Entscheidungsstichwort (Thema)
Notwendige Beiladung
Leitsatz (NV)
Zu einem Klageverfahren, in dem der eine Elternteil gemäß § 32 Abs. 6 S.4 EStG die Übertragung des dem anderen Elternteil zustehenden Kinderfreibetrags geltend macht, ist der andere Elternteil notwendig beizuladen.
Normenkette
EStG 1987 § 32 Abs. 6 S. 4; FGO § 60 Abs. 3
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind zusammenveranlagte Eheleute. Der Kläger hat aus seiner ersten, geschiedenen Ehe eine am ... 1968 geborene Tocher A, die im Streitjahr 1987 bei der Mutter lebte. Die Tochter hatte 1986 die Schulausbildung beendet und zum 1. September 1987 eine Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten begonnen; sie erhielt eine monatliche Ausbildungsvergütung von 640 DM.
In der Einkommensteuererklärung für 1987 beantragte der Kläger, den Kinderfreibetrag seiner geschiedenen Ehefrau auf ihn zu übertragen, weil diese keinen wesentlichen Unterhaltsbeitrag geleistet habe. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) entsprach dem, auch im Einspruchsverfahren, nicht.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab.
Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung des § 32 Abs. 6 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der für das Streitjahr geltenden Fassung.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Kläger ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG, weil dieses die notwendige Beiladung des anderen Elternteils unterlassen hat. Dieser Verfahrensfehler ist von Amts wegen zu berücksichtigen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 30. Juli 1986 II R 246/83, BFHE 147, 120, BStBl II 1986, 820).
Nach § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO sind Dritte notwendig beizuladen, die an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Über den Wortlaut der Vorschrift hinaus hat eine Beiladung nach § 60 Abs. 3 FGO auch zu erfolgen, wenn die Entscheidung notwendigerweise und unmittelbar Rechte Dritter gestaltet, bestätigt, verändert oder zum Erlöschen bringt, wie in den Fällen der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung (vgl. BFH-Urteil vom 5. Februar 1971 VI R 301/66, BFHE 101, 358, BStBl II 1971, 331) oder in Fällen, in denen ein Steuerpflichtiger nach einer bereits erfolgten Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer durch Änderung seiner Wahl eine getrennte Veranlagung erreichen möchte (Senatsentscheidung vom 20. Mai 1992 III B 110/91, BFHE 168, 215, BStBl II 1992, 916).
Ausgehend von dieser Rechtsprechung ist der Senat zu der Auffassung gelangt, daß auch die Rechtsfrage, ob die Voraussetzungen des § 32 Abs. 6 Satz 4 EStG gegeben sind, notwendig einheitlich entschieden werden muß. Wegen der Begründung im einzelnen verweist der Senat auf sein Urteil vom 25. Februar 1993 III R 4/91 (BFHE 171, 5, BStBl II 1993, 513).
Die leibliche Mutter der A war danach gemäß § 60 Abs. 3 FGO notwendig zum Verfahren der Kläger beizuladen. Diese Beiladung ist vom FG nachzuholen.
Zu den materiell-rechtlichen Fragen kann der Senat im gegenwärtigen Stand des Verfahrens nicht Stellung nehmen.
Fundstellen
Haufe-Index 423235 |
BFH/NV 1994, 51 |