaben an die Klägerin unter Hinweis auf die Aufrechnung des FA als Erlöschensgrund (vgl. § 47 AO 1977) abgelehnt. Die Hauptforderung, gegen die das FA aufgerechnet hat, ist hinreichend bestimmt. Daß es sich hierbei um das von G an die Klägerin abgetretene Umsatzsteuerguthaben 1992 handelt, geht aus den Verwaltungsentscheidungen eindeutig hervor und konnte für die Klägerin nicht zweifelhaft sein. Die angefochtenen Verwaltungsakte führen auch zu einer Klärung der im Streitfall bestehenden Streitigkeit. Denn sie gehen auf den von der Klägerin vorgebrachten Einwand ein, sie habe bereits früher (am 5. Januar 1983) eine Abtretung von dem Zedenten erhalten, und stellen demgegenüber klar, daß die Abtretung gemäß § 46 Abs.2 AO 1977 erst mit dem Zugang der Abtretungsanzeige bei der Finanzbehörde (hier am 22. Oktober 1993) wirksam wird und alle Ansprüche, die --wie im Streitfall-- vor diesem Zeitpunkt entstanden sind, von der Finanzbehörde aufgerechnet werden können. Zu einer Konkretisierung der Gegenforderung, mit der das FA aufgerechnet hat, bestand im Abrechnungsverfahren keine zwingende Notwendigkeit, weil die Klägerin gegen den Bestand der Gegenforderung und ihre Aufrechenbarkeit gemäß § 406 BGB keine Einwendungen erhoben hatte. Über die konkrete Streitfrage hinaus können Angaben zur Frage der Aufrechnung nicht gefordert werden (vgl. Senat in BFH/NV 1990, 69, 70, dort zur Frage der Verjährung). Der Abrechnungsbescheid in der Gestalt der Einspruchsentscheidung war somit unter Berücksichtigung der zwischen den Beteiligten bestehenden Streitigkeit i.S. des § 119 Abs.1 AO 1977 hinreichend bestimmt.
Da die Anforderungen an die inhaltliche Bestimmtheit eines Abrechnungsbescheids --wie ausgeführt-- von der im Einzelfall bestehenden Streitigkeit bestimmt werden, brauchte das FA im Streitfall die zur Aufrechnung verwendete Gegenforderung sowie die Zeitpunkte ihrer Entstehung und Fälligkeit nicht zu bezeichnen, da diese Merkmale des Aufrechnungstatbestandes von dem von der Klägerin aufgeworfenen Streit über die Zulässigkeit der Aufrechnung nicht umfaßt wurden. Daß der Aufrechnungsgegner ohne diese Angaben die Rechtmäßigkeit und Wirksamkeit der ihm mitgeteilten Aufrechnung nicht überprüfen kann, steht der vorstehenden Beurteilung nicht entgegen. Denn die Klägerin hätte, wenn sie im Hinblick auf die Gegenforderung Zweifel an der Wirksamkeit der Aufrechnung gehabt hätte, noch innerhalb des Abrechnungsverfahrens insoweit eine Konkretisierung verlangen können, die dann noch in der Einspruchsentscheidung hätte erfolgen können. Da sie aber die Konkretisierung der Gegenforderung nicht zum Gegenstand der Streitigkeit über die Verwirklichung des an sie abgetretenen Erstattungsanspruchs gemacht hat (§ 218 Abs.2 AO 1977), braucht der Senat für die Frage der inhaltlichen Bestimmtheit des angefochtenen Abrechnungsbescheids nicht zu entscheiden, ob die fehlenden, im Klageverfahren nachgeholten Angaben nicht ohnehin als materiell-rechtliche Gesichtspunkte der Aufrechnung die Begründetheit des Abrechnungsbescheids und nicht die Frage nach seinem formellen Bestand i.S. des § 119 Abs.1 AO 1977 betreffen (vgl. zu dieser Unterscheidung fehlender Angaben bei einem Haftungsbescheid: Urteil des Senats vom 8. März 1988 VII R 6/87, BFHE 152, 418, BStBl II 1988, 480, 482). Bei der hier vorliegenden Aufrechnung des FA gegenüber der Neugläubigerin (Zessionarin) mit Steuerschulden des Altgläubigers (Zedenten) gemäß § 406 BGB wäre mit der genauen Benennung der Gegenforderung im Abrechnungsbescheid hinsichtlich dessen inhaltlicher Bestimmtheit ohnehin nicht viel gewonnen. Denn der Neugläubiger, der mit der Abtretung des reinen Zahlungsanspruchs des bisherigen Erstattungsgläubigers nur eine eingeschränkte Rechtsstellung erlangt (vgl. BFH-Beschluß vom 27. Januar 1993 II S 10/92, BFH/NV 1993, 350, m.w.N.), kann ohne die Einschaltung und Mitwirkung des Zedenten, die aber nicht in allen Fällen gewährleistet ist, die Rechtmäßigkeit einer solchen vom FA erklärten Aufrechnung in der Regel nicht überprüfen.
Soweit zusätzlich zu den vorstehenden Anforderungen in der BFH-Rechtsprechung noch ausgeführt wird, zur hinreichenden inhaltlichen Bestimmtheit eines Abrechnungsbescheides gehöre --neben der Angabe des Erlöschensgrundes-- auch die Bezeichnung des bzw. der Steueransprüche (aufgegliedert) nach Steuerart, Zeitraum (Steuerjahr) und Betrag (Senatsurteile vom 8. Juni 1966 VII 293/64, BFHE 86, 409, BStBl III 1966, 563; vom 1. August 1979 VII R 115/76, BFHE 128, 251, BStBl II 1979, 714, und in BFH/NV 1990, 69, 70; ebenso: Tipke/Kruse, a.a.O., § 218 AO 1977 Tz.9; Baumdicker, Der Erlaß eines Abrechnungsbescheides nach § 218 Abs.2 AO, Deutsche Steuer-Zeitung 1982, 188, 189), beziehen sich diese Anforderungen auf den bzw. die Steueransprüche, die Gegenstand des Abrechnungsbescheides sind. Das ist im Streitfall das an die Klägerin abgetretene Umsatzsteuerguthaben 1992 des G, das im Abrechnungsbescheid und in der Einspruchsentscheidung als solches auch betragsmäßig eindeutig bezeichnet ist und hinsichtlich dessen, da es sich um das Guthaben aus einer Steuerart für einen Veranlagungszeitraum handelt, eine weitere Aufgliederung nicht in Betracht kommt. Wie oben ausgeführt reicht zur inhaltlichen Bestimmtheit des Abrechnungsbescheids die Angabe aus, daß dieses abgetretene Umsatzsteuerguthaben, über dessen Verwirklichung die Beteiligten streiten, durch Aufrechnung seitens des FA erloschen ist. Die Konkretisierung der Gegenforderung im Falle der Aufrechnung als Erlöschensgrund im Abrechnungsbescheid ist auch von der bisherigen Rechtsprechung nicht verlangt worden.
3. Da die Vorentscheidung auf einer anderen Rechtsauffassung beruht, war sie aufzuheben. Die Sache ist mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen der Vorinstanz nicht spruchreif (§ 126 Abs.3 Nr.2 FGO).
Das FG hat --von seinem Rechtsstandpunkt aus zutreffend-- ausdrücklich offengelassen, ob die Aufrechnungserklärung des FA wirksam war. Insbesondere fehlen Feststellungen darüber, ob hier die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Aufrechnung des FA mit der ihm gegen den Zedenten G zustehenden Steuerforderung, die im Klageverfahren konkretisiert worden ist, gegenüber der Klägerin nach § 406 BGB gegeben sind. Das FG wird die dafür notwendigen Feststellungen (Bestehen der Gegenforderung, ggf. Zeitpunkt der Entstehung und Fälligkeit) nachzuholen und sodann über die Wirksamkeit der vom FA erklärten Aufrechnung zu entscheiden haben.
Fundstellen
Haufe-Index 66170 |
BFH/NV 1997, 323 |
BStBl II 1997, 479 |
BFHE 182, 276 |
BFHE 1997, 276 |
BB 1997, 1402 (Leitsatz) |
DB 1997, 1316 (Leitsatz) |
DStRE 1997, 613-615 (Leitsatz und Gründe) |
DStZ 1997, 655 (Leitsatz) |
HFR 1997, 555-556 (Leitsatz) |
StE 1997, 398-399 (Kurzwiedergabe) |