Entscheidungsstichwort (Thema)
AfA-Befugnis, wenn Ehegatten gleichzeitig je eine Eigentumswohnung aus gemeinsamen Mitteln erwerben
Leitsatz (NV)
Erwerben der Steuerpflichtige und sein Ehegatte aus gemeinsamen Mitteln gleichzeitig jeweils gleiche Eigentumswohnungen, von denen die des Ehegatten gemeinsam zu Wohnzwecken genutzt wird und nutzt der Steuerpflichtige in dieser Wohnung einen Raum als berufliches Arbeitszimmer, kann er die darauf entfallenden Anschaffungskosten nur ausnahmsweise als eigene Werbungskosten (AfA) geltend machen, wenn ein Teil des Finanzierungsbeitrags des Steuerpflichtigen ‐ etwa wegen diesbezüglicher Absprachen ‐ als auf die Anschaffungskosten des Arbeitszimmers geleistet gelten kann.
Normenkette
EStG § 7 Abs. 4, § 9 Abs. 1, § 19
Tatbestand
Jeder der miteinander verheirateten Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) erwarb 1981 eine im Streitjahr 1982 fertiggestellte, im selben Haus gelegene, sowie nach Größe und Ausstattung identische Eigentumswohnung. Die im Alleineigentum der Klägerin stehende Eigentumswohnung wurde nach der Fertigstellung vermietet. Die im Alleineigentum des Klägers stehende Eigentumswohnung wird von den Klägern bewohnt. Die Kaufpreise wurden durch Eigenmittel der Kläger und durch ein Darlehen für beide Wohnungen finanziert. Darlehensnehmer sind beide Kläger als Gesamtschuldner. Die laufenden Kosten der Unterhaltung wurden von beiden Klägern gemeinsam bestritten.
Die als Lehrerin tätige Klägerin nutzt seit April 1982 einen Raum der im Alleineigentum des Klägers stehenden Eigentumswohnung als häusliches Arbeitszimmer für ihre beruflichen Zwecke. Die auf diesen Raum entfallenden anteiligen laufenden Kosten (Bewirtschaftungs- und Stromkosten, Zinsen) und anteiligen Absetzungen für Abnutzung (AfA) beliefen sich im Streitjahr 1982 auf insgesamt 2 894 DM. Bei der Einkommensteuerveranlagung für das Streitjahr lehnte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ―FA―) den Abzug dieser Kosten als Werbungskosten bei den Einkünften der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit ab.
Das Finanzgericht (FG) gab der nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage mit im Wesentlichen folgenden Gründen statt: Die auf das Arbeitszimmer entfallenden laufenden Aufwendungen (Schuldzinsen und sonstige Bewirtschaftungskosten usw.) seien ungeachtet der Eigentumsverhältnisse an der Wohnung als Werbungskosten bei den Einkünften der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit abziehbar. Zwar hätten die Kläger nach ihrem eigenen Vortrag die Aufwendungen für beide Eigentumswohnungen aus ihren gemeinsamen Mitteln (aus ihren Einkünften und aus den Einnahmen aus der vermieteten Eigentumswohnung) bestritten, so dass ―ohne Ermittlung der konkreten Beträge― die Klägerin die auf das Arbeitszimmer entfallenden laufenden Aufwendungen nur anteilig getragen habe. Dieser Umstand führe aber nicht zu einer entsprechenden Kürzung des Werbungskostenabzugs. Denn der Kläger sei als zivilrechtlicher Eigentümer der Eigentumswohnung mit der beruflichen Nutzung des Arbeitszimmers durch die Klägerin einverstanden gewesen. Hieraus folge, dass der von ihm getragene Teil der laufenden Aufwendungen ausschließlich zum Zwecke der beruflichen Nutzung des Arbeitszimmers durch die Klägerin erbracht worden sei. Damit hätten die Zahlungen des Klägers innerhalb des Vermögensdispositionsbereichs der Klägerin als der Einkunftserzielerin gelegen; die Zahlungen durch den Kläger hätten wirtschaftlich gesehen nur der Abkürzung des Zahlungsweges gedient. Diese gemeinsame Willensbildung als Grundlage für die Erbringung der laufenden Aufwendungen sei auch nicht etwa fiktiver Natur gewesen. Denn die von der Klägerin erzielten Einkünfte hätten beiden Ehegatten zur Verfügung gestanden. Insbesondere sei der Kläger an der zweiten, zeitgleich erworbenen Eigentumswohnung wirtschaftlich sowohl im Hinblick auf die erzielten Mieteinnahmen als auch auf die zu tragenden laufenden Aufwendungen in gleichem Umfang beteiligt, wie an der in seinem Alleineigentum stehenden, von den Klägern bewohnten Eigentumswohnung.
Die Klägerin könne auch die auf das Arbeitszimmer entfallenden AfA in voller Höhe als Werbungskosten geltend machen. Mit der überwiegend im Schrifttum vertretenen Auffassung stünden ihr die AfA in analoger Anwendung des § 11d der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) zu.
Das FA begehrt mit der Revision die Aufhebung der Vorentscheidung und bei Anerkennung des Abzugs der hälftigen auf das Arbeitszimmer entfallenden Schuldzinsen die Abweisung der Klage im Übrigen. Zur Begründung trägt es im Wesentlichen vor: Drittaufwand könne nur dann zum Werbungskostenabzug führen, wenn es sich um einen Fall der einvernehmlichen Abkürzung des Zahlungsweges handele. Es sei davon auszugehen, dass derjenige, der Aufwendungen trage, damit zunächst seine eigenen Verpflichtungen erfüllen wolle. Erst wenn seine eigene Verpflichtung fehle, könne eine Zuwendung an den Einkunftserzieler angenommen werden. Das FG hätte im Streitfall daher prüfen müssen, ob die vom Kläger getragenen Kosten nicht auf seinen eigenen Zahlungsverpflichtungen beruht hätten. Bezüglich der laufenden Kosten wie Heizungs-, Verwaltungs- und Stromkosten sei der Kläger alleiniger Schuldner der auf das Arbeitszimmer entfallenden Kosten gewesen. Gleiches gelte für die Hälfte der auf das Arbeitszimmer entfallenden Schuldzinsen, weil der Kläger hinsichtlich der auf ihn entfallenden Schuldzinsen eine eigene und nicht eine Verpflichtung der Klägerin gegenüber den Darlehensgebern erfüllt habe. Entgegen der Auffassung des FG rechtfertige § 11d EStDV nicht den Abzug der auf das Arbeitszimmer entfallenden AfA.
Die Kläger treten der Revision mit den Gründen der Vorentscheidung entgegen.
Der Senat hat dem Großen Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) durch Vorlagebeschluss vom 25. November 1996 VI R 8/90 (BFHE 181, 377, BStBl II 1997, 215) Rechtsfragen zur Bestimmung von Eigenaufwand des nutzenden Nichteigentümer-Ehegatten und zur Abziehbarkeit von Drittaufwand zur Entscheidung vorgelegt. Hierüber hat der Große Senat des BFH durch Beschluss vom 23. August 1999 GrS 2/97 (BFHE 189, 160, BStBl II 1999, 782) entschieden.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.
1. Ob die Klägerin AfA-befugt ist, kann nach den bisherigen tatrichterlichen Feststellungen noch nicht abschließend entschieden werden.
a) Der Große Senat des BFH hat in seinem Beschluss in BFHE 189, 160, BStBl II 1999, 782 die Abziehbarkeit von Drittaufwand als Werbungskosten verneint (vgl. C. IV. der Gründe). Damit können die vom Eigentümer-Ehegatten aufgewendeten Anschaffungskosten/ Herstellungskosten nicht als Werbungskosten/Betriebsausgaben des das Arbeitszimmer für berufliche/betriebliche Zwecke nutzenden Nichteigentümer-Ehegatten abgezogen werden.
b) Dem Nichteigentümer-Ehegatten steht eine AfA-Befugnis nur insoweit zu, als er im betrieblichen/beruflichen Interesse tatsächlich eigenen Herstellungs-/Anschaffungsaufwand auf das für ihn fremde Wirtschaftsgut aufgewendet hat. Dazu hat der Große Senat des BFH in seinem Beschluss in BFHE 189, 160, BStBl II 1999, 782 (unter C. I. der Gründe) entschieden: Erwerben der Steuerpflichtige und sein Ehegatte aus gemeinsamen Mitteln gleichzeitig jeweils einander gleiche Eigentumswohnungen, von denen die des Ehegatten gemeinsam zu Wohnzwecken genutzt wird, und nutzt der Steuerpflichtige in dieser Wohnung einen Raum (Arbeitszimmer) allein zu beruflichen Zwecken, kann er die darauf entfallenden Anschaffungskosten grundsätzlich nicht als eigene Werbungskosten (AfA) geltend machen. Dabei geht der Große Senat des BFH davon aus, aus dem Umstand, dass aus Guthaben, zu denen beide Ehegatten (zu gleichen Teilen) beigetragen haben (Zahlung "aus einem Topf"), oder aus zu Lasten beider Eheleute aufgenommenen Darlehen gezahlt wird, nicht folge, dass die Anschaffungskosten einer Wohnung des Ehemannes zum Teil (soweit das Arbeitszimmer betroffen ist) von der das Arbeitszimmer für berufliche Zwecke nutzenden Ehefrau aufgewendet werden. Vielmehr gilt, dass jede Zahlung entweder der einen oder der anderen Wohnung zuzuordnen ist. Soweit sie einer Wohnung zuzuordnen ist, ist sie zugleich in vollem Umfang als für Rechnung des jeweiligen Eigentümers aufgewendet anzusehen, wobei gleichgültig ist, aus wessen Mitteln die Zahlungen im Einzelfall stammen.
Dieser Grundsatz steht aber unter der Einschränkung anderweitiger besonderer Abmachungen über die einzelnen Finanzierungsbeiträge. Haben die Eheleute z.B. die Abmachung getroffen, dass der Beitrag des Nichteigentümer-Ehegatten wegen der beruflichen Nutzung als auf die Kosten des Arbeitszimmers geleistet gelten soll, so könnte insoweit ein eigener Aufwand des Nichteigentümer-Ehegatten bejaht werden, der zum Werbungskostenabzug (AfA) berechtigt.
Eine weitere Einschränkung ergibt sich daraus, dass der Große Senat des BFH die Vorlagefrage dahin gehend ausgelegt hat, dass die Eheleute die Finanzierung ihrer Eigentumswohnungen "aus einem Topf" und damit zu gleichen Teilen geleistet haben. Daher gilt, wie aus den Gründen des Beschlusses in BFHE 189, 160, BStBl II 1999, 782, unter C. I. 2. deutlich wird, etwas anderes, wenn der Nichteigentümer-Ehegatte Beiträge in einer Höhe geleistet hat, dass ein Teil davon als auf die Anschaffungskosten des in der Wohnung des anderen Ehegatten gelegenen Arbeitszimmers geleistet anzusehen ist (vgl. die Gründe unter C. I. 2. des Beschlusses in BFHE 189, 160, BStBl II 1999, 782). Denn dann wäre dieser Beitrag des Nichteigentümer-Ehegatten, soweit er die anteiligen Anschaffungskosten des Arbeitzimmers deckt, als im eigenen beruflichen Interesse mit der Folge aufgewendet anzusehen, dass entsprechend dem weiteren Beschluss des Großen Senats des BFH vom 23. August 1999 GrS 1/97 (BFHE 189, 151, BStBl II 1999, 778, unter C. I. 1. der Gründe) der Nichteigentümer-Ehegatte zur AfA berechtigt wäre.
c) Das FG hatte die Möglichkeit des Abzugs von Drittaufwand bejaht und der Klägerin die AfA für das Arbeitzimmer zugesprochen. Die Vorentscheidung steht damit zu der neuen Rechtsprechung des Großen Senats des BFH in Widerspruch. Sie war daher aufzuheben. Bei seiner erneuten Entscheidung wird das FG die Finanzierungsbeiträge der Kläger zu den beiden Eigentumswohnungen festzustellen und zu prüfen haben, ob ein Teil des Finanzierungsbeitrags der Klägerin als auf die Anschaffungskosten des Arbeitszimmers in der Wohnung des Klägers geleistet gelten kann. Ggf. wird sich die Frage nach etwaigen besonderen Abmachungen hinsichtlich der einzelnen Finanzierungsbeiträge der Klägerin stellen können.
2. Ob und in welcher Höhe die Klägerin die auf das Arbeitszimmer entfallenden laufenden Kosten als Werbungskosten abziehen kann, ist ebenfalls nach den bisherigen tatrichterlichen Feststellungen noch nicht entscheidungsreif.
a) Der Große Senat des BFH unterscheidet in seinem Beschluss in BFHE 189, 160, BStBl II 1999, 782 (vgl. C. V. der Gründe) zwischen grundstücksorientierten laufenden Aufwendungen (z.B. Schuldzinsen, Grundsteuern, Versicherungsbeiträge) und allein die Nutzung des Arbeitszimmers betreffenden laufenden Aufwendungen (nutzungsorientierte Aufwendungen, wie z.B. Energiekosten, allein das Arbeitszimmer betreffende Reparaturkosten usw.).
Hinsichtlich der grundstücksorientierten laufenden Aufwendungen gelten die zu den Anschaffungs- und Herstellungskosten aufgestellten Grundsätze (s. oben unter 1.). Laufende nutzungsorientierte Aufwendungen zu Lasten eines gemeinsamen Kontos können hingegen als Werbungskosten des nutzenden Nichteigentümer-Ehegatten abziehbar sein. Denn ―so der Große Senat des BFH― nutzt der Nichteigentümer-Ehegatte das Arbeitszimmer mit Zustimmung des Alleineigentümer-Ehegatten allein für seine beruflichen Zwecke, so übernimmt er seinen Beitrag zum gemeinsamen Konto und zu den laufenden Kosten insoweit für eigene Rechnung und im eigenen beruflichen Interesse.
b) Die Vorinstanz, die diese neuen Rechtsgrundsätze ihrer Entscheidung noch nicht zugrunde legen konnte, wird die Sache auch insoweit erneut zu beurteilen haben.
Fundstellen
Haufe-Index 426296 |
BFH/NV 2000, 1337 |