Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückforderungsanspruch gegen den Zessionar bei Berichtigung nach § 17 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 3 UStG
Leitsatz (amtlich)
1. Hat das FA abgetretene Vorsteuerüberschüsse eines Voranmeldungszeitraumes an den Zessionar ausgezahlt, entsteht gegen diesen ein Rückforderungsanspruch, wenn der Rechtsgrund für die Auszahlung durch Berichtigung der Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 3 UStG in einem späteren Voranmeldungszeitraum entfallen ist.
2. Die zur Auszahlung des Vorsteuerüberschusses führende Umsatzsteuerfestsetzung (§ 168 AO 1977) hat mit der Berichtigung der Bemessungsgrundlage gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG in einer späteren Umsatzsteuervoranmeldung (§ 168 AO 1977) ihre Wirksamkeit als formeller Rechtsgrund verloren (§ 124 Abs. 2 i.V.m. § 218 Abs. 1 AO 1977).
Normenkette
UStG § 17 Abs. 2 Nr. 3; AO 1977 § 37 Abs. 2, § 124 Abs. 2, §§ 168, 218 Abs. 1-2; UStG § 17 Abs. 1 S. 3
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) verkaufte mit notariellem Vertrag vom Oktober 1992 mit Wirkung vom 2. Januar 1993 ein bebautes Grundstück an eine GbR zu einem Gesamtkaufpreis von … DM zuzüglich Umsatzsteuer. Der Kaufpreis sollte in Raten getilgt werden. Die GbR machte in ihren Umsatzsteuer-Voranmeldungen für IV/1992 und I/1993 den Vorsteuerabzug aus den den Grundstückskauf betreffenden Rechnungen geltend und trat laut Anzeige vom 5. August 1993 den daraus resultierenden Vorsteuer-Erstattungsanspruch zur Tilgung des Kaufpreises erfüllungshalber an den Kläger ab.
Die Auszahlung des Erstattungsbetrages erfolgte seitens des Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt ―FA―) durch Verrechnung mit Steuerschulden des Klägers.
Im Mai 1994 trat der Kläger wegen der Zahlungseinstellung durch die GbR von dem Grundstückskaufvertrag zurück, weshalb dieser im November 1994 rückabgewickelt wurde. Im Umsatzsteuervorauszahlungsbescheid für IV/1994 vom 26. Februar 1996 berichtigte das FA den Vorsteuerabzug der GbR aus dem Grundstückskauf gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 3 des Umsatzsteuergesetzes (UStG). Mit auf § 218 Abs. 2 i.V.m. § 37 Abs. 2 Satz 2 der Abgabenordnung (AO 1977) gestütztem Rückforderungsbescheid vom 11. Juni 1996 forderte das FA den Vorsteuerbetrag vom Kläger mit der Begründung zurück, dass der rechtliche Grund für die Zahlung bzw. Verrechnung dieses Betrages durch die Änderung der materiellen Rechtslage weggefallen sei.
Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage führte zu einer Änderung des Rückforderungsbescheides und der Einspruchsentscheidung in der Weise, dass der rückgeforderte Betrag auf … DM festgesetzt wurde. Im Übrigen wies das Finanzgericht (FG) die Klage mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2000, 1285 veröffentlichten Urteil ab.
Mit der Revision macht der Kläger geltend, der Rechtsgrund der Vorsteuererstattung, der einer Rückforderung nach § 37 Abs. 2 Satz 2 AO 1977 entgegenstehe, seien die bestandskräftigen, den Vorsteuerüberschuss festsetzenden Vorauszahlungsbescheide IV/1992 und I/1993, die durch Erlass der entsprechenden Jahressteuerbescheide bestätigt worden seien. Die Berichtigung der Vorsteuer gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG im Vorauszahlungsbescheid für IV/1994 habe Wirkung nur gegenüber der abtretenden GbR (Zedentin), nicht aber gegenüber dem Kläger (Zessionar) als Dritten. Der in den Umsatzsteuervorauszahlungsbescheiden IV/1992 und I/1993 liegende formelle Rechtsgrund für die Erstattung und das Behaltendürfen des erstatteten Betrages werde weder durch den Wegfall des materiellen Rechtsgrundes für den Vorsteuerabzug infolge der Rückabwicklung des Grundstückserwerbs, noch durch die diesem nachfolgende Berichtigung einer späteren Umsatzsteuer-Voranmeldung nach § 17 UStG berührt. § 17 UStG bewirke nicht ―wie die Vorschriften des § 164 Abs. 2 oder der §§ 172 ff., hier insbesondere § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO 1977― eine Durchbrechung der Bestandskraft der früheren Umsatzsteuervorauszahlungsbescheide. Nach der vom Bundesfinanzhof (BFH) und im Schrifttum vertretenen formellen Rechtsgrundtheorie sei eine Rückforderung erstatteter Vorsteuer nur zulässig, wenn der konkrete Vergütungsanspruch nicht bestehe und sich der Leistungsempfänger nicht mehr auf den formellen Vorauszahlungsbescheid berufen könne. Die Erledigung eines Verwaltungsaktes i.S. des § 124 Abs. 2 AO 1977 trete nicht schon dann ein, wenn sich die materiellen Voraussetzungen des Steuervergütungsbescheides geändert haben.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanz hat zu Recht entschieden, dass der Rückforderungsanspruch des FA gegen den Kläger als Abtretungsempfänger (Zessionar) und Empfänger der Vorsteuererstattung geltend gemacht werden kann. Der Kläger ist als Empfänger der Steuervergütung im Jahre 1993 zur Rückgewähr verpflichtet, obwohl der Rechtsgrund für die Auszahlung durch Verrechnung erst mit der Berichtigung der Bemessungsgrundlage nach § 17 UStG im Jahre 1994 weggefallen ist (§ 37 Abs. 2 Satz 2 AO 1977).
1. a) Nach § 218 Abs. 2 Satz 2 AO 1977 entscheidet die Finanzbehörde über eine Streitigkeit, die einen Erstattungsanspruch i.S. des § 37 Abs. 2 Satz 2 AO 1977 betrifft, durch Verwaltungsakt. Ist eine Steuervergütung ohne rechtlichen Grund gezahlt oder zurückgezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten oder zurückgezahlten Betrages. Dies gilt auch, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung später wegfällt (§ 37 Abs. 2 Satz 2 AO 1977). Zu den Steuervergütungen gehören auch die von der GbR an den Kläger abgetretenen Vorsteueransprüche aus den Umsatzsteuer-Voranmeldungen der GbR für IV/1992 und I/1993, unbeschadet dessen, dass es sich dabei um verfahrensrechtlich unselbständige Besteuerungsgrundlagen handelt (BFH-Urteile vom 21. Mai 1985 VII R 191/82, BFHE 143, 412, BStBl II 1985, 488; vom 24. Januar 1995 VII R 144/92, BFHE 177, 8, BStBl II 1995, 862; Beschluss vom 13. Juli 2000 V B 5/00, BFH/NV 2001, 5).
b) Der Rückforderungsanspruch richtet sich gegen den Kläger als Empfänger der Leistung (§ 37 Abs. 2 Satz 1 AO 1977). Im Falle der Abtretung eines Steuererstattungs- bzw. -vergütungsanspruchs und der Auszahlung des Steuerbetrages an den Abtretungsempfänger (Zessionar) richtet sich der Rückforderungsanspruch des FA wegen rechtsgrundloser Erstattung bzw. Vergütung nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats gegen den Zessionar, da dieser hinsichtlich des Zahlungsanspruchs in die Rechtsstellung des Abtretenden (Zedenten) eingetreten ist und ―aufgrund der willentlichen Leistung des FA― den ohne rechtlichen Grund ausgezahlten Betrag aus eigenem ―erworbenen― Recht erhalten hat (vgl. Senatsurteile vom 13. Juni 1997 VII R 62/96, BFH/NV 1998, 143; vom 13. Februar 1996 VII R 89/95, BFHE 180, 1, BStBl II 1996, 436, und vom 27. Oktober 1992 VII R 44/91, BFH/NV 1993, 344, m.w.N.). Das gilt auch in den Fällen, in denen der Rechtsgrund für die Auszahlung später weggefallen ist (§ 37 Abs. 2 Satz 2 AO 1977), und ungeachtet dessen, dass der Rückforderungsanspruch des § 37 Abs. 2 AO 1977 auch gegen den Abtretenden (Zedenten) geltend gemacht werden könnte (§ 37 Abs. 2 Satz 3 AO 1977). Im Streitfall ist der Kläger als Zessionar der Leistungsempfänger, weil der aus dem Grundstücksgeschäft der GbR herrührende Vorsteuerüberschuss für IV/1992 und I/1993 an ihn abgetreten war und das FA die Steuervergütungen durch Verrechnung mit seinen Steuerschulden ausgezahlt hat.
2. Grundlage für die Auszahlung von Steuererstattungen und -vergütungen sind regelmäßig die der Zahlung zugrunde liegenden Steuerbescheide (§ 218 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AO 1977). Der Rechtsgrund für die durch Verrechnung erfolgte Zahlung an den Kläger waren die in entsprechender Höhe bestehenden Vorsteuerüberschüsse aus den Umsatzsteuer-Voranmeldungen der GbR für IV/1992 und I/1993. Diese Voranmeldungen stehen nach der ―durch die Auszahlung der Vergütungsansprüche erfolgten― Zustimmung durch das FA einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich (§§ 168 i.V.m. 164 Abs. 1 AO 1977).
Mit der Rückabwicklung des Grundstückskaufvertrages und der daran anschließenden Berichtigung der Bemessungsgrundlage gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG seitens der GbR in der Umsatzsteuer-Voranmeldung IV/1994 ist der Rechtsgrund für die Auszahlung der Steuervergütungen i.S. des § 37 Abs. 2 Satz 2 AO 1977 entfallen; denn die Rückabwicklung des Grundstückskaufvertrages hatte zur Folge, dass der an den Kläger abgetretene Vorsteuererstattungsanspruch materiell-rechtlich nicht mehr bestand.
Nach § 17 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 3 UStG hat der Unternehmer, an den eine steuerpflichtige Lieferung ausgeführt worden ist, den dafür in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug zu berichtigen, wenn ―wie im Streitfall― die Lieferung rückgängig gemacht worden ist. Die Berichtigung ist nach § 17 Abs. 1 Satz 3 UStG für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Lieferung rückgängig gemacht worden ist. Mit der Berichtigung des Vorsteuerabzugs durch die Herabsetzung der Bemessungsgrundlage für diesen gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG entsteht ein Rückforderungsanspruch des Steuergläubigers gegenüber dem Leistungsempfänger hinsichtlich der gewährten Steuervergütung, für deren Auszahlung der rechtliche Grund im Nachhinein ganz oder teilweise weggefallen ist (§ 37 Abs. 2 Satz 2 AO 1977; vgl. BFH-Urteil in BFHE 143, 412, BStBl II 1985, 488; Stadie in Rau/Dürrwächter/Flick/Geist, Umsatzsteuergesetz, § 17 Rz. 28; Mößlang in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuergesetz, § 17 Anm. 21; Weiß, Umsatzsteuer-Rundschau ―UR― 1987, 40 Fn. 2; FG Münster, Urteil vom 10. September 1991 15 K 28/85 U, EFG 1992, 228; FG Nürnberg, Urteil vom 19. April 1994 II 268/92, EFG 1994, 1072).
Auch wenn § 17 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 3 UStG vorrangig dem Zweck dienen soll, die Umsatzbesteuerung auf den Umfang der tatsächlich vereinnahmten Gegenleistung zu beschränken (vgl. BFH-Beschluss vom 10. März 1983 V B 46/80, BFHE 138, 107, BStBl II 1983, 389), stellt diese Vorschrift doch auch eine Berichtigungsvorschrift eigener Art dar, der im Ausmaß der vom Unternehmer vorzunehmenden Berichtigung ―d.h. auch hinsichtlich der Versagung der Vorsteuererstattung, für deren Auszahlung nach erfolgter Berichtigung kein Rechtsgrund mehr besteht― Bedeutung als eigenständiger Besteuerungstatbestand zukommt. Die Berichtigungsvorschrift des § 17 Abs. 1 Satz 3 UStG ordnet zwingend eine zeitliche Verschiebung auf den Zeitpunkt der Änderung der Bemessungsgrundlage ―hier auf den Zeitpunkt der Rückgängigmachung der Lieferung― an. Diese zeitliche Vorgabe des § 17 UStG lässt die ursprüngliche Steuerfestsetzung unverändert, vielmehr wird die Steuer des Voranmeldungszeitraums berührt, in den die Änderung der Bemessungsgrundlage fällt (BFH-Urteil vom 13. November 1986 V R 59/79, BFHE 148, 346, BStBl II 1987, 226). Die zeitliche Verschiebung der Berücksichtigung des Wegfalls des materiellen Rechtsgrundes für die Auszahlung eines Vorsteuerüberschusses kraft Gesetzes kann jedoch nicht dazu führen, aufgrund der formellen Fortgeltung der ursprünglichen Steuerfestsetzung ―hier der formell nicht aufgehobenen oder geänderten Umsatzsteuervorauszahlungsbescheide― einen Rückforderungsanspruch auszuschließen (so auch Urteil des FG Nürnberg in EFG 1994, 1072).
3. Die vorstehende materiell-rechtliche Betrachtungsweise steht auch nicht im Widerspruch zur formellen Rechtslage. Mit der Berichtigung nach § 17 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 3 UStG entfällt nicht nur die materielle Grundlage, sondern auch der formelle Rechtsgrund i.S. des § 218 Abs. 1 AO 1977 für die Auszahlung des Vorsteuerbetrages, so dass sich der Kläger danach nicht mehr darauf berufen kann, aufgrund des selbst nicht aufgehobenen ―im hier zu beurteilenden Verfahren nur mehr allein streitigen― Umsatzsteuervorauszahlungsbescheides für I/1993, die an ihn ausgezahlte Steuervergütung behalten zu dürfen.
a) Dem steht die vom Senat in den Entscheidungen in BFHE 177, 8, BStBl II 1995, 862 und vom 2. Februar 1995 VII R 42/94 (BFH/NV 1995, 853) zum Ausdruck gebrachte Rechtsauffassung nicht entgegen, wonach die Rückforderung abgetretener und ausgezahlter Vorsteuerüberschüsse eines Voranmeldungszeitraumes gemäß § 37 Abs. 2 AO 1977 nur dann erfolgen dürfe, wenn der Umsatzsteuervorauszahlungsbescheid aufgehoben oder geändert worden ist, oder sich aus dem späteren Umsatzsteuer-Jahresbescheid ergibt, dass der abgetretene Erstattungsanspruch des betreffenden Voranmeldungszeitraumes nicht oder nur in geringerer Höhe bestanden hat. Diesen Entscheidungen liegt ―wie der ständigen Rechtsprechung des Senats― die Rechtsmeinung zugrunde, dass der einen Vorsteuerüberschuss ausweisende Vorauszahlungsbescheid als formeller Rechtsgrund für die Auszahlung des durch ihn festgesetzten Vorsteuerüberschusses grundsätzlich auch dann erhalten bleibt, wenn der Jahressteuerbescheid ergangen ist; es sei denn, die nachfolgende Jahressteuerveranlagung enthält die Feststellung, dass die Steuerfestsetzung für den betreffenden Voranmeldungszeitraum fehlerhaft war, weil z.B. ein bestimmter Vorgang betroffen ist oder wenn durch den Jahressteuerbescheid festgestellt wird, dass mangels Unternehmereigenschaft bzw. Vorsteuerberechtigung ein abtretbarer Vorsteuerüberschuss von vornherein nicht bestanden hat (vgl. Senatsurteil vom 5. August 1986 VII R 167/82, BFHE 147, 398, BStBl II 1987, 8, und BFH-Beschluss vom 5. Oktober 1990 V B 137/89, BFH/NV 1991, 633). In diesem Falle verliere der Vorauszahlungsbescheid auch hinsichtlich des abgetretenen Vorsteuerüberschusses durch den nachfolgenden Jahressteuerbescheid seine Wirksamkeit als formeller Rechtsgrund. Die Rechtsfrage, ob ein früher ergangener Umsatzsteuervorauszahlungsbescheid auch durch die spätere Berichtigung der Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG seine formelle Wirksamkeit verliert, hatte der Senat bislang nicht zu entscheiden (s. Senatsurteil vom 1. August 1995 VII R 80/94, BFH/NV 1996, 5, 8).
b) Der Senat beantwortet diese Frage dahin gehend, dass der umsatzsteuerlichen Rückabwicklung eines bestimmten Vorganges durch die Berichtigung nach § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG die gleiche Wirkung zukommt, wie dem Jahressteuerbescheid, der die Feststellungen der Voranmeldungen in sich aufnimmt oder sie hinsichtlich zu Unrecht in Anspruch genommener Vorsteuern korrigiert. Der Unterschied zur Berücksichtigung einer rechtsgrundlosen Vorsteuererstattung im Steuerbescheid des gleichen Jahres liegt im Falle der Rückabwicklung des die Vorsteuer auslösenden Geschäftes in einem späteren Besteuerungszeitraum darin, dass dem rückwirkenden Wegfall der materiell-rechtlichen Grundlage für die Steuererstattung aufgrund der Besonderheit der umsatzsteuerrechtlichen Spezialvorschriften in § 17 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 3 UStG nicht durch eine Änderung der ursprünglichen Steuerfestsetzung, sondern durch die Berichtigung in einer späteren Steuerfestsetzung Rechnung getragen wird. Die Vorschrift des § 17 UStG, die aus Gründen umsatzsteuerrechtlicher Systematik und Praktikabilität nicht zu einer rückwirkenden Korrektur der ursprünglichen Steuerfestsetzung berechtigt, sondern ―abweichend vom Abschnittsprinzip und unabhängig von der Bestandskraft der Steuerfestsetzung für den Besteuerungszeitraum, in dem der vorsteuerauslösende Umsatz ausgeführt worden ist― zur Berichtigung für den Besteuerungszeitraum verpflichtet, in dem sich die Bemessungsgrundlage nachträglich ändert, beinhaltet verfahrensrechtlich eine Sonderregelung gegenüber den ohne die Regelungen in § 17 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 3 UStG eingreifenden Änderungsvorschriften der §§ 164 Abs. 2, bzw. 175 Abs. 1 Nr. 2 AO 1977, die zu einer Berücksichtigung später eintretender Ereignisse durch Änderung der ursprünglichen Steuerfestsetzung führen würden. Für die Entstehung des Rückforderungsanspruchs aus einem rückabgewickelten Geschäftsvorfall kann es daher nicht von Bedeutung sein, ob die Berichtigung der Bemessungsgrundlage noch in dem ursprünglichen Vorauszahlungsbescheid, in dem Jahressteuerbescheid (vgl. Senatsurteil in BFH/NV 1995, 853, 857) oder in einem für einen späteren Besteuerungszeitraum ergehenden Umsatzsteuervorauszahlungs- bzw. Umsatzsteuerjahresbescheid erfolgt.
So wie schon nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats das durch die Vorsteuererstattung begründete Schuldverhältnis zwischen dem FA und dem Zessionar nicht auf den Voranmeldungszeitraum verengt werden kann, sondern die Jahresfestsetzung mit einzubeziehen ist, so umfasst dieses Schuldverhältnis in den Fällen des § 17 UStG neben dem Voranmeldungszeitraum auch den Besteuerungszeitraum, für den die Berichtigung durchzuführen ist. Der den Vorsteueranspruch nach § 17 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Abs. 2 Nr. 3 UStG berichtigende Bescheid wird mit seiner Bekanntgabe formeller Rechtsgrund für den Rückforderungsanspruch des FA. Mit dessen Ergehen hat der ursprüngliche Vorauszahlungsbescheid seine "Erledigung auf andere Weise" i.S. des § 124 Abs. 2 AO 1977 gefunden und seine Wirksamkeit als Behaltensgrund für die ausgezahlte Steuervergütung verloren.
4. Der Einwand des Klägers, die Änderung des Vorauszahlungsbescheides gegenüber der GbR (Zedentin) durch den Erlass eines Berichtigungsbescheides gemäß § 17 UStG könne ihm gegenüber als an dem Steuerschuldverhältnis nicht Beteiligten keine Wirkung entfalten, greift nicht durch. Der Senat hat bereits in den Entscheidungen vom 31. August 1993 VII R 69/91 (BFHE 173, 1, BStBl II 1995, 846) und vom 14. September 1993 VII R 3/93 (BFH/NV 1994, 441) ausgeführt, dass der Zessionar mit der Abtretung des Zahlungsanspruchs aus einer Umsatzsteuer-Festsetzung in die Rechtsstellung eintritt, die der Steuerpflichtige im Erhebungsverfahren innehat, auch wenn die Gesamtrechtsstellung des Steuerpflichtigen aus dem Steuerschuldverhältnis nicht übertragen werden kann und das Steuerschuldverhältnis unberührt bleibt. Der Abtretungsempfänger kann mithin rechtlich nicht besser gestellt werden als der Steuerpflichtige selbst, weil er mit dem Zahlungsanspruch nur in die Rechtsstellung eintritt, die der Abtretende selbst im Erhebungsverfahren innehat und nicht mehr an Recht erlangen kann, als der Abtretende hat, der ihm das Recht überträgt. Wer sich demgemäß eine steuerrechtliche Forderung abtreten lässt, übernimmt eine mit dem Risiko ihres Bestehens behaftete Forderung (vgl. Urteil des Senats in BFHE 173, 1 BStBl II 1995, 846). Der sich aus der Herabsetzung des Erstattungsanspruchs infolge der Berichtigung der Bemessungsgrundlage nach § 17 UStG ergebende Rückforderungsanspruch richtet sich im Falle der Abtretung als eigenständiger öffentlich-rechtlicher Anspruch grundsätzlich gegen den Zessionar als Leistungsempfänger im Erhebungsverfahren. Er wird verwirklicht durch den Rückforderungsbescheid (§ 218 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 AO 1977), der ebenfalls Teil des Erhebungsverfahrens ist.
Fundstellen
Haufe-Index 771583 |
BFH/NV 2002, 1205 |
BStBl II 2002, 562 |
BFHE 198, 294 |
BFHE 2003, 294 |
BB 2002, 1630 |
DStRE 2002, 1097 |
HFR 2002, 968 |
UR 2002, 433 |