Leitsatz (amtlich)
Halbfertige Arbeiten auf fremdem Grund und Boden sind nach § 66 Abs. 1 BewG a. F. in Verbindung mit § 12 BewG a. F. mit dem Teilwert zu bewerten. Dieser umfaßt die bis zum Bewertungsstichtag angefallenen Herstellungskosten zuzüglich der Gemeinkosten und der Vertriebskosten, nicht aber den anteiligen Gewinn.
Normenkette
BewG i.d.F. vor dem Inkrafttreten des ÄndG-BewG 1965 § 12; BewG i.d.F. vor dem Inkrafttreten des ÄndG-BewG 1965 § 14 Abs. 1; BewG i.d.F. vor dem Inkrafttreten des ÄndG-BewG 1965 § 66 Abs. 1
Tatbestand
Streitig ist die Bewertung der halbfertigen Arbeiten bei der Einheitswertfeststellung für das Betriebsvermögen der Klägerin auf den 1. Januar 1963. Die Klägerin betreibt die Neuanlage und Reparatur von Heizungs-, Lüftungs-, Ölfeuerungs-, Warmwasser- und Rohrleitungsanlagen. Sie hatte die halbfertigen Arbeiten in ihrer Vermögensaufstellung auf diesen Stichtag mit 829 020 DM angesetzt. Dieser Wert entsprach den Herstellungskosten, die als Summe der Materialkosten laut Bauakte, der produktiven Löhne laut Baustellenbuch und 45 v. H. der produktiven Löhne als Fertigungsgemeinkosten errechnet worden waren. Bei der Feststellung des Einheitswerts für das Betriebsvermögen der Klägerin zum 1. Januar 1963 durch Bescheid vom 10. Juli 1964 erhöhte das FA den Ansatz der halbfertigen Arbeiten um 84 878 DM auf 913 898 DM. Dieser Zuschlag enthält die auf die halbfertigen Arbeiten entfallenden Verwaltungsund Vertriebskosten sowie den anteiligen Gewinn und beträgt 120 v. H. der in den halbfertigen Arbeiten enthaltenen produktiven Löhne von 70 732 DM. Der Einheitswert wurde auf 705 000 DM festgesetzt.
Mit der Sprungberufung erstrebte die Klägerin statt eines Zuschlags von 84 878 DM nur einen solchen von 25 605 DM. Sie war der Meinung, daß der Teilwert der halbfertigen Bauten auf keinen Fall über den Aufwendungen liegen könne, die ein Unternehmen selbst für die Erstellung des bisher Geleisteten habe machen müssen. Das treffe für die Verwaltungs- und Vertriebskosten nur insoweit zu, als diese bei der Selbstkostenberechnung berücksichtigt würden. Auszuscheiden seien deshalb die Gewerbeertragsteuer, die noch nicht gezahlte Umsatzsteuer und die Wertberichtigung auf Forderungen, soweit sie die noch zu zahlende Umsatzsteuer betreffe. Nicht hinzuzurechnen sei schließlich ein anteiliger Gewinn.
Die Sprungberufung war erfolgreich. Das FG führt im wesentlichen aus: Das FA habe nicht festgestellt, welcher Art die Gegenstände seien, die die Klägerin in der Bilanz unter der Bezeichnung "halbfertige Arbeiten" ausweise. Es könne sich dabei um noch nicht fertiggestellte Heizungs-, Lüftungs-, Ölfeuerungs- oder Warmwasseranlagen handeln, die im Eigentum der Klägerin stünden. Die Klägerin könne aber auch das Eigentum an diesen Anlagen durch den Einbau in die Gebäude nach §§ 946, 94 BGB verloren haben. Von diesen Feststellungen könne jedoch hier ausnahmsweise abgesehen werden, weil die Art des Bewertungsgegenstandes im Streitfall ohne Einfluß auf das Bewertungsergebnis sei. Halbfertige Arbeiten seien als Sachen nach § 66 Abs. 1 BewG a. F. mit dem Teilwert, als Forderungen nach § 14 BewG a. F. zu bewerten. Beide Werte stimmten im vorliegenden Fall im Ergebnis überein. Forderungen seien zwar nach § 14 BewG a. F. grundsätzlich mit dem Nennwert zu bewerten. Eine Bewertung mit dem Nennwert komme hier jedoch nicht in Betracht, weil der Klägerin für die bis zum Bewertungsstichtag geleisteten Arbeiten nach § 641 BGB eine anteilige Vergütung nicht zustehe. Der Werklohnanspruch sei bereits mit dem Abschluß der Werkverträge entstanden, fällig werde er aber erst mit der Fertigstellung und Abnahme der Werke. Er sei bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens nicht anzusetzen, weil es sich bis zur Vollendung der Arbeiten um schwebende Geschäfte handele. Forderungen aus schwebenden Geschäften seien nach allgemeiner Ansicht bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens in Übereinstimmung mit dem Bilanzsteuerrecht nicht anzusetzen. Würden während des Schwebezustandes von einem Vertragspartner Leistungen erbracht, so müßten die dadurch eingetretenen Wertverluste durch den Ansatz eines gleichwertigen Aktivpostens neutralisiert werden. Dabei sei es unerheblich, ob es sich bei dem Aktivposten um Sachen oder Forderungen handele. Aus dem Zweck des Wertansatzes folge, daß - soweit es sich um Forderungen handele - nicht realisierte Gewinne unberücksichtigt bleiben müßten. Auf Grund der hier vorliegenden Umstände sei ein vom Nennwert abweichender Wert anzusetzen, der dem gemeinen Wert entspreche, sich praktisch aber mit dem Teilwert decke. Nach der Rechtsprechung solle der Teilwert in der Regel nicht über den Wiederbeschaffungskosten am Stichtag liegen. Die Wiederbeschaffungskosten entsprächen in etwa dem Selbstkostenpreis im Sinne der "Leitsätze für die Preisermittlung aufgrund von Selbstkosten" (LSP) vom 21. November 1953 (Bundesanzeiger 1953 Nr. 244). Sie umfaßten nicht den anteiligen Gewinn, weil dieser nicht zu den Aufwendungen zähle, die für die Wiederherstellung des halbfertigen Werkes erforderlich seien. Bei den halbfertigen Arbeiten handele es sich um schwebende Geschäfte, bei denen nach allgemein anerkanntem Grundsatz sowohl bei der Bilanzierung als auch bei der Einheitsbewertung nicht realisierte Gewinne nicht anzusetzen seien. Im Schrifttum werde die Auffassung vertreten, der Teilwert der zu bewertenden Forderungen umfasse auch den auf den Teilwert entfallenden Gewinn, weil ein fiktiver Veräußerer den auf seinen Leistungsanteil entfallenden Gewinn dem Erwerber nicht unentgeltlich überlassen werde. Die Kammer könne sich dieser Auffassung nicht anschließen. Das Verhalten eines fiktiven Käufers könne nicht vorhergesehen werden. Mit einiger Sicherheit könne gesagt werden, daß ein fiktiver Käufer den ungekürzten anteiligen Gewinn nicht erstatten werde. Er werde den Gewinn zumindest wegen der zu erwartenden Rechnungsabstriche und Garantieleistungen um einen angemessenen Betrag kürzen und im Falle der Ist-Versteuerung einen Abschlag für die noch zu zahlende Umsatzsteuer vornehmen. Der Nichtansatz des anteiligen Gewinns habe die Nichtberücksichtigung der Gewerbeertragsteuer zur Folge. Die noch nicht gezahlte Umsatzsteuer gehöre nicht zu den Wiederbeschaffungskosten. Nach alledem sei nur ein Zuschlag von 36,2 v. H. zu den auf die halbfertigen Arbeiten entfallenden produktiven Löhnen gerechtfertigt. Dementsprechend setzte das FG den Einheitswert des Betriebsvermögens auf 636 000 DM herab.
Mit der als Revision zu behandelnden Rb. rügt das FA unrichtige Anwendung des bestehenden Rechts. Der ertragsteuerlich zulässige Ansatz der Herstellungskosten könne für die Einheitsbewertung des Betriebsvermögens nicht übernommen werden. Bei den halbfertigen Bauten auf fremdem Grund und Boden handele es sich um Forderungen des Bauunternehmers an den Bauherrn. Sie seien mit dem Nennwert zu bewerten, der erforderlichenfalls geschätzt werden müsse. Das FG berufe sich zu Unrecht auf die Vorschriften des BGB über den Werkvertrag. Diese nachgiebigen Vorschriften seien auf dem Bausektor weitgehend durch die Bestimmungen der Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB) ergänzt und abgeändert worden. Die Anwendung der VOB werde heute allgemein vereinbart. Nach der VOB stehe sowohl bei Beendigung als auch bei Behinderung oder Unterbrechung der Ausführung des Bauvertrags dem Unternehmer eine Forderung zu, deren Nennwert die Selbstkosten und den anteiligen Gewinn umfasse. Der Auftraggeber sei ferner zu Abschlagszahlungen verpflichtet, die ebenfalls neben den Selbstkosten einen anteiligen Gewinn enthielten. Auch das Institut der Bauwerksicherungshypothek (§ 648 BGB) zeige, daß dem Bauunternehmer bereits vor der Abnahme oder Teilabnahme des Bauwerks eine konkrete, ziffernmäßig feststehende Forderung zustehe. In den Zwischenbilanzen von Arbeitsgemeinschaften würden die halbfertigen Arbeiten ebenfalls mit den Selbstkosten und dem anteiligen Gewinn angesetzt. Aus alledem gehe hervor, daß der Bauunternehmer bereits vor Abnahme der fertigen Bauleistung einen gesetzlich oder vertraglich festgelegten Anspruch auf Vergütung der jeweils geleisteten Arbeit durch den Bauherrn habe, dessen Nennwert den anteiligen Selbstkosten und dem anteiligen kalkulatorischen Gewinnzuschlag entspreche. Zu dem gleichen Ergebnis komme man, wenn man den Nennwert der Forderung unter dem Gesichtspunkt der Veräußerung des ganzen Unternehmens oder der Einzelforderung prüfe. Kein Kaufmann werde den Gewinn aus seiner Arbeit ohne Gegenleistung seinem Nachfolger überlassen. Möglicherweise werde die Höhe des Gewinnzuschlags wegen der künftigen Risiken geändert werden. Im vorliegenden Fall sei aber die Höhe der Zuschläge unstreitig. Das FG bewerte die Forderungen aus halbfertigen Arbeiten unter dem Gesichtspunkt des schwebenden Geschäfts. Dem sei zuzustimmen. Den Ausführungen des FG zur Frage des Ausweises von nichtrealisierten Gewinnen bei schwebenden Geschäften könne dagegen nicht zugestimmt werden. Der ertragsteuerlich geltende Imparibilitätsgrundsatz sei bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens nicht anzuwenden. Die Ausführungen des FG über die Höhe der Wiederbeschaffungskosten träfen nur für die Bewertung eigener Halb- und Fertigerzeugnisse zu. Sie kämen deshalb nur zum Zuge, wenn die halbfertigen Arbeiten der Klägerin auf eigenem Grund und Boden errichtet worden seien. Entgegen der Auffassung des FG seien auch die Gewerbeetragsteuer und die noch nicht gezahlte Umsatzsteuer zu berücksichtigen. Das FG habe die Kürzung des Zuschlags so, wie es geschehen sei, nicht vornehmen dürfen, ohne vorher geprüft zu haben, inwieweit es sich um Arbeiten handele, die von der Klägerin auf eigenem Grund und Boden errichtet worden seien. Das FA beantragt deshalb, das Urteil des FG aufzuheben und die Streitsache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.
Die Klägerin hat diesen Ausführungen widersprochen. Sie hat dabei darauf hingewiesen, daß keinesfalls in vollem Umfang Forderungen entstanden seien. Nur die Rohrleitungen würden als wesentliche Bestandteile des Grundstücks im Sinne von § 94 BGB angesehen, an denen der Unternehmer das Eigentum nach § 946 BGB verliere. Ihr Wert betrage rd. 10 v. H. der Auftragssumme. Das übrige Material verbleibe in ihrem Eigentum. Bei einem Abbau der Anlage entstünden erfahrungsgemäß Kosten von 5 v. H. für Demontage und von 10 v. H. für Wiederaufarbeitung des Materials.
Der BdF ist nach § 122 Abs. 2 FGO dem Verfahren beigetreten. Er hält die Revision des FA für begründet. Im wesentlichen führt er aus: Die Materialien würden im Zeitpunkt der Verbindung mit dem Grundstück oder mit dem Gebäude Eigentum des Bestellers. Auch das wirtschaftliche Eigentum an diesen Sachen gehe auf den Besteller über. Der halbfertige Bau gehöre also weder rechtlich noch wirtschaftlich zum Betriebsvermögen des Unternehmers. An seine Stelle sei eine Forderung getreten. Diese gründe sich auf § 631 BGB. Sie sei bereits mit dem Abschluß des Vertrages entstanden, nur ihre Fälligkeit sei hinausgeschoben. Es handele sich um eine Kapitalforderung, die aber nicht mit dem Nennwert zu bewerten sei, weil ihr Wert anders als der normaler Kapitalforderungen durch ihre Zugehörigkeit zum Betrieb beeinflußt werde. Sie sei deshalb nach §§ 66 Abs. 1, 12 BewG a. F. mit dem Teilwert zu bewerten. Nach der Rechtsprechung liege der Teilwert in der Regel nicht über den Wiederbeschaffungskosten. Dieser Grundsatz greife jedoch nur dort Platz, wo andere, sicherere Anhaltspunkte für die Höhe des Teilwerts fehlten. Gerade der Bauvertrag habe jedoch für die zutreffende Ermittlung des Teilwerts des Vergütungsanspruchs sichere Grundlagen. Jedem Bauvertrag liege regelmäßig ein sog. "Leistungsverzeichnis" zugrunde, in dem wörtlich Einzelposten (der Lohnarbeiten und des Materials) mit den jeweiligen Einzelpreisen aufgeführt seien. Die Einzelpreise seien Endpreise, d. h. sie berücksichtigten nicht nur die gesamten Selbstkosten, sondern enthielten auch den anteiligen Unternehmergewinn. Die Summe der Einzelpreise ergebe den Gesamtpreis des Bauvorhabens, also die im Bauvertrag vereinbarte Vergütung. Ausgehend von diesen Unterlagen lasse sich am Stichtag unschwer feststellen, welche einzelnen Leistungen der Unternehmer bis zu diesem Zeitpunkt erbracht habe. An sich sei die Summe dieser Einzelleistungen bereits der zu ermittelnde Teilwert der Forderung. Es sei jedoch zu berücksichtigen, daß ein fiktiver Käufer des gesamten Unternehmens, wenn er es fortführen wollte, gewisse Risiken übernehme, deren Auswirkungen im Zeitpunkt des fiktiven Erwerbs noch nicht übersehbar seien. Es seien deshalb von dem nach dem Leistungsverzeichnis ermittelten Wert Abschläge zu machen, deren Höhe zu schätzen sei. Teilwert sei danach der Wert der Summe der nach dem Leistungsverzeichnis bis zum Stichtag erbrachten Leistungen abzüglich eventueller Unsicherheitsabschläge. Der anteilige Gewinn sei darin enthalten. Die Richtigkeit dieser Bewertungsmethode werde durch die Bestimmungen der VOB, auf die bereits das FA hingewiesen habe, bewiesen. Der so ermittelte Wert der Forderung werde auch von einem fiktiven Erwerber des Unternehmens bei der Fortführung als angemessen akzeptiert werden müssen. Diese Ermittlung des Teilwerts verstoße auch nicht gegen die Grundsätze der Behandlung von Forderungen und Verbindlichkeiten aus schwebenden Geschäften. Es sei nicht einzusehen, warum bei der Ermittlung des Teilwerts der Vorleistungen des Unternehmens, wie es das FG behaupte, nur die "Wertverluste" aus der Vorleistung aktiviert werden müßten, der anteilige Gewinn dagegen, der in der nach und nach anwachsenden Forderung enthalten sei, nicht. Ein generelles Verbot des Ansatzes nicht realisierter Gewinne bestehe, anders als im Ertragsteuer- und Gesellschaftsteuerrecht, bei der Einheitsbewertung nicht.
Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e. V. hat im Einvernehmen mit der Klägerin zu den Ausführungen des BdF Stellung genommen. Er führt im wesentlichen aus: Es widerspreche der Einheit des Steuerrechts, den Teilwert für die Steuern vom Vermögen anders zu bestimmen als für die Steuern vom Einkommen. Es sei kein Grund ersichtlich, von der herkömmlichen Rechtsprechung abzuweichen, welche die Höchstgrenze des Teilwerts selbsthergestellter Erzeugnisse in den Wiederherstellungskosten annehme. Dabei seien ins Gewicht fallende Veränderungen der Preisverhältnisse zu berücksichtigen. Bei der Ermittlung des Teilwerts selbsthergestellter Erzeugnisse könne kein Unterschied gemacht werden zwischen beweglichen Erzeugnissen und solchen Erzeugnissen, die durch Einbau oder Verbindung sachenrechtlich schon vor der Lieferung in das Eigentum des Abnehmers übergingen. Der Wert, den das Erzeugnis für den Unternehmer habe, werde dadurch nicht beeinflußt. Die Grundsätze, die in der Verwaltungsverordnung für die Behandlung von Erzeugnisbeständen (BStBl II. 1966, 56) aufgestellt seien, eigneten sich auch für die Bewertung halbfertiger Bauten und anderer Anlagen auf fremdem Grund und Boden. Zu dem gleichen Ergebnis gelange man auch, wenn man die Forderung nach § 14 Abs. 1 BewG a. F. bewerte. Unter "Nennwert" im Sinne dieser Vorschrift sei dann der dem Fertigungsstand des Werts entsprechende Teil der vereinbarten Gesamtvergütung zu verstehen. Dieser sei mit nicht voraussehbaren Risiken behaftet, die als "besondere Umstände" gegebenenfalls den Ansatz eines geringeren Werts rechtfertigen könnten.
Auch die Klägerin hat den Ausführungen des BdF widersprochen. Sie führt im wesentlichen aus: Das Wirtschaftsgut "unfertige Bauleistungen" sei ein Begriff sui generis. Bei einem unfertigen Erzeugnis beständen Vermögensumschichtungen nur innerhalb des Betriebs. Auch bei einer unfertigen Leistung könne nicht anders vorgegangen werden. Die Rechtsbeziehungen nach außen hätten keinen Einfluß auf die Bewertung unfertiger Bauten. Unabhängig davon, welche bürgerlich-rechtliche Lösung man akzeptiere, wäre es bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise unrichtig, die in dem Wirtschaftsgut "unfertige Bauleistungen" investierten Aufwendungen mit den bei Vertragsabschluß vereinbarten, jedoch erst nach Erstellung des Werkes vollziehbaren Forderungen aus Vertragserfüllung zu verknüpfen. Auch aus dem Aktiengesetz sei erkennbar, daß das Wirtschaftsgut "unfertige Bauleistungen" nicht zu dem Bilanzposten "Forderungen aus Lieferungen und Leistungen" gehöre. Die Abschlagsleistungen nach Teil B § 16 VOB gälten nicht als Abnahme von Teilleistungen. Überhaupt seien die Bauleistung und auch die Bauforderung nicht teilbar. Im Konkursfall des Bestellers erlösche der Werkvertrag kraft Gesetzes.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist nicht begründet.
1. Bei halbfertigen Arbeiten muß unterschieden werden zwischen solchen, bei denen die verwendeten Materialien noch im Eigentum des Bauunternehmers stehen, und solchen, bei denen das Eigentum auf den Bauherrn als dem Grundstückseigentümer übergegangen ist, weil sie durch Einbau wesentlicher Bestandteil des Grund und Bodens geworden sind. Das hat auch das FG erkannt. Es ist zutreffend davon ausgegangen, daß die halbfertigen Arbeiten, die noch im Eigentum des Bauunternehmers stehen, nach § 66 Abs. 1 BewG a. F. mit dem Teilwert zu bewerten sind. Diese Auffassung wird auch vom BdF und vom FA geteilt. Ihre Einwendungen richten sich nur gegen die vom FG vorgenommene Bewertung der halbfertigen Arbeiten, bei denen das Eigentum auf den Bauherrn übergegangen ist.
2. Der Senat hat in dem Urteil III 347/60 U vom 17. Januar 1964 (BFH 79, 1, BStBl III 1964, 234) ausgeführt, daß es sich bei den vom Bauunternehmer auf dem Grund und Boden des Bauherrn erstellten halbfertigen Bauten um Forderungen des Bauunternehmers gegen den Bauherrn handelt. Er hat dabei auf das BFH-Urteil IV 305, 306/56 vom 19. Februar 1959 (StRK, Einkommensteuergesetz, § 6 Abs. 1 Nr. 2, Rechtsspruch 86) verwiesen, in dem diese Auffassung damit begründet wird, daß die vom Bauunternehmer ausgeführten Bauarbeiten einschließlich des verwendeten Materials bei dem Entstehen des Bauwerks infolge der festen Verbindung mit dem Grund und Boden dessen Bestandteil würden und unmittelbar in das Eigentum des Grundstückseigentümers übergingen. An dieser Auffassung hält der Senat fest. Der Eigentumsübergang bezieht sich nur auf das verwendete Material und das damit erstellte halbfertige Bauwerk. Dies entspricht dem bürgerlichen Recht (§ 946 in Verbindung mit § 94 BGB). Für ein vom bürgerlichen Recht abweichendes wirtschaftliches Eigentum im Sinne des § 11 Nr. 4 StAnpG ist, wie schon der IV. Senat in dem Urteil IV 305, 306/56 (a. a. O.) betont hat, kein Raum. Ein solches wirtschaftliches Eigentum kann nicht etwa daraus hergeleitet werden, daß der Bauunternehmer noch gewisse Einwirkungsmöglichkeiten auf das halbfertige Bauwerk hat. Entscheidend ist, daß der Bauunternehmer das Grundstück und das auf ihm entstehende Bauwerk grundsätzlich nicht als ihm gehörig besitzt und daß ihm eine Einwirkungsmöglichkeit nur aufgrund des mit dem Grundstückseigentümer geschlossenen Werkvertrags zusteht. Unerheblich ist es entgegen der Auffassung von Schönnenbeck (Der Betrieb 1964 S. 1001 - DB 1964, 1001 -), daß in der Praxis seit jeher die halbfertigen Bauten in der Bilanz nicht als Forderungen ausgewiesen werden. Sein weiterer Hinweis, daß damit die halbfertigen Bauten bilanzmäßig weder beim Bauherrn noch beim Bauunternehmer erfaßt würden, ist für das Gebiet der Vermögensteuer unbeachtlich. Denn vermögensteuerrechtlich werden die Grundstücke im Zustand der Bebauung durch den nach § 33a Abs. 3 BewDV a. F. (jetzt nach § 91 Abs. 2 BewG 1965) festzustellenden besonderen Einheitswert dem Bauherrn zugerechnet. Die halbfertigen Bauten können auch nicht, wie die Klägerin meint, als Wirtschaftsgüter sui generis angesehen werden. Die Eigenart des Bauvertrages kann allenfalls bei der Bewertung der Forderung berücksichtigt werden. Auch ihr Hinweis auf die Vorschriften des AktG geht fehl. Im Bewertungsrecht bestimmt sich, wie der BdF zutreffend ausführt, der Begriff der Forderung nicht nach dem AktG. Schließlich beruft sich die Klägerin auch zu Unrecht auf die Vorschrift des § 23 der Konkursordnung (KO), aus der sie folgern will, daß der Werkvertrag im Konkursfalle kraft Gesetzes erlösche, so daß der Unternehmer gehindert sei, seinen Vergütungsanspruch als Forderung anzumelden. Der BdF hat demgegenüber mit Recht betont, daß unter die Vorschrift des § 23 KO nur solche Dienst- und Werkverträge fallen, die einen Dritten verpflichten, ein Geschäft für den Gemeinschuldner zu besorgen, und daß nach der herrschenden Meinung im Schrifttum Bauverträge keine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand haben, so daß auf sie § 23 KO nicht angewendet werden kann.
3. Als Rechtsgrund der nach den vorstehenden Ausführungen dem Bauunternehmer zustehenden Forderung sieht der Senat in Übereinstimmung mit dem BdF den Werkvertrag an. Der im Schrifttum zum Teil vertretenen Auffassung (vgl. z. B. Schlemmermeyer, Die steuerliche Betriebsprüfung 1966 S. 278), es handele sich um eine Forderung aus ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 951 BGB, stimmt der Senat nicht zu. Sie verkennt, wie der BFH zutreffend betont, daß § 951 BGB nach der herrschenden Meinung im Schrifttum und nach der zivilrechtlichen Rechtsprechung (vgl. BGHZ 27, 317 [326]) nur dann angewandt werden kann, wenn ein rechtlicher Grund für die Rechtsänderung aufgrund der §§ 946 bis 950 BGB fehlt, nicht jedoch, wenn die Rechtsänderung auf einem rechtsgültigen Vertrag beruht.
Nach § 631 Abs. 1 BGB wird der Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werkes, der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. Der Besteller hat also einen Anspruch auf die Herstellung des Werkes, der Unternehmer einen Anspruch auf die vereinbarte Vergütung. Beide Ansprüche entstehen bereits mit dem Abschluß des Werkvertrages. Der Unternehmer kann allerdings die vereinbarte Vergütung nach § 641 Abs. 1 Satz 1 BGB erst bei Abnahme des Werkes oder, wenn abschnittsweise Abnahme vereinbart ist, erst jeweils bei Abnahme des einzelnen Abschnitts verlangen. Der Senat ist mit dem BdF der Auffassung, daß durch diese Vorschriften nur die Fälligkeit des bereits entstandenen Anspruchs hinausgeschoben wird (vgl. dazu Kommentar von Reichsgerichtsräten und Bundesrichtern zum BGB, 11. Auflage, Anm. 1 zu § 641 und die dort angeführte Rechtsprechung).
4. Der dem Unternehmer zustehende Vergütungsanspruch ist in der Regel eine auf Zahlung von Geld gerichtete Forderung. Trotzdem handelt es sich nicht um eine Kapitalforderung, die nach der Rechtsprechung des Senats auch dann mit dem sich aus § 14 BewG a. F. ergebenden Wert anzusetzen wäre, wenn sie zu einem Betriebsvermögen gehört (vgl. BFH-Urteile III 133 und 134/53 S vom 26. August 1955, BFH 61, 207, BStBl III 1955, 278, und III 358/61 U vom 30. März 1962, BFH 74, 624, BStBl III 1962, 232). Es ist vielmehr eine besonders geartete Forderung. Ihre Besonderheit besteht darin, daß ihre Vollwertigkeit davon abhängt, daß das Unternehmen die halbfertigen Arbeiten vollenden kann. Für eine solche Forderung kommt nach Auffassung des Senats nicht eine Bewertung nach § 14 BewG a. F. in Betracht. Sie ist vielmehr nach § 66 Abs. 1 BewG a. F. mit dem Teilwert im Sinne des § 12 BewG a. F. zu bewerten.
5. Teilwert ist nach § 12 Satz 2 BewG a. F. der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Unternehmens im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde. Dabei ist nach § 12 Satz 3 BewG a. F. davon auszugehen, daß der Erwerber das Unternehmen fortführt. Es muß also der Betrag ermittelt werden, den ein gedachter Käufer des Unternehmens im Rahmen des Gesamtkaufpreises für eine Forderung aus einem halbfertigen Bauwerk zahlen würde. Dabei ist zu beachten, daß die Bauforderungen mit Gewinn kalkuliert werden. Ob aber ein Gewinn tatsächlich erzielt wird, stellt sich erst bei Abnahme bzw. erst nach Ablauf der Garantiefrist heraus. Das gilt auch dann, wenn die Anwendung der VOB vereinbart ist. Zwar sind dann vom Bauherrn nach § 16 Nr. 1 Abs. 1 VOB Teil B Abschlagszahlungen auf Antrag des Bauunternehmers in Höhe der jeweils nachgewiesenen vertragsmäßigen Leistungen in möglichst kurzen Zeitabständen zu gewähren. Diese Abschlagszahlungen sind aber ebenso wie die damit verbundene Aufstellung der erbrachten Leistungselemente durch den Unternehmer nur eine vorläufige Erledigung der entsprechenden Gegenleistungsverpflichtung des Bauherrn (vgl. Ingenstau-Korbion, Verdingungsordnung für Bauleistungen, 4. Auflage, Anm. 2 zu B § 16, Nr. 1). Nach § 16 Nr. 1 Abs. 4 VOB Teil B sind sie ohne Einfluß auf. die Haftung und Gewährleistungen des Unternehmens und gelten auch nicht als Abnahme von Teilleistungen durch den Bauherrn. Weil es also ungewiß ist, ob ein Gewinn tatsächlich erzielt werden wird, wird ein gedachter Käufer niemals einen anteiligen Gewinn mitvergüten, sondern nur die Aufwendungen, die das Unternehmen insgesamt machen mußte, um das halbfertige Bauwerk herzustellen. Diese Aufwendungen umfassen die Herstellungskosten zuzüglich der Gemeinkosten und der Vertriebskosten. Diese bis zum Bewertungsstichtag angefallenen Selbstkosten bilden die oberste Grenze der Wiederbeschaffungskosten. Nach ständiger Rechtsprechung liegt der Teilwert wiederum in der Regel nicht über diesen Wiederbeschaffungskosten. Der Teilwert der Forderung aus halbfertigen Bauten auf fremdem Grund und Boden ist deshalb nicht höher zu bemessen als der Teilwert solcher halbfertiger Bauten, an denen dem Unternehmer das Eigentum verblieben ist.
6. Nach alledem konnte es das FG dahingestellt sein lassen, ob das bei den halbfertigen Arbeiten verwendete Material in vollem Umfang in das Eigentum des Bauherrn übergegangen ist. Auch seine Bewertung ist nicht zu beanstanden. Es ist zutreffend von den Verwaltungs- und Vertriebskosten ausgegangen und hat mit Recht davon die Gewerbeertragsteuer und die noch nicht bezahlte Umsatzsteuer abgezogen. Es hat dann berechnet, welchen Prozentsatz des produktiven Lohnes die danach verbleibenden Verwaltungs- und Vertriebskosten ausmachen. Diesen Prozentsatz hat es auf die auf halbfertige Arbeiten entfallenden produktiven Löhne angewandt und so den Zuschlag zu den bilanzierten Herstellungskosten berechnet.
Fundstellen
Haufe-Index 68085 |
BStBl II 1968, 575 |
BFHE 1968, 339 |