Leitsatz (amtlich)
Zum Ansatz und zur Bewertung von Musikverlagsrechten bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens.
Normenkette
BewG 1965 § 95 Abs. 1, § 109 Abs. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betreibt einen Musik- und Bühnenverlag. Sie schließt mit Autoren Verträge ab, die ihr die ausschließlichen und unbeschränkten Werknutzungsrechte an Text und Musik des Werkes einräumen.
Aufgrund einer im Jahre 1973 durchgeführten Betriebsprüfung erfaßte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) die der Klägerin aus den Verträgen zustehenden Rechte als immaterielle Wirtschaftsgüter (Verlagsrechte) im Einheitswert des Betriebsvermögens. Da die Klägerin die Rechte nicht inventarisiert hatte, berechnete das FA den Teilwert aller Rechte im Wege der Schätzung. Es ermittelte den durchschnittlichen Bruttoerlös aller Rechte (Erlöse aus Aufführungsrechten sowie Gebühren der Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte - GEMA -) auf der Grundlage von fünf Jahren, verminderte diesen Betrag um die Honorare an die Komponisten und Autoren und zog vom Restbetrag eine pauschale Kostenbelastung von 50 bzw. 40 v. H. ab. Den Jahresnettoertrag kapitalisierte das FA unter Annahme einer durchschnittlichen Nutzungsdauer der Werke von fünf Jahren mit dem Vervielfältiger 3,6.
Grundlage für Ansatz und Bewertung der Verlagsrechte durch das FA war das Urteil des Reichsfinanzhofs (RFH) vom 4. Juni 1942 III 89/40 (RStBl 1942, 892).
Unter Einbeziehung der Verlagsrechte stellte das FA durch Bescheide vom 22. März 1974 die Einheitswerte des Betriebsvermögens wie folgt fest:
1. Januar 1968 ... DM
1. Januar 1969 ... DM
1. Januar 1971 ... DM
1. Januar 1972 ... DM
Mit der Klage machte die Klägerin geltend: Die Verlagsrechte seien zwar immaterielle Wirtschaftsgüter. Ihr Wert sei aber nicht ausreichend konkretisierbar. Für eine Bewertung müßten die Reinerträge der Rechte nach der voraussichtlichen Nutzungsdauer kapitalisiert werden. Schon die Ermittlung der auf das einzelne Verlagsrecht entfallenden Erträge sei unmöglich oder jedenfalls unzumutbar. Die Kosten könnten nicht dem einzelnen Recht mit hinreichender Sicherheit zugeordnet werden. Außerdem sei zu berücksichtigen, daß die Erlöse zu einem nicht bekannten Teil der Geschäftsführertätigkeit ihrer Gesellschafter, der Verzinsung ihres Kapitals sowie ihrem Geschäftswert zuzurechnen seien. Schließlich sei die Nutzungsdauer des einzelnen Werks und damit der Kapitalisierungszinsfuß, mit dem der durchschnittliche Reinertrag zu vervielfältigen sei, ungewiß.
Das Finanzgericht (FG) hat der Klägerin aufgegeben, die Schwierigkeiten darzustellen, die der Inventarisierung der ertragbringenden Rechte entgegenstehen, die im Zusammenhang mit ertragbringenden Rechten entstehenden Kosten - ggf. im Schätzungswege - zu ermitteln und - soweit möglich - den Einzelrechten zuzuordnen sowie sich zur durchschnittlichen Laufzeit der ertragbringenden Rechte zu äußern. Die Klägerin ist unter Vorlage von Unterlagen dabei verblieben, daß eine Inventarisierung der Rechte und eine Zuordnung der Kosten zu den einzelnen Werken nicht möglich sei. Wegen der durchschnittlichen Laufzeit der Bühnenwerke (große Rechte) hat die Klägerin eine Aufstellung über 85 ertragbringende Werke vorgelegt. Für Orchesterwerke werden detaillierte Unterlagen von der Klägerin nicht geführt. Zur Berechnung der Roh- und Reinerträge haben sich die Verfahrensbeteiligten während des finanzgerichtlichen Verfahrens mehrmals geäußert. Sie haben sich schließlich auf einen durchschnittlichen Jahresertrag von ... DM verständigt.
Das FG hat der Klage zum Teil stattgegeben. Es sah eine Konkretisierung der Verlagsrechte darin, daß Dritte, im Streitfall die Bühnen, Orchester und die GEMA, auf die Verlagsrechte Aufwendungen getätigt hätten (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 13. Februar 1970 III 156/65, BFHE 98, 273, BStBl II 1970, 369). Die Annahme einer Konkretisierung scheitere auch nicht daran, daß die Erträge und Kosten nicht eindeutig den einzelnen Rechten zugeordnet werden könnten. Andernfalls wären die Größenordnung eines Unternehmens und eine im Einzelfall durchgeführte oder nicht durchgeführte Inventarisierung ausschlaggebend dafür, ob eine Erfassung und Bewertung von Verlagsrechten erfolgen könne oder nicht. Auszugehen sei zwar von dem Grundsatz der Einzelbewertung. Eine pauschale Bewertung einer Vielzahl von Rechten begegne daher Bedenken (RStBl 1942, 892). Scheitere aber eine Einzelbewertung daran, daß der Steuerpflichtige die notwendigen Unterlagen nicht vorlegt oder nicht vorlegen könne, so dürfe das nicht dazu führen, daß die Rechte überhaupt außer Ansatz blieben, sondern es müsse eine Bewertung im Schätzungswege durchgeführt werden. Nach den von der Klägerin aufgezeigten Schwierigkeiten sei das FG überzeugt, daß es der Klägerin wenn nicht unmöglich, so doch unzumutbar sei, den einzelnen Rechten die auf sie entfallenden Erlöse und Kosten zuzuordnen. Das Verlangen des FA, eine entsprechende Kartei aufzubauen, würde, wenn überhaupt erfüllbar, einen allein mit dem Besteuerungszweck nicht zu rechtfertigenden unverhältnismäßigen Aufwand erfordern. Sei somit das FA dem Grunde nach zur Schätzung berechtigt gewesen, so bedürfe die Art und Weise der Schätzung im einzelnen der Korrektur. Das FG übernahm dann den von den Verfahrensbeteiligten bereits ausgehandelten Betrag von ... DM. Zur Kapitalisierung des jährlichen Reinertrags sei auf die voraussichtliche Nutzungsdauer unter Berücksichtigung der an den einzelnen Bewertungsstichtagen vorliegenden tatsächlichen Verhältnisse abzustellen. Der Auflage des Gerichts, die durchschnittliche Laufzeit der ertragbringenden Rechte dadurch zu substantiieren, daß die tatsächliche Laufzeit der ertragbringenden Rechte ermittelt wird, sei die Klägerin nur teilweise, nämlich hinsichtlich von 85 Bühnenwerken, nachgekommen. Bereits aus dieser Aufstellung ergebe sich, daß das Begehren der Klägerin, von einer einjährigen Nutzungsdauer auszugehen, nicht gerechtfertigt sei. Vielmehr ergebe sich aus der Aufstellung der Klägerin, daß die höhere Erträge erbringenden Rechte, die bei einer Bewertung nach dem Reinertrag den Ausschlag geben, in dem Zeitraum 1967 bis 1974 jährlich fortlaufend genutzt wurden und nach den angegebenen Schutzfristen sicherer Erwartung nach auch noch über Jahrzehnte genutzt werden. Demgegenüber falle die von der Klägerin herausgestellte Entwicklung der neu übernommenen Rechte moderner Autoren nicht ins Gewicht. Berücksichtige man ferner, daß in der Aufstellung die Orchesterwerke nicht enthalten seien, diese jedoch nach den unbestrittenen Ausführungen des FA ebenfalls einige ertragreiche Werke mit langer Nutzungsdauer aufwiesen, so erscheine eine Kapitalisierung unter Ansatz der vom FA geschätzten Nutzungsdauer von fünf Jahren angemessen. Das FG kam für die einzelnen Stichtage zu Teilwerten der Verlagsrechte von ... DM, ... DM, ... DM und zu entsprechend niedrigeren Einheitswerten des Betriebsvermögens.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Revision. Sie ist weiterhin der Auffassung, daß ihre Verlagsrechte i. S. der herkömmlichen Rechtsprechung des BFH nicht ausreichend konkretisiert seien. Das FG habe in diesem Zusammenhang die Komplexität des Verlagsgeschäfts nicht ausreichend berücksichtigt. Nach § 1 des Gesetzes über das Verlagsrecht (VerlG) sei der Verleger verpflichtet, das Werk zu vervielfältigen und zu verbreiten. Zu diesem Zweck entfalte der Verleger eine umfangreiche unternehmerische Tätigkeit. So würden insbesondere auch Vervielfältigungsstücke (Notenexemplare) hergestellt, die zwecks Werbung für das Werk an Leiter bekannter Orchester, Schallplattenproduzenten, Musikabteilungsleiter der Rundfunkanstalten usw. kostenlos zur Verfügung gestellt würden. Andererseits würde Notenmaterial aber auch vermietet oder verkauft. Diese Einnahmen machten einen bedeutenden Anteil an ihren Gesamterträgen aus. Sie reichten allerdings nicht aus, um die Kosten in diesem Bereich zu decken. Sie müßten vielmehr zu einem erheblichen Teil aus den Aufführungsgebühren abgegolten werden (Mischkalkulation). Hieraus erhelle in besonderem Maße die Verknüpfung des Verlegergeschäfts zu einem untrennbaren Ganzen. Denn kein Kaufmann würde auf die Dauer Geschäfte betreiben, die ihm lediglich Verluste brächten. Das FG habe diesem Gesichtspunkt bei der Ermittlung der Roherträge und der anteiligen Kosten auch Rechnung getragen. Allein dieses Verfahren sei nicht zulässig. Nach der neueren Rechtsprechung des BFH könne z. B. der Geschäftswert bei der Verpachtung eines Gewerbebetriebs nicht als vergegenständlicht gelten, wenn er nicht durch von der Raumpacht eindeutig abgrenzbare Pachtzahlungen konkretisiert sei (Urteile vom 29. April 1970 IV R 20/67, BFHE 99, 485, BStBl II 1970, 726, und vom 6. August 1971 III R 9/71, BFHE 102, 573, BStBl II 1971, 677). Diese Rechtsprechung gelte sinngemäß auch hier, wo Aufführungsgebühren für Verlagsrechte Kosten in verwandten Unternehmensbereichen mitabgelten müßten. Das Urteil in RStBl 1942, 892 müsse insoweit als überholt gelten. Bewertungsrechtlich sei deshalb für den Ansatz eines Verlagsrechts so lange kein Platz, als es nicht entweder vom Autor selbst oder von einem anderen Verleger käuflich erworben worden sei.
Die Klägerin beantragt, die Verlagsrechte bei der Feststellung der Einheitswerte des Betriebsvermögens außer Ansatz zu lassen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Der Bundesminister der Finanzen (BMF) ist gemäß § 122 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) dem Verfahren beigetreten.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist zulässig.
Entgegen der vom Vertreter des FA in der mündlichen Verhandlung geäußerten Rechtsauffassung ist die Revision zulässig. Zwar muß nach § 120 Abs. 2 FGO die Revisionsbegründung oder die Revision einen bestimmten Antrag enthalten. Diese Vorschrift ist jedoch nicht förmlich zu verstehen. So braucht ein Antrag nicht ziffernmäßig genau formuliert zu sein. Auch kann auf einen förmlich gestellten Antrag überhaupt verzichtet werden, wenn sich aus der Revisionsbegründung das Prozeßbegehren des Revisionsklägers unzweideutig ergibt. Eine darüber hinausgehende Förmlichkeit verlangt der mit § 120 Abs. 2 FGO verfolgte Gesetzeszweck nicht (vgl. Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts - BVerwG - vom 8. November 1954 GrS 1/54, BVerwGE 1, 222). Das von der Klägerin mit ihrer Revision verfolgte Ziel ergibt sich bereits aus dem Eingangssatz ihrer Revisionsbegründungsschrift vom 26. Mai 1977.
Die Revision ist jedoch unbegründet.
1. Nach § 95 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes 1965 (BewG) sind alle Wirtschaftsgüter, die dem gewerblichen Betrieb dienen und die dem Betriebsinhaber gehören, beim Betriebsvermögen zu erfassen. Wirtschaftsgüter in diesem Sinne sind außer den körperlichen Gegenständen i. S. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) und den im BewG besonders genannten immateriellen Wirtschaftsgütern (wie Mineralgewinnungsrechten, Urheberrechten und Erfindungen, vgl. § 100, § 101 Nr. 2 i. V. m. § 110 Abs. 1 Nr. 5 BewG) alle immateriellen Werte, die selbständig bewertungsfähig sind.
Das ist nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats der Fall, wenn
a) die selbständige Bewertungsfähigkeit durch die allgemeine Verkehrsanschauung anerkannt wird oder
b) wenn das immaterielle Wirtschaftsgut entgeltlich erworben wurde oder
c) wenn die selbständige Bewertungsfähigkeit durch Aufwendungen des Unternehmers selbst oder dritter Personen anerkannt wird, die auf das zu bewertende Wirtschaftsgut gemacht worden sind (Urteile vom 6. März 1970 III R 20/66, BFHE 99, 50, BStBl II 1970, 489, und vom 30. Mai 1974 III R 75/73, BFHE 113, 50, BStBl II 1974, 654).
2. Die Möglichkeit, immaterielle Wirtschaftsgüter in der Vermögensaufstellung anzusetzen, geht damit weiter als die der Aktivierung immaterieller Wirtschaftsgüter im Ertragsteuerrecht. Nach § 5 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i. d. F. des Einkommensteueränderungsgesetzes vom 16. Mai 1969 sind in der Steuerbilanz immaterielle Wirtschaftsgüter nur anzusetzen, wenn sie entgeltlich erworben wurden; für originär entstandene immaterielle Wirtschaftsgüter besteht ein Aktivierungsverbot (vgl. BFH-Beschluß vom 3. Februar 1969 GrS 2/68, BFHE 95, 31, BStBl II 1969, 291, ergangen zu § 153 Abs. 3 des Aktiengesetzes 1965 - AktG -, dem Vorläufer des § 5 Abs. 2 EStG 1969). Eine gleiche oder ähnliche Vorschrift wurde bisher nicht in das BewG übernommen, obwohl vorausgesetzt werden kann, daß dem Gesetzgeber die mit dem Ansatz und der Bewertung immaterieller Werte in der Vermögensaufstellung verbundenen Schwierigkeiten bekannt sind. Der Senat hat deshalb in der Vergangenheit daran festgehalten, daß es bewertungsrechtlich möglich und geboten sei, immaterielle Werte auch ohne die Einschränkung des § 5 Abs. 2 EStG zu erfassen, wenn sie Gegenstandseigenschaft erlangt haben (Urteile vom 7. August 1970 III R 119/67, BFHE 100, 122, BStBl II 1970, 842, und vom 9. November 1973 III R 12/72, BFHE 110, 541, BStBl II 1974, 81). Der von der Klägerin im Revisionsverfahren vertretenen Auffassung, § 5 Abs. 2 EStG beruhe auf einem allgemeinen Rechtsgedanken und gelte aus Gründen der Einheit der Rechtsordnung auch im Bewertungsrecht, kann der Senat deshalb aus den vorgenannten Gründen nicht folgen.
3. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz sind die der Klägerin zustehenden Musikverlagsrechte nicht über die "Aufwendungen Dritter" (oben unter c), sondern bereits nach der allgemeinen Verkehrsauffassung selbständig bewertungsfähige Werte und damit Wirtschaftsgüter i. S. des § 95 BewG. Es kommt deshalb auch nicht, worauf die Klägerin in ihrer Revision abstellt, darauf an, ob die Vergütungen der Zweitberechtigten ausreichend abgrenzbar und ihnen Kosten mit hinreichender Sicherheit zuordenbar sind (ablehnend Granobs in Der Betrieb - DB - 1978, 224). Auf die ausreichende Abgrenzbarkeit und Bewertbarkeit ist nur abzustellen, wenn es um die Frage geht, ob ein Wert aufgrund von Aufwendungen des Unternehmers selbst oder eines Dritten Gegenstandseigenschaft erlangt hat (Urteil in BFHE 113, 50, BStBl II 1974, 654). Sind die Verlagsrechte wie hier Wirtschaftsgüter aufgrund allgemeiner Verkehrsauffassung, so kommt den von den Zweitberechtigten gezahlten Vergütungen lediglich die Bedeutung einer Schätzungsgrundlage zu, um den Teilwert der Verlagsrechte nach § 109 Abs. 1 BewG zu ermitteln. Auch der RFH ist in seinem Urteil in RStBl 1942, 892 davon ausgegangen, daß den Verlagsrechten nach der Verkehrsauffassung Wirtschaftsguteigenschaft zuzuerkennen sei, und ist auf die von den Zweitberechtigten gezahlten Vergütungen nur im Rahmen der Wertbemessung eingegangen.
4. Der erkennende Senat stützt seine Ansicht, daß den Verlagsrechten die Eigenschaft von Wirtschaftsgütern nach der Verkehrsauffassung zukommt, darauf, daß Verlagsrechte sowohl rechtlich als auch wirtschaftlich vom allgemeinen Geschäftswert abgrenzbare Werte sind. Nach dem VerlG stellt sich das Verlagsrecht als ein aus dem Urheberrecht abgeleitetes Nutzungsrecht dar. Durch den Verlagsvertrag wird dem Verleger das ausschließliche Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht eingeräumt (§ 8 VerlG). Diesem Recht des Verlegers entspricht seine Verpflichtung, das Werk in der zweckentsprechenden und üblichen Weise zu vervielfältigen und zu verbreiten (§ 1 Satz 2, § 14 VerlG). Nach § 28 VerlG sind Verlagsrechte als Einzelrechte grundsätzlich auf Dritte übertragbar. Aus diesen Regelungen ergibt sich, daß nach dem VerlG dem Verlagsrecht die Eigenschaft eines Vermögensgegenstandes zugemessen wird. Auch im Wirtschaftsleben tritt das Verlagsrecht sichtbar als Einzelwert in Erscheinung. So ist nach § 22 VerlG der Verleger verpflichtet, an den Autor die vereinbarte Vergütung zu zahlen. Von den Zweitberechtigten werden auf das Verlagsrecht Vergütungen geleistet. Auch kommen im Wirtschaftsleben der Verkauf ganzer Verlagsunternehmen, aber auch der Verkauf einzelner Verlagsrechte vor. Daß Einzelveräußerungen selten sind, wie von der Klägerin vorgetragen, ist in diesem Zusammenhang bedeutungslos (vgl. zu dem Vorstehenden Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 3. Aufl., S. 426, 429, 432 ff. und 461).
5. Die Verlagsrechte sind nach § 109 Abs. 1 BewG mit dem Teilwert zu bewerten. Dabei ist davon auszugehen, daß grundsätzlich der Wert für jedes einzelne Verlagsrecht zu ermitteln ist (§ 109 Abs. 4 BewG, seit 1974 § 98 a BewG). Handelt es sich um zahlreiche Verlagsrechte, wie im vorliegenden Fall, so dürfte es auch möglich sein, mit gleichen Merkmalen ausgestattete Verlagsrechte zu Gruppen zusammenzufassen. Die Verfahrensbeteiligten sprechen in diesem Zusammenhang selbst von "großen Rechten" und "kleinen Rechten", die für eine solche Gruppenbildung geeignet sein könnten. Können die Werte im Einzelfall nicht genau berechnet werden, so ist grundsätzlich auch eine Schätzung möglich. So ist das FG im vorliegenden Fall verfahren. Es hat dabei seiner Schätzung das Verfahren zugrunde gelegt, das der RFH bereits in seinem Urteil in RStBl 1942, 892 entwickelt hat, indem es den Durchschnittsbruttobetrag aller ertragbringenden Rechte ermittelt, diesem Betrag einen geschätzten Kostenbetrag zugeordnet und auf den sich dann ergebenden Nettobetrag einen einheitlichen Vervielfältiger angewandt hat. Dieses vom FG eingeschlagene Verfahren ist zugegebenermaßen grob und birgt viele Unsicherheiten in sich. Andererseits ist zu bedenken, daß dem FG ein anderes Schätzungsverfahren nicht zur Verfügung stand, weil die Buchführung der Klägerin in dieser Hinsicht keine Einzelberechnungen erlaubte. Es kann auch nicht übersehen weden, daß die Schätzung des FG auf dem Zahlenwerk der Klägerin selbst aufbaut, das diese im Erörterungstermin vom 23. November 1976 dem FG vorgelegt hat, und daß sich die Verfahrensbeteiligten auf der Grundlage dieser Berechnungen auf einen geschätzten jährlichen Nettoertragswert von ... DM geeinigt haben. Der BFH als Revisionsinstanz kann eine Schätzung des FG nicht durch eine andere ersetzen. Er kann eine Schätzung nur daraufhin überprüfen, ob sie dem Grunde nach zulässig ist (was hier zu bejahen ist) oder ob gegen Denkgesetze verstoßen worden ist oder ob dem FG Verfahrensfehler unterlaufen sind (Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., § 162 AO 1977 Anm. 10). Das ist nicht der Fall. Das wird von der Klägerin auch substantiiert nicht behauptet. Die Klägerin wendet sich mit ihrem Einwand, Verlagsrechte seien nicht hinreichend konkretisierbar und keine sicher schätzbaren Werte, weniger gegen das Schätzungsverfahren als solches, als vielmehr gegen den Ansatz der Verlagsrechte überhaupt. Insofern rügt die Klägerin weniger die Verletzung des § 109 BewG als vielmehr die des § 95 BewG. Es ist aber bereits ausgeführt, daß der Senat Verlagsrechte als nach der Verkehrsauffassung erfaßbare Wirtschaftsgüter ansieht, so daß deren Ansatz dem Grunde nach gerechtfertigt und notwendig ist. Es ist Sache der Klägerin, ihre Buchführung so einzurichten, daß eine Schätzung aufgrund genauerer Zahlen möglich ist. Um eine Gleichmäßigkeit der Besteuerung zu gewährleisten, ist die Finanzverwaltung gehalten, Richtlinien für die Bewertung von Verlagsrechten aufzustellen.
Fundstellen
Haufe-Index 74886 |
BStBl II 1984, 187 |
BFHE 1984, 289 |