Entscheidungsstichwort (Thema)
Verdeckte Gewinnausschüttung durch Geschäftschancenverlagerung auf Schwestergesellschaften
Leitsatz (NV)
- Die Verlagerung von Einkünften von einer Schwestergesellschaft auf die andere ist nicht deswegen rechtsmissbräuchlich, weil sie ausschließlich oder überwiegend dem Ziel dient, Verlustvorträge zu neutralisieren.
- Wird einer GmbH von dritter Seite ein konkretes Geschäft angeboten, wird die Geschäftschance aber dennoch ohne entsprechendes Entgelt einer Schwestergesellschaft überlassen, so führt dies regelmäßig auch dann zu einer verdeckten Gewinnausschüttung, wenn die Wahrnehmung des Geschäfts durch die Schwestergesellschaft den größeren wirtschaftlichen Nutzen verspricht.
Normenkette
KStG § 8 Abs. 2, 3 S. 2; EStG § 15 Abs. 2; AO 1977 § 42
Verfahrensgang
FG des Saarlandes (EFG 2001, 1165) |
Tatbestand
I. Die Klägerin, Revisionsklägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine GmbH, an deren Stammkapital von 50 000 DM jeweils hälftig ihre Geschäftsführer A und B beteiligt sind. Gegenstand des Unternehmens ist die Tätigkeit als Generalübernehmerin zur schlüsselfertigen Errichtung von Wohn- und Industriebauten. Sie verfügt über die Genehmigung gemäß § 34c der Gewerbeordnung (GewO).
Die Klägerin gehörte u.a. mit den folgenden beiden Schwestergesellschaften zu einer Unternehmensgruppe, der C-Unternehmensgruppe:
1. Die D-GmbH. Deren Unternehmensgegenstand war zunächst der Groß- und Einzelhandel mit Baustoffen u.a., seit Februar 1988 auch die Tätigkeit als Generalübernehmer mit Ausnahme der Tätigkeiten, welche der Genehmigungspflicht nach § 34c GewO unterliegen, und vom Februar bis November 1988 zusätzlich das Betreiben eines Baumarktes sowie die Durchführung von Transporten im Güternahverkehr.
Die D-GmbH besaß ein nominelles Stammkapital von 500 000 DM, an welchem A und B seit den Anteilserwerben am 21. Oktober 1987 hälftig beteiligt sind. Beide waren auch Geschäftsführer. Die D-GmbH übte im Zeitpunkt des Erwerbs der Anteile keine Tätigkeit aus und war vermögenslos, verfügte zu diesem Zeitpunkt aber über steuerlich relevante Verlustvorträge von 3 348 000 DM. Die Gläubigerbank, an die von A und B der Kaufpreis von 250 000 DM gezahlt worden war, hatte sich am 11. Dezember 1987 zur teilweisen Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 100 000 DM bereit erklärt, soweit die Verlustvorträge vom Beklagten, Revisionskläger und Revisionsbeklagten (Finanzamt ―FA―) nicht anerkannt würden.
2. Die B-AG. Diese wurde am 16. Oktober 1989 gegründet. Ihr Stammkapital wird von A und B, jeder mit 24,99 v.H., sowie von einer weiteren Person mit 24,99 v.H. und den jeweiligen Ehefrauen mit jeweils 0,01 v.H. gehalten.
Die Beteiligten streiten um die steuerrechtliche Beurteilung folgender Geschäftsvorfälle:
a) Projekt 1
Die Klägerin erwarb mit Vertrag vom 17. Juli 1987 zum Preis von insgesamt 2 725 400 DM Grundstücke zum Zwecke der Errichtung eines Bauparks. Bei Abschluss des Kaufvertrages bestand schon ein Mietvertrag zwischen den bisherigen Eigentümern der Grundstücke und der X-KG. Bereits am 6. Februar 1985 war eine Baugenehmigung erteilt worden. Die Klägerin reichte einen geänderten Bauantrag ein, der am 13. November 1987 genehmigt wurde.
Am 14. Dezember 1987 veräußerte die Klägerin die von ihr am 17. Juli 1987 erworbenen Grundstücke an eine gesellschaftsfremde Immobiliengesellschaft, die Y-GmbH. Der Kaufpreis betrug 2,3 Mio. DM zuzüglich 550 000 DM als "Erstattung der Aufwendungen des Veräußerers für die bisherige Planung und die Erteilung der Baugenehmigung", 100 000 DM als "Erstattung der Kosten der Zwischenfinanzierung" und 800 000 DM als Provision für "die Vermittlung eines Mietvertrages zwischen dem Erwerber und der Firma X-KG".
Gleichzeitig mit Abschluss des Kaufvertrages über den Erwerb der Grundstücke schloss die D-GmbH mit der Y-GmbH einen Vertrag über die schlüsselfertige Erstellung eines Bauparks. Das FA vertrat die Auffassung, die Leistungen aus diesem Vertrag habe tatsächlich die Klägerin erbracht. Die Einschaltung der D-GmbH sei lediglich im Hinblick auf die bei dieser vorhandenen Verlustvorträge erfolgt. In Höhe des Gewinns der D-GmbH von (netto) 2 049 000 DM liege eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) vor.
b) Projekt 2
Die Klägerin erwarb am 9. März 1989 zum Preis von 5 Mio. DM ein weiteres Grundstück. Zuvor hatte sie mit der H, die einen Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung gestellt hatte, einen Vertrag über die Vermietungsvermittlung geschlossen und hierfür insgesamt 300 000 DM zu zahlen. Am 25. September 1989 wurde das Grundstück an die Gesellschaft bürgerlichen Rechts A-GbR zum Preis von wiederum 5 Mio. DM weiterverkauft. Der Klägerin entstand ein zusätzlicher Aufwand (Vermittlungskosten Mietvertrag, Zwischenfinanzierung, Planungskosten) von insgesamt 610 000 DM.
Die D-GmbH schloss am 9. Oktober 1989 mit der A-GbR einen Vertrag über die Vermittlung und Bearbeitung der Zwischen- und Endfinanzierung, die Bürgschaftsübernahme, die Höchstzinsgarantie und Baukostenhöchstbetragsgarantie sowie die Ausbietungsgarantie. Für diese Leistungen erhielt die D-GmbH insgesamt einen Betrag von 1 210 620 DM. Am selben Tag schloss wiederum die D-GmbH mit der A-GbR einen Baubetreuungsvertrag. Aus diesem Vertrag wurden Baubetreuungsleistungen für den Zeitraum bis 1. Dezember 1989 in Rechnung gestellt.
Aufgrund einer Vereinbarung vom 6. Dezember 1989 erhielt die Klägerin von der B-AG für Planung und Grundstücksvorhaltung eine Zahlung von 750 000 DM. Die B-AG ihrerseits war gegenüber der A-GbR für die Errichtung des Bauparks zuständig.
Mit Vertrag vom 1. Dezember 1989 zwischen der D-GmbH und der B-AG verpflichtete sich die D-GmbH zur Einstellung ihrer Tätigkeit als Generalübernehmer außerhalb der Genehmigungspflicht nach § 34c GewO. Sie sollte keine neuen Objekte mehr akquirieren, sondern nur noch die begonnenen Objekte abwickeln. Die D-GmbH erhielt von der B-AG für die Vermittlung des Objekts einen Betrag von 100 000 DM. Außerdem zahlte die B-AG der D-GmbH für die "Übertragung des Kundenstamms" einen Betrag von 250 000 DM.
Das FA vertrat die Auffassung, dass der Ertrag aus den Verträgen mit der A-GbR in Höhe von insgesamt 1 210 620 DM (1989: 815 395 DM; 1990: 395 225 DM) nicht der D-GmbH, sondern der Klägerin zustehe. Auch insoweit läge eine vGA vor. Gleiches gelte für die Zahlungen über insgesamt 350 000 DM (Vermittlung: 100 000 DM; Übertragung Kundenstamm: 250 000 DM), die die B-AG an die D-GmbH geleistet hatte.
c) Betriebswirtschaftliche Beratung
Aufgrund einer Rechnung des L, eines Mitgliedes der A-GbR, vom 3. Mai 1990 "für die betriebswirtschaftliche Beratung i.V. mit dem Projekt zur Errichtung einer Immobilienfondsgesellschaft" hatte die Klägerin an den Rechnungsersteller einen Betrag von 75 000 DM gezahlt. Das FA vertrat die Auffassung, die Leistung habe nicht im Interesse der Klägerin, sondern der Gesellschafter gestanden. In Höhe von 70 000 DM (netto) liege eine vGA vor.
Die Klage, die die Klägerin u.a. gegen die hiernach ergangenen geänderten Körperschaftsteuerbescheide gerichtet hat, war nur teilweise erfolgreich. Das Finanzgericht (FG) bestätigte im Hinblick auf die Projekte 1 und 2 zwar die vom FA angenommenen vGA, reduzierte diese ihrer Höhe nach aber um jeweils 40 v.H. Im Hinblick auf die betriebswirtschaftlichen Beratungsleistungen gegenüber L gab es der Klage statt. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2001, 1165 veröffentlicht.
Klägerin und FA stützen ihre beidseits eingelegten Revisionen auf Verletzung formellen und materiellen Rechts.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, das FG-Urteil aufzuheben, soweit das FG den Ansatz von vGA bezüglich der Objekte 1 und 2 bestätigt hat, die Körperschaftsteuer 1988 bis 1990 entsprechend festzusetzen und die Revision des FA zurückzuweisen.
Das FA beantragt sinngemäß, das FG-Urteil aufzuheben, die Klage abzuweisen und die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revisionen sind begründet. Sie führen, soweit das angefochtene Urteil wegen Körperschaftsteuer 1988 bis 1990 ergangen ist, zu dessen Aufhebung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG. Die tatrichterlichen Feststellungen lassen eine abschließende Entscheidung durch den Senat nicht zu.
A. Projekte 1 und 2
1. Das FG hat allerdings zu Recht entschieden, dass die von der D-GmbH erzielten Einkünfte aus den Aufträgen als Generalübernehmerin zur Durchführung der Bauprojekte 1 und 2 dieser und nicht der Klägerin zuzurechnen sind.
a) Einkünfte sind demjenigen zuzurechnen, der sie erzielt (§ 2 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes ―EStG―), indem er den Tatbestand der einzelnen Einkunftsart verwirklicht. Bei Einkünften aus Gewerbebetrieb (vgl. § 15 Abs. 2 EStG, § 8 Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes ―KStG―) ist dies diejenige (natürliche oder juristische) Person, auf deren Rechnung und Gefahr das Unternehmen in der Weise geführt wird, dass sich der Erfolg oder Misserfolg in ihrem Vermögen unmittelbar niederschlägt (vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 24. September 1991 VIII R 349/83, BFHE 166, 124, BStBl II 1992, 330, m.w.N.).
Das ist im Streitfall nach den den Senat bindenden (vgl. § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―) tatrichterlichen Feststellungen die D-GmbH. Dieser ist bei beiden in Rede stehenden Projekten die Aufgabe der Generalübernehmerin übertragen worden. Sie hat diese Aufgabe danach in eigenem Namen und für eigene Rechnung übernommen und entsprechende wirtschaftliche Aktivitäten entwickelt. Dafür, dass sie sie mangels entsprechender Betriebsorganisation und mangels einschlägiger Erfahrungen tatsächlich nicht wahrgenommen hat, ist nichts dargetan. Zwar hat das FG keine konkreten Feststellungen dazu getroffen, in welcher Weise die Aufträge durchgeführt wurden. Es geht bei seiner Entscheidung aber erkennbar davon aus, dass die D-GmbH dazu in der Lage war, indem es ausdrücklich feststellt, dass die D-GmbH "ohne großes Risiko und ohne nennenswerten Einsatz der dort ohnehin knappen personellen und sachlichen Ressourcen die Projekte fortführen" konnte (s. S. 21 des angefochtenen Urteils). Den Mutmaßungen des FA, dass die Verträge erst im Nachhinein auf die D-GmbH "umgeschrieben" sein könnten, ist das FG explizit nicht gefolgt. Es hat die entsprechenden Einwände sämtlich nicht als tragfähig angesehen. Es stellt vielmehr darauf ab, dass es die D-GmbH und nicht die Klägerin war, die vertragsgemäß Leistungen zu erbringen hatte und der das dafür zu zahlende Entgelt zustand.
Diese Sachverhaltswürdigung des FG ist möglich. Sie verstößt insbesondere nicht gegen die Denkgesetze und Erfahrungssätze. Soweit das FA nach wie vor eine gegenteilige Position vertritt, stellt es lediglich seine abweichende Sachverhaltswürdigung an die Stelle derjenigen des FG, ohne dass dadurch die Bindung des Senats an die tatrichterliche Würdigung durchbrochen würde. Insbesondere fehlen konkrete Ausführungen dazu, dass das FG seiner Sachverhaltsaufklärungspflicht (vgl. § 76 Abs. 1 FGO) nicht nachgekommen wäre und in welcher Weise es insoweit weitere Nachforschungen hätte anstellen müssen (vgl. allgemein zu den Rügeerfordernissen beim Vorwurf mangelnder Sachverhaltsaufklärung durch das Gericht Ruban in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 120 Rz. 70).
b) Eine abweichende Zurechnung der Einkünfte kann nicht auf § 42 (Abs. 1) Satz 2 der Abgabenordnung (AO 1977) gestützt werden. Denn die im Streitfall zu beurteilende Gestaltung ist nicht missbräuchlich i.S. des § 42 (Abs. 1) Satz 1 AO 1977. Wie der Senat wiederholt entschieden hat, gilt das auch dann, wenn die Verlagerung der Einkünfte von der Klägerin auf die D-GmbH ausschließlich oder überwiegend dem Ziel diente, die bei den letzteren aufgelaufenen Verlustvorträge zu neutralisieren (Senatsurteile vom 8. Juli 1998 I R 112/97, BFHE 186, 496, BStBl II 1999, 123, 126; vom 19. August 1999 I R 77/96, BFHE 189, 342, BStBl II 2001, 43, 44; vom 17. Oktober 2001 I R 97/00, BFHE 197, 63, jeweils m.w.N.).
2. Es lässt sich nach den tatrichterlichen Feststellungen jedoch nicht ausschließen, dass die Übernahme der beiden Geschäftsvorfälle durch die D-GmbH bei der Klägerin ―ganz oder teilweise― vGA zur Folge hat.
a) Unter einer vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht. Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der Senat die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Urteil vom 16. März 1967 I 261/63, BFHE 89, 208, BStBl III 1967, 626).
b) Nach diesen Vorgaben kann eine vGA auch darin bestehen, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer Geschäftschancen, die der Kapitalgesellschaft gebühren, als Eigengeschäft wahrnimmt oder Kenntnisse der Gesellschaft über geschäftliche Möglichkeiten tatsächlicher oder rechtsgeschäftlicher Art an sich zieht und für eigene Rechnung nutzt (Senatsurteile z.B. vom 16. Dezember 1998 I R 96/95, BFH/NV 1999, 1125; vom 30. August 1995 I R 155/94, BFHE 178, 371, 375; vom 11. Juni 1996 I R 97/95, BFHE 181, 122; vom 12. Juni 1997 I R 14/96, BFHE 183, 459; s. auch Frotscher in Frotscher/Maas, Körperschaftsteuergesetz, Umwandlungssteuergesetz, Anhang vGA zu § 8 Rz. 87, m.w.N. zur Rechtsprechung). Es ist nicht erforderlich, dass die betreffende Geschäftschance zum typischen Betätigungsfeld der Gesellschaft gehört, sofern es sich um eine mehr oder weniger risikolose Einmalchance handelt (Urteil in BFHE 183, 459, 464). Verfügt die Gesellschaft bei Wahrnehmung der Chance durch den Gesellschafter-Geschäftsführer oder einen diesem Nahestehenden gegen diese über keinen zivilrechtlichen Anspruch auf Schadensersatz oder Vorteilsherausgabe, kann dennoch eine vGA anzunehmen sein, wenn ein fremder Dritter für die Überlassung der Geschäftschance ein Entgelt gezahlt hätte (Senatsurteil in BFH/NV 1999, 1125, m.w.N.).
aa) Die Vorinstanz sieht in der Einschaltung der D-GmbH die unentgeltliche Überlassung an sich der Klägerin zustehender Geschäftschancen. Dies folgert das FG daraus, dass es der Klägerin ―im Gegensatz zu der D-GmbH, der die einschlägige "Unternehmensstruktur" gefehlt und die einen vergleichsweise eingeschränkten Unternehmensgegenstand gehabt habe― ein Leichtes gewesen wäre, die Verträge selbst abzuwickeln. Bezogen auf das Projekt 1 habe sie über die erforderliche Baugenehmigung verfügt und sie habe bereits an Dritte mit Blick auf die spätere Nutzung des Grundstücks Provisionen gezahlt. Auch bezogen auf das Projekt 2 seien von ihr die wesentlichen planerischen Vorarbeiten bereits geleistet gewesen, bevor sie die weitere Realisierung und die damit verbundenen Gewinnerwartungen der D-GmbH überlassen habe. Angesichts dessen hätte ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter ein entsprechendes angemessenes Entgelt verlangt.
bb) Den angeführten Sachverhaltsumständen ist ein erhebliches indizielles Gewicht beizumessen. Unterstellt, die beiden Geschäftchancen sind der Klägerin angeboten worden, hätte ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter diese Chancen für die Klägerin wahrgenommen. Dass er ―wie im Streitfall A und B― zugleich als Geschäftsführer einer Schwestergesellschaft fungiert, kann daran nichts ändern. Auch dann würde er eine sich bietende Geschäftschance nicht wahlweise für diejenige dieser Gesellschaften ergreifen, die daraus den größtmöglichen wirtschaftlichen Nutzen ziehen kann. Von derartigen Vorteilen der anderen Gesellschaft würde er sich nicht beeinflussen lassen. Vorausgesetzt, jene Gesellschaft, der das Geschäft zuerst angeboten wird, verfügt über die sachlichen und personellen Möglichkeiten, das Geschäft zu übernehmen, würde er sich das Geschäft vielmehr als Geschäftsführer dieser Gesellschaft nicht entgehen lassen. Deren Gewinnmaximierung geht der Gewinnmaximierung der anderen Gesellschaft vor.
Ein derartiges Verhalten entspricht aber nur dann einem objektiven Fremdvergleich, wenn sich der Gesellschaft die Geschäftschance tatsächlich eröffnet. Die erforderlichen Feststellungen hierzu fehlen im Streitfall. Es ist Sache des FG, sie nachzuholen, beispielweise durch Anhörung derjenigen Personen, die auf Seiten der Y-GmbH und der A-GbR die Aufträge erteilt haben. In Anbetracht der starken Position, die die Klägerin infolge der erwähnten Umstände (Eigentum an den Grundstücken, Baugenehmigung) innehatte, müsste deutlich werden, aus welchen nachvollziehbaren betrieblichen Gründen gleichwohl die D-GmbH eingeschaltet worden ist. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass die Geschäftschancen auch dann solche der Klägerin wären, wenn die Einschaltung der D-GmbH aufgrund wirtschaftlicher Überlegungen der Erwerberin erfolgt sein sollte. Deren Absicht, hinsichtlich des Projektes 1 die sofortige steuerliche Abzugsfähigkeit ihrer Aufwendung als Betriebsausgaben anstelle zu aktivierender Herstellungskosten zu erreichen, wäre ebenso unbeachtlich wie deren Bedenken angesichts der geringen Kapitalausstattung der Klägerin. Gleichermaßen kommt es nicht darauf an, ob die Klägerin (oder ihre Anteilseigner) auf die Entscheidungen der Y-GmbH, mit der D-GmbH zu kontrahieren, irgendwelchen Einfluss genommen haben. Nur dann, wenn sich die in Rede stehenden Geschäftschancen unmittelbar und ausschließlich der D-GmbH boten, ist es ohne Bedeutung, dass deren Unternehmensgegenstand durch die Übernahme der Geschäfte geändert und erweitert werden musste.
cc) Sollten sich die Vermutungen der Vorinstanz im 1. Rechtsgang bestätigen, muss diese auch ihre bisherige Gewinnschätzung überprüfen. Es ist positiv festzustellen, welche Gewinnerwartungen mit den Geschäftschancen verbunden waren, und zwar bezogen auf jene Zeitpunkte, in denen die Geschäfte auf die D-GmbH übergingen. Eine grobe Orientierung an den von der D-GmbH insgesamt erzielten Gewinnen gibt diese Wertverhältnisse nicht wieder. Bei der Bestimmung der sich hiernach bemessenden Entgelte, zu denen die Chancen einem fremden Dritten überlassen worden wären, müssen dann auch die diversen Ausgleichszahlungen berücksichtigt werden, die die Klägerin für die von ihr erbrachten Vorleistungen im Zuge der Transaktionen erhalten hat.
B. Betriebswirtschaftliche Beratung
Weshalb die in Streit stehende betriebswirtschaftliche Beratungsleistungen "i.V.m. dem Projekt zur Errichtung einer Immobilienfondsgesellschaft" eine vGA darstellen soll, ist hingegen mit der Vorinstanz nicht erkennbar. Nicht zuletzt in Anbetracht des Unternehmenszwecks der Klägerin geht das FG von der betrieblichen Veranlassung der Aufwendungen aus. Das FA verweist demgegenüber lediglich darauf, die Klägerin habe es zurechenbar versäumt, eine Kopie der erstellten Studie vorzulegen und die betriebliche Bedeutung dieser Studie darzulegen. Selbst wenn dies unterblieben sein sollte, so gibt dies dennoch nicht automatisch Anlass zu der Annahme, die Klägerin habe Aufwendungen ihrer Gesellschafter übernommen. Für eine derartige Vermutung hätte es weiterer Indizien bedurft. Es ist Sache des FA, solche Indizien beizubringen. Denn die objektive Feststellungslast dafür, ob die Voraussetzungen einer vGA (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG) vorliegen, obliegt grundsätzlich dem FA (vgl. Senatsurteile in BFHE 89, 208, BStBl III 1967, 626; vom 20. März 1974 I R 197/72, BFHE 112, 153, BStBl II 1974, 430; vom 16. Februar 1977 I R 94/75, BFHE 122, 48, BStBl II 1977, 568; vom 13. Juli 1994 I R 43/94, BFH/NV 1995, 548; vom 9. August 2000 I R 82/99, GmbH-Rundschau 2001, 208). Das betrifft sowohl das Vorliegen einer Vermögensminderung (verhinderten Vermögensmehrung) als auch die Frage nach der Veranlassung dieser Vermögensminderung (verhinderten Vermögensmehrung) durch das Gesellschaftsverhältnis. Das FA ist dem ausweislich des angefochtenen Urteils im Klageverfahren nicht nachgekommen. Es hat auch keine begründete Verfahrensrüge geltend gemacht, dass das FG ein entsprechendes Vorbringen außer Acht gelassen hätte, und dass es von sich aus Anlass gehabt hätte, den Sachverhalt weiter aufzuklären.
Fundstellen
Haufe-Index 872342 |
BFH/NV 2003, 205 |
DStRE 2003, 104 |
HFR 2003, 268 |