Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufteilung der Tätigkeit eines Statikers in freiberufliche und gewerbliche Einkünfte nach Aufträgen und Projekten
Leitsatz (amtlich)
Betreuen ein selbständig tätiger und ein angestellter Ingenieur jeweils einzelne Aufträge und Projekte eigenverantwortlich und leitend, so ist trotz der gleichartigen Tätigkeit eine --ggf. im Schätzungswege vorzunehmende-- Aufteilung der Einkünfte nicht ausgeschlossen mit der Folge, dass die vom Unternehmensinhaber selbst betreuten Aufträge und Projekte der freiberuflichen Tätigkeit zuzuordnen sind, und nur die von dem Angestellten betreuten Aufträge und Projekte zu gewerblichen Einkünften führen.
Normenkette
GewStG § 2 Abs. 1 S. 1, § 7; EStG § 15 Abs. 2, § 18 Abs. 1 Nr. 1 Sätze 2-3; GewStDV § 1 Abs. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) und B betrieben als Diplom-Ingenieure in X ein Ingenieurbüro für Baustatik und Massivbau.
In den Streitjahren 1993 bis 1996 wurden sie ausschließlich für Großkunden im Rahmen von Großaufträgen (z.B. Bürogebäude zur …) tätig, insbesondere aus den Bereichen der Versicherungswirtschaft, der Banken und der öffentlichen Verwaltung.
Nach einem Organigramm oblag dem Kläger die Angebotsbearbeitung, Vertragsgestaltung, Bauüberwachung, Kundenpflege und Akquisition. B war zuständig für Controlling, Personalwesen, Einkauf, EDV, technische Abwicklung der Angebote sowie die Organisation des Unternehmens, einschließlich der Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitskontrolle.
Die einzelnen Projekte wurden entweder dem Kläger oder B zugeordnet. Für jedes Projekt wurde bei Auftragserteilung eine Projektgruppe gebildet, die dem jeweiligen Projektleiter --entweder dem Kläger oder B-- zuarbeitete und von diesem überwacht und geleitet wurde. Nach den Angaben des Klägers wurden die Projektleiter in den Leistungsphasen 1 bis 3 der HOAI, welche die wesentlichen Leistungsphasen sein sollen, besonders intensiv tätig. In den sich anschließenden Leistungsphasen, die Routinearbeiten betreffen wie z.B. die zeichnerische Umsetzung der Vorgaben des jeweiligen Projektleiters, wurden zunehmend Aufgaben auf die Projektgruppen delegiert. Die Projektgruppen bestanden aus angestellten Bauingenieuren und technischen Zeichnern, teilweise auch aus freiberuflich tätigen Personen.
In den Streitjahren 1993 bis 1996 übernahm der Kläger insgesamt 41 Aufträge und B 37 Aufträge, die allerdings nicht gleichermaßen anspruchsvoll gewesen sein sollen.
Nach einer vom Kläger gefertigten Aufstellung entfiel das Auftragsvolumen in den Streitjahren zu 79 % auf ihn und zu 21 % auf B.
Nach den Angaben des Klägers ist kein Auftrag gemeinsam von ihm und B bearbeitet worden.
Der Kläger hatte das Ingenieurbüro 1968 zusammen mit B durch schriftlichen Vertrag als Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegründet. Danach waren der Kläger mit 55 % und B mit 45 % beteiligt. In den Jahren von 1972 bis 1979 führte der Kläger das Unternehmen allein ohne Beteiligung des B. Ab 1980 betrieben der Kläger und B das Büro wieder gemeinsam, wobei der Kläger nach außen als Einzelunternehmer auftrat. Ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag existierte --anders als für die Jahre 1968 bis 1971-- nicht. B leistete keine Einlage in das Unternehmen des Klägers. Eine schriftliche Vereinbarung über die Beteiligung des B an den Gewinnen und Verlusten existiert ebenfalls nicht. Für seine Tätigkeit erhielt B in den Streit- und Folgejahren folgende Beträge:
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Zahlungen an B |
Gewinn/Verlust des Ingenieurbüros |
1993 |
280 000 DM |
9 Mio. DM |
1994 |
222 000 DM |
14 Mio. DM |
1995 |
300 000 DM |
5 Mio. DM |
1996 |
270 000 DM |
10 Mio. DM |
1997 |
270 000 DM |
10 Mio. DM |
1998 |
240 000 DM |
-4 Mio. DM |
1999 |
260 000 DM |
5 Mio. DM |
Wie der an B gezahlte Betrag ermittelt wurde, ist rechnerisch nicht nachvollziehbar. Schriftliche Aufzeichnungen über die Berechnung des Betrags wurden nicht gefertigt.
Der Kläger und B gaben für das Ingenieurbüro beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) Erklärungen über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen ab und erklärten Einkünfte aus § 18 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Die den Erklärungen beigefügten Gewinnermittlungen lauten ausschließlich auf den Kläger und nicht auf eine Gesellschaft oder Gemeinschaft. Sie wurden auch ausschließlich vom Kläger unterschrieben. Das FA folgte den Erklärungen zunächst erklärungsgemäß. In den Jahren 1999/2000 wurde bei dem Ingenieurbüro eine Betriebsprüfung durchgeführt. Der Prüfer vertrat die Auffassung, dass steuerrechtlich eine Mitunternehmerschaft zu verneinen sei, weil B kein ausreichendes Mitunternehmerrisiko getragen und auch keine ausreichende Mitunternehmerinitiative gezeigt habe. Da der Kläger nicht leitend und eigenverantwortlich i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG tätig gewesen sei, seien die im Ingenieurbüro erzielten Gewinne als gewerbliche Einkünfte des Einzelunternehmens des Klägers zu qualifizieren.
Dem folgend hob das FA die Gewinnfeststellungsbescheide für das Ingenieurbüro auf und lehnte die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das Ingenieurbüro ab. Diese Bescheide sind vom Finanzgericht (FG) Köln mit Urteil vom 8. Juni 2006 3 K 4744/02 (juris) bestätigt worden. Die dagegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Beschluss vom 5. Dezember 2007 XI B 134/06 (BFH/NV 2008, 382) als unbegründet zurückgewiesen. Außerdem erließ das FA mit Datum vom 27. Juni 2001 erstmalige Gewerbesteuermessbescheide 1993 bis 1996 für das Einzelunternehmen des Klägers. Dabei legte das FA den in den Feststellungserklärungen angegebenen Gewinn zugrunde und berücksichtigte die an B geflossenen Zahlungen als weitere Betriebsausgaben.
Die Einzelheiten ergeben sich aus Tz. 26 und Anlage 2 des Betriebsprüfungsberichts vom 10. November 2000.
Ursprünglich hatte der Kläger --entgegen der Rechtsauffassung des FA-- auch geltend gemacht, als Mitunternehmer tätig gewesen zu sein. Indes hat er seine Klage mit Schriftsatz vom 17. Mai 2006 nach einer Verständigung der Parteien über den Abzug von Betriebsausgaben ausdrücklich auf die Rechtsfrage beschränkt, ob die von ihm als Einzelunternehmer erzielten Einkünfte insgesamt als freiberufliche, hilfsweise im Wege einer Trennung jedenfalls die Einkünfte aus den von ihm persönlich ausgeführten Aufträgen als freiberuflich zu besteuern seien.
Die nach erfolglos durchgeführten Vorverfahren (Einspruchsentscheidung vom 29. Juli 2002) erhobene Klage hat das FG als unbegründet abgewiesen. Der Kläger habe das Ingenieurbüro als gewerblicher Einzelunternehmer i.S. von § 2 Abs. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) i.V.m. § 15 Abs. 2 EStG betrieben und sei deshalb gewerbesteuerpflichtig. Eine steuerlich anzuerkennende Mitunternehmerschaft zwischen dem Kläger und B habe nicht bestanden. Zur Begründung hat das FG auf sein Urteil vom gleichen Tage zum Parallelverfahren 3 K 4744/02 (juris) vollinhaltlich Bezug genommmen.
Mit der vom BFH zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
Der Kläger beantragt, das Urteil des FG, die Gewerbesteuermessbescheide 1993 bis 1996 und die Einspruchsentscheidung aufzuheben, hilfsweise die Sache an das FG zurückzuverweisen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Es schließt sich in vollem Umfang den Ausführungen des FG im angefochtenen Urteil an.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass allein deswegen keine trennbare Mischtätigkeit gegeben sei, weil der Kläger in den Streitjahren 1993 bis 1996 nicht zwei verschiedene Tätigkeiten ausgeübt habe, sondern nur eine Tätigkeit als Statiker.
Die vom FG nach Maßgabe dieses rechtlichen Maßstabs getroffenen Feststellungen erlauben allerdings keine schon abschließende Entscheidung darüber, ob eine Aufteilung zwischen freiberuflichen und gewerblichen Einkünften zumindest im Schätzungswege und ggf. mit welchem Ergebnis möglich sein wird.
1. Ein der Gewerbesteuer unterliegender Gewerbebetrieb i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG in der für die Streitjahre maßgebenden Fassung ist gemäß § 1 Abs. 1 der Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung (GewStDV) --nunmehr § 15 Abs. 2 EStG-- anzunehmen, wenn der Steuerpflichtige eine selbständige nachhaltige Betätigung ausübt, die mit Gewinnabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt und wenn ferner die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufes im Sinne des EStG anzusehen ist. Nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG ist die selbständige Berufstätigkeit eines Ingenieurs eine freiberufliche und damit keine gewerbliche Tätigkeit. Dies gilt gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG auch dann, wenn er sich bei Ausübung seines Berufs der Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte bedient; Voraussetzung ist jedoch in diesem Fall, dass er aufgrund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig wird. Wesentliches Merkmal der freiberuflichen Tätigkeit zur Abgrenzung gegenüber der gewerblichen Tätigkeit ist die unmittelbare, persönliche und individuelle Arbeitsleistung des Freiberuflers (BFH-Urteil vom 1. Februar 1990 IV R 140/88, BFHE 159, 535, BStBl II 1990, 507, ständige Rechtsprechung).
2. Der Kläger greift die vom FG im rechtskräftig gewordenen Urteil des FG Köln vom 8. Juni 2006 3 K 4744/02 (juris) wegen negativer Feststellungen ergangene Entscheidung und im angefochtenen Urteil zur Begründung in Bezug genommene Würdigung nicht mehr an, dass zwischen ihm und B in den Streitjahren keine steuerrechtlich anzuerkennende Mitunternehmerschaft vorgelegen hat.
Bei der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages ist der Gewerbeertrag nach § 7 GewStG zwar eigenständig und ohne Bindung an den Einkünftefeststellungsbescheid zu ermitteln. Mithin steht auch aufgrund der negativen Feststellungsbescheide für die Streitjahre nicht zugleich für die Gewerbesteuer bindend fest, dass die Voraussetzungen für eine freiberufliche Mitunternehmerschaft nicht vorgelegen haben (BFH-Urteil vom 8. April 2008 VIII R 73/05, BStBl II 2008, 681, m.w.N.).
Indes hat der Kläger, abgesehen von seiner ausdrücklichen Beschränkung seines Klagebegehrens im Schriftsatz vom 17. Mai 2006, auch mit seiner Revisionsbegründung keine Rügen gegen das vom FG auf der Grundlage einer umfassenden Beweiswürdigung gewonnene Ergebnis erhoben, dass es sowohl an dem notwendigen Rechtsbindungswillen für eine Zusammenarbeit des Klägers mit B auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage als auch an dem erforderlichen Mitunternehmerrisiko des B gefehlt habe. Es sind auch weder rechtliche Gründe geltend gemacht worden noch sind entsprechende Gesichtspunkte erkennbar, die insoweit zu einer abweichenden rechtlichen Würdigung hinsichtlich der Annahme einer freiberuflichen Mitunternehmerschaft Anlass geben könnten.
3. a) Übt ein Steuerpflichtiger sowohl eine freiberufliche als auch eine gewerbliche Tätigkeit aus, so sind die Tätigkeiten nach der (jüngeren) steuerlichen Rechtsprechung zu trennen, sofern dies nach der Verkehrsauffassung möglich ist. Dies gilt auch dann, wenn sachliche und wirtschaftliche Bezugspunkte zwischen den verschiedenen Tätigkeiten bestehen.
Eine einheitliche Tätigkeit liegt nur dann vor, wenn die verschiedenen Tätigkeiten derart miteinander verflochten sind, dass sie sich unlösbar gegenseitig bedingen. Eine solche einheitliche Tätigkeit ist steuerlich danach zu qualifizieren, ob das freiberufliche oder das gewerbliche Element vorherrscht. Wird gegenüber den Auftraggebern ein einheitlicher Erfolg geschuldet, so ist die zur Durchführung dieser Aufträge erforderliche Tätigkeit regelmäßig auch als einheitliche zu beurteilen (BFH-Urteil vom 18. Oktober 2006 XI R 10/06, BFHE 216, 518, BStBl II 2008, 54, m.w.N.). Bei der Würdigung, ob ein einheitlicher Erfolg geschuldet wird, handelt es sich um eine vom FG zu treffende tatsächliche Feststellung, an die der BFH grundsätzlich gebunden ist (§ 118 Abs. 2 FGO).
Werden in einem Betrieb nur gemischte Leistungen erbracht, so ist der Betrieb danach zu qualifizieren, welche der einzelnen Tätigkeiten der Gesamttätigkeit das Gepräge gibt. Dazu kommt es weder auf den geschätzten Anteil der einzelnen Tätigkeitsarten am Umsatz oder Ertrag noch darauf an, welcher Teil der Gesamtleistung für den Vertragspartner im Vordergrund steht (BFH-Urteile vom 2. Oktober 2003 IV R 48/01, BFHE 204, 80, BStBl II 2004, 363; vom 20. Dezember 2000 XI R 8/00, BFHE 194, 206, BStBl II 2002, 478; grundlegend BFH-Urteil vom 24. April 1997 IV R 60/95, BFHE 183, 150, BStBl II 1997, 567).
Der BFH hat indes z.B. eine getrennte Betrachtung auch zugelassen, wenn ein EDV-Berater, der sowohl System- als auch Anwendungssoftware entwickelt, verschiedene Aufträge erhält, die sich jeweils nur auf einen dieser Bereiche beziehen (BFH-Urteil vom 7. November 1991 IV R 17/90, BFHE 166, 443, BStBl II 1993, 324). Ebenso hat der BFH im Urteil vom 11. Juli 1991 IV R 15/90 (BFHE 165, 216, BStBl II 1991, 889) keine Bedenken gehabt, bei einem Holzschnitzer zwischen freier künstlerischer Tätigkeit einerseits und kunsthandwerklicher Beschäftigung andererseits aufzuteilen und die jeweiligen Einkünfte sogar nötigenfalls im Schätzungswege zu ermitteln (vgl. ferner BFH-Urteil vom 9. August 1983 VIII R 92/83, BFHE 139, 380, BStBl II 1984, 129 betreffend die Tätigkeit eines Steuerberaters einerseits und dessen Vermittlung von Interessenten am Erwerb von Eigentumswohnungen verbunden mit deren Beratung andererseits).
Für die Tatfrage, ob die Tätigkeitsmerkmale einer gemischten Tätigkeit im Einzelfall derart miteinander verbunden sind und sich gegenseitig unauflösbar bedingen, dass eine Trennung der Bereiche willkürlich erschiene, sind somit verschiedene Aufträge und Projekte nicht einheitlich, sondern getrennt zu betrachten (dazu Lambrecht in Kirchhof, EStG, 8. Aufl., § 18 Rz 31).
b) Nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG ist ein Angehöriger eines freien Berufes auch dann freiberuflich tätig, wenn er sich der Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte bedient, vorausgesetzt er wird aufgrund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig. Arbeitskräfte sind nicht nur im Betrieb des Freiberuflers abhängig Beschäftigte, sondern auch Subunternehmer oder freie Mitarbeiter (BFH-Urteil vom 14. März 2007 XI R 59/05, BFH/NV 2007, 1319; BFH-Beschlüsse vom 30. August 2007 XI B 1/07, BFH/NV 2007, 2280 zur Eigenverantwortlichkeit; vom 31. August 2005 IV B 205/03, BFH/NV 2006, 48; BFH-Urteil vom 5. Juni 1997 IV R 43/96, BFHE 183, 424, BStBl II 1997, 681).
Die Mithilfe qualifizierten Personals ist für die Freiberuflichkeit des Berufsträgers allerdings nur dann unschädlich, wenn dieser bei der Erledigung jedes einzelnen Auftrags aufgrund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig wird, sodass die Leistung den "Stempel der Persönlichkeit" des Berufsträgers trägt. Selbst eine besonders intensive Tätigkeit kann die eigene praktische Tätigkeit nicht ersetzen. In welchem Umfang der Berufsträger allerdings selbst tätig sein muss, hängt vom jeweiligen Berufsbild ab (BFH-Urteile vom 4. Juli 2007 VIII R 77/05, BFH/NV 2008, 53, m.umf.N.; vom 22. Januar 2004 IV R 51/01, BFHE 205, 151, BStBl II 2004, 509, m.w.N.; grundlegend BFH-Urteil vom 21. März 1995 XI R 85/93, BFHE 177, 377, BStBl II 1995, 732; BFH-Beschluss vom 7. Juli 2005 XI B 227/03, BFH/NV 2006, 55).
c) Die Rechtsprechung hat zwar bislang im Wesentlichen Sachverhalte entschieden, in denen nebeneinander mehrere, verschiedenen Einkunftsarten zuzurechnende Tätigkeiten vom Berufsträger entfaltet worden sind. Der BFH hat indes eine Aufteilung auch für möglich erachtet, wenn eine gleichartige (ärztliche) Tätigkeit vorliegt, die lediglich in verschiedenen örtlichen Bereichen entfaltet worden ist (dazu grundlegend BFH-Urteil vom 25. Oktober 1963 IV 373/60 U, BFHE 77, 750, BStBl III 1963, 595, m.w.N.). Wörtlich hat der BFH ausgeführt: "… so ist doch nicht einzusehen, weshalb bei völlig gleichartiger Tätigkeit, die an sich ihrer Art nach als freiberuflich anzusehen ist, und die in einem abtrennbaren Teilbereich eigenverantwortlich in der für die Tätigkeit typischen Weise durchgeführt wird, nur deshalb das Merkmal der Freiberuflichkeit verneint werden sollte, weil in anderen Bereichen die eigenverantwortliche Tätigkeit verneint werden muss" (zustimmend Brandt in Herrmann/Heuer/Raupach --HHR--, § 18 EStG Rz 76 a.E.).
Im Urteil vom 19. Oktober 1995 IV R 11/95 (BFH/NV 1996, 464) hat der BFH allerdings ohne Auseinandersetzung mit seiner früheren Entscheidung angenommen, der Senat sei wegen des Verböserungsverbots daran gehindert, dazu Stellung zu nehmen, ob die Einkünfte aus der zweiten Betriebsstätte zu Recht isoliert als freiberuflich angesehen werden könnten. Indes kann daraus nicht geschlossen werden, der BFH hätte an seiner früheren Rechtsprechung zu örtlich abgegrenzten Bereichen nicht mehr festhalten wollen (so aber wohl Güroff in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 18 Rz 242).
d) Der Senat hält die grundsätzlichen Ausführungen im Urteil in BFHE 77, 750, BStBl III 1963, 595 unverändert für zutreffend.
In ständiger Rechtsprechung hat der BFH nicht nur eine getrennte Beurteilung bei wesensmäßig verschiedenen Tätigkeiten für geboten erachtet, sondern sie auch gerade dann für erforderlich angesehen, wenn zwischen den verschiedenen Tätigkeiten gewisse sachliche und wirtschaftliche Berührungspunkte vorliegen, mithin eine "gemischte Tätigkeit" gegeben ist, und nur ausnahmsweise eine einheitliche Beurteilung der Tätigkeit für unerlässlich angesehen, wenn die Tätigkeitsmerkmale so miteinander verflochten sind und die Tätigkeiten sich gegenseitig so unlösbar bedingen, dass eine Trennung gegen die Verkehrsauffassung verstieße (BFH-Urteil vom 1. Februar 1990 IV R 42/89, BFHE 160, 21, BStBl II 1990, 534; ferner BFH-Beschluss vom 5. Mai 1999 IV B 35/98, BFH/NV 1999, 1328, m.w.N.), wobei der Grad der Verknüpfung beider Tätigkeiten jeweils im Einzelfall vom FG als Tatfrage zu untersuchen ist (ferner zur grundsätzlichen Trennung Schmidt/Wacker, EStG, 27. Aufl., § 18 Rz 50; Korn, § 18 EStG Rz 11 und 13; HHR/Brandt, § 18 EStG Rz 75 und 76; Brandt, Die Information für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer --INF-- 2003, 57, 58).
Dabei hat der BFH (vgl. Urteil in BFHE 166, 443, BStBl II 1993, 324) lediglich auf die einzelnen Tätigkeiten abgestellt, hingegen nicht den Umstand als ein der Trennung entgegenstehendes Moment angesehen, dass die Tätigkeiten in demselben Betrieb entfaltet worden sind, mithin die für den Betrieb anfallenden Gemeinkosten nicht von vornherein den einzelnen Tätigkeitsbereichen zugeordnet werden konnten, sondern ggf. im Schätzungswege aufzuteilen sind. Eine leichte und einwandfreie Trennbarkeit erfordert nicht eine getrennte Buchführung. Vielmehr muss, sofern die Trennung der Einkünfte nur durch Schätzung erfolgen kann, diese grundsätzlich auch durchgeführt werden (so zutreffend HHR/Brandt, § 18 EStG Rz 75 und 76, m.umf.N.).
4. a) Bei Anwendung dieser rechtlichen Maßstäbe liegt bereits nach den bisherigen Feststellungen des FG, wonach die einzelnen Aufträge und Projekte jeweils völlig eigenständig entweder vom Kläger oder von B abgewickelt worden sind (wobei der Kläger sämtliche Aufträge und ihre personelle Zuordnung im Einzelnen in den eingereichten Aufstellungen dargestellt hat), eine Trennung und Zuordnung zur freiberuflichen Tätigkeit hinsichtlich der vom Kläger eigenverantwortlich und leitend durchgeführten Projekte und eine Zuordnung nur der von B eigenständig durchgeführten Projekte zu den gewerblichen Einkünften erkennbar nahe. Allerdings wird insoweit das FG die erforderlichen Ermittlungen nachzuholen und die jeweils zuzuordnenden Einnahmen und vor allem Ausgaben ggf. im Schätzungswege aufzuteilen haben.
b) Gelangt das FG zu dem Ergebnis, dass eine Aufteilung an sich vorzunehmen ist, so wird es des Weiteren Feststellungen zu treffen haben, ob und ggf. welche der in den Verantwortungsbereich des Klägers fallenden Aufträge ausnahmsweise im Hinblick auf die Zahl der für ihre Durchführung jeweils eingesetzten Mitarbeiter und des Umfangs der Aufträge gleichwohl der Annahme einer freiberuflichen Tätigkeit entgegenstehen (vgl. BFH-Urteile in BFH/NV 2008, 53; in BFHE 177, 377, BStBl II 1995, 732; in BFHE 159, 535, BStBl II 1990, 507; ferner HHR/Brandt, § 18 EStG Rz 234).
Dabei sind die Anforderungen an eine eigenverantwortliche Tätigkeit --wie ausgeführt-- nach der Art der Tätigkeit und des Berufsbildes unterschiedlich (BFH-Urteil in BFHE 183, 424, BStBl II 1997, 681; Schmidt/Wacker, a.a.O., § 18 Rz 27, m.w.N.; HHR/Brandt, § 18 EStG Rz 235 "Ingenieur").
Die Eigenverantwortlichkeit ist nach den Verhältnissen des jeweiligen Einzelfalles zu beurteilen. Allgemein gültige Vorgaben, insbesondere auch in zeitlicher Hinsicht, für eine eigenverantwortliche fachliche Leistung gibt es nicht (BFH-Beschluss in BFH/NV 2006, 55, m.w.N.).
Ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 8. Juni 2006 waren sich allerdings die Beteiligten darüber einig, dass jeder der Kläger (Kläger und B) bestimmte Projekte eigenverantwortlich und leitend durchgeführt hat.
c) Sollte das FG dessen ungeachtet zu dem Ergebnis gelangen, eine Aufteilung der dem Kläger zuzurechnenden gemischten Tätigkeit sei, auch soweit eine Eigenverantwortlichkeit hinsichtlich der vom Kläger selbst durchgeführten Projekte zu bejahen ist, nicht durchführbar, so wird es ebenfalls aufgrund einer Würdigung aller Umstände die Entscheidung nachzuholen haben, ob die Gesamttätigkeit freiberuflich oder gewerblich ist, d.h. durch welche Elemente sie maßgeblich geprägt worden ist (vgl. dazu BFH-Urteil vom 4. November 2004 IV R 63/02, BFHE 209, 116, 122, BStBl II 2005, 362, 364; HHR/Brandt, § 18 EStG Rz 77, m.w.N.).
5. Soweit der Kläger unter Bezugnahme auf den Vorlagebeschluss des Niedersächsischen FG vom 21. April 2004 4 K 317/91 (Entscheidungen der Finanzgerichte 2004, 1065) die Gewerbesteuer überhaupt als verfassungswidrig ansieht, hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 15. Januar 2008 1 BvL 2/04 (BGBl I 2008, 1006) zwischenzeitlich die Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz nicht nur für das dortige Streitjahr 1988, sondern generell auch für die Folgezeit festgestellt.
6. Die erhobenen Verfahrensrügen erachtet der Senat im Übrigen nicht für durchgreifend und sieht gemäß § 126 Abs. 6 Satz 1 FGO insoweit bereits deshalb von einer Begründung ab, weil die Sache ohnehin an das FG zurückverwiesen werden muss.
Fundstellen
Haufe-Index 2077989 |
BFH/NV 2009, 80 |
BFH/PR 2009, 60 |
BStBl II 2009, 143 |
BFHE 2008, 272 |
BFHE 223, 272 |
DB 2008, 2684 |
DStRE 2009, 26 |
DStZ 2009, 2 |
HFR 2009, 150 |