Leitsatz (amtlich)
Eine Grundstücksfläche wird dem Betriebsvermögen entnommen, wenn auf ihr ein Gebäude errichtet wird, das privaten Zwecken dient.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 1 Sätze 1-2, § 6 Abs. 1 Nr. 4
Tatbestand
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute, die im Streitjahr 1967 zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wurden. Der Kläger betreibt in A ein Bauunternehmen. Er ist ferner Eigentümer des Grundstücks B. Dieses ist mit einem 4 1/2geschossigen Gebäude bebaut, von dem das Erdgeschoß zu gewerblichen Zwecken und die übrigen Stockwerke zu privaten Wohnzwecken vermietet sind. Das Gebäude wurde vom Kläger bis 1967 uneingeschränkt dem gewillkürten Betriebsvermögen zugerechnet.
Im Streitjahr 1967 ließ der Kläger einen Anbau errichten, unterkellerte den gesamten Hofraum und baute vier Garagen auf dem Grundstück. Die im Jahre 1967 hergestellten Baulichkeiten behandelte der Kläger als Privatvermögen. In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1967 bezeichnete er demgemäß die Einkünfte daraus als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, während er die Einkünfte aus dem schon früher vorhandenen Gebäude nach wie vor als Einkünfte aus Gewerbebetrieb behandelte. Den Grund und Boden behandelte er weiterhin in vollem Umfang als gewillkürtes Betriebsvermögen.
Nach einer in den Jahren 1970/71 durchgeführten Betriebsprüfung vertrat der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) die Ansicht, daß mit den im Jahre 1967 durchgeführten Baumaßnahmen der anteilige Grund und Boden aus dem Betriebsvermögen entnommen worden sei und daß demnach ein Entnahmegewinn berücksichtigt werden müsse.
Die gegen die Einspruchsentscheidung des FA gerichtete Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) begründete seine Entscheidung (Entscheidungen der Finanzgerichte 1976 S. 326) im wesentlichen wie folgt: Der Ansicht, ein Gebäude und der dazugehörende Grund und Boden könnten - soweit gewillkürtes Betriebsvermögen in Betracht käme - nur einheitlich behandelt werden, könne nicht zugestimmt werden. Neuerdings sei vielmehr die Meinung, daß Grund und Boden und aufstehende Gebäude steuerrechtlich verschieden behandelt werden könnten und daß daher ein neutral genutztes Gebäude als Privatvermögen behandelt und der dazugehörende Grund und Boden dem Betriebsvermögen zugerechnet werden könne, eindeutig vorherrschend geworden. Auch der Bundesfinanzhof (BFH) habe es im Urteil vom 25. März 1966 VI 232/64 (BFHE 85, 422, BStBl III 1966, 453) zugelassen, daß bei Errichtung eines betrieblich genutzten Gebäudes dieses Gebäude dem Betriebsvermögen zugerechnet und der Grund und Boden im Privatvermögen belassen werde. Wenn es einem Steuerpflichtigen aber freistehe, Grund und Boden und das aufstehende Gebäude - soweit neutral genutzt - hinsichtlich der Zurechnung zum Betriebs- oder zum Privatvermögen verschieden zu behandeln, dann könne in der Bebauung einer zum Betriebsvermögen gehörenden Grundfläche mit einem neutral genutzten, aber dem Privatvermögen zugerechneten Gebäude keine eindeutige Entnahmehandlung gesehen werden. Hiernach liege auch im vorliegenden Fall eine Entnahmehandlung, die den vom FA errechneten und angesetzten Entnahmegewinn auslösen würde, nicht vor.
Mit der Revision rügt das FA Verletzung der §§ 4 und 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Zur Begründung wird vorgetragen, eine Grundstücksfläche, auf der ein zum Privatvermögen gehörendes Gebäude errichtet sei, könne keine Funktion im Rahmen des Betriebs mehr ausüben, da sein privater Verwendungszweck nach der Bebauung eindeutig feststehe. Daraus müsse geschlossen werden, daß die Bebauung dieser Grundstücksfläche eine Entnahme des anteiligen Grund und Bodens bewirke, wobei das auf den Beginn und die Durchführung des Bauvorhabens gerichtete Handeln des Steuerpflichtigen die Entnahme darstelle. Diese Rechtsauffassung werde durch das BFH-Urteil vom 27. Januar 1977 I R 48/75 (BFHE 121, 203, BStBl II 1977, 388) bestätigt.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage als unbegründet abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.
Der Bundesminister der Finanzen (BdF) ist dem Verfahren auf Anregung des Senats beigetreten. Er vertritt unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BFH die Ansicht, daß die Zugehörigkeit eines Grundstücks zum Betriebs- oder Privatvermögen von seiner Nutzung abhänge und ein Grundstück, auf dem ein privaten Zwecken dienendes Gebäude errichtet werde, notwendig dem Privatvermögen zuzurechnen sei, so daß es entnommen werde, wenn es zum Betriebsvermögen gehört habe.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet.
Der Kläger hat die Grundstücksfläche, auf der er im Streitjahr zum Privatvermögen gehörende Gebäude errichtet hat, aus dem Betriebsvermögen entnommen und dadurch einen Entnahmegewinn erzielt (§ 4 Abs. 1 Sätze 1 und 2, § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG).
Der Senat schließt sich der vom BdF vertretenen Ansicht an, daß ein Grundstück oder ein Grundstücksteil notwendig zum Privatvermögen zu rechnen ist, wenn es mit einem privaten Zwecken dienenden Gebäude bebaut wird. Diese Ansicht entspricht der im BFH-Urteil vom 12. Juli 1979 IV R 55/74 (BFHE 128, 527, BStBl II 1980, 5) vertretenen Auffassung, daß ein Grundstück oder Grundstücksteil notwendig zum Betriebsvermögen gehört, wenn auf ihm betrieblich genutzte Bauten errichtet werden. Einem das Steuerrecht beherrschenden Grundsatz zufolge wird ein Wirtschaftsgut dem Betriebsvermögen oder dem Privatvermögen notwendig zugerechnet, je nachdem, wie es genutzt wird, welcher Nutzung es also der Steuerpflichtige gewidmet hat. Dieser Grundsatz gilt auch für Grundstücke. Aus der privaten oder betrieblichen Nutzung folgt zwangsläufig die Zugehörigkeit zum privaten oder betrieblichen Vermögen. Daraus folgt, daß ein mit einem Betriebsgebäude bebautes Grundstück oder dessen Teil zum Betriebsvermögen gehört, wie ein privaten Zwecken dienendes Grundstück oder dessen Teil Privatvermögen ist. Kann das Gebäude dem einen oder dem anderen Zweck objektiv dienen, so kommt es darauf an, wie der Steuerpflichtige es tatsächlich behandelt, welchem Zweck er es also widmet. Aus diesem Grunde hat der BFH in dem Urteil vom 29. April 1970 IV R 192/67 (BFHE 99, 523, BStBl II 1970, 754) die Entnahme eines Grundstücksteils aus dem Betriebsvermögen, dem es angehörte, erst für den Zeitpunkt angenommen, in dem feststand, daß das auf ihm errichtete Wochenendhaus von dem Steuerpflichtigen privat genutzt wurde.
Die vom Kläger errichteten Baulichkeiten, nämlich der Keller und die Garagen, hätte der Kläger im Rahmen seines Gewerbebetriebs nutzen und auch vermieten können. Er hat sie jedoch privat vermietet und dies dem FA ausdrücklich erklärt. Damit sind die errichteten Baulichkeiten der privaten Nutzung gewidmet und gehören zum Privatvermögen. Dies gilt auch für den Grundstücksteil, auf dem sie errichtet worden sind. Denn ein Grundstück und ein darauf errichtetes Gebäude können nur einheitlich als Betriebsvermögen oder Privatvermögen behandelt werden (BFHE 121, 203, BStBl II 1977, 388). Die private Nutzung der Baulichkeiten führt daher zur Entnahme des Grundstücksteils, auf dem sie errichtet sind, aus dem Betriebsvermögen, dem er bisher angehört hat.
Fundstellen
Haufe-Index 73651 |
BStBl II 1980, 740 |
BFHE 1981, 290 |