Leitsatz (amtlich)
1. Wird über das Vermögen einer Kapitalgesellschaft das Konkursverfahren eröffnet, so ist das FA regelmäßig berechtigt, die Gesellschafter als Haftende für die Gesellschaftsteuer in Anspruch zu nehmen (Anschluß an BFH-Urteil vom 4. Juli 1979 II R 74/77, BFHE 129, 201, BStBl II 1980, 126).
2. Wird geltend gemacht, daß die Tilgung der Gesellschaftsteuer noch durch Aufrechnung herbeigeführt werden könne, so hindert dies weder den Erlaß eines Haftungsbescheides noch einer Zahlungsaufforderung. Die berechtigten Interessen der Haftenden können ggf. durch Stundung gewahrt werden.
Normenkette
KVStG 1959/1972 § 10 Abs. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger beteiligte sich neben zahlreichen anderen Kapitalanlegern als Kommanditist an der X. GmbH & Co. KG (KG). Persönlich haftende Gesellschafterin der KG war die X. GmbH. Der Kläger zahlte seine Kommanditeinlage im Jahre 1972 ein, das Aufgeld von 7,5 v. H. bereits im Jahre 1971.
Im Februar 1973 führte das beklagte Finanzamt (FA) eine Verkehrsteuerprüfung durch, bei der der Prüfer im einzelnen ermittelte, welche Einzahlungen auf das Kommanditkapital und das Aufgeld bis zum 31. Dezember 1971 und in der Zeit vom 1. Januar 1972 bis zum 30. Januar 1973 geleistet worden waren. Im Anschluß daran erließ das FA je einen Gesellschaftsteuerbescheid gegen die GmbH (wegen der Einzahlungen bis zum 31. Dezember 1971) und gegen die KG (wegen der Einzahlungen vom 1. Januar 1972 bis zum 30. Januar 1973). Durch die Bescheide wurden auch die Einzahlungen des Klägers erfaßt.
Die GmbH und die KG beantragten die zinslose Stundung der angeforderten Gesellschaftsteuer. Der Stundungsantrag wurde mit der angespannten finanziellen Situation begründet. Die Antragsteller wiesen dabei darauf hin, daß die Steuerzahlung mit Hilfe der zu erwartenden erheblichen Investitionszulagen erfolgen würde. Mit Zustimmung der Oberfinanzdirektion (OFD) wurde den Stundungsanträgen bis zur Auszahlung der Investitionszulage, längstens bis zum 31. Dezember 1973, entsprochen. Über weitere Stundungsanträge der KG und der GmbH ist bis zur Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der KG (Mai 1974) und der GmbH (Oktober 1974) nicht mehr entschieden worden.
Am 1. November 1974 erließ das FA u. a. gegen den Kläger einen Haftungsbescheid über 21 875 DM. Hiervon entfielen ...DM auf das 1971 gezahlte Aufgeld und ...DM auf die 1972 geleisteten Kommanditeinlagen.
Der Kläger legte Einspruch ein und machte geltend, seine Inanspruchnahme sei ermessensfehlerhaft. Es habe noch die Möglichkeit bestanden, gegen die Gesellschaftsteueransprüche mit Forderungen der KG auf Investitionszulagen und mit Umsatzsteuererstattungsansprüchen aufzurechnen. Es hätten auch die noch ausstehenden Kommanditeinlagen zur Tilgung der rückständigen Steuer herangezogen werden können. Im übrigen hätten vor einer Heranziehung der Kommanditisten die Geschäftsführer der GmbH haftbar gemacht werden müssen, da diese schuldhaft ihre Pflichten zur Abführung der von den Kommanditisten über das Aufgeld gezahlten Gesellschaftsteuer verletzt hätten. Schließlich sei das Recht zur Inanspruchnahme der Kommanditisten dadurch verwirkt worden, daß das FA die Gesellschaftsteuer nicht im Anschluß an die Betriebsprüfung beigetrieben habe. Zu diesem Zeitpunkt seien noch entsprechende Mittel vorhanden gewesen.
Das FA hat den Einspruch zurückgewiesen. Es hat im wesentlichen ausgeführt:
Eine Aufrechnung sei nicht möglich gewesen, da das FA für Körperschaften weder Investitionszulagen in entsprechender Höhe noch Umsatzsteuererstattungsansprüche festgesetzt habe. Die Pfändung und Geltendmachung etwaiger Ansprüche der KG auf Einzahlung von Kommanditeinlagen sei mit erheblichen Risiken und Kosten verbunden gewesen; deshalb sei davon Abstand genommen worden. Eine Inanspruchnahme der Geschäftsführer sei von der Erfüllung besonderer Voraussetzungen abhängig, während der Haftungsanspruch der Kommanditisten sich unmittelbar aus der Entstehung der Gesellschaftsteuer ergebe.
Der Haftungsanspruch sei auch nicht verwirkt; denn das FA habe zu keinem Zeitpunkt zu erkennen gegeben, daß es auf eine Inanspruchnahme der Kommanditisten verzichten wolle. Die Mitteilungen des Handelsregisters über den Beitritt der einzelnen Kommanditisten besagten nichts über die Entstehung des Steueranspruchs, da dieser erst durch die Einzahlung der Kommanditeinlagen entstehe. Mangels entsprechender Mitteilungen der GmbH und der KG habe es deshalb zur Feststellung der Steuerpflicht einer Prüfung bedurft.
Das FA sei auch zur Stundung der festgesetzten Steuer berechtigt gewesen, solange noch damit zu rechnen gewesen sei, daß die Steuerschuldner ihre Steuerschuld begleichen würden. Vorher habe noch keine Veranlassung bestanden, an die Kommanditisten als Haftende heranzutreten.
Mit seiner Klage auf Aufhebung des Haftungsbescheides hat der Kläger im wesentlichen seinen bisherigen Vortrag wiederholt.
Zusätzlich hat er noch geltend gemacht, daß der Haftungsbescheid inhaltlich nicht hinreichend bestimmt sei. Im übrigen hat er den Hinweis auf das Bestehen von Umsatzsteuererstattungsansprüchen der KG dahin konkretisiert, daß sich dieser aus der Option der KG für die Umsatzsteuerpflicht hinsichtlich der Lieferung des zwangsversteigerten Grundstücks ergebe. Die Verwaltung lehne die Möglichkeit einer Option bei einer Zwangsversteigerung zwar ab. Diese Auffassung sei jedoch nicht richtig (vgl. Eggesiecker in Finanz-Rundschau -- FR -- 1978, 181). Werde die Option anerkannt, so ergebe sich ein Vorsteuerabzug, der die festzusetzende Umsatzsteuer erheblich übersteige. Dieses Guthaben könnte u. a. zur Deckung der rückständigen Gesellschaftsteuer verwendet werden.
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen.
Der Kläger hat Revision eingelegt und seinen Klagantrag weiterverfolgt.
Entscheidungsgründe
Seine Revision ist unbegründet. Das FG ist zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, daß der angefochtene Haftungsbescheid in der Gestalt der Einspruchsentscheidung frei von Rechtsfehlern ist.
1. Der angefochtene Haftungsbescheid ist inhaltlich hinreichend bestimmt. Er unterscheidet wegen der Änderung des Steuersatzes ab 1. Januar 1972 zwischen dem bereits 1971 eingezahlten Aufgeld in Höhe von 75 000 DM und den 1972 geleisteten Kommanditeinlagen von 1 Mio. DM. Damit sind alle in diesem Zusammenhang als Steuermaßstab in Betracht kommenden Zahlungen erfaßt worden. Inhaltliche Unklarheiten über den Haftungsbescheid konnte es unter diesen Umständen nicht geben.
Hieran ändert auch der Umstand nichts, daß durch den Haftungsbescheid, soweit ersichtlich, mehrere Steuerfälle erfaßt worden sind. Denn es ist zulässig, mehrere eine Kapitalgesellschaft betreffende Steuerfälle in einem gegen einen Gesellschafter erlassenen Haftungsbescheid zusammenzufassen. Es gilt hier nichts anderes als für die Zusammenfassung von Gesellschaftsteuerfällen (vgl. hierzu das Urteil vom 15. Oktober 1980 II R 127/77, BFHE 131, 448, BStBl II 1981, 84).
Auch die weitere Voraussetzung ist erfüllt, daß der Haftungsbescheid eindeutig erkennen lassen muß, welche Vorgänge im einzelnen zusammengefaßt worden sind. Diese Vorgänge sind dadurch ausreichend umschrieben, daß der Beitritt des Klägers zur KG und die von ihm erbrachten Leistungen genannt worden sind. Ohne Bedeutung ist dabei, ob der Kläger etwa mehrere Beitrittserklärungen (gleichzeitig oder nacheinander) abgegeben hat.
Die Frage, ob die Gesellschaftsteuer jeweils aus Nr. 1 oder aus Nr. 2 des § 2 Abs. 1 KVStG 1959/1972 entstanden ist, berührt nicht die hinreichende inhaltliche Bestimmtheit des Haftungsbescheides, sondern seine Begründung. Hierzu hat der Senat bereits entschieden, daß eine alternative Begründung zulässig ist, wenn die Bemessungsgrundlage für jede angenommene Alternative gleich ist (vgl. das Urteil vom 23. April 1975 II R 71/71, BFHE 116, 57, BStBl II 1975, 719; der Fall des Urteils vom 1. August 1979 II R 133/73, BFHE 128, 341, BStBl II 1979, 744 ist nicht vergleichbar).
Der Kläger kann sich für seine abweichende Auffassung auch nicht auf das Urteil des Senats vom 7. November 1973 II 201/65 (BFHE 111, 548, BStBl II 1974, 386) berufen. Dort ging es um die Haftung für die Gesellschaftsteuerschulden verschiedener Kapitalgesellschaften. Auch der vom I. Senat mit Urteil vom 23. Februar 1977 I R 243/74 (BFHE 121, 307, BStBl II 1977, 366) entschiedene Fall ist nicht vergleichbar. Dort war die Haftung für die Körperschaftsteuer aus verschiedenen Veranlagungszeiträumen streitig. Auf die Gesellschaftsteuer als Einzelsteuer sind die Grundsätze dieses Urteils nicht übertragbar.
2. Der Kläger hafter für die richtig errechnete Gesellschaftsteuer als Kommanditist gemäß § 10 Abs. 2 Nrn. 1, 2 KVStG 1959/1972.
Der Senat geht dabei davon aus, daß der Kläger den für die Verwirklichung des Tatbestandes des § 2 Abs. 1 Nr. 1 KVStG 1959 maßgebenden Beitrittsvertrag vor dem 1. Januar 1972 abgeschlossen hat und daß deshalb die Zahlung des Aufgeldes von 75 000 DM zur Zahlung einer Steuer in Höhe von 1 875 DM im Jahre 1971 geführt hat, und zwar entweder aus der Nr. 1 oder der Nr. 2 des § 2 Abs. 1 KVStG 1959. Da die KG bereits seit längerer Zeit bestand, wirkte die spätere Eintragung des Beitritts in das Handelsregister nur deklaratorisch. Wegen der Einzahlung der Einlage von 1 Mio. DM ist die Steuer 1972 aus § 2 Abs. 1 Nr. 2 KVStG 1972 entstanden.
Es ist unstreitig, daß die auf den Kläger entfallende Gesellschaftsteuer in Höhe von ...DM bei Erlaß des Haftungsbescheides bzw. bei Ergehen der Einspruchsentscheidung (vgl. hierzu das Urteil vom 17. Oktober 1980 Vl R 136/77, BFHE 131, 449, BStBl II 1981, 138) noch in voller Höhe rückständig war. Spätere Zahlungen hat das FA in seinem Schreiben vom 25. Januar 1980 an das FG über die Ermäßigung des Haftungsbetrages berücksichtigt.
3. Das FA hat den Kläger zu Recht als Haftungsschuldner durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen (vgl. § 118 der Reichsabgabenordnung -- AO a. F. --).
a) Nachdem die Steuerbescheide gegen die GmbH bzw. die KG ergangen waren und Zahlungen infolge der Eröffnung des Konkursverfahrens (jedenfalls zunächst) nicht mehr zu erwarten waren, entsprach es der Ausübung pflichtgemäßen Ermessens, daß das FA nunmehr die Kommanditisten der KG als Haftende in Anspruch nahm. Es bestand keine Notwendigkeit, mit dem Erlaß des Haftungsbescheides etwa so lange zu warten, bis die Ergebnisse des Konkursverfahrens feststanden. Durch die Eröffnung des Konkursverfahrens wird die Zahlungsunfähigkeit der Steuerschuldner dokumentiert. Damit entfallen alle Hinderungsgründe für die Inanspruchnahme der Gesellschafter als Haftende. Dies gilt selbst für den Fall, daß noch eine Quote oder gar die volle Erfüllung der Steuerforderungen zu erwarten ist. Die Gesellschafter werden dadurch nicht benachteiligt. Bei Zahlung aufgrund der Haftungsbescheide würden die Konkursforderungen auf den Zahlenden übergehen (vgl. das Urteil des Senats vom 12. Mai 1976 II R 187/72, BFHE 119, 188, BStBl II 1976, 579).
b) Wie der Senat in seinem Urteil vom 4. Juli 1979 II R 74/77 (BFHE 129, 201, BStBl II 1980, 126) entschieden hat, tragen die Gesellschafter grundsätzlich das Risiko, daß die Gesellschaftsteuer bei dem Schuldner nicht mehr beigetrieben werden kann. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Steuerausfall auf eine besonders grobe Pflichtverletzung der Bediensteten des zuständigen FA beruht (vgl. hierzu z. B. das Urteil vom 6. Oktober 1982 II R 34/81, BFHE 137, 88, BStBl II 1983, 135). Ein solcher Ausnahmefall liegt nicht vor. Es entsprach deshalb pflichtgemäßem Ermessen, den Haftungsbescheid alsbald nach Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der KG und der GmbH zu erlassen.
c) Dem FA kann nicht entgegengehalten werden, daß es die Steuerbescheide erst geraume Zeit nach der Entstehung der Steueransprüche erlassen hat. Dies ist allein darauf zurückzuführen, daß die KG und die GmbH es unterlassen haben, dem FA jeweils mitzuteilen, inwieweit durch die Zahlungen der Kommanditisten Gesellschaftsteuer entstanden sei. Das FA mußte unter diesen Umständen die Zahlen durch eine Betriebsprüfung gewinnen. Das Verhalten der Organe der Gesellschaften müssen die Kommanditisten gegen sich gelten lassen.
d) Der Kläger kann als Kommanditist auch nicht mit Erfolg geltend machen, das FA hätte den Stundungsanträgen nicht stattgeben dürfen. Diese Anträge sind durch die berufenen Organe gestellt worden, die für die KG und für die GmbH und damit auch für die Kommanditisten als gesamthänderische Miteigentümer des Gesellschaftsvermögens der KG tätig wurden. Die Stundungsanträge dienten dazu, Liquiditätsengpässe zu überbrücken, bis die beantragten Investitionszulagen, also Forderungen, die sich gegen das FA richteten, erfüllt würden.
Auch der Umstand, daß die Kommanditisten ein Aufgeld zu zahlen hatten, aus dem u. a. die Gesellschaftsteuer gedeckt werden sollte, führt nicht zu der Auffassung, daß das FA und die OFD pflichtwidrig oder gar in grober Weise pflichtwidrig gehandelt hätten, als sie den Stundungsanträgen bis zum 31. Dezember 1973 stattgaben. Schien eine Stundung mit Rücksicht auf zu erwartende Zahlungen auf die beantragte Investitionszulage gerechtfertigt zu sein, so bestand für das FA und die OFD keine zwingende Veranlassung, die Stundungsanträge wegen der bereits geleisteten Zahlungen auf das Aufgeld abzulehnen. Die entsprechenden Teile des Aufgeldes waren nicht etwa durchlaufende Posten, die der KG nicht zustanden, sondern Teile der Leistungen, die die Kommanditisten für den Erwerb der Kommanditanteile zu erbringen hatten. Durch die Zahlung des Aufgeldes wurden die Kommanditisten deshalb noch nicht von ihrer Haftung befreit. Wollten sie dieses Risiko nicht eingehen, so hätten sie dafür (ggf. über den Beirat) Sorge tragen müssen, daß die entsprechenden Teile der Aufgelder unmittelbar an das FA gelangen.
e) Die Haftung des Klägers wird nicht dadurch berührt, daß das FA keine Haftungsbescheide gegen die Geschäftsführer der GmbH erließ. Der Kläger haftet allein deshalb, weil er als Kommanditist der Gesellschaft den objektiven Tatbestand verwirklicht hatte, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft. Die Geschäftsführer könnten demgegenüber nur bei schuldhafter Verletzung der ihnen durch § 103 AO a. F. auferlegten Pflichten in Anspruch genommen werden. Ob eine derartige Pflichtverletzung vorlag und auch hätte nachgewiesen werden können (vgl. das Urteil vom 8. Juli 1982 V R 7/76, BFHE 137, 1, BStBl II 1982, 714), mag dahinstehen. Jedenfalls wäre das Risiko einer etwaigen Inanspruchnahme beträchtlich gewesen. Unter diesen Umständen war es nicht ermessensfehlerhaft, daß das FA die Kommanditisten in Anspruch nahm, die allein aufgrund ihrer Gesellschafterstellung für die Gesellschaftsteuer haften. Den Kommanditisten bleibt es unbenommen, etwa bestehende Rückgriffsansprüche gegen die Geschäftsführer geltend zu machen.
f) Auch der Hinweis auf eine trotz des Konkursverfahrens fortbestehende Aufrechnungslage hat nicht zur Folge, daß die Inanspruchnahme der Haftenden ermessensfehlerhaft war. Nach Sachlage besteht darüber Streit, ob der KG noch Ansprüche gegenüber der Verwaltung zustehen, die zur Aufrechnung geeignet sind. Die Klärung derartiger strittiger Fragen kann im Einzelfall mehrere Jahre in Anspruch nehmen. Es ist nicht gerechtfertigt, den Erlaß eines Haftungsbescheides allein deshalb für ermessensfehlerhaft zu halten, weil sich möglicherweise noch aufrechenbare Erstattungsansprüche ergeben können. Dem FA kann nicht zugemutet werden, mit dem Erlaß eines Haftungsbescheides zuzuwarten, bis die strittige Aufrechnungsfrage rechtskräftig geklärt ist. Es muß vielmehr als berechtigt angesehen werden, einen Haftungsbescheid nach Eröffnung des Konkursverfahrens zu erlassen. Dies ist schon deshalb erforderlich, um den Eintritt der Verjährung hinsichtlich der Haftungsansprüche zu verhindern.
Andererseits ist nicht zu verkennen, daß die Haftenden ggf. ein Interesse daran haben können, aufgrund des Haftungsbescheides zunächst keine Zahlungen zu leisten. Denn sie könnten einen nicht zu beseitigenden Nachteil dann erleiden, wenn sie zahlen und sich später herausstellt, daß eine Aufrechnung noch möglich gewesen wäre. Durch Zahlung der Haftungsschuld würde die Steuerschuld erlöschen und damit die Aufrechnungslage endgültig wegfallen. Dadurch würden die Rückgriffsansprüche der Haftenden beeinträchtigt. Sie könnten auf die frühere Aufrechnungslage nicht mehr zurückgreifen. Unter diesen Umständen kann es im Einzelfall gerechtfertigt sein, bei einer noch denkbaren Aufrechnungslage zunächst keine tilgenden Zahlungen zu fordern, sondern vielmehr die Haftungsbeträge (ggf. gegen Sicherheitsleistung) so lange zu stunden, bis die Frage einer etwaigen Aufrechnung abschließend geklärt ist (vgl. in diesem Zusammenhang auch § 770 des Bürgerlichen Gesetzbuches).
Der Senat braucht dieser Frage im vorliegenden Verfahren nicht weiter nachzugehen; denn dieser Gesichtspunkt würde weder zu einer Aufhebung des Haftungsbescheides noch zu einer Aufhebung der Zahlungsaufforderung, sondern ggf. lediglich zu einer in einem besonderen Verfahren zu beurteilenden Stundung führen. Unter diesen Umständen bleibt es dem Kläger unbenommen, die Stundung der angeforderten Haftungsbeträge bis zur unanfechtbaren Entscheidung über die behaupteten Ansprüche der KG auf Erstattung von Steuern bzw. auf Zahlung von Zulagen zu beantragen.
Fundstellen
Haufe-Index 74685 |
BStBl II 1983, 592 |
BFHE 1983, 487 |