Entscheidungsstichwort (Thema)
Galerieartige Treppenhausfläche kein Arbeitszimmer
Leitsatz (NV)
Die in offener Bauweise gestaltete und nicht insgesamt durch Bauteile umschlossene, galerieartig gestaltete Fläche des obersten Teils der Treppe eines Reihenhauses erfüllt nicht die Voraussetzungen für ein steuerlich anzuerkennendes häusliches Arbeitszimmer.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1, § 12 Nr. 1
Tatbestand
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eigentümer eines Reihenhauses. In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1986 machte der Kläger Aufwendungen für ein 4,3 qm großes Arbeitszimmer als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Es handelte sich bei der als Arbeitszimmer bezeichneten Räumlichkeit um eine im zweiten Obergeschoß befindliche, nicht abgetrennte Fläche des Treppenhauses, das ohne Türabschlüsse vom Keller über das Wohnzimmer im Erdgeschoß bis zum zweiten Obergeschoß führt. Von dort führt eine Tür zu dem nicht ausgebauten Dachgeschoß.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) versagte den Werbungskostenabzug. Das FA vertrat die Auffassung, daß nach der ständigen Rechtsprechung von einem einheitlichen Ganzen (hier: das Treppenhaus) nicht ein Teil zum Arbeitszimmer erklärt werden könne.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt und führte aus: Die Treppe werde im zweiten Obergeschoß nicht nur durch einen Absatz unterbrochen, sondern ende dort. Die sich anschließende und vom Kläger für berufliche Zwecke genutzte ebene Fläche sei aufgrund ihrer galerieartigen Gestaltung und der Tatsache, daß sie nicht zugleich auch für private Zwecke genutzt werde, kein Teil der Treppe. Die Arbeitsfläche sei in ausreichendem Maße von den Privaträumen getrennt. Der Kläger könne die Arbeitsfläche benutzen, ohne daß die Nutzung der privaten Räume beeinträchtigt werde. Er habe von seinem Arbeitsplatz nicht einmal die Möglichkeit, ins Wohnzimmer oder in andere private Zimmer zu sehen. Bei dieser Sachlage sei es steuerlich unschädlich, daß der Arbeitsbereich in offener Bauweise ohne Tür gestaltet, also nicht insgesamt durch Bauteile umschlossen sei. Da der Dachboden noch nicht ausgebaut sei, lägen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, daß der Arbeitsraum in nicht nur unerheblichem Maße aus privaten Gründen durchquert werde.
Das FA stützt seine vom FG zugelassene Revision auf eine Verletzung von § 9 Abs. 1, § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und trägt vor: Das FG habe das für die steuerliche Anerkennung eines Arbeitszimmers erhebliche Merkmal der Trennung von Arbeits- und Privaträumen unzutreffend gewürdigt. Bei einer innenarchitektonisch im Vordringen befindlichen offenen Bauweise, bei der sowohl optische als auch akustische Trennungen fehlten, sei stets eine private Mitbenutzung von mehr als nur untergeordneter Bedeutung gegeben. Das Merkmal der akustischen Trennung sei bei Arbeitszimmern besonders bedeutsam. Die akustische Verbindung mit den privat genutzten Wohnräumen stehe der Annahme entgegen, ein galerieartig gestalteter Arbeitsbereich sei ausschließlich oder ganz überwiegend dem beruflichen Bereich zuzuordnen. Entgegen der Auffassung des FG sei für die steuerliche Anerkennung eines Arbeitszimmers nicht erheblich, ob die Nutzung der privaten Räume durch die Nutzung des Arbeitszimmers beeinträchtigt werde; vielmehr sei umgekehrt entscheidend, inwieweit die private Nutzung diejenige des Arbeitsbereichs beeinflusse.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Aufwendungen für die eigene Wohnung können bei der Einkommensteuer grundsätzlich nicht steuermindernd berücksichtigt werden, weil es sich bei diesen Aufwendungen regelmäßig um solche der privaten Lebensführung handelt, die nach § 12 Nr. 1 EStG nicht abziehbar sind. Etwas anderes gilt nur dann, wenn feststeht, daß ein Raum der Wohnung so gut wie ausschließlich für betriebliche oder berufliche Zwecke genutzt wird (ständige Rechtsprechung, vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 28. Oktober 1964 IV 168/63 S, BFHE 81, 45, BStBl III 1965, 16).
Der Senat hat mit Urteil VI R 101/87 BFHE 166, 285 vom heutigen Tage entschieden, daß die Galerie eines Wohnzimmers wegen der fehlenden Abgrenzung zum Wohnbereich nicht die Voraussetzungen erfüllt, die für die Anerkennung der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer als Werbungskosten vorliegen müssen. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf dieses Urteil Bezug genommen. Im Streitfall kann nichts anderes gelten, da nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz die Grundfläche im zweiten Obergeschoß des Treppenhauses ebensowenig wie eine Galerie von dem übrigen, zu nichtberuflichen Zwecken genutzten Bereich des Hauses abgegrenzt ist.
Die Sache ist spruchreif. Die Klage ist abzuweisen, da das FA die geltend gemachten Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer zu Recht nicht als Werbungskosten berücksichtigt hat.
Fundstellen
Haufe-Index 418164 |
BFH/NV 1992, 380 |