Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachweis der Bevollmächtigung und Fristsetzung zur Vorlage der Originalvollmacht nach der Rechtslage bis zum 31.12.2000
Leitsatz (NV)
- Nach ständiger Rechtsprechung des BFH kann der Nachweis der Bevollmächtigung nur durch Vorlage der Originalvollmacht geführt werden. Setzt das FG zur Vorlage der Originalvollmacht eine Frist mit ausschließender Wirkung, muss die Originalvollmacht dem FG vor Ablauf der Ausschlussfrist vorliegen. Die fristgerechte Übermittlung der Vollmachtsurkunde per Fax reicht auch dann nicht zur Wahrung der Ausschlussfrist aus, wenn das Original kurze Zeit nach Fristablauf beim FG eingeht. Für Fristsetzungen zum Nachweis der Vollmacht nach § 62 Abs. 3 FGO i.d.F. bis zum 31.12.2000 hält der Senat an dieser Rechtsprechung fest.
- Nach § 62 Abs. 3 Satz 6 FGO i.d.F. ab 1. Januar 2001 braucht das FG den Mangel der Vollmacht bei Bevollmächtigten i.S. des § 3 Nr. 1 bis 3 StBerG nicht mehr von Amts wegen zu berücksichtigen. Aufgrund dieser Gesetzesänderung ist möglicherweise der Nachweis der Bevollmächtigung zu erleichtern und/oder das Ermessen des Gerichts, eine Ausschlussfrist zur Vorlage der Vollmacht zu setzen, einzuschränken.
Normenkette
AO 1977 § 30 Abs. 2 Nr. 1a, § 77 Abs. 1 S. 4, § 79 Abs. 1 Nr. 1, § 78; FGO § 54 Abs. 2, § 62 Abs. 3, § 155; 2. FGOÄndG Art. 4; StBerG § 3 Nrn. 1-3; ZPO § 80 Abs. 1, § 224 Abs. 2
Tatbestand
I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) erhoben Klage gegen den Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt ―FA―) wegen Einkommensteuer 1991, 1993 und 1994 sowie Festsetzung von Verspätungszuschlag zur Einkommensteuer 1991.
Der Prozessbevollmächtigte der Kläger wurde zunächst von der Geschäftsstelle des Finanzgerichts (FG) aufgefordert, bis zum 30. Januar 2000 die Klage zu begründen und die Vollmachten vorzulegen. Auf Antrag wurde die Frist bis zum 2. März 2000 verlängert. Mit Schreiben vom 20. März 2000 forderte der Berichterstatter den Prozessbevollmächtigten der Kläger unter anderem auf, innerhalb einer Ausschlussfrist von einem Monat ab Zustellung des Schreibens "die Prozessvollmachten im Original vorzulegen" und das Klagebegehren zu bezeichnen. Die Aufforderung wurde dem Prozessbevollmächtigten durch Postzustellungsurkunde am 21. März 2000 zugestellt.
Am 25. April 2000, einem Dienstag nach Ostern, übermittelte der Prozessbevollmächtigte per Fax die Vollmachtsurkunden der Kläger vom 4. April 2000 sowie eine Klagebegründung. Die Originale der Vollmachtsurkunden gingen am 26. April 2000 beim FG ein.
Das FG wies die Klage als unzulässig ab, weil der Prozessbevollmächtigte die nach § 62 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in der bis 31. Dezember 2000 geltenden Fassung erforderlichen Prozessvollmachten nicht innerhalb der Ausschlussfrist im Original vorgelegt habe. Das Urteil wurde den Klägern laut Empfangsbekenntnis am 8. Januar 2001 zugestellt.
Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung rechtlichen Gehörs. Das FG habe die Klage zu Unrecht als unzulässig abgewiesen. Da Verfahrensvorschriften kein Selbstzweck seien, müsse bei dem Einsatz der verschiedenen neuen Technologien die Übermittlung einer Vollmacht per Telefax ausreichen. Nach der Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 5. April 2000 GmS-OGB 1/98 (BGHZ 144, 160, Neue Juristische Wochenschrift ―NJW― 2000, 2340) sei es zulässig, bestimmende Schriftsätze durch elektronische Übertragung einer Textdatei mittels eingescannter Unterschrift zu übermitteln. Wenn aber bereits die Einreichung bestimmender Schriftsätze ohne eigenhändige Unterschrift wirksam sei, so sei es absurd, die Übersendung einer Vollmacht per Telefax als unzulässig anzusehen.
Die Kläger beantragen, die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet (§ 126 Abs. 2 FGO).
Zu Recht hat das FG die Klage als unzulässig abgewiesen, weil die angeforderten Originalvollmachten erst nach Ablauf der Ausschlussfrist beim FG eingegangen sind. Die Monatsfrist endete am Karfreitag, den 21. April 2000, und verlängerte sich wegen der Osterfeiertage bis Dienstag, den 25. April 2000. Der Eingang der Originalvollmachten am 26. April 2000 war daher verspätet.
1. Das Anfordern der Originalvollmacht und das Setzen einer Ausschlussfrist für deren Vorlage waren rechtmäßig. Durch die Übermittlung der Vollmacht per Fax ist die Ausschlussfrist nicht gewahrt worden. Gründe für eine Wiedereinsetzung liegen nicht vor.
a) Die Voraussetzungen für den Nachweis der Bevollmächtigung ergeben sich im Streitfall aus § 62 Abs. 3 FGO in der bis 31. Dezember 2000 geltenden Fassung. Nach Art. 4 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757) ist bei Zustellung des FG-Urteils nach dem 31. Dezember 2000 nur die Zulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde nach den ab 2001 geltenden Vorschriften zu beurteilen. Die Rechtmäßigkeit einer gesetzten Ausschlussfrist für die Vorlage der Vollmacht richtet sich dagegen nach der Rechtslage zum Zeitpunkt der Fristsetzung im März 2000.
b) Die Bevollmächtigung ist durch eine schriftliche Vollmacht nachzuweisen (§ 62 Abs. 3 Satz 1 FGO). Die Vollmacht kann nachgereicht werden; hierfür kann der Vorsitzende oder der Berichterstatter eine Frist mit ausschließender Wirkung setzen (§ 62 Abs. 3 Satz 3 FGO). Nach § 62 Abs. 3 Satz 2 FGO in der für das Streitjahr maßgebenden Fassung ist der Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen.
c) Der Nachweis der Bevollmächtigung kann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) nur durch Vorlage der Originalvollmacht geführt werden; die Übermittlung der Vollmachtsurkunde per Fax reicht nicht aus (z.B. Urteile vom 28. November 1995 VII R 63/95, BFHE 179, 5, BStBl II 1996, 105, und vom 14. März 1996 IV R 44/95, BFHE 179, 569, BStBl II 1996, 319; Beschlüsse vom 8. September 2000 XI B 90/99, BFH/NV 2001, 457, und vom 18. Dezember 2002 VI B 83/00, BFH/NV 2003, 501). Der Berichterstatter hat daher in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung die Originalvollmachten verlangt.
d) Die Übermittlung der Originalvollmacht per Fax reicht auch dann nicht zur Wahrung der Ausschlussfrist aus, wenn kurze Zeit später das Original bei Gericht eingeht (BFH-Urteil in BFHE 179, 5, BStBl II 1996, 105, unter II. b; vgl. ferner BFH-Urteil vom 9. Juni 1999 I R 23/98, BFH/NV 2000, 51). Eine solche Verfahrensweise läuft dem Zweck der Vorschrift zuwider, innerhalb einer bestimmten Frist die Tatsache der Bevollmächtigung eindeutig und abschließend zu klären (BFH-Urteil in BFHE 179, 5, BStBl II 1996, 105, unter II. b).
e) Der Berichterstatter hat die Ausschlussfrist ordnungsgemäß und ermessensfehlerfrei gesetzt (zu den Anforderungen an die Fristsetzung vgl. auch BFH-Urteil in BFH/NV 2000, 51).
Ob und wann der Vorsitzende oder der Berichterstatter zur Vorlage der Vollmacht eine Frist mit ausschließender Wirkung setzt, liegt in seinem Ermessen ("kann"). Nachdem die Geschäftsstelle des FG den Prozessbevollmächtigten nach Eingang der Klage vergeblich aufgefordert hatte, die Vollmachten vorzulegen, war der Berichterstatter zur Anordnung einer Ausschlussfrist befugt. Nach der Rechtsprechung des BFH ist es sogar ermessensgerecht, sofort nach Eingang der Klage eine Ausschlussfrist zu setzen, damit sich der Vorsitzende oder Berichterstatter innerhalb angemessener Frist Gewissheit über die Bevollmächtigung und damit die Wirksamkeit der Prozesshandlungen verschaffen kann (BFH-Beschluss in BFH/NV 2003, 501, m.w.N.).
f) Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger nicht vorgetragen. Er hat nicht erklärt, warum es ihm nicht möglich war, die bereits am 4. April 2000 von den Klägern unterzeichneten Prozessvollmachten bis zum 25. April 2000 dem FG zu übersenden. Insbesondere bestand kein ausnahmsweise zu berücksichtigender unverschuldeter Rechtsirrtum des Prozessbevollmächtigten. Denn der Berichterstatter hat ausdrücklich die "(Original-)Vollmacht" angefordert. Der Prozessbevollmächtigte der Kläger hätte im Übrigen als Rechtsanwalt die Anforderungen an den Nachweis der Bevollmächtigung (§ 62 Abs. 3 Satz 1 FGO) kennen und auf deren Einhaltung achten müssen (BFH-Beschlüsse vom 4. Juni 1997 IV B 128/96, BFH/NV 1997, 876, und in BFH/NV 2003, 501).
2. Die Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes in BGHZ 144, 160, NJW 2000, 2340 gibt ―jedenfalls unter Geltung des § 62 Abs. 3 FGO in der bis 31. Dezember 2000 anzuwendenden Fassung― keinen Anlass, die bisherige Rechtsprechung zu ändern und die Anforderungen an den Nachweis der Vollmacht zu lockern oder das Ermessen des Vorsitzenden bzw. des Berichterstatters einzuschränken, die Vollmacht im Original zu verlangen und hierfür eine Ausschlussfrist zu setzen.
a) Der IV. Senat des BFH ließ es im Urteil vom 19. Januar 1989 IV R 21-23/87 (BFHE 156, 350, BStBl II 1989, 567) zur Fristwahrung ausreichen, dass innerhalb der Frist eine im Telebriefverfahren übermittelte Vollmacht eingereicht wird. Das Verfahren betraf § 62 Abs. 3 Satz 1 FGO in der bis 31. Dezember 1992 geltenden Fassung. Danach war die Vollmacht schriftlich zu erteilen.
Durch Art. 1 Nr. 9 des FGO-Änderungsgesetzes vom 21. Dezember 1992 (BGBl I 1992, 2109) wurde § 62 Abs. 3 Satz 1 FGO an § 80 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) angeglichen. Seither ist Gegenstand der Regelung der Nachweis der Vollmacht. Zu § 62 Abs. 3 Satz 1 FGO in der seitdem geltenden Fassung entschied der VII. Senat des BFH im Urteil in BFHE 179, 5, BStBl II 1996, 105 unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ―BGH― (Urteil vom 23. Juni 1994 I ZR 106/92, BGHZ 126, 266), zum Nachweis der Bevollmächtigung sei das Original der Urkunde vorzulegen. Schriftstücke, die lediglich einen durch technische Übertragungsverfahren hergestellten Abdruck der Originalurkunde darstellten (Telefaxe, Fotokopien) seien nicht geeignet, die Erteilung der schriftlichen Vollmacht nachzuweisen. Der IV. Senat des BFH schloss sich im Urteil in BFHE 179, 569, BStBl II 1996, 319 dieser Auffassung an. Der Wortlaut des § 62 Abs. 3 Satz 1 FGO i.d.F. bis 1992 "Die Vollmacht ist schriftlich zu erteilen" habe der Formulierung für die Klageerhebung (§ 64 Abs. 1 FGO) und die Revisionseinlegung (§ 120 Abs. 1 Satz 1 FGO) entsprochen. Daher sei es gerechtfertigt gewesen, die Grundsätze für fristgebundene Prozesserklärungen auch auf die Erteilung der Vollmacht anzuwenden. Zweck des neu gefassten § 62 Abs. 3 Satz 1 FGO sei es dagegen sicherzustellen, dass der Beweis für die Bevollmächtigung durch Vorlage der Vollmachtsurkunde selbst geführt werde. Auch die anderen Senate des BFH folgten dieser Auffassung, dass das Faxen der Originalvollmacht eine Ausschlussfrist nicht wahrt, wenn die Originalvollmacht angefordert worden ist (vgl. zuletzt BFH-Beschluss in BFH/NV 2003, 501, m.w.N.).
Vom Nachweis der Vollmacht ist deren Erteilung zu unterscheiden. Der Kläger kann seine Vollmacht per Telegramm, Telefax o.ä. erteilen und zwar gegenüber dem Gericht (z.B. BFH-Urteile vom 23. Juni 1987 IX R 77/83, BFHE 150, 309, BStBl II 1987, 717 ―Telegramm―; in BFHE 156, 350, BStBl II 1989, 567 ―Telebrief―, und vom 19. Mai 1999 VI R 185/98, BFH/NV 1999, 1604 ―Telefax―) oder gegenüber dem Bevollmächtigten (BFH-Urteil vom 15. Juni 1994 II R 49/91, BFHE 174, 394, BStBl II 1994, 763 ―Telekopie/Telefax―). Wird die Vollmacht in dieser Form gegenüber dem Gericht erteilt oder legt der Prozessbevollmächtigte die in dieser Form ihm gegenüber erteilte Vollmacht vor, ist dem Nachweiserfordernis genügt.
b) Die Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes in BGHZ 144, 160, NJW 2000, 2340 betrifft die Übermittlung sog. bestimmender Schriftsätze, die nach den jeweiligen gesetzlichen Vorschriften Schriftform erfordern. Nach dieser Entscheidung können in Prozessen mit Vertretungszwang bestimmende Schriftsätze formwirksam durch elektronische Übertragung einer Textdatei mit eingescannter Unterschrift des Prozessbevollmächtigten auf ein Faxgerät des Gerichts übermittelt werden. Die Schriftform, zu der grundsätzlich die eigenhändige Unterschrift gehöre, sei auch dann gewahrt, wenn die Schriftsätze durch moderne elektronische Medien übermittelt würden und der Absender mangels Vorhandenseins eines körperlichen Originalschriftstücks nicht eigenhändig unterzeichnen könne. Der Gemeinsame Senat knüpft insoweit an die bisherige Rechtsprechung zur Übermittlung fristwahrender Schriftsätze durch telefonische Telegrammaufgabe und Fernschreiben an und weist auf die in allen Gerichtszweigen zulässige Übermittlung bestimmender Schriftsätze durch Fax hin, die sich vom Telefaxdienst der Post nicht wesentlich unterscheide.
c) Die Ausführungen des Gemeinsamen Senats zur Schriftform bestimmender Schriftsätze berühren die Rechtsprechung zum gesetzlich vorgeschriebenen Nachweis der Bevollmächtigung nicht. Der Verzicht auf die eigenhändige Unterschrift in Fällen, in denen aufgrund der technischen Übermittlung eine solche nicht möglich ist, ist bei der Vollmacht insoweit zu berücksichtigen, als die Erteilung der Vollmacht gegenüber dem Gericht oder dem Bevollmächtigten auch durch elektronische Übertragung einer Textdatei mit eingescannter Unterschrift zulässig wäre. Der davon zu unterscheidende Nachweis einer herkömmlich erteilten, eigenhändig unterzeichneten Vollmacht wird durch die Entscheidung des Gemeinsamen Senats aber nicht betroffen. Denn es geht dabei nicht um die Einhaltung der an die Schriftform der Vollmacht zu stellenden Anforderungen, sondern um die formellen Anforderungen an den Nachweis der Vollmacht. An den Gründen für die unterschiedliche Beurteilung von per Telefax übermittelten bestimmenden Schriftsätzen, die zur Fristwahrung ausreichen, und per Telefax übermittelten Vollmachtsurkunden, die als Nachweis nicht genügen, hat sich durch die Entscheidung des Gemeinsamen Senats nichts geändert. Auch der BGH fordert nach wie vor die Originalurkunde zum Nachweis der Bevollmächtigung (BGH-Beschluss vom 27. März 2002 III ZB 43/00, Betriebs-Berater ―BB― 2002, 963).
d) Trotz der Tendenz der Rechtsprechung, Verfahrensbeteiligten durch die Zulassung neuer Übertragungstechniken die Wahrnehmung ihrer Rechte zu erleichtern, hält der Senat wegen der Unterschiede zwischen fristgebundenen Prozesserklärungen und dem Nachweis der Prozessvollmacht jedenfalls für das bis Ende 2000 geltende Recht an seiner bisherigen Rechtsprechung fest, dass die Vorlage der Vollmacht per Telefax zur Wahrung der Ausschlussfrist zumindest dann nicht ausreicht, wenn der Vorsitzende oder Berichterstatter ―wie im Streitfall― ausdrücklich die Originalvollmachten angefordert hat.
Anders als fristgebundene und damit eilbedürftige Prozesserklärungen, die wie die Klage- oder Rechtsmittelschrift vor Fristablauf beim Gericht eingehen müssen, kann die Vollmacht nachgereicht werden (§ 62 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 1 FGO). Der als Prozessbevollmächtigter Auftretende wird in der Regel bis zur Vorlage der Vollmacht als Prozessvertreter einstweilen zugelassen (vgl. § 155 FGO i.V.m. § 89 ZPO). Wird eine Ausschlussfrist zur Vorlage der Vollmacht gesetzt, kommt es zwar ebenfalls auf die Vorlage bis zu einem bestimmten Zeitpunkt an. Im Unterschied zu Klage- und Rechtsmittelfristen kann die Ausschlussfrist aber bei Glaubhaftmachung erheblicher Gründe verlängert werden (§ 54 Abs. 2 FGO i.V.m. § 224 Abs. 2 ZPO). Mangels vergleichbarer Eilbedürftigkeit ist daher die Zulassung des Nachweises per Fax nicht zwingend erforderlich.
Hinzu kommt, dass im finanzgerichtlichen Verfahren von sämtlichen Amtsträgern nach § 30 Abs. 2 Nr. 1 a der Abgabenordnung (AO 1977) das Steuergeheimnis zu wahren ist (vgl. auch BTDrucks 14/4061, S. 8, zu § 62 Abs. 3 i.d.F. durch das 2.FGOÄndG). Da Zustellungen oder Mitteilungen an den Bevollmächtigten zu richten sind (§ 62 Abs. 3 FGO), kann das Steuergeheimnis bereits durch bloßen Schriftsatzaustausch (§ 77 Abs. 1 Satz 4 FGO) die Erörterung der Sache mit den Beteiligten (§ 79 Abs. 1 Nr. 1 FGO) oder durch die vom Gericht zu gewährende Akteneinsicht (§ 78 FGO) verletzt werden. Es muss daher gewährleistet sein, dass derjenige, der in einem Steuerprozess auftritt und damit die Möglichkeit erhält, in die durch das Steuergeheimnis geschützten Bereiche einzudringen, dazu auch legitimiert ist (BFH-Urteil vom 15. Mai 1981 VI R 212/78, BFHE 133, 344, BStBl II 1981, 678). Insofern sind die Anforderungen an den Nachweis der Vollmacht gerechtfertigt.
Durch die Einfügung des Satzes 6 in § 62 Abs. 3 FGO durch das 2.FGOÄndG wird der Nachweis der Prozessvollmacht seit Beginn des Jahres 2001 erleichtert. Danach braucht das Gericht den Mangel der Vollmacht nicht mehr von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn als Bevollmächtigter eine Person i.S. des § 3 Nr. 1 bis 3 des Steuerberatungsgesetzes auftritt. Es ist also nicht mehr gezwungen, den Nachweis der Vollmacht zu verlangen. Aufgrund der Gesetzesänderung ist möglicherweise der Nachweis der Bevollmächtigung zu erleichtern und/oder das Ermessen des Gerichts, eine Ausschlussfrist zur Vorlage der Vollmacht zu setzen, einzuschränken (vgl. BFH-Urteil vom 11. Februar 2003 VII R 18/02, BB 2003, 1262, Der Betrieb 2003, 1258). Für den Streitfall gilt jedoch noch altes Recht.
Fundstellen
Haufe-Index 982838 |
BFH/NV 2004, 489 |
HFR 2003, 1064 |