Entscheidungsstichwort (Thema)
Schenkung von Anteilen an einer nur Grundbesitz haltenden Personengesellschaft an die Neffen eines Gesellschafters
Leitsatz (amtlich)
Nach § 1 Abs. 2a GrEStG steuerbare Änderungen im Gesellschafterbestand einer grundbesitzenden Personengesellschaft sind insoweit nach § 3 Nr. 2 GrEStG steuerfrei, als sie auf einer schenkweisen Anteilsübertragung beruhen.
Normenkette
GrEStG § 1 Abs. 2a, § 3 Nr. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH & Co. KG, wurde durch notariell beurkundeten Vertrag vom 17. November 2003 zwischen der Komplementär-GmbH und den Geschwistern G als Kommanditisten gegründet. Mit einem weiteren notariell beurkundeten Vertrag gleichen Datums brachten die Geschwister neben Bankguthaben einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb, der ihnen teils in Bruchteilseigentum, teils in Erbengemeinschaft gehörende Grundstücke umfasste, in die Klägerin ein. Die Einbringung sollte zum 1. Dezember 2003, jedoch nicht vor Eintragung der Klägerin in das Handelsregister erfolgen. Mit einem dritten, am selben Tag notariell beurkundeten Vertrag übertrugen die Geschwister ihre Kommanditbeteiligungen an der Klägerin unentgeltlich, aber unter Vorbehalt eines Ertragsnießbrauchs auf Neffen der verstorbenen Ehefrau des Kommanditisten G. Die Übertragung sollte mit Wirkung zum Ablauf des 30. Dezember 2003 und aufschiebend bedingt durch die Eintragung der Klägerin in das Handelsregister und ferner aufschiebend bedingt durch den wirtschaftlichen Vollzug der Einbringung des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs nebst Grundstücken in die Klägerin erfolgen. Die Komplementär-GmbH ist nicht am Kapital der Klägerin beteiligt.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) war der Auffassung, die Übertragung der Kommanditanteile auf die neuen Gesellschafter erfülle den Tatbestand des § 1 Abs. 2a Satz 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) und sei nicht nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG steuerfrei. Das FA setzte demgemäß gegen die Klägerin für diesen Erwerbsvorgang Grunderwerbsteuer auf der Grundlage der gesondert festgestellten Grundbesitzwerte fest (§ 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GrEStG i.V.m. § 138 des Bewertungsgesetzes --BewG--).
Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) führte in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2006, 363 veröffentlichten Urteil aus, der nach § 1 Abs. 2a GrEStG der Besteuerung unterliegende Rechtsvorgang sei nicht gemäß § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG steuerfrei, da diese Vorschrift ausschließlich Grundstücksschenkungen unter Lebenden im Sinne des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) begünstige.
Mit der Revision macht die Klägerin geltend, die Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG sei auch auf Erwerbsvorgänge i.S. des § 1 Abs. 2a GrEStG anwendbar.
Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung sowie den Grunderwerbsteuerbescheid vom 22. September 2004 und die Einspruchsentscheidung vom 25. November 2004 aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und der angefochtenen Verwaltungsakte (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Der Steuerbescheid ist entgegen der Auffassung des FG zu Unrecht ergangen.
1. Die Übertragung der Kommanditbeteiligungen erfüllt zwar den Tatbestand des § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG. Der danach der Besteuerung unterliegende Erwerbsvorgang ist aber nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG steuerfrei.
a) Gehört zum Vermögen einer Personengesellschaft ein inländisches Grundstück und ändert sich innerhalb von fünf Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, dass mindestens 95 v.H. der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen, gilt dies nach § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall aufgrund der Übertragung der Kommanditanteile gegeben.
b) Der Erwerbsvorgang ist nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG steuerfrei. Nach dieser Vorschrift sind u.a. Grundstücksschenkungen unter Lebenden im Sinne des ErbStG von der Besteuerung ausgenommen.
Der Anwendbarkeit dieser Vorschrift steht nicht entgegen, dass § 1 Abs. 2a GrEStG den Übergang der Grundstücke der KG auf eine neue Personengesellschaft fingiert (vgl. dazu Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 27. April 2005 II R 61/03, BFHE 210, 56, BStBl II 2005, 649), während der Schenkungsteuer die freigebige Zuwendung der Gesellschaftsanteile an die Erwerber unterliegt (im Ergebnis ebenso Hofmann, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 8. Aufl., § 1 Rdnr. 105; Pahlke/Franz, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 3. Aufl., § 3 Rz. 36 ff.; a.A. Sack in Boruttau, Grunderwerbsteuergesetz, 15. Aufl., § 3 Rn. 91 a). Denn diesen unterschiedlichen rechtstechnischen Anknüpfungspunkten kommt im Hinblick auf den Zweck des § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG, die doppelte Belastung eines Lebensvorgangs mit Grunderwerbsteuer einerseits und Erbschaftsteuer oder Schenkungsteuer andererseits zu vermeiden, keine Bedeutung zu (vgl. BFH-Urteile vom 31. Oktober 1963 II 155/60 U, BFHE 77, 706, BStBl III 1963, 579, und vom 13. September 2006 II R 37/05, BFH/NV 2007, 157). Der in § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG verwendete Begriff "Grundstücksschenkungen unter Lebenden" ist nicht so zu verstehen, dass die Vorschrift nur isolierte freigebige Zuwendungen von Grundstücken erfasst. Diese Vorschrift gilt vielmehr aufgrund ihres soeben erwähnten Zwecks, die doppelte Belastung mit Grunderwerbsteuer und Erbschaftsteuer oder Schenkungsteuer zu vermeiden, auch dann, wenn Gegenstand einer freigebigen Zuwendung ein Anteil an einer grundbesitzenden Personengesellschaft ist (BFH-Urteil in BFH/NV 2007, 157).
2. Da das FG von anderen Grundsätzen ausgegangen ist, war die Vorentscheidung aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Der angefochtene Grunderwerbsteuerbescheid und die Einspruchsentscheidung sind aufzuheben. Der Erwerbsvorgang ist gemäß § 3 Nr. 2 GrEStG insgesamt steuerfrei. Der vorbehaltene Ertragsnießbrauch ist nach § 25 Abs. 1 Satz 1 ErbStG bei der Ermittlung des für die Schenkungsteuer maßgebenden steuerpflichtigen Erwerbs (§ 10 ErbStG) nicht zu berücksichtigen und führt daher nicht nach § 3 Nr. 2 Satz 2 GrEStG zu einer (teilweisen) Steuerpflicht des Erwerbsvorgangs nach § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG. Auf die Vorschrift des § 1 Abs. 2a Satz 3 GrEStG kommt es wegen der Steuerfreiheit des Erwerbsvorgangs nicht an.
Die Steuerfestsetzung kann auch nicht durch bloße Änderung der Begründung auf die Einbringung des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs einschließlich der Grundstücke in die Klägerin gestützt werden, weil es sich dabei um einen anderen, der angefochtenen Steuerfestsetzung nicht zu Grunde liegenden Lebenssachverhalt handelt. Die Steuerpflicht des Einbringungsvorgangs braucht daher nicht geprüft zu werden.
Fundstellen
Haufe-Index 1682711 |
BFH/NV 2007, 605 |
BStBl II 2007, 409 |
BFHE 2008, 286 |
BFHE 215, 286 |
BB 2007, 367 |
DStRE 2007, 432 |
DStZ 2007, 121 |
HFR 2007, 253 |